Opel Astra 1.0 Ecotec im Alltagstest
Weniger ist mehr beim Astra mit drei Zylindern
Der Opel Astra K sieht fitter aus als der Vorgänger, hat abgenommen - und jetzt einen Dreizylinder-Turbo unter der Haube. Wie er sich im Alltag schlägt, lest Ihr hier.
Berlin – Sie rütteln und sie schütteln sich, und sie haben einen weniger. Kleine Dreizylinder-Benziner mit Turboaufladung gehören in der Kompaktklasse neuerdings zum guten Ton. Bei Ford oder VW, Peugeot und Citroën, bei Renault und sogar bei BMW. Opel hat auch einen in den neuen Astra gesteckt. Auch sonst bewegt sich beim Astra K einiges in Richtung weniger: die Außenlänge und das Gewicht zum Beispiel. Im Inneren gibt es dagegen mehr Platz. Wir waren zwei Wochen unterwegs im Astra K mit dem 1,0-Liter-Dreizylinder.
1. Gang: Die Basis
Fitter sieht er aus, der Astra K, entschlackt. Wo der Vorgänger ein paar Pölsterchen zu viel hatte, wirkt der Neue durchtrainiert. Ist er auch. Der Testwagen mit dem kleinen Dreizylinder-Turbo und 105 PS wiegt mit 1.263 Kilo immerhin 130 Kilo weniger als der Astra J mit dem 1,6-Liter-Basis-Motor. Er schleppt schließlich auch weniger Blech mit sich herum: Statt 4,42 Metern ist er nur noch 4,37 Meter lang. Eine Entwicklung, die gern mehr Hersteller verfolgen könnten. Es kommt schließlich in der Stadt (Parkplatznot!) auch auf die Größe an. Den ziemlich versierten Einparkroboter im Testwagen hätte es insofern gar nicht gebraucht, in die Lücken kommt man auch so gut.
Obwohl auch der Radstand um zwei Zentimeter schrumpfte, bietet das K mehr Platz als das J. Allerdings nicht im Kofferraum, hier bleibt es bei 370 Litern, bei umgeklappter Rückbank sind es mit 1.210 Litern sogar 25 Liter weniger als bisher. Immerhin: Es entsteht keine lästige Stufe, wenn man die Rückenlehnen flach legt. Und zerklüftet ist der Laderaum auch nicht, so dass er sich mit größerem Stückgut prima beladen lässt. Die Ladekante könnte jedoch gern niedriger liegen, und die seitlichen Haken für Einkaufstaschen liegen zu tief, um damit Tomaten oder Eier heil zur Demo zu bringen. Mehr Platz hat der Astra vor allem auf den Rücksitzen. Da sitzt man jetzt richtig bequem, und Druckstellen an den Kniescheiben sollte niemand mehr bekommen.2. Gang: Das Beste
Die Kleinigkeiten. An kalten Tagen begrüßt einen der Astra mit Wärme. Nicht sofort, aber beim Motorstart springt automatisch die Sitzheizung an. Auch beim Beifahrer, sobald der sich angeschnallt hat. Für Hypotoniker und Frostzippen ohne gesundheitliche Einschränkungen ein freundliches Detail. Fein ist auch das Start-Stopp-System. Das wirft nicht, wie bei fast allen Konkurrenten üblich, den Motor wieder an, sobald man auf die Kupplung steigt. Sondern erst, wenn man zusätzlich von der Bremse geht. Oder, falls man nicht bremst, sobald man die Kupplung tritt. Klingt kompliziert, heißt aber in der Praxis: Der Motor springt immer im letztmöglichen Moment an. Und zwar zügig.
Auch der Motor gehört eher zu den kleinen Dingen. Drei Zylinder, ein Liter Hubraum, Turboaufladung – Downsizing-Klassenstandard. Aber die Mühe, die Opel in die Optimierung der Laufruhe gesteckt hat, hat sich ausgezahlt. Der Motor zieht aus niedrigen Drehzahlen gut hoch, macht wenig Dreizylinder-Krawall bei Vollgas und vibriert kaum. Das sind keine Klassenunterschiede zu den Motoren der Konkurrenz, aber der Dreizylinder im Opel Astra funktioniert einfach eine Spur besser.
3. Gang: Das Schwächste
Der Motor verdient sich redlich eine zweite Nennung: Der kleine Dreizylinder säuft. Nicht, wenn man mit wenig Last gemütlich auf der Stadtautobahn mitschwimmt oder sich über Land von Dorf zu Dorf hangelt. Dann schafft man etwas mehr als vier Liter. Auf der Autobahn kann man bei halbwegs moderaten Geschwindigkeiten auch mit gut sechs Litern zufrieden sein. Aber im dichten Stadtverkehr scheint der Sprit irgendwo daneben zu laufen.Wobei man fairerweise sagen muss: Der Astra hatte es nicht leicht um diese Jahreszeit. Er musste sich viel in der vollen Innenstadt herumtreiben, bei zuweilen klirrender Kälte. Da genehmigt man sich schon mal einen wärmenden Schluck zu viel. Aber mehr als neun Liter sind trotzdem zu gierig.
4. Gang: Das Unnötigste
Tür auf, reinsetzen, Tür zu, Zündung an, und beim Astra piept's. Lang und durchdringend oder im Stakkato. Das hängt davon ab, wie eng man geparkt hat. Die akustische Einparkhilfe wird nämlich sofort aktiv, sobald man den Motor anschmeißt. Weil sie so übervorsichtig ist, müsste man schon auf dem Tempelhofer Feld parken, damit Stille herrscht. Außerdem springt der Piepser nach jedem Gangwechsel wieder an. Der Griff zum Aus-Schalter hilft also nur kurz. Man könnte die Einparkhilfe über die Einstellungen komplett deaktivieren - aber dann hilft sie ja nicht mehr.
Ebenfalls unnötig heute: Knarzende Zierleisten und Plastikverkleidungen. Das passiert selten, nicht bei VW, nicht bei Ford. Und auch nicht bei Hyundai oder Kia. Da mag zwar mehr Hartplastik drin sein, aber das ist solide verarbeitet. Beim Astra sieht das Cockpit deutlich schicker aus, modern und edel, aber die Leisten in Klavierlack- oder Alu-Optik knarren, wenn man dagegen drückt. Auf Kopfsteinpflaster kam zuweilen ein leichtes Klappern aus dem Instrumententräger. Man kann hoffen, dass sich das mit der Zeit festrüttelt. Möchte man aber nicht.5. Gang: Das Wissenswerte
Der 1.0 Ecotec ist zwar der kleinste Motor im Astra, nicht aber der günstigste. Das Basismodell wird von einem 1,4-Liter-Saugmotor mit vier Zylindern und 100 PS angetrieben. Der hat aber nur 130 Newtonmeter Drehmoment statt der 170 des Turbo-Dreizylinders, und sie liegen erst bei 4.400 U/min an, nicht schon ab 1.800 wie beim Dreizylinder-Turbo. Der bietet daher bessere Fahrleistungen (195 statt 185 km/h Höchstgeschwindigkeit und 11,7 statt 13,9 Sekunden bis Tempo 100) und weniger Verbrauch – jedenfalls laut Norm (siehe oben). Dabei kostet der Turbo aber nur 700 Euro mehr.
6. Gang: Das Besondere
Mehr Licht! Opel freut sich beim Astra über das optionale LED-Matrix-Licht (1.350 Euro). In der Kompaktklasse gibt es das in der Form bislang nicht, und es hilft vor allem außerorts, die Ausleuchtung zu verbessern. Das System erkennt mit Hilfe der Frontkamera andere Fahrzeuge, und kann über das gezielte Ansteuern einzelner LED-Elemente (insgesamt sind es acht pro Scheinwerfer) Länge und Verteilung des Lichtkegels so steuern, dass andere Autofahrer nicht geblendet werden. Sie werden sozusagen ausgespart. Eine tolle Sache vor allem in der Theorie, in der Praxis allerdings binnen zwei Wochen kaum zu erleben - weil die Verkehrsdichte meistens zu hoch oder zu niedrig ist, damit der Vorteil wirklich deutlich wird.Fazit
K ist besser als J – in so ziemlich jeder Hinsicht ist der Astra nach vorne gefahren. Er sieht besser aus, fährt besser, wiegt weniger, bietet mehr Platz für die Insassen. Die nervigen Kleinigkeiten trüben das gute Bild nur wenig. Vieles davon müsste nicht sein, manches dürfte sich schnell abstellen lassen. Und insgesamt ist das Jammern auf hohem Niveau. Dass der 1,0-Liter-Dreizylinder säuft wie ein Stadtstreicher – also vor allem in der Stadt – ist ärgerlich, aber: Das geht fast allen kleinen Turbos so.
Opel Astra 1.0 Ecotec: Technische Daten
- Motor: 1,0-l-Dreizylinder-Benziner mit Turbo
- Leistung: 105 PS (77 kW) bei 5.500 U/min
- Max. Drehmoment: 170 Nm zw. 1.800 und 4.250 U/min
- Getriebe: Fünfgang-Handschaltung
- 0-100 km/h: 11,7 s
- Höchstgeschwindigkeit: 195 km/h
- Verbrauch: 4,6 l/100 km (NEFZ)
- CO2: 103 g/km
- Länge: 4,370 m
- Breite: 1,809 m
- Höhe: 1,485 m
- Radstand: 2,662 m
- Leergewicht: 1.263 kg
- Kofferraum: 370-1.210 l
- Preis: Ab 17.960 Euro
- Basispreis Opel Astra: 17.260 Euro
Zufällig erster 😆
105 PS sind für so einen Kompakten ja in Ordnung, aber mich würde interessieren wie so ein Triebwerk klingt. Ich höre immer mehr Autos, die sich irgendwie nach Rasenmäher anhören. Für einen gesunden Klang gebe ich gerne ein paar Taler mehr aus 😎
Knarzen geht übrigens garnicht!
Ich finde das Auto schön von außen und auch im Innenraum spricht mich das Design an.
Schade aber, dass die Verarbeitung nicht so gut sein soll. Das Knarzen ist heutzutage einfach out.
Der 1.0 Turbo-Motor macht mich jedoch skeptisch. Der beschriebene Verbrauch von über 9 l in der Stadt klingt gar nicht nach einem extremen Sparwunder und angesichts des stark reduzierten Gewichts kann ich das nicht so recht glauben. Wurde der Wagen vielleicht ständig bis zum Anschlag "durchgetretten"?
Ich bin jeden Tag viel in der Stadt unterwegs mit einem Kombi, das gut 200kg mehr wiegt und 1.6 Saugermotor ohne Turboaufladung hat. Ich bekomme bei normaler (manchmal sogar flotter) Fahrweise zwischen 8 und 9 Liter Verbrauch. Wie kann das sein?
Rein von den Leistungsangaben des Motors sollte man eigentlich in allen Leben-/Strassenlagen gut zurechtkommen. Runterschalten muss man dank des früh anliegenden Drehmoments auch nicht, sollte also alles passen.
Was mich interessieren würde: Bei welcher Drehzahl und welchem Gang soll der Motor laut Opel/Bordcomputer in der Stadt laufen, sagen wir mal bei 55 laut Tacho?
Also ich finde die 3-Zylinder sogar besser als viele 4-Zylinder. Gerade beim beschleunigen klingen die schön kernig. Unruhig laufen die ja mittlerweile auch nicht mehr.
Wie nennt sich die Farbe des Testwagen?
Blau.
Um genauer zu sein: Azurblau 😉 Gibt nämlich auch noch ein Royal- und Diamantblau.
Vielleicht kann man das mit dem Thema um 'Direkt- vs Saugrohreinspritzung' diskutieren. Manche Hersteller setzen da sogar auf Hybride und verbessern damit die Verbräuche und Abgaswerte bis zum Teillastbereich.
Meiner Ansicht nach, kann so ein Verbrauch bei diesem Motor und gewicht gar nicht sein. Entweder stimmte im Testwagen etwas bei der Motoreinstellung nicht oder das Auto wurde schlicht weg falsch gefahren, in dem ständig viel zu hoch gedreht und nicht nach der Anzeige geschaltet wurde.
Stichwort Laufruhe: hat der Motor eine Ausgleichswelle? Ich hab nichts davon gelesen. Wäre mal interessant, zu wissen.
An der Verarbeitung muss scheinbar noch gefeilt werden.
9L Verbrauch? Das würde ja alle Vorurteile gegenüber den 3-Zylinder Luftpumpen-Motoren bedienen. Kann ich mir nur schwer vorstellen.
Hat er.
Danke!
Der Verkäufer wollte mir den 3er Zylinder im Corsa E (für meine Frau) schmackhaft machen.
Ich habe ihn dann erklärt, dass ein behinderter 4 Zylinder nicht auf meinen Hof kommt.
Entweder der 1.4 Sauger oder 1.4T jeweils mit 100 PS, aber kein rappelnder Dreiender.
Ich bleibe lieber bei solider Technik mit soliden Verbrauch.
Mit der gezeigten Durchschnittsgeschwindigkeit von 19,4 km/h glaube ich den Verbrauch sofort, da wäre wahrscheinlich selbst mein Smart bei 8 Litern gewesen, und der BMW bei 20... 😉