Blow-ups: Warum sie entstehen und wie man sie vermeidet
Wenn alter Beton der Hitze nicht mehr standhält
Die Hitze in Deutschland lässt Asphalt schmelzen und Beton platzen. In Bayern gilt vielerorts Tempo 80, die A9 ist streckenweise komplett gesperrt. Wie kommt es zu solchen Schäden?
Berlin - In den 70er-Jahren war eine Betonplatte 20 Zentimeter dick, vielleicht 22. Das genügte für damalige Verkehrsbelastungen und Temperaturen. Heute genügt das nicht mehr, nicht, wenn das Thermometer 30 Grad und mehr zeigt. Dann dehnen sich die Platten aus, stoßen an den Fugen auf ihre Nachbarplatte und schieben im schlimmsten Fall so lange, bis eine Platte durch den Fahrbahnbelag noch oben platzt und sich aufstellt. Im neuen Verkehrsdeutsch heißt so etwas Blow-up.
Vergangene Woche gab es so eine Situation auf der A5 in der Nähe von Heidelberg. Ein Blow-up, bei dem sich der Beton 30 Zentimeter nach oben stellte. Am Wochenende musste die Autobahn A9 in der Nähe von Halle komplett gesperrt werden. In Berlin platzten gleich auf drei Autobahnen die Platten.
Wie kommt es zu einem Blow-up
Von dem Problem betroffen sind vor allem ältere Beton-Autobahnen aus den 70er- und 80er-Jahren. Sie sind nicht für die heutigen Verkehrsbelastungen ausgelegt. Viele der Platten haben ihre Lebensdauer bereits überschritten und das Material ist an vielen Stellen bereits geschädigt, sagt Jürgen Berlitz vom ADAC. Solche Stellen verkraften eine extreme Ausdehnung bei 35 Grad nicht mehr. Es kommt zum Blow-up.
Bayern hat drei Problem-Autobahnen, die A3, die A92 und die A93. Auf letzterer kam im Jahr 2013 ein Motorradfahrer ums Leben, weil er über einen 50 Zentimeter hohen Blow-up fuhr und gegen die Leitplanke prallte. Nach diesem Vorfall richtete Bayern ein Warnsystem ein. Ab 28 Grad werden Autofahrer über den Verkehrsfunk gewarnt und es gibt Kontrollfahrten, sagt Oliver Platzer vom Verkehrsministerium Bayern. Bei 30 Grad und mehr gilt Tempo 80 auf den betroffenen Strecken. Motorradfahrer sollten die Strecken besser komplett meiden.Trotz der enorm großen Hitze am Wochenende hat es in diesem Jahr in Bayern noch keine größeren Schäden gegeben, kein Vergleich mit den vielen Blow-ups des Jahres 2013. „Für einen Blow-up müssen verschiedene Faktoren aufeinander treffen“, sagt Platzer. Vielleicht liege es daran, dass es im Jahr 2013 vor der großen Hitze tagelang geregnet habe.
Zudem wurden nach den Vorfällen vor zwei Jahren an besonders gefährdeten Stellen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen und sogenannte Dehnungsstreifen installiert. Das heißt, in bestimmten Abständen wurden die Betonplatten durch Asphalt ersetzt. Dadurch können sich die verbleibenden Platten besser ausdehnen.
Dem ADAC geht das nicht weit genug. Der Autoclub sieht in den Schäden ein Warnsignal für die „marode Verkehrsinfrastruktur“. Damit sich das Problem nicht jedes Jahr wiederhole, müssten die entsprechenden Strecken grundsaniert werden, fordert der Autoclub.
Warum Beton?
Deutschlandweit sind etwas 30 Prozent aller Autobahnen aus Beton gebaut. Moderne Platten sind bis zu 30 Zentimeter dick, sagt Platzer. Im Vergleich zum Asphalt sind die Platten zwar aufwändiger in der Herstellung, doch dafür sind sie deutlich langlebiger. Eine Asphaltautobahn müsse bereits nach zehn Jahren erneuert werden, sagt Berlitz. Sonst drohen Spurrillen. Eine neue Beton-Autobahn hält 30 Jahre.Theoretisch. Denn bei der gesperrten Autobahn 9 bei Halle ging es nicht um Materialermüdung. In Sachsen-Anhalt sind viele Straßen vom sogenannten Betonkrebs befallen, erklärt Uwe Langkammer, Präsident der Landesstraßenbaubehörde. Bei diesem Phänomen handelt es sich um eine chemische Reaktion, bei der Kieselsäure aus der Gesteinskörnung mit Alkali im Beton reagiert (Alkali-Kieselsäure-Reaktion). Dabei entsteht ein Gel, das den Beton langsam zerstört. Aus diesem Grund gab es in Sachsen-Anhalt auch keine plötzlich auftretenden Blow-ups, sondern eine sich langsam wölbende Fahrbahn.
Blow-ups: Ein deutsches Problem?
Das Schwierige für deutsche Straßenbauer ist, dass es in Deutschland so hohe Temperaturschwankungen gibt. Werden die Betonplatten beispielsweise in Spanien oder Italien bereits bei sommerlichen Temperaturen eingebaut, dehnen sie sich nicht so sehr. Doch in Deutschland muss man auch an kalte Winter denken. Wir müssen hierzulande ein großes Spektrum abdecken, sagt Berlitz.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat bereits vergangene Woche einen Aktionsplan gegen Hitzeschäden auf Autobahnen aufgelegt. Er sieht vor, dass spezielle Messfahrzeuge untersuchen, wo die Gefahr für Blow-ups am höchsten sei. „Alle Schäden werden umgehend repariert“, versprach Dobrindt der „Passauer Presse“.
Was passiert bei einem Schaden?
Wer trotz vorsichtiger Fahrweise ungewollt über einen Blow-up schanzt, bleibt unter Umständen auf dem Schaden sitzen. Denn der Halter des Fahrzeugs muss nachweisen, dass die zuständige Autobahnmeisterei ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen ist. Das dürfte schwierig werden, sagt der ADAC. Aus diesem Grund empfiehlt der Autoclub allen Fahrern, das Tempo zu reduzieren und den Abstand zum Vordermann zu vergrößern.
In Deutschland große Temperaturschwankungen? Was sagen denn die Strassen in Alaska dazu bei Änderungen von -60 auf über +40 Grad??
Scheint sonst auf der ganzen Welt zu funktionieren... nur in D bekommt man es nicht hin!
Schön wäre das, wenn man mal Geld in die Erhaltung der Infrastruktur anstelle irgendwelcher unsinnigen und fragwürdigen neuen Projekte steckt.
Ich kenne auf der A81 Spurrillen, die sind so hoch, da sieht meiner mit Standard-Fahrwerk wie tiefgelegt aus 😆.
Und seit Jahren wird hier null gemacht.
Diese Dehnungsstreifen sind aber auch nur eine kurzfristige Lösung, die selbst wieder zu Dauerbaustellen werden. Auf der A3 und A92 hat man diese aufgrund erheblicher Wellen und Verwerfungen abfräsen müssen. Da gibt es Absätze von ca. 10 cm, was fürchterlich im Fahrwerk kracht.
Im Sommer kann man es absolut vergessen, schneller als 120 zu fahren, weil es einfach zu sehr auf den Wagen geht. Größtenteils sind ja eh nur noch 120 oder gar nur 80 erlaubt und in Baustellen auf schlechten Fahrbahnen nur noch Tempo 60.
Da sind die Schweizer Autobahnen bedeutend besser. Es gibt nur eine einzige Baustelle....die beginnt an der deutschen Grenze und hört an der italienischen auf... ;-(
Wir haben beide wohl die gleichen Probleme betreffend Temparatur. Und manchmal denke ich, dass da auch Pfusch dabei ist... es gibt in der Schweiz Strecken (z. B. Aargau) da habe ich das Gefühl, dass die dort die ganze Zeit am Flicken sind.
Kurz: Es ist nicht nur D, auch anderswo scheint es nicht zu funktionieren.
Grad am Samstag auf der A9 Richtung Berlin, irgendwo kurz vor Leipzig war auf der linken Spur solch ein Blow-Up. Zum Glück schon von der Polizei abgesperrt!
Dort dürfte es kaum Straßen geben, wo die Verkehrsdichte auch nur annähernd so hoch ist wie in D.
Der Klimawandel dürfte Alaskas Straßen aber mittelfristig zusetzen, wenn etwa irgendwann der Permafrostboden unter der Straße auftaut. Ähnliches gilt für weite Teile Russlands.
Na ja, sagen wir mal -30 Grad bis +20 Grad. Siehe hier...
Allerdings fahren da sicher auch keine tiefergelegten Audi, BMW oder Mercedes, sondern eher etwas robustere Wagen. Bei so einem Ford F350 gibt's halt einen guten Hüpfer... 😆
Es sind meist auch nur irgendwelche meckernden Miesepeter, die anscheinend den Zustand im Ausland selbst noch nie erfahren konnten, die hier über Deutsche Verhältnisse herum meckern nach dem Motto "wir sind die einzigen, die nichts zu Stande bringen".
Tempo 80 ist gerade Standardtempo auf der A92. Die Dehnungsstreifen hat´s durch die Dehnung der Betonplatten übrigens wieder nach oben gedrückt (logisch, wo soll das Material sonst hin?), kann man also nochmal abfräsen. Ob man das macht? Ich glaube nicht daran... "werd scho´ pass´n".
Sonst aber läuft´s wunderbar gemütlich. Durchschnittsverbrauch bei 3,4 Liter/100 km, Benzin und vielleicht geht er morgen auf 3,3 runter.
Ausgelegt sind die Betonplatten angeblich für 20 Jahre und nicht mehr Stand der Technik, heute nimmt man angeblich dickere. Das Flicken wird also sicherlich nicht weniger werden, eher mehr... "joa mei".
die qualität deutscher Fahrbahnbeläge hat nach 1990 deutlich zugenommen, das ist einfach eine Tatsache...
da geht es nicht nur um die Lebensdauer, die wäre ohne den Schwerlastverkehr erheblich größer...
das problem ist vor allem das die verträge in der regel eine gewährleistung nach VOB (also 5 Jahren) einschließen und danach niemand mehr in der Haftung ist...
zum Teil ist es von den Baufirmen auch gar nicht gewollt das straßen länger als 10 Jahre halten, weil dadurch ja auftragsvolumen für straßenerneuerungen verloren gehen würde...
blow ups kann man übriegens nicht nur bei Beton sondern auch bei Asphalt beobachten! teilstücke der A20 vor lübeck haben im sommer immer diese schönen kleinen beulchen 😆 auf der A9 zwischen Dessau Süd und Zörbig sieht es ebenso aus und man hört das auch schön beim fahren 😆
wenn man bedenkt das 1 40t Lkw der straße einen verschleiß zufügt, wie 40000 Pkw, und ich dann im sommer sehe, das sich bei Tagesbaustellen auf der A1 die LKW? zum mittag auf der Einfädelspur im schnitt auf einer Strecke von 8-10km aufstauen, dann ist völlig klar woher der exorbitante verschleiß deutscher Straßen stammt... dem sollte die Politik mal entgegen wirken durch höhere Transportkosten auf den straßen und förderung von Lagerflächen...
interessant wäre mal eine studie, in wie weit die 50t Gigaliner die Straßen beschädigen im vergleich zum Pkw...
Bei den Gigalinern ist das Gegenteil der Fall, da diese zwar 10 t mehr wiegen dürfen, dies sich aber auf mind. 2 weitere Achsen verteilt, sodass die Belastung pro Achse sogar geringer ist. Einzig Brücken können hier ein Problem bekommen, aber die sind ja eh schon längst alle marode wegen zu geringer Betonüberdeckung und einsickerndem Salzwasser aus undichten Fahrbahnen.
das mit der gewährleistung ist ein echtes problem.
5 jahre sind da irgendwo zu wenig für ein bauwerk wie eine autobahn.
gerade das thema betonkrebs war doch den autobahnbauern vermutlich recht schnell bekannt. es sind mit sicherheit noch einige bahnen mit den kritischen materialien gebaut worden als das problem schon bekannt war.
wir haben hier auch 'ne betonstraße die bei hitze von blow ups heimgesucht wird. und ja 2013 war es wirklich besonders schlimm. verglichen mit den letzen drei tagen wundert es mich dass hier glaub nichts großartig hochgekommen ist. die straße existiert nun auch schon 30 jahre - aber natürlich nicht mit frequentierung einer autobahn.
und wer über unsere autobahnen jammert der jammert auf einem sehr hohen niveau. man muss sich nur mal die dichte des netztes anschauen. es gibt doch hierzulande kaum einen ort der länger als 20 minuten von der nächsten autobahn wegliegt. oft sind es weniger als 15km.
wichtig ist das thema trotzdem. ich denke wenn man mit tempo 100 über so 'ne rampe fährt geht das mitunter dank esp usw noch glimplich aus. wer bei den jetzigen temperaturen 160 + x fährt ist irgendwo lebensmüde - nunja, dass bewußtsein für dieses problem fehlt halt irgendwo.
wichtig imho auch: wenn sofort auftritt halt nicht einfach denken 'puh glück gehabt' sondern eben wirklich in sicherem abstand zur gefahrenstelle die nächste säule anfahren und bei der zuständigen meisterrei durchrufen.
Am Umfrageergebnis kann man doch schon sehen, wie selten das Phänomen Blow-Up in Deutschland auftritt. Das ist auch in Deutschland nicht wirklich ein Problem, sondern lediglich ein Thema zum Füllen des Sommerloches.