ADAC Fahrsicherheitstraining in Nohra
Wer hier rutscht, rutscht später seltener in den Graben
Die gefühlte Wahrheit ist doch die: Ein Fahrtraining brauchen immer nur die anderen, die fahren schließlich schlecht. Dachten auch MOTOR-TALK-Grafiker Marius Bauer und Reporterin Daniela Dabbars. Dazu passt die alte Binsenweisheit: Erst denken, dann lenken. Hinterher sind Denker und Lenker schlauer.
Von MOTOR-TALK-Reporterin Daniela Dabbars
Nohra - 1.878 Meter sind es vom ADAC-Kurs in Nohra bis zum Eingang des Ilmtals. Ein herrliches Stück Thüringen. So grün, so frisch, so lebensfroh. Doch keiner der 9 Piloten auf dem ADAC-Kurs denkt ans Grün, wo doch so wunderbares Grau darauf wartet, befahren zu werden.
7.52 Uhr,
die Ersten tippen nervös mit dem Gasfuß auf der Stelle. Acht Uhr, endlich kommt Thomas Seiffert, der Mann mit dem Schlüssel, Herr über die ADAC-Teststrecke und Coach für das Intensiv-Training.Statt aufs Gas tritt Herr Seiffert erst mal auf die Bremse.Die Theorie kommt vor der Praxis. Man mag über den ADAC denken, was man will. Aber als die Einweisung nach 60 Minuten endet, stürmen die Erwachsenen wie Kinder aufgeregt gackernd zu den Autos.
Erste Sitzprobe an der Rüttelplatte
Die Gruppe startet ambitioniert mit dem Versuch, Slalom zu fahren. Er endet nach 15 Minuten mit einem gütig grinsenden Thomas Seiffert: „Keiner von euch führt das Fahrzeug richtig“, lautet sein routinierter Kommentar. Während der Fahrt lagen die meisten Fahrer fast im Auto. Kaum einer hatte beide Hände am Lenkrad, die meisten rutschten während der Fahrt mit dem Körper in die Kurven. Einer lenkte sogar einhändig im Tellerwäscher-Stil.
Kann man machen, bringt aber nix. Wer 1,3 bis 2,3 Tonnen im Zick-Zack-Kurs festhalten will, der muss richtig sitzen, das Lenkrad richtig halten. Sonst rutscht erst der Fahrer und dann das Fahrzeug weg. Wie richtiges Sitzen geht, sieht man auf jedem Rallye-Youtube-Video. Oder lernt es bei unserem Trainer.
Der sagt Folgendes:
„Mit aufrechter Rückenlehne liegen die Handballenwurzeln bei ausgestreckten Armen auf dem Lenkrad. Beide Hände fassen in Zehn-vor-zwei-Haltung das Lenkrad. Die Knie sollten nicht zu nah am Armaturenbrett stehen und die Kopfstütze stützt den Kopf, nicht den Nacken.“ Alles schon mal gehört? Richtig. Fast jeder kennt das kleine 1x1 der Fahrschule, dennoch fährt kaum jemand vorbildlich.Neu eingestellt geht es zurück auf die Slalomstrecke. Mit bis zu 50 km/h zirkeln wir über den Parcours. Und staunen: Ohne Liegestuhl und mit zweiter Hand am Lenkrad flitzt es sich viel besser. Plötzlich fliegen die Fetzen, aber keine rot-weißen Hütchen mehr.
Bremsen ist nicht gleich Bremsen
Wer schneller fährt, muss besser bremsen. Wir üben, was man sonst nie übt: eine Vollbremsung nach der anderen, bis das Dutzend voll ist. Zwischendurch ein wenig Theorie. Wir schätzen Bremswege und Reaktionszeiten. Thomas erklärt, wie ESP wirkt und warum man niemals versuchen soll, um Wild auf der Straße herumzufahren (wegen der Gefahr, die Kontrolle zu verlieren), sondern stets den Bremsschlag ausführen soll.
Bremsschlag? Ja, beim Bremsen gibt es Abstufungen. Das Schlagbremsen, die höchste Stufe der Gefahrenbremse, bedeutet: Zutreten, als wolle man eine volle Cola-Dose zertreten.
Dazu die einfachste Rechnung der STVO. Bei Tempo 30 km/h beträgt der Bremsweg 13,5 Meter vom Erkennen bis zum Stillstand (4,5 m Gefahr-Bremsweg + 9 m Reaktionsweg). Bei Tempo 50 km/h verdoppelt er sich bereits.
Driften im Kreisverkehr
Die Fähigkeiten der Einzelnen steigen mit dem Sonnenverlauf. Mit 50 km/h stürzen sich die Fahrer den Hang hinunter, unten gilt es bei voll zupackenden Bremsscheiben Hindernissen auszuweichen. Ein Traum für ESP und ABS. Wer hart zutritt, wird besser. Dann wechseln wir in den Kreisverkehr.
Die Anweisung klingt wie Musik. „Nun gibt mal jeder richtig Gas und macht alles, was er immer mal machen wollte“, sagt Thomas. Lauernd, verhalten ziehen die Teilnehmer ihre Kreise. Alles ist erlaubt, vielleicht nimmt deshalb keiner Tempo auf. „Schneller werden, auf 50 km/h gehen“, fordert der Trainer. Erst quietschen einige Gummis zaghaft, dann bricht das erste, dann das zweite Auto aus. Untersteuern bedeutet Fuß vom Gas und sanft bremsen, sonst rutscht der Wagen stumpf geradeaus. Übersteuern ist komplexer: Bremsen oder nicht? Lenken oder nicht? Wenn ja: wie viel oder wie lange? Einige werden übermütig, ziehen die Handbremse, driften durch die sprühenden Wasserfontänen. Es wird gerutscht und gerudert, die Autos folgen brav. So also fühlt sich echtes, richtiges Autofahren an.
Heck weg
Mit frischem Selbstvertrauen geht es an das letzte, spektakulärste Trainingsmodul:
die Dynamikplatte. Sie reißt die Hinterräder beim Überfahren nach links oder rechts. Das Auto bricht aus, schleudert und der Fahrer muss es halten.Im Alltag werden Autofahrer beim plötzlichen Schleudern durch den Schreck geradezu gelähmt und verlieren die Kontrolle über ihr Auto. Die Platte versucht, den absoluten Ernstfall zu simulieren und die richtigen Reaktionen zu trainieren. Das kann helfen, Unfälle zu vermeiden oder deren Ausmaß zu beschränken.
Nach dem ersten Schreck und den folgenden Drehungen gewinnen die Teilnehmer zunehmend an Sicherheit und bemerken: bis 50km/h kann man so eine Situation mit Übung und schnellem Gegenlenken durchaus meistern. Vor allem, wenn der Fahrer vom ESP unterstützt wird. Für alle, die sich mehr zutrauen, gibt es weitere Trainingskurse mit mehr Tempo.
Uns reicht die heutige Einheit und so schleudern wir tollkühn über die Strecke, drehen uns im Kreis und genießen das Adrenalin, das durch die Blutbahnen flutet.
Alles ist so wunderbar leicht, sicher, ohne jegliche Gefahr. Bis zum Schluss. Dann trifft die Teilnehmer der Schmerz doch wie ein Schuss in die Brust. Ausgelöst von Thomas. Der Schuss knallt durch das Walkie-Talkie: "So, wir machen Schluss für heute, die Teilnehmer verlassen nun bitte die Strecke".
Was am Ende eines ADAC-Sicherheitstrainings bleibt?
Drei Erkenntnisse, mindestens:
1. Ein sicherer Fahrer ist durch nichts zu ersetzen. Ein sicheres Auto auch nicht. ESP und ABS sind krass und können das Auto extrem stabil halten.
2. Respekt vor der Wucht des eigenen Autos schadet nie. Wenn ein paar Tonnen mal richtig Schwung haben, kann man sie nur mit Routine einfangen.
3. Ein Sicherheitstraining sollte jeder Autofahrer machen. Am besten sogar regelmäßig. Das Erleben und Kontrollieren von Gefahr unter Anleitung hilft Autofahrern gefasster und routinierter den Straßenverkehr zu meistern. Das würde allen helfen.
Lohnende Investition
Fahrsicherheitstrainings gibt es für alle Kompetenzstufen, vom Anfänger- bis zum Intensivkurs. Die Preise liegen zwischen 99 und 170 Euro für ADAC-Mitglieder, Nichtmitglieder zahlen pro Kurs zwischen 10 und 16 Euro mehr. Das oben beschriebene Intensiv-Training kostet 155 bzw. 165 Euro.
Das eigene Auto ist der ideale Trainingsbegleiter. Wer ein Auto gestellt haben möchte, bekommt das als Privatperson kostenfrei. Bedingung ist hier, dass anschließend ein Fragebogen zum Fahrzeug ausgefüllt wird.
Gewinnspiel
Wir verlosen je drei Gutscheine für ein Fahrsicherheitstraining für das ADAC-Gelände in Nohra (Thüringen) und Gründau (Hessen). Bitte eine Mail mit entsprechendem Betreff an redaktion@motor-talk-gmbh.de senden. Teilnehmen kann jeder, der 18 Jahre alt und im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist. Mitarbeiter von MOTOR-TALK.de und deren Angehörige sind von der Teilnahme ausgeschlossen. Jeder Teilnehmer darf im Anschluss gern später dazu schreiben.
Tolle Idee mit eurer Verlosung. Jeder sollte so etwas mal gemacht haben (bei mir ist es schon viel zu lange her (schäm)....)
Das Bild vom driftenden VW Bus gefällt mir 😉
Auch ich habe schon mehrere Trainings absolviert und kann es nur jedem Empfehlen.
Meins hatte ich letztes Jahr im April und es war wirklich sehr hilfreich. Seitdem fahre ich noch aktiver und aufmerksamer und spiele im Kopf immer durch, was ich tun würde, wenn...
Warum nur Trainings auf zwei Geländen?
Kostet doch überall (fast) dasselbe und Thüringen/Hessen sind für viele User nicht die nächsten Anlaufpunkte. Eventuell wenig ausgelastet? 😉
Was hängenbleiben sollte ist vor allem Vorsicht und Rücksicht. ESP und ABS können diese beiden Punkte NICHT ersetzen. Ein paar Tonnen fahren übrigens die wenigsten durch die Gegend, aber gut.
PS:
Fahrsicherheitstrainings gibt es nicht nur beim ADAC. 😉
PPS:
Die 10 € Rabatt für ADAC-Mitglieder sind ein Witz bei den Beiträgen. Sollte der ADAC die Steuern nachzahlen müssen und den Beitrag weiter erhöhen, war´s das.
Eine super Sache, meine Freundin hat den Kurs vor 2 Jahren gemacht und ich würde ihn gerne mal machen, hab also bei der verlosung mitgemacht 😊
"Beide Hände fassen in Zehn-vor-zwei-Haltung das Lenkrad."
Dies ist aber schon längst überholt und war wohl in den 70ern aktuell.
Kann ich nur empfehlen, ich hab vor ca. 3 Jahren das Grundtraining mitgemacht. Tank war danach fast leer und der Grenzbereich musste nicht im öffentlichen Straßenverkehr getestet werden😆
Gekostet hat es nichts, hat uns unsere Berufsschullehrerin organisiert😉 es gibt noch fähige Lehrer.
Es gibt wohl irgend einen EU Fördertopf für solche Maßnahmen, Danke EU 😆
Das würde ich nicht sagen. Ich fahre meinst so, wie alle fähigen Rennfahrer auch 😉
😱😱😱
Richtige "Helden" fahren so:
Linke Hand am Lenker auf 12 Uhr Position, damit man auch "das Ruder herumreißen" kann.
Die rechte Hand bedient vorzugsweise das Radio oder den Subwoofer / Equalizer.
Dazu noch den Körper extrem nach rechts gelehnt und die Sitzlehne nach hinten eingestellt.
Zwecks Tarnung vor Blitzern wird gerne eine Kappe auf den Hohlkörper aufgesetzt.
(Unfallmediziner bezeichnen diese Haltung etwas zynisch als "Morbus Golf" 😱)
Du meinst sicherlich:
linke Hand 9 Uhr, rechte Hand 3 Uhr
Meist ist am Lenkrad eine Daumenauflage in dieser Position vorhanden, um ein Umklammern wie ein Äffchen zu vermeiden.
Zehn-vor-zwei-Haltung wäre die Häschenstellung 😉 und hat mit Autofahren nichts zu tun. 😆 😆
Der Daumen über den Lenkradspeichen halt 😉
Ohne nun Werbung für den ADAC machen zu wollen.
Das letzte Fahrertraining Intensiv am Hochenheimring war einfach nur Klasse.
Die Erfahrungen und das Erleben des eigenen Fahrzeugs sowie die gute Betreuung durch den Trainer: einfach Spitze.
Nachteil: bekomme heute noch von Frauchen zu hören wie Sie mich auf der Ausweichübung (die die fahren bei Eis und Schnee simuliert und mit der Wasserfontäne endet) abgezogen hat........
Sie ist toll durchgekommen und ich habe einen super Dreher hingelegt.
(ok ok....zu meiner Entschuldigung)
Sie im A3 mit guten Winterreifen
Ich im TT mit 19 Zoll 30% Sommerreifen
Kann dies jedem nur EMPFEHLEN
(wir werden und dies im Sommer wieder schenken)
kommt besser als Krawatte und Socken!!!!
Finde sowas ja auch gut! So ein Fahrsicherheitstraining muss ich im Leben irgendwann mal gemacht haben.
Die Beiträge der Versicherungsgesellschaft vielleicht, die Beiträge des Pannendienstes haben damit nichts zu tun 😉
Der beste Driftkurs ist immer noch ein vereister Parkplatz mit einem Hecktriebler.