Kasseler Blitzer laut Gutachten unzulässig

Wer zahlt hat Pech

verfasst am Fri Nov 23 17:00:50 CET 2012

Die Stadt Kassel misst Geschwindigkeitsverstöße mit veralteter und offenbar unzulässiger Technik. Deshalb hob das Amtsgericht jetzt einen Bußgeldbescheid auf.

"Hoher Heimwerkerfaktor": Stationärer Blitzer in Kassel.
Quelle: dapd

Kassel - Kassel gilt als autofahrerfreundliche Stadt. Wer zu schnell fährt und an einer von fünf stationären Anlagen im Stadtgebiet geblitzt wird, muss dafür nicht einmal bezahlen. Die seit Mai dieses Jahres fest installierten Geräte zur Geschwindigkeitsmessung sind laut einem Gutachten unzulässig. Das Amtsgericht Kassel hat deswegen einen Bußgeldbescheid für nichtig erklärt.

Kassel blitzt weiter

"Die Konstruktion hat einen hohen Heimwerkerfaktor", kritisiert Bernd Stein. Die Anlage habe den technischen Stand von 1996. In dem Blitzer sehe es aus als sei die Anlage "im Bastelladen" zusammengekauft worden. Der notwendige Strom komme von einer alten Autobatterie. Reißt die Spannung ab, sei die Messreihe hinfällig.

Außerdem gebe es durch die Ausrichtung der Kamera einen toten Winkel, bemängelt der Anwalt. Es sei daher möglich, dass ein zu schnell fahrendes Fahrzeug die Anlage auslöst und ein Unschuldiger dafür zahlen muss.

Gutachten bestätigt Mängel

Stein vertritt rund 30 angebliche Verkehrssünder. Ein von ihm bei einem unabhängigen Sachverständigen in Auftrag gegebenes Gutachten gebe ihm Recht: "Die Anlagen sind in dieser Form nicht zulässig". Ein Gegengutachten der Stadt stehe noch aus, sagt Stein. Die Blitzer seien aber Tag und Nacht scharf geschaltet.

Die Stadt verschicke zudem Anhörungsbögen zu den vermeintlichen Verstößen - mit dem kleingedruckten Hinweis, dass das Verfahren zunächst "ausgesetzt" sei. "Wer trotzdem zahlt hat Pech", sagt Stein. Insgesamt wurden bislang etwa 626 Bescheide verschickt.

Verfahren, in denen Bußgelder über 35 Euro fällig wären, werden vom Regierungspräsidium Kassel eingeleitet. Seit Anfang Oktober verschickt die Behörde wegen der unsicheren Rechtslage jedoch keine Bescheide mehr.

Keine Beschwewrden aus Babenhausen

Jede Einzelfallprüfung bei einem Gerichtsverfahren kostet zwischen 1.500 und 2.000 Euro. Deshalb fordert die CDU-Opposition im Parlament die sofortige Abschaltung der Anlagen. Mehrere dapd-Anfragen zu den strittigen Analgen hat die Stadt nicht beantwortet. "Das Problem kennen wir", klagt Kalb. "Bei unangenehmen Anfragen lassen die sich richtig lange Zeit."

Deutschlandweit gebe es solche Anlagen nur noch im südhessischen Babenhausen. Dort funktionierten sie allerdings problemlos, betont der Sprecher des Regierungspräsidiums. Zumindest habe sich hier bislang noch niemand beschwert.

Quelle: dapd