Versicherungsexperten: Kritik an Dobrindts Roboterauto-Gesetz
Wer zahlt, wenn das Auto einen Unfall baut?
Das autonome Fahren wirft Versicherungsfragen auf: wer ist schuld, wenn's kracht? Das geplante Gesetz bleibt da zu schwammig, sagen Versicherungsexperten.
München - Das selbstfahrende, autonome Auto stößt nicht nur auf technische Hürden. Auch juristisch lauern noch etliche Fallstricke. Den Gesetzentwurf des Bundesverkehrsministeriums für das automatisierte Fahren finden Rechtsexperten der Versicherer, des ADAC und der Verbraucherschützer in Teilen zu wolkig.
Die Fachleute fürchten, dass rechtliche Unklarheiten nach Autounfällen zu langwierigen Streitigkeiten führen könnten. Wer soll zahlen, wenn ein teilautomatisiertes Auto in einen Unfall verwickelt ist?
In der Kfz-Haftpflicht gilt eine einfache Regel: Der Halter haftet, beziehungsweise seine Versicherung. Ein wesentliches Prinzip dabei ist die sogenannte Gefährderhaftung. Wer eine potenziell gefährliche Maschine betreibt, muss für Schäden haften, auch wenn er selbst an einem Unfall nicht unmittelbar beteiligt war. An diesem Prinzip hält Dobrindts Gesetzentwurf fest - und das finden sowohl die Versicherungsbranche als auch der ADAC richtig.
"Das eigentliche finanzielle Risiko tragen somit die Versicherer", sagt Joachim Müller, Chef der Allianz Versicherungs AG. "Und wenn Schäden zunehmen, weil die Systeme der Hersteller nicht wie versprochen funktionieren, werden wir die Hersteller in die Verantwortung nehmen." Denn es gilt die Produkthaftung der Hersteller für technische Defekte.
Die knifflige Frage beim automatisierten Fahren: Wie lässt sich die Haftung zuordnen, wenn manchmal der Fahrer und manchmal der Computer fährt? "Der Gesetzentwurf ist ein Schritt in die richtige Richtung", sagt ADAC-Jurist Markus Schäpe. "Allerdings werden an einigen Stellen viel zu weiche Rechtsbegriffe verwendet. So heißt es zum Beispiel, der Fahrer solle "unverzüglich" wieder die Kontrolle über das Fahrzeug übernehmen - ohne nähere Definition von "unverzüglich".
Die Unfallforscher der Versicherer haben die Reaktionszeiten der Autofahrer in einer Studie untersucht. 15 Sekunden kann es dauern, bis der Fahrer eines automatisierten Autos die Kontrolle übernommen hat.
Viele Formulierungen lassen zu viel Spielraum für Interpretationen
Ebenfalls unklar: Der Fahrer soll laut Dobrindt-Gesetz die Steuerung übernehmen, wenn er "aufgrund offensichtlicher Umstände" erkennen muss, dass der Computer gegen Verkehrsregeln verstößt. Doch "offensichtlich" lässt einen weiten Interpretationsspielraum zu. Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GdV) warnt, dass die Formulierung "zu Unklarheiten führen und sich in anschließenden Rechtsstreitigkeiten zulasten des Verkehrsopfers" auswirken werde.
Das sieht der Verband der Tüv - der Dachverband der Tüv-Gesellschaften - ganz ähnlich: "Wir sehen Bedarf an einer rechts- und gerichtssicheren Konkretisierung der Verteilung der Verantwortlichkeiten zwischen dem Fahrer und dem System, das hoch- oder vollautomatisierte Fahrfunktionen ermöglicht", sagt Sprecher Johannes Näumann.
Ein weiterer Kritikpunkt: "Nach dem Gesetzentwurf ist außerdem derjenige, der am Steuer sitzt, als der Fahrer definiert, auch wenn er das Fahrzeug gar nicht steuert. Dabei bleibt ungeklärt, was der Fahrer alles darf, wenn das Auto selbst fährt - etwa mit dem Handy telefonieren oder Zeitung lesen", sagt ADAC-Jurist Schäpe.
Das Ministerium verweist bisher auf das laufende parlamentarische Verfahren. Wegen des nahenden Endes der Wahlperiode muss die Änderung des Straßenverkehrsgesetzes spätestens bis zu den Sommerferien verabschiedet werden.
Teilautonomes Fahren nur Zwischenschritt
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen merkt an, dass teilautonomes Fahren nur ein Zwischenschritt zum vollautomatischen Auto ist. Und das bringt noch einmal neuen Regelungsbedarf. "Bei der weiteren Automatisierung möchten wir die Hersteller stärker in die Verantwortung nehmen", sagt Verkehrsexpertin Marion Jungbluth. "Wenn die Hersteller in der Gefährdungshaftung sind, müssen sie die Sicherheit ihrer Produkte erhöhen." Den von den Versicherern favorisierten Weg der Regressklagen gegen die Hersteller hält Jungbluth für suboptimal, weil das die Kfz-Haftpflicht teuer machen könnte: "Das ist ein zusätzlicher Aufwand, der bezahlt werden muss."
Allianz-Sachversicherungschef Müller sieht dagegen keinen Änderungsbedarf: "Es ist für mich kaum denkbar, dass das Verkehrsopfer künftig einem Hersteller das Versagen seines Produktes nachweisen müsste, um seinen Schaden nach einem Unfall ersetzt zu bekommen." Müller nennt ein Beispiel: «Stellen Sie sich beispielsweise vor, Ihr Parkassistent parkt das Fahrzeug nicht wie gewünscht in der Parklücke, sondern fährt gegen ein anderes Fahrzeug. Könnten Sie dem Fahrzeughersteller beweisen, dass Sie keine Schuld haben?"
Auch der ADAC macht geltend, dass dann ein einzelner Autobesitzer gegen einen großen Konzern vor Gericht zu Felde ziehen müsste. "Diesen Aufwand sollte man niemandem zumuten", sagt Schäpe.
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Quelle: dpa
"unverzüglich" ist ohne schuldhaftes zögern. Ganz einfach... 😆
Also schneller, wie im normalen Fahrbetrieb.
Diese Aufmerksamkeit ist notwendig, damit alle Computerschritte genauestens analysiert, überwacht und vor Ausführung durch den Fahrer übersteuert werden können.
Da fahre ich lieber selbst, als ständig die autonomen Funktionen zu überwachen.
Letztlich wird man im Schadensfall kaum gegen die Hersteller ankommen, weil man nicht belegen kann, ob der Assistent versagt hat oder nicht und ob ich meiner Kontrollpflicht nachgekommen bin...
Ihre autonomen Karren dürfen sie behalten bei so einer schwammigen Rechtslage, die letztlich den Verbraucher in den Sack steckt.
Es sei den der Modus "Wie eine gesenkte Sau" wurde in den Fahrparametern gewählt.😆
Da kann ich "stormcloud" nur rechtgeben. Wenn ich die Karre ständig, voll aufmerksam überwachen muß, kann ich ja gleich selbst fahren, dann brauch ich doch den ganzen Humbug nicht.
Und dass unsere Politiker nichts ordentlich gebacken kriegen ist ja normal, die warten doch lieber auf "Höchstrichterliche" Entscheidungen.
Wer nicht selber fahren will, soll sich halt ein Taxi rufen.
Dass es beim autonomen Fahren schwierige Haftungsfragen gibt, war schon immer ein offenes Problem, weswegen ich die ganze Entwicklung eher skeptisch sehe.
Haftet nun der Fahrer des Fahrzeuges oder Hersteller des Fahrzeuges oder etwa der Programmierer der Software bei Schäden oder Verletzten infolge von Fehlfunktionen des Systems? Das wird sicher ein reichhaltiges Betätigungsfeld für Juristen.
Im Zweifelsfall wird wohl der Fahrer belangt, indem man ihm vorwirft, nicht rechtzeitig eingegriffen zu haben - womit sich das autonome Fahrer im Endeffekt als Farce erweist, da der Fahrer permanent aufpassen muss, ob nicht eine Funktion aus dem Ruder läuft.
Am besten man fährt selbst oder mit den Öffentlichen, ist weniger anstrengend und es gibt es keinerlei Fragen bezüglich der Haftung. 😆
warum muss man alle überkomplizieren; der Halter haftet, basta. Er hat sich das Auto ausgesucht, und muss daher dafür haften wenn was schief geht.
Typisch Dobrindt, zu dumm um Experten mit einzubeziehen. Als David Dunning den Kruger-Dunning-Effekt beschrieben hat, da muss er Dobrindt schon gekannt haben, der ist ein perfektes Beispiel.
Dobrindt hat mit Sicherheit verschiedene Experten einbezogen !
Ob durch viele "Expertenmeinungen" eine endgültige Lösung der Haftungsfrage gefunden wird, wage ich aber stark zu bezweifeln. Wenn es ums bezahlen von Schäden geht, werden Versicherer und Hersteller sicher versuchen, sich aus der Verantwortung zu stehlen.
Erst, wenn das Fahrzeug autonom Stufe 5 ist und der Fahrer gar nicht mehr eingreifen kann, weil keine Pedale oder Lenkrad vorhanden ist, ist der Punkt gekommen, wo nur der Fahrzeughersteller haftbar gemacht werden kann.
In allen anderen Fällen, wo der Fahrer aufmerksam zu sein hat, also noch die nächsten 20 Jahre, ist der Fahrer verantwortlich, auch wenn der Wagen "wie von selbst" gefahren ist.
Aktuell sind die Systeme noch extrem weit davon entfernt, eine Verkehrssituation richtig zu erkennen, weil sie ja nur stumpf die Bilder der Kameras und der Radarsensoren auswerten können. Ein Mensch schaut durch mehrere Fahrzeuge hindurch, kann Blinker richtig deuten oder erkennt schon, wenn einer in der eigenen Spur etwas weiter links fährt, was gleich passieren wird.
Mein Auto erkennt sogar Baustellenverkehrszeichen, die mit einer Mülltüte verdeckt sind und andere, die nur schmutzig sind, erkennt er nicht. Wäre da der Fahrzeughersteller haftbar, bekäme er tagtäglich tausende von Strafzetteln und im gesamten VW-Konzern wären alle in der MPU. 😉
Man kann sich auch einfach mal eingestehen, dass man technologisch noch nicht so weit ist, wie man es gerne wäre. Klar ist das die Zukunft, klar fahren in 50 Jahren die Menschen (zumindest in geldigen, "entwickelten" Gebieten) nicht mehr selbst. Bis dahin muss aber noch vieles getan werden.
Die derzeitige Entwicklung und "Vorteile" betrachte ich kritisch.
Vor allem, wenn nach wie vor der Halter im Falle eines Unfalls schuld ist.
In einem vollautonomischen Fahrzeug muss es erlaubt sein sich nach 10 halben Bier reinzusetzen und dem Auto zu sagen "fahr mich heim". Mal einfach gesagt.
Lasst es, um es besser auszudrücken den Senior sein, der beim Fahren einen Herzinfarkt erleidet. Das Auto sollte instande sein, den Fahrer zum nächstgelegenen Krankenhaus zu transportieren bei gleichzeitigem absetzen eines Notrufs. Falls Sanitäter/Notarzt schneller am Auto sind, als das Auto am Krankenhaus ankommt, muss es selbstständig anhalten und den Fahrer "freigeben".
Solange das nicht möglich ist, ist es weder autonom noch ernst zu nehmen.
Das wäre eine echte Herausforderung für die Entwickler von Spracherkennungssystemen.😆
Gruß
electroman
Irgendwie ein Unfug der Extraklasse. Wir alle wollen doch lenken, gasgeben, bremsen, geniessen. Eben ein Auto fahren. Alternativen stehen genügend parat. Not for me😜.
Autonom fahren ist ein Risiko und wird es auch noch lange bleiben.
Unterstützung ist dagegen sinnvoll.
Genau *lol* ungefähr dann so
Passiv+
Passiv
Normal
Dynamisch