VW: Martin Winterkorn im Interview
Winterkorn: "Budget Car kommt als neue Marke"
Der Machtkampf mit Piëch hätte Martin Winterkorn fast das Amt gekostet. Jetzt will Winterkorn VW ganz neu aufstellen. Ein Interview mit dem VW-Vorstandsvorsitzenden.
Wolfsburg - Nach der Führungskrise diesen Frühling ist Martin Winterkorn wieder zurück bei den Sachthemen. Seine Branche stecke in einer Revolution, ein VW-Vorstandsposten für die IT sei denkbar. Der 68-Jährige VW-Vorstandsvorsitzende über den Wettkampf mit Google, Elektromobilität und das kommende VW-Billigauto: im Interview.
Frage: Herr Winterkorn, die IAA steht vor der Tür. Die Autobranche steckt mitten in einem Wandel - wie grundlegend ist dieser, welches sind die größten Herausforderungen für die Automobilindustrie?
Antwort: In der Tat erlebt die Automobilwelt einen historischen Umbruch. Man kann hier durchaus von einer digitalen Revolution beim Automobil sprechen: Alternative Antriebe, automatisiertes Fahren, die vollständige Vernetzung des Automobils, "Big Data", neue Werkstoffe und immer effizientere Produktionsverfahren. Wir waren mit unserem Programm "Future Tracks" die Ersten, die laut und deutlich über die Umbrüche im Automobilgeschäft gesprochen und gehandelt haben. Jetzt erlebe ich im Unternehmen eine große Aufbruchstimmung. Wir sind dabei, Volkswagen ein Stück weit neu zu erfinden.
Frage: Der VW-Konzern musste seine Absatzprognose für 2015 korrigieren, vor allem aufgrund der Schwäche der Märkte in Brasilien und China. Wie bewerten Sie die Lage in China, dem wichtigsten VW-Markt?
Antwort: Volkswagen ist in China so gut aufgestellt wie kein zweiter Automobilhersteller. Es gibt aus unserer Sicht keinen Grund für Schwarzmalerei. In China warten unverändert Millionen Menschen darauf, ihr erstes eigenes Auto zu kaufen. Die Mittelschicht wächst. Insbesondere im Westen des Landes gibt es riesige Potenziale. Fakt ist: Der chinesische Automobilmarkt wird reifer und wächst nicht mehr so rasant wie bislang. Von dieser nachlassenden Dynamik sind übrigens alle Automobilhersteller betroffen. Dass sich der Markt früher oder später normalisieren wird, war uns lange klar. China nähert sich derzeit der Situation in entwickelten Märkten an. Aber China bleibt weiterhin der wichtigste automobile Wachstumsmarkt.China: 60 neue Modelle und eine neue Marke
Frage: Im boomenden Segment der günstigen Geländelimousinen (SUV) bis 20.000 Euro hat VW in China kein Angebot. Wie schnell können Sie da nachbessern?
Antwort: Wir bringen allein in diesem Jahr 60 neue Modelle und Derivate in China an den Start. Die Nachfrage nach einem SUV in den Einsteigersegmenten ist längst erkannt. Unser Zeitplan für die Einführung neuer Modelle steht. Wir gehen diese Projekte mit Hochdruck an.
Frage: Was machen Ihre Pläne für ein Billigauto, das laut früheren Angaben schon längst auf dem Markt sein sollte? Wann genau kommt das Budget Car, gibt es dafür eine neue 13. Konzernmarke und wie wichtig ist günstige Mobilität generell für die Schwellenländer?
Antwort: Wir bringen ab 2018 eine Budget-Car-Familie in China auf den Markt, mit SUV, Stufen- und Schrägheck - unter einem neuen Markennamen. Wir bauen diese Fahrzeuge lokal in China, die Modelle
werden etwa zwischen 8.000 und 11.000 Euro kosten. Natürlich würden wir schon gern heute solche Autos anbieten. Aber wir bauen keine Modelle, die sich nicht rechnen. Wenn man die hohen Qualitätsstandards auch hier nicht aufgeben will, dann ist es sehr zeitintensiv, die richtigen lokalen Lieferanten mit passendenden Konditionen zu finden. Das haben wir jetzt geschafft.
Frage: Die Elektromobilität kommt nicht richtig in Fahrt. Warum nicht? Welche Forderungen haben Sie an die Politik, muss es mehr staatliche Förderung geben?
Antwort: Die richtigen Autos sind da. Schon heute verfügt unser Konzern über die breiteste Elektro-Flotte der Automobilwelt. Und wir werden auf der IAA zeigen, dass wir diesen Weg mit weiteren neuen Modellen, mehr Reichweite und kurzen Ladezeiten konsequent weitergehen. In China, USA oder etwa Norwegen gibt es politische Unterstützung für die Elektromobilität. Jetzt braucht es auch hier die richtigen Rahmenbedingungen, damit sich die Elektromobilität beim Kunden durchsetzen kann. Statt Stückwerk bedarf es einer schlüssigen Gesamtstrategie der Politik für die künftige Entwicklung der europäischen Autoindustrie. Es geht um nicht weniger als die Zukunft unserer Industrie und dabei spielt die Elektromobilität eine zentrale Rolle.
"Herzlich Willkommen Google, Apple und alle anderen"
Frage: Autos werden Teil des Internets, sie hängen immer stärker an der Datenautobahn und Ihre neuen Konkurrenten heißen Apple oder Google. Wie schätzen Sie die neue Konkurrenz ein? Was muss die Autoindustrie nun tun?
Antwort: Herzlich willkommen Google, Apple und alle anderen, für die offenbar unser Kernprodukt hochattraktiv ist. Ich freue mich auf den sportlichen Wettkampf um die beste Lösung. Aber ich bin überzeugt: Volkswagen behält seine Führungsrolle. Unser Konzern ist mit seinen 11.000 Informatikern und Daten-Analysten längst selbst zu einem der größten IT-Unternehmen des Landes geworden. Als Ingenieur sehe ich diesen technologischen Umbruch unserer Branche nicht als Bedrohung, sondern vor allem als große Chance für den Automobilstandort Deutschland. Und ganz besonders für unseren Konzern. Als einer der Technologieführer können und werden wir den Wandel kräftig vorantreiben. Mobilität in all ihren Facetten wird auch im digitalen Zeitalter unsere ureigene Domäne und Leidenschaft bleiben.
Frage: Sie selber sind Metallphysiker und es heißt, bei VW müsse immer ein Techniker das Sagen haben. Ist im VW-Konzern absehbar ein Vorstandsposten für die IT denkbar, etwa mit einem ausgewiesenen Softwareexperten? Und könnte ein solcher Manager den Konzern in fernerer Zukunft auch lenken?
Antwort: Warum denn nicht? Die beschriebene digitale Revolution beim Automobil erfordert Veränderungen im Denken und Handeln auf allen Ebenen. An die Spitze eines Unternehmens gehören immer die besten Köpfe.
Frage: Volkswagen begegnet den Verschiebungen in der Autobranche auch mit einem grundlegenden Konzernumbau. Im Gespräch sind dezentrale Strukturen und mehr Macht für die einzelnen Marken. Auch Sie selber haben die Führung der Pkw-Kernmarke kürzlich abgetreten an den früheren BMW-Vorstand Herbert Diess. Inwiefern haben Kritiker Recht, wenn sie sagen, der Konzern werde zu sehr von Wolfsburg gesteuert?
Antwort: Volkswagen ist in den vergangenen Jahren ein anderer Konzern geworden. Wir haben mit Porsche, MAN, Scania und Ducati neue Marken integriert. Etwa beim Umsatz oder der Mitarbeiterzahl sind wir in ganz neue Dimensionen gewachsen. Darauf reagieren wir jetzt und machen den Konzern schneller, flexibler und beweglicher. Die Ergebnisse werden wir kurzfristig präsentieren. Unser Ziel ist klar. Wir brauchen eine zentrale, starke Konzernsteuerung aus Wolfsburg heraus genauso wie die Nähe zum Kunden überall auf der Welt.
Na ob Martin Winterkorn überhaupt erkennen kann, was für eine Welle da auf ihn zukommt?
Die neuen Player sind keine kleinen "wir helfen euch und arbeiten Hand in Hand" - Firmen.
Das sind Konzerne, die etwas größer und stärker sind als VW.
Der wird in China noch sein blaues Wunder erleben.
Wenn das VAG nicht das Genick bricht. Die Chinesen bzw. alle Asiaten lassen sich sowas nicht gefallen, die können billiger und schneller produzieren. Und 11.000 EUR für ein EINSTIEGSMODELL haben auch nicht viele. Die geben lieber 5.000EUR für einen neuen Toyota Pick-Up aus...
Winterkorn spricht im Interview von "60 neuen Modellen und Derivaten" in China "in diesem Jahr", also 2015.
Mir persönlich ist nur eine Neuheit bekannt: Der Gran Santana (Schrägheckversion des Santans ähnlich Skoda Rapid Spaceback). Weiß jemand, was die anderen Neuheiten sind?
Aus seinen Worten spricht in meinen Augen durchaus die Erkenntnis, dass VW in China mit zusätzlichen SUVs und Budgetautos reichlich spät dran ist.
Wäre nicht das erste mal, dass man den Herrschaften im Elfenbeinturm Märchengeschichten (60 neue Modelle) erzählt, die Realität aber anders (1 neues Modell) ausschaut. Der Winterkorn kriegt doch nur das mit, was er mitkriegen soll.
Billig sind die doch alle! Wie wäre es mal mit einem günstigen Auto?
60 neue Modelle und Derivate?
Werden in China nur ausgewählte Modelle derzeit angeboten?
Abgesehen davon wieviele Modelle gibt es denn im VW Konzern überhaupt?
VW : Up, Polo, Polo Variant, Golf, Golf Variant, Golf Cabrio, Passat, Passat Variant, Phaeton (kurz, lang), Beetle, Beetle Cabrio, Touran, Tiguan, Touareg, VW Bus (in verschiedenen Längen, als Bus oder als Transporter),...
zzgl. Skoda, Seat, Audi, Porsche,...
Da wird es schwierig auf 60 Modelle und Derivate überhaupt zu kommen, es sei denn ich packe noch die verschiedenen Motorisierungen obendrauf.
Derivate : dürfte der Up sein, der minimal anders als Seat und Skoda verkauft wird, sowie früher der Sharan/Galaxy/Alhambra.
Oder entwickelt VW separate Modelle speziell für den Chinesischen Markt?
Aber da wäre es fraglich ob man überhaupt auf die nötige Stückzahlen kommt um profitabel produzieren zu können?
Und VAG hat ja bekanntermaßen ein Problem mit den Kosten/Margen. D.h. zu hohe Kosten und zu niedrige Margen.
Wie mag diese neue (Billig-)Marke womöglich heißen,........?!
"Billigwagen"
"Kübelwagen" :P
"Down" (statt Up)...
Wer weiß....
gnadenwagen?
Fußvolkswagen. 😉
Ming Up!
Sehr optimistische Vorstellung von Markt China
Das dort die Luftverschmutzung schon ein häufiger Todesgrund ist sage ich voraus das dort die Verkaufszahlen stetig abwärts gehen.
Sollte China noch mehr Zugang zu ausländischer Technik haben bauen die bald alles selbst
Da fällt mir nur sein Zitat ein:
NSU ?