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Zweiter Aufguss in der Sepang-Sauna

verfasst am Wed Mar 21 11:46:53 CET 2012

Schon sieben Tage nach dem Saisonauftakt in Melbourne folgt in Malaysia Grand Prix Nummer zwei. Von den Bedingungen könnten die beiden Rennen kaum unterschiedlicher sein. Wir sagen Ihnen, worauf es in der Sauna von Sepang ankommt und welcher Fahrer die besten Karten hat.

"Back to back" nennt es der Engländer, wenn Bernie Ecclestone zwei Rennen innerhalb einer Woche angesetzt hat. Mit dem Melbourne-Malysia-Doppelschlag kommt es gleich zu Saisonbeginn zum ersten von insgesamt sieben Back-to-backs in dieser Saison. Für die Teams bedeutet das vor allem Stress. In nur vier Tagen müssen die Mechaniker das komplette Material ab und wieder aufbauen - und das am anderen Ende der Welt.

 

Viel Zeit zur Analyse des Australien-Ergebnisses bleibt nicht. Würde auch nicht viel bringen. Der Albert Park Circuit hat als halber Stadtkurs mit viel Stop-and-Go nicht viel mit der flüssigen permanenten Rennstrecke in Sepang gemeinsam. Malaysia liegt zudem in einer anderen Klimazone. Statt angenehmer 24°C erwartet die Piloten nun schwül-heiße Saunatemperaturen bis an die 40°C-Marke.

 

Wer im ersten Rennen nicht das gewünschte Ergebnis einfahren konnte, steht nun schon unter Druck, den Saisonstart nicht komplett in den Sand zu setzen. Vor allem Mercedes muss beweisen, dass die guten Eindrücke der Wintertests keine Eintagsfliegen waren. Australien-Sieger Jenson Button würde sich gerne auch in Malaysia die Maximalpunktzahl sichern. Zuletzt startete der McLaren-Pilot 2009 mit zwei Siegen in die Saison - damals wurde der Brite am Ende der Saison auch Meister.

Die Strecke: Sepang International Circuit

Nach den vielen 90-Grad-Kurven in Melbourne kommt der Sepang International Circuit deutlich flüssiger daher. Der vom deutschen Streckenarchitekten Hermann Tilke designte Kurs bietet einen gelungenen Mix aus langsamen und schnellen Kurvenkombinationen sowie zwei sehr langen Geraden. daher. In den Bremszonen der jeweils über 900 Meter langen Vollgaspassagen bieten sich gute Überholmöglichkeiten.

 

Die wichtigste Variable des Wochenendes ist das Wetter. Zu dieser Jahreszeit regnet es regelmäßig einmal am Tag in der Tropen Südostasiens. Und wenn Niederschläge kommen, dann heißt das in dieser Region der Welt meistens Land unter. Wenn es nicht regnet, ist es heiß und schwül. Zusammen mit Singapur gehört Malaysia zu den anstrengendsten Rennen des Jahres. Vor allem bei Rookies und Rückkehrern wird es spannend zu sehen, ob sie sich im Winter gut auf die Belastungen vorbereitet haben.

Das Setup:

Trotz der langen Geraden werden die Teams beim Abtrieb wieder an die obere Grenze gehen. Die Rundenzeit wird vor allem in den langsamen Streckenteilen gemacht. Steile Flügel kosten zwar Top-Speed, wirken sich aber positiv auf der Uhr aus. Da die Kurven runder als in Melbourne sind, verringert sich die Gefahr von Untersteuern. Der Frontflügel muss also nicht so aggressiv auf Abtrieb getrimmt sein.

 

Der Asphalt ist sehr griffig und topfeben. Die Bodenfreiheit kann deshalb weit runter geschraubt werden. Die Bremsbelastung ist durch die Hitze relativ hoch. Allerdings liegen zwischen den harten Verzögerungen vor den Kurven eins, vier, 14 und 15 jeweils längere Geraden, in denen sich die glühenden Scheiben wieder abkühlen können.

 

Das wichtigste Thema für die Ingenieure könnte aber der Reifenverschleiß werden. Pirelli bringt mit "soft" und "hard" zwei Mischungen, die eine Stufe weiter auseinander liegen als noch in Melbourne. Vor allem der weiche Reifen sollte die Hitzeschlacht nicht lange überleben: "Einige meiner Ingenieure haben die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, ob wir hier das richtige tun", grinste Pirelli-Sportchef Paul Hembery. Der Reifenpapst erwartet im Rennen im Schnitt mit drei Stopps pro Team. In Sachen Strategie könnte es somit spannend werden.

Fast Facts:

Höchste Querbeschleunigung: 3,4 g (für 2,8 Sekunden in Kurve 5)

Längste Vollgaspassage (Zielgerade): 10 Sekunden

Anteil der Bremsphasen an der Rundenzeit: 17 Prozent

Anteil der Geraden an einer Runde: 43 Prozent

Anzahl der Gangwechsel pro Runde: 57

Vollgasanteil auf einer Runde: 65 Prozent

Geringste Geschwindigkeit: 75 km/h (Kurve 9)

Höchste Kurvengeschwindigkeit: 247 km/h (Kurve 13)

Distanz von der Startlinie bis zur ersten Kurve: 500 Meter

Top-Speed: 315 km/h

Spritverbrauch: 2,5 Kilo/Runde

Zeitverlust pro 10 Kilo Zusatzgewicht: 0,45 Sekunden

Abtriebslevel: 4/5

Reifenverschleiß: 3/5

Bremsbelastung: 3/5

Die Updates:

An der Technikfront erwarten uns in Malaysia keine großen Fortschritte. Die meisten Teams haben ihre Update-Pakete schon beim Saisonauftakt verfeuert. In den sieben Tagen zwischen den beiden Rennen blieb kaum Zeit zur Entwicklung. Doch vor allem bei den großen Teams steht die Produktion nicht still. Red Bull hatte zum Beispiel in der vergangenen Saison bei jedem Rennen kleine Änderungen am Auto. Auch bei McLaren verfolgt man das Entwicklungsziel: "Jedes Rennen einen Schritt nach vorne."

Die Favoriten:

Nach den langen Wintertests ist das Bild über das Kräfteverhältnis in Melbourne endlich etwas schärfer geworden. McLaren fuhr ein überlegenes Rennen und hätte ohne den Berechnungsfehler bei der Spritmenge wohl einen ungefährdeten Doppelsieg gefeiert. Dabei dachte man vorher eigentlich, dass der Albert Park gar nicht die perfekte Strecke für die Chrompfeile ist. In den Wintertests war der MP4-27 vor allem in den schnellen Ecken überlegen. Wenn es danach geht, sollte es in Malaysia theoretisch sogar noch besser gehen.

Bei Red Bull will man einen weiteren McLaren-Sieg natürlich verhindern. In Australien wurde das Vettel-Team im Training vom Regen eingebremst. Das Update-Paket konnte nicht genug getestet werden. Prompt verwachste man das Setup im Qualifying. Spannend wird es auch bei Mercedes. Finden die Ingenieure die Ursache für den ungewöhnlich hohen Reifenverschleiß im ersten Rennen? Und dann sind da natürlich noch die Überraschungskandidaten Sauber, Lotus und Williams, die alle drei in Melbourne ihr Potenzial andeuten konnten.

Expertenmeinung - Giampaolo Dall'Ara (Chefingenieur Sauber)

"Die Strecke in Sepang ist technisch anspruchsvoll und auch ein moderner und großzügiger Kurs, der verschiedene Linien erlaubt. Bei der Fahrzeugabstimmung muss man berücksichtigen, dass die Strecke recht hart zu den Reifen ist. Der Asphalt ist relativ rau, und es gibt schnelle Kurven und Richtungswechsel, die die Reifen ganz schön strapazieren. Deshalb bringt Pirelli auch die härteste und die mittlere Reifenmischung nach Malaysia."

 

"Die Fahrzeugkonfiguration wird praktisch identisch sein mit der von Melbourne. Das Abtriebsniveau differiert nicht stark von dem, was in Melbourne gefordert war. Traktion ist wichtig, aber weniger kritisch als auf dem Straßenkurs in Australien. Bremsstabilität hat einen recht großen Einfluss auf die Rundenzeit, darauf muss man achten. Bezüglich Kühlung von Motor und Getriebe fährt man in Sepang normalerweise die maximal mögliche Konfiguration."

So lief das Rennen im Vorjahr - GP Malaysia 2011

Sebastian Vettel hieß der Sieger der 2011er Ausgabe des Malaysia-Rennens. Von der Pole Position aus fuhr der spätere Weltmeister ein kontrolliertes Rennen und sicherte am Ende 3,2 Sekunden vor Reifenflüsterer Jenson Button ins Ziel. Auf Rang drei landete etwas überraschend Nick Heidfeld im Lotus-Renault, der sich durch einen Raketenstart nach vorne geschoben hatte.

 

Die Schlagzeilen nach dem Rennen bestimmten aber vor allem Fernando Alonso und Lewis Hamilton. Im Duell der beiden ehemaligen Teamkollegen fuhr sich der Ferrari-Star den Frontflügel kaputt. Nach dem Rennen wurden beide Piloten wegen unfairer Fahrweise von der FIA mit einer 20-Sekunden-Strafe belegt. Für den Crash des Tages sorgte Vitaly Petrov, der nach einem Ausflug in die Wiese über eine Bodenwelle flog und bei der Landung plötzlich sein Lenkrad in der Hand hatte.

 

In unserer Fotoshow zeigen wir noch einmal die besten Szenen aus dem Vorjahr.

 

Quelle: Auto Motor und Sport