Thu Aug 09 15:41:55 CEST 2012 | fire-fighter | Kommentare (8)
Nicht immer brennt es, wenn die Feuerwehr gerufen wird. Hilfeleistung und andere Arbeiten gehören seit langem auch zu unseren Aufgaben. Auch bei Suizidversuchen wird die Feuerwehr alarmiert. An sich nichts ungewohnliches, man baut den Sprungretter auf, vieleicht noch die Drehleiter dazu, dann folgen (meist durch geschulte Polizeibeamte) mehrere Gespräche und meist lässt sich der betreffende dann vom Dach holen, oder auch vom Kran, etc...
Doch dieser Einsatz war anders.
Wir wurden auf einen Samstag Abend alarmiert. "Person droht vom Dach zu springen! Amtshilfe für POL" So lautete das Einsatzstichwort. Die Leitstelle teilte uns explizit mit, dass wir ohne Einsatzhorn anfahren sollten. Die Polizei wäre bereits vor Ort. Wir rückten nur mit Blaulicht ab. Bereits einige Querstrassen vor dem Einsatzort fuhren wir dann auch ohne Blaulicht weiter. Offenbar sollte die betreffende Person durch unsere Einsatzfahrt nicht zum Sprung animiert werden. Also keine guten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Einsatz...
Kurz vor der Adresse standen schon ein paar Polizeifahrzeuge, der Bereich war abgesperrt, wir hielten an und der Gruppenführer erkundete die Lage. Der Mann saß auf dem Dachfirst. Wir sollten den Sprungretter unter ihm in Stellung bringen und dann aufblasen. (Normalerweise wird der Sprungretter vorher aufgeblasen und dann in Position geschoben) Wir waren gerade auf dem Weg, als uns plötzlich ein schwarz vermummter Mann energich hinterherlief und uns zurückhielt "Seid ihr wahnsinnig?" "???" "Der Mann ist bewaffnet! Der ballert auf jeden in Uniform!" "!!!"
Schön dass uns auch mal jemand über den eigentlichen Einsatz aufklärte! Der "vermummte" war ein SEK-Beamter. Von diesem erfuhren wir, dass der Typ auf dem Dach wohl aus seiner Wohnung zwangsgeräumt werden sollte. Er verweigerte dem Ordnungsamt den Zutritt, dann drohte er damit, sich umzubringen, letztendlich kletterte er aus seiner Wohnung auf das Dach. Versuche der Polizei, sich ihm zu nähern beantwortete er mit Schüssen aus einer Kleinkaliberwaffe. Die Polizei benötigte unser Material zur Unterstützung, hatte uns aber zunächst über die Vorgeschichte im unklaren gelassen... Wir brachen daraufhin unser Vorgehen ab. Das Fahrzeug blieb stehen und wir zogen uns in Deckung zurück. Die SEK-Beamten bekamen von uns eine Einweisung in die Handhabung des Sprungretters. Sie näherten sich dann dem Giebel von der Seite her aus dem toten Winkel und errichteten direkt unter dem Giebel den Sprungretter. Die Möglichkeit des direkten Selbsmords per Sprung war somit nur noch sehr eingeschränkt. NAch langen Gesprächen mit dem Polizeipsychologen gab der Mann schließlich nach und er kletterte wieder in seine Wohnung, wo ihn die Polizeidie Waffe abnahm. |
Thu Aug 09 16:49:32 CEST 2012 | Spiralschlauch27979
Ganz schön heftig, klingt fast schon eher nach einer Sketch-Show als der Realität
Auf jeden Fall interessante Geschichte.
Thu Aug 09 18:19:19 CEST 2012 | Daemonarch
Schon traurig, wie oft in diesem Land die Menschen in solch verzweifelte Lagen gebracht werden... Hierbei meine ich den "Täter" wie auch die Hilfskräfte...
Thu Aug 09 21:26:01 CEST 2012 | Rocket2
Wer aus einer Situation heraus auf Unschuldige schießt und deren Tod riskiert, der hat kein Mitleid verdient. Verzweifelung hin oder her - das ist ein Krimineller.
Thu Aug 09 21:56:11 CEST 2012 | Roland0815
Es ist doch jedem seine freie Entscheidung, ob er springt oder nicht. Solange er niemandem unbeteiligten auf den Kopf fällt, ist doch alles gut...
Fri Aug 10 08:55:16 CEST 2012 | Diesel73
Heftiger Einsatz! Man, die hätten Euch doch schon vor dem Abrücken mitteilen müssen, dass am Einsatzort ggf. Blei kreuzt. Naja, man kann nicht immer an alles denken. Wenn die Polizei in einem so kritischen Einsatz ist, hab ich immer den Eindruck es wird eher gehandelt als gedacht. Kann ich schon verstehen, aber nicht jeder Außenstehende rechnet damit, das er evtl. seinen Hintern ganz schnell in Deckung bewegen muss.
Ich bin zweimal in kritische Einsätze als Unbeteiligte hineingeraten. Beim zweiten Mal bin ich mit meinem Polo in der Bankette gelandet. Da alles um mich herum allerdings mit Schußwaffen ausgerüstet war, hab ich auf autoschonende Fahrweise gepfiffen, den Polo da irgendwie wieder rausgebracht und nix wie ab. Polo nix passiert, alles gut. Beim ersten Mal wurde mein dicker Daimler nachts dazu benutzt, irgendwelche Anzug-Drogen-Typen in eine Straßensperre zu drängen. Das war heftiger. Der Zivilwagen klemmte mir an der Fahrertür, rechts neben mir Betonwand, die Typen in ihrem Auto direkt vor uns. Paar Meter weiter die U-förmige Sperre. Die konnten nicht mehr weg. Die Typen fullspeed in die Absperrung, die Zivilstreife Ausbruch nach links, dann quer dahinter, ich mit Daimler (ortskundig), ca. 5 m vor der Absperrung ebenfalls fullspeed nach rechts in eine Seitenstraße, damit die Einsatzkräfte Platz hatten. In der Straße gedreht, vorsichtig ohne Licht ganz langsam wieder näher..... da hatte die Polizei die Typen bereits aus dem Fahrzeug, Hände auf dem Dach, Dienstwaffen am Kopf. Mensch, war mir mulmig. Hab mich dann besser verdrückt. Gut wars.
Fri Aug 10 10:33:18 CEST 2012 | Spiralschlauch27979
Es muss dann aber trotzdem jemand kommen der ihn aufsammelt...ich will das nicht sein, denn das wird auch nicht so leicht zu verarbeiten sein.
@Diesel - ist, glaube ich, eine interessante Geschichte, welche Blogwürdig währe. Allerdings ist sie etwas verworren erzählt - man kommt nicht richtig mit...
Fri Aug 10 10:59:28 CEST 2012 | Diesel73
pieb:
sorry, hab heut letzten Tag vor meinem Urlaub . Hier ist heut Chaos.
Leider habe ich nicht die Zeit, sonst würde ich einen eigenen Blog erstellen. Deshalb nur die verkürzte Fassung.
Mon Aug 13 11:11:59 CEST 2012 | fire-fighter
@pieb: Du kannst Dir sicher sein, dass ich hier keine Sketch-Show abziehe. Das reale Leben ist oft noch viel irrwitziger als man es sich vorstellen mag.
@Roland0815: In einem gebe ich Dir Recht. Wenn sich jemand umbringen will, dann lieber ohne Fremdbeteiligung. Schlimm genug, dass hinterher jemand den "Dreck" wegräumen muss. Aber viel Schlimmer sind die Typen, die absichtlich vor Züge springen und somit die Lokführer traumatisieren. Trotzdem finde ich diese "nun spring doch endlich Du Feigling"-Typen ziemlich zum Kotzen! Die tauchen leider immer wieder an solchen Orten auf. OK, an dieser Einsatzstelle nicht, wenn es ums eigene Leben geht, sind die Gaffer auch ziemlich feige...
BTT: Leider passiert es immer wieder mal, dass zwischen den Hilfsorganisationen der Informationsfluss nicht immer optimal ist. Das liegt aber auch oft an den verschiedenen Vorgehensweisen und den unterschiedlichen Ausbildungen.
Ein Polizist sieht in einem Unfall auch immer einen Tatort mit zu sichernden Spuren. Ein Feuerwehrmann sieht Unfallgefahren, die er beseitigen möchte. EIn Rettungsassistent sieht vordergründig das Unfallopfer, dem er helfen möchte. Aus diesen Gründen zerstören Feuerwehrleute an Brandstellen oft unbeabsichtigt Hinweise, indem sie Reste einreißen, RTW stehen im Gefahrenbereich neben dem Unfallwagen, Polizisten laufen auch schon mal in brennende Häuser oder stellen den Streifenwagen zur Absperrung so ab, dass die Feuerwehr die Drehleiter nicht aufstellen kann, oder sie stehen schon mal auf dem einzigen Hydranten in der Umgebung. Natürlich sind die Freunde und Helfer dann unauffindbar und haben ihr Dienstfahrzeug selbstverständlich auch abgeschlossen...
Wir haben uns nach diesem Einsatz mit der Polizei zusammengesetzt. In einemInfoabend wurden die POL-Kollegen über Gefahren an der Einsatzstelle und die Taktik aus der Sicht der Feuerwehr aufgeklärt. Beim nächsten Dienst hat uns im Gegenzug ein Polizeibeamter über Spurensuche und Spurenvernichtung an Einsatzorten aus Sicht der POL aufgeklärt. Insgesamt sehr informativ und hilreich für die zukünftige Zusammenarbeit.
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