Thu Nov 15 03:54:20 CET 2012 | Jason2002 | Kommentare (10)
ZX600A-3
Als in Februar 2010 die GPZ600R bei mir landete, ahnte ich nicht dass ich jetzt, 3 Jahre später, ein Langzeitbericht über die kleine 600er schreiben wurde. Nach 3 Jahre sehe ich mich in der Lage nun ein Bericht zu schreiben die inhaltlich die GPZ600R gut beschreiben lässt. Ich werde Kosten auflisten können, die in erste Linie in 2 Hauptgruppen sich teilen, in Laufkosten und Wartung/Service Kosten. In den letzten 36 Monate (davon nur 21 Monate als Saison Monate) bin ich ca. 11000km gefahren. Es gab 2 lange Wochenendtouren von jeweils ca. 1500km, ein paar längere Tagestouren von bis zu 300km und der Rest ergibt sich aus kleinere Touren und Tagesnutzung.
Zuerst einmal die Ausgangs Situation. Die Maschine war ein Ebay Schnäppchen (das diese keine Schnäppchen war kam später herraus) die ich für stolze 391€ ergattert habe. Optisch völlig fertig, Mechanisch konnte ich zu dem Zeitpunkt des Kaufs nicht beurteilen, da sie bei der Übergabe nicht mal angesprungen ist. Die Wiederbelebung habe ich relative ausführlich in mein Blog schon beschreiben, und werde hier diesem Thema nicht so viele Zeilen Widmen.
Als erstes habe ich mich in der Kawasaki Forum bei Motortalk vorgestellt und vorsichtig angefragt, wie geh ich nun vor. Wie alle Motorräder die lange Standzeiten hinter sich haben, habe ich auf Anraten viele Forum Mitglieder (mittlerweile geschätzte Freunde!), ein Service durchgeführt. Diesen Service diente ein Grundstand zu beschaffen, da die Historie von der Maschine weitgehend unbekannt war. So gingen, nach dem Kauf, die ersten Groschen ins Land. Ich habe folgendes ausgeben: Service Materialien (Öle, Filtern, Zündkerzen usw.) ca. 100€ Gut, der Motor hat neues Öl bekommen, Luft Filter und Öl Filter waren neu, ebenfalls 4 neue NGK Kerzen. Jetzt ging es an Verschleißteile und Reparaturen. Es gab einiges zu wechseln. Mal hier ein verbogene Lenkerstummel, Reifen mit super Profil aber 10 Jahre alt müssten gewechselt werden, der Lack müsste zumindest Notdürftig verbessert werden, Gabelsimmerringe bzw. Standröhre waren hinüber, also wie zu erwarten von eine Maschine die gerade 7 Jahre lang in ein Gartenlaube gestanden hat. Durch tatkräftige Unterstützung aus der Kawasaki Forum hatte ich Hilfe bekommen um die Maschine wieder flott zu bekommen. Zum Schluss habe ich mit neu und gut gebrauchten Ersatzteile ca. weitere 400€ investiert, und damit war das nötigste getan, was dem Tüv für „ausreichend“ empfand und verpasste die Kleine nach 7 Jahre erneut ein Tüv Plakette. Nun, genug geschraubt, jetzt wird’s gefahren.
Die GPZ600R glänzt mit einem Protzmotor von 75ps. Unvorstellbar wie viel Power aus so einem kleinen Motor raus zu bekommen ist. Mit ein Top Speed von eingetragenen 216km/h ist sie sicherlich eine der schnellsten 600er unterwegs. … Moment mal! Ich höre auch jetzt schon am schreien. Nein, für heutige Verhältnisse sind 75ps geradezu lächerlich, und 216km/h sind nicht besonders viel. Aber das war einmal! Vor 25 Jahre sorgte die GPZ600R für einen regelrechten Aufschrei. Warum ich das erzähle? Weil die GPZ600R brauch sich auch heute nicht verstecken. Als Supersportler im Ruhestand ist die GPZ600R eine echt tolle Maschine. Ja, ein bisschen rau ist sie auch, aber genau das macht sie aus. Der Sitzposition ist für heutige Verhältnisse schon fast „chillig“. Es ist tatsächlich möglich 300-400km Etappen zu fahren in relativen Komfort. Allerdings darf man das nicht zu sehr übertreiben. Bei 600km wird es Kriminell, und nach 1500km in einem Wochenende wäre es nicht verkehrt direkt zum Krankenhaus zu fahren und sich den Rücken einrenken zu lassen, aber ist das nicht so bei alle Maschinen die NICHT als Tourer verkauft worden sind ?
Der Tank fasst 18l und fährt mit allem. E10, Super, Super Plus. Es macht hier kein Unterschied. Merkbarem Kraftverlust gab es nicht bei E10, noch kein spürbarer Leistungssteigerung bei der Verwendung von SuperPlus. Ich habe i.d.R. Super getankt. Bei normaler Fahrweise um die Tempobegrenzungen, signalisierte die Maschine nach ca. 250km das ich auf Res. Schalten muss. Ca. 40-50km später sollte der nächsten Tankstelle sein. Ein Verbrauch von ca. 6l/100km schien normal zu sein, auf der Autobahn bei Tempo 150+ erhöhte dies auf ca. 7l/100km Ob ein „Touring“ scheibe oder ein kürzere „Sport“ Scheibe verbaut ist macht den Pilot, also ich, kein Unterschied. Ab 200km/h wird’s windig.
Die Bridgestone BT45 in 120 vorne und 150 hinten haben jetzt nach 10tkm noch ca. 50% Profil. Da ich Autobahn Etappen nur dann gemacht haben wo absolut nicht anders ging, hat sich das Profil gleichmäßig von Kante zu Kante abgefahren.
Lichttechnisch ist die GPZ eine Niete im Dunkel! Der Scheinwerfer ist „oldschool“ und bietet ungefähr so viel Licht wie ein heuteigen Maglite Taschenlampe.
So, und wie fährt sie sich. Gut sag ich dazu. Es gibt einige „Eigenheiten“ die zuerst verinnerlicht werden soll, ehe es richtig abgeht. Die Gaszüge sind rau und hat nichts mit Feinmechanik zu tun. Ein gewisses Spiel in den Zügen ist normal. Die GPZ600R hat dadurch immer eine leichte Verzögerung beim Gas geben. Dieses ist merkbar während Kurven fahren da das Gas oft eingesetzt wird um die Schräglage zu kontrollieren. Wer das weiß nimmt erst das Spiel im Griff auf, und dreht dann nicht ins Leere. Das Fahrwerk ist notorisch Störrisch. Alte Fahrwerkskomponenten helfen nicht weiter. In der Schräge neigt die Maschine zu „Hoppeln“ Ich habe mich damit abgefunden und habe es einfach akzeptiert. In den 10,000km hatte ich keine nennenswerten Pannen. Klar, es passiert immer was. Auf der A1 Richtung Bremen ist mein Ausgangsnockenwelle über den Jordan gegangen. Ein Jahr davor brach mir den Kupplungsausrückhebel und machte der Weiterfahrt unmöglich. Es wird immer deutlicher, wer so eine alte Maschine fahren möchte, muss ein gewisse Fingerfertigkeit mitbringen. Schraube-Kenntnisse sind absolut von Vorteil. Wer sonst Reparaturen von Vertragshändler machen lassen möchten, soll viel Geld mitbringen. Ersatzteile gibt es wie Sand am Meer, allerdings muss genau hingeschaut werden. Wenn ich meine 25 Jahre alte Teile ersetzten möchte, sind wahrscheinlich die angebotene Ersatzteile nach 25 Jahre genau so müde, also Augen auf beim Eier kauf.
Und sonst, na ja, die GPZ600R frisst kein Brot. Zumindest nicht zu viel. Ersatzteile sind gebraucht noch zu bezahlen.
Ich freue mich jedenfalls auf die nächsten 2 Jahre. Der Tüv hat uns diesem Sommer noch 2 Jahre frisch gegeben. In 2014 wird sie 27 Jahre alt, und bald werde ich sie „Historiker“ benennen dürfen. In 2015 werden die ersten GPZ600R die 30 Jahre Marke knacken. Dafür steht eine gute Exemplar gut da und meine bereitet mir immer noch viel Freude – gute Wartung vorausgesetzt.
Gruß Jason |
Thu Nov 15 20:35:38 CET 2012 | s45chBO
Ach.. die 75 PSer sind auch mit 216 Pize angegeben?
Meine 86PSer auch...
Hoffe ich kann nächstes Jahr einen ähnlichen Bericht zu meiner schreiben...
Dann aber nach 6 Jahren Schlaf...
Thu Nov 15 22:05:56 CET 2012 | Rostlöser13288
Schön mal was über Motorräder zu lesen ...
Thu Nov 15 23:12:54 CET 2012 | La Ballena
Schön davon zu Lesen.
Dieser ähnliches Modell habt ich auch gehabt und zwar mit 86 PS!
75 PS kenn ich leider nicht,wenn es so ist na,ja.
Dieser war damals zu den stärksten 600er überhaupt müß aber sagen die GPX 600R die ich damals fuhr.
Fri Nov 16 02:34:06 CET 2012 | Jason2002
Das ist richtig, die GPX600 hatte in der erste Ausführung bis 1993 (ZX600A-C) tatsächlich um die 10ps mehr als die kleine GPZ. Erst als die GPX (ZX600C) rund erneuert in 1994 wieder erschien, hatte sie zunächst erst einmal 77ps und später um die 73ps aufgrund der zu der Zeit herschende Lärm und Emissionsregelung. Einige GPZ Piloten pflanzen deshalb die alte GPX Motor in den GPZ rein, da die beiden Treibwerke weitgehend identisch sind mit nur ein Paar Veränderungen am Innereien um die zusätzliche 10ps zu gewinnen.
PS, @ s45chBO , ich habe in mein Blog ein Artikel der heist, "1 Jahr dannach" Das war auch mein erstes Bericht nach der so lange Standzeit
Das beide Maschinen, trotz ca 10ps Unterschied, gleich schnell laufen liegt unter anderem daran das beide Varianten haben die gleiche Getriebe verbaut. Somit sind die erreichte Geschwindigkeiten gleich, ABER die 86ps Maschine hat natürlich ein bessere Durchzug, und aufgrund der höhere Drehmoment, verzeiht die 86ps Maschine eine schaltfaule Fahrstil ehe als die 75ps Maschine.
Gruß
Jason
Fri Nov 16 05:31:25 CET 2012 | Trackback
Kommentiert auf: 1987 Kawasaki GPZ600R Wieder Inbetriebnahme:
Wie es alles angefangen hat - Ebay macht Träume Wahr
[...] So, 3 Jahre später ... gut das ich Evo sein Rat nicht befolgt habe und die GPZ entsorgt.
http://www.motor-talk.de/.../3-jahre-langzeit-bericht-t4281134.html
[...]
Artikel lesen ...
Fri Nov 16 08:48:38 CET 2012 | Batterietester135765
Thx fuer den Bericht
Ich kenne das da ich selbst mal ein Motorrad nach 11 Jahren aus dem schlaf erweckt habe. Ich hatte das Geschoss damals in einer alten Garage eingestaubt gefunden. Ganze 11.000km auf der Uhr. 500 Euro bezahlt und mitgenommen. Am Ende rund 1000 Euro reingesteckt. Telegabel hatte rost und war dadurch Undicht. Vergaser fehlte. Beides bei Ebay geschossen. Neue Reifen , neue Batterie, Oelwechsel, Bremsfluessigkeit, usw. Die Bremsen waren fest, bekam sie aber wieder gaengig und die waren wie neu hinterher. Das groesste Problem war der Tank. Innen rostig. Am Ende hatte ich ein FJ1200 da stehen die nur ein Jahr gefahren war, aber 12 Jahre alt war. Ich war stolz wie Bolle
Fri Nov 16 11:50:32 CET 2012 | pagra90
War auch mein erstes Mopped. Fahrbericht kann ich eins zu eins betätigen. Gasgriff und Fahrwerk. Wie sagt VW gern... "Stand der Technik". Die Tourenscheibe hat bei mir genauso wenig was gebracht bei hohem Tempi. Und den Kaltstart-Choke fand ich bescheiden. Störrisch zum ziehen und nicht gescheit zu dosieren. Beim ersten Start immer vier fünf mal hin und her bis es einigermassen gepastt hat. Aber alles in allem konnte ich damit zwei Jahre Leben (...ich glaube mitte 90 - 92).
Fri Nov 16 13:09:06 CET 2012 | Jason2002
@ Mattalf. Es ist schön wenn das Projekt fertig wird. Es fährt dann immer ein gewisse Stolz mit
@ pagra90. Ja, der notorisch schlechten Kaltstart. Immer im April wenn der Saison los geht, fummel ich wieder mit der Choke als ob ich keine Ahnung habe wie das geht. Nach 2,3 Wochen ist die Routine wieder da Aber genau die Summer alle kleine "Macken" machen für mich die GPZ aus.
Gruß
Mon Nov 19 08:20:25 CET 2012 | Pingback
Kommentiert auf: Community Magazin: 3 Jahre Langzeit Bericht | Forum 99
Mon Nov 19 19:26:58 CET 2012 | moppedsammler
Zunächst einmal Hut ab vor diesem Bericht. Dazu darf ich den geneigten Leserinnen und Lesern erläutern, dass mein langjähriger und besonders ans Herz gewachsener Freund Jason Brite ist. Ich sage eigentlich ganz bewusst nicht Engänder. Sein britisches Understatement verbietet ihm, darauf hinzuweisen. Aber ich muss sagen, dass ich viele Beiträge von Leuten gelesen habe, die mit der deutschen Sprache aufgewachsen sind und sich von ihm eine Scheibe abschneiden können.
Genug gelobhudelt.
75 PS/86 PS. GPZ 600 R hat schon immer 75 PS. Nur die GPX konnte zeitweise mit einem 11 PS stärkeren Motor aufwarten, der später den Abgasvorschriften wieder zum Opfer fiel. Die standen aber auch nur auf dem Papier, denn die GPZ war mit ihrem Lateral frame dem Rohrrahmen der GPX immer überlegen. Zudem kommt man leichter an Vergaser, Kerzen, Luftfilter etc. Klares Plus der GPZ gegenüber der GPX.
Mit diesem Konzept war die GPZ 600 R wegweisend, denn ihre großen Schwestern, die GPZ 750 und die GPZ 900 R hatten ebenfalls noch diesen Rundrohrrahmen der GPX.
Übernommen wurde das Konzept dann mit der GPZ 1000 RX und der späteren ZX 10. Auch die ZZR 1100 hat diese Rahmenbauweise.
Womit sich der Kreis schließt, denn ich hoffe, meinen Freund noch davon überzeugen zu können, der alten Liebe den Laufpass zu geben und sie als Lernobjekt zu betrachten. Noch immer, mein Bester, stehen zwei schöne ZZR 1100 in meiner Garage, doppelt soviel Dampf wie die kleine 6er und -umgerüstet auf einen SB-Lenker auch gut fürs Kreuz und die nächste moppedsammler-bikertreff-Frühjahrstour. Denn die kommt so sicher wie das Amen in der Kirche.
Beste Grüße vom sammler
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