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Die Rettung des Vieräugigen

Sat Dec 02 21:50:14 CET 2023    |    andi_s210    |    Kommentare (5)    |   Stichworte: dauerblog, E-Klasse, S210, Turbodiesel, Werterhaltung, Youngtimer

merzi november 2023merzi november 2023

Wie (wert)erhalte ich meinen Youngtimer S210

 

Das gute Stück, ein E 290 TTD (Amtliche Typbezeichnung: „210 K”) Elegance (Baureihe S210 = Station Wagon = Kombi) mit Sportfahrwerk und anderem Sonderzubehör begleitet uns nun schon 18 Jahre. Sechsjährig haben wir den Vieräugigen 2003 aus erster Hand gekauft. In den ersten Jahren verlieren diese Teile nämlich viel zu viel an Wert.

 

Unseren ersten Daimler, einen W124 (S124) 200 TD haben wir 1984 als Neuwagen gekauft. Er war in Hamburg der siebzehnte, der ausgeliefert wurde. Auf unserer Jungfernfahrt im Umland von Hamburg mit dem Ziel, irgendwo schön Essen zu gehen, passierte es dann.

Mit Handzeichen

 

Der Fahrtrichtungsanzeiger funktionierte nicht. Wir mussten in diesem damals etwa 55.000 DM teuren, neuen Daimler die Hand aus dem Fenster strecken, um die Fahrtrichtung anzuzeigen. Wie blamabel!

 

Eigentlich wollten wir einen Volvo, aber da der nicht sofort lieferbar war, wurde es dann der Daimler. Bei dem war der Käufer vom Kaufvertrag abgesprungen und deshalb war dieser Neuwagen sofort verfügbar.

 

Am Tag der Auslieferung musste ich extrem lange warten. Den Grund habe ich später herausbekommen: Das vom Vorgänger bestellte und bereits eingebaute Radio wurde ausgebaut und dafür das teuerste Becker-Radio für 2.000 DM eingebaut. Und das Radio sollte mich noch in den Wahnsinn treiben. Das erzähle ich später.

 

Fahrtrichtung per Hand anzeigen

 

Erstmal zu der Jungfernfahrt mit Fahrtrichtungsanzeige per Hand. Das muß für die Leute, die das beobachtet haben, die Lachnummer des Tages gewesen sein. Wir also die erstbeste Werkstatt angefahren und unser Problem berichtet. Wie gesagt, es gab in Hamburg gerade mal siebzehn dieser neuen S124er.

 

Der Mechaniker von der freien Werkstatt geht einmal um das Auto herum, macht die Motorhaube auf und sagt dann: “Leute, ich bin Kfz-Mechaniker und kein Computerfachmann. Da kann ich euch leider nicht weiterhelfen.”

 

Die Freundlichen von Mercedes stellten dann am nächsten Tag einen Haarriss im Lenkrad fest, durch den die Signale des Blinkerhebels nicht weitergeleitet werden konnten. Hatten wir nun ein sogenanntes Montagsauto erwischt?

 

 

Als der Scheibenwischer versagte

 

Gleich auf der ersten längeren Reise nach Montenegro versagte der Scheibenwischer insofern, als er die Scheibe so verschmierte, dass ein Fahren bei Regen unmöglich war und eine Werkstatt im damaligen Jugoslawien angefahren werden musste. Natürlich hatten die keinen Ersatz-Scheibenwischer und der wurde deshalb vom ADAC eingeflogen, damit wir weiterfahren konnten.

 

Das Auto wurde natürlich damals von jedem Jugo bestaunt und als so richtig “bullig” bezeichnet.

 

 

Aschenbecher zu, Radio aus

 

Doch auf der Rückfahrt, die ich alleine antrat passierte es dann: Das Zweitausend-Mark-Radio funktionierte nicht mehr. Erst als ich kurz vor dem Reiseziel mal zufällig den Aschenbecher aus Langeweile öffnete, spielte das Radio. Aschenbecher zu, hörte es wieder auf zu spielen. Also musste das ein Wackelkontakt bei den Kabeln hinter dem Aschenbecher gewesen sein. Das war richtig ärgerlich, denn damals in den 80ern war eine Autofahrt von der Kotorbucht in Montenegro nach Hamburg über die Küstenstraße kein Pappenstiel und ich musste ohne Radio gegen die Müdigkeit ankämpfen, die der eintönig gegen die Scheibe prasselnde Regen noch verstärkte. Die Rückfahrt ohne funktionierendes Radio war der Horror.

 

Der Fußabdruck

 

Ja, und dann war da noch die Sache mit dem Fußabdruck. Ja, du hast richtig gehört. Da hat jemand nachts einen Fußabdruck in die Heckklappe getreten. Die mitleidigen Blicke der überholenden Autofahrer auf dem Weg zur Werkstatt habe ich heute noch vor Augen. Eine Beule als Fußabdruck an einem nagelneuen Fahrzeug wie diesem, das tat auch den Mitmenschen weh.

 

Und aufgebrochen wurde “Merzi” wegen dem Radio auch. Was der Dieb allerdings unangetastet gelassen hat, waren 20.000 DM Bargeld Tagesumsätze im verschlossenen Handschuhfach, die ich vergessen hatte, am Abend bei der Bank einzuzahlen. Wäre das Geld auch gestohlen worden, hätte ich ein Riesenproblem gehabt. Das wäre dann nicht versichert gewesen im Gegensatz zum Autoradio.

 

Kasseler Berge mit Anlauf

 

Ansonsten hat er uns nie im Stich gelassen, unser “Merzi”, so nannten wir ihn.

 

Okay, es war kein starker Turbodiesel wie der Jetzige und vor den Kassler Bergen musste man immer “Anlauf nehmen”, aber wenn er erstmal in Fahrt war, hielt ihn niemand und nichts auf.

 

Siebzehn Jahre hat er uns treu begleitet, bis ihn durch die kurze Entfernung zur Ostsee der gefürchtete Rostfraß ereilte. Der 124er war nämlich der erste Mercedes-Weltmeister im Rosten.

 

Dass der 210er auch so ein Kandidat sein könnte, haben wir vor 20 Jahren wohl verdrängt oder nicht wahrhaben wollen, als wir uns den Turbodiesel mit der 3-Liter-Maschine zulegten. Sein Gesicht war es, das uns so anlächelte und auf Anhieb faszinierte.

 

Autos hatten damals ein Gesicht

 

Ja, damals hatten die Autos noch Gesichter, individuelles Aussehen, was den heutigen Autos gänzlich abhanden gekommen ist. Sie sehen genauso gleich aus, wie die heutigen Botox-Frauen.

 

Liegengeblieben sind wir auch nie mit unserem Zweihundertzehner. Aber in den letzten zehn Jahren hat er so Einiges an Reparaturkosten verschluckt, weil Mercedes damals aus Kostengründen minderwertiges Material beispielsweise aus Russland eingekauft hat.

 

Fortsetzung folgt

Aus meinem Blog }> https://dauerblog.de/2019/08/28/die-rettung-des-vieraeugigen/

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Blogautor(en)

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Unser "Merzi" BJ 97 ist uns nach 20 Jahren so ans Herz gewachsen, dass wir ihn weiterhin werterhalten wollen. Nun hat er TÜV bis zum November 2025. Ich bin Jahrgang 52 und suche im Raum Rostock noch einen etwa gleichaltrigen S210 / W210 Fahrer, um gemeinsam unsere Fahrzeuge zu pflegen und wertzuerhalten. Das macht mehr Spaß und motiviert.