Fri Apr 26 14:25:30 CEST 2013 | anntike | Kommentare (14)
piccadilly-p1-roadster
Ich bin momentan nur selten auf MT und schreibe noch seltener im Blog, aber das hier will ich nicht für mich behalten.
Es ist das Jahr 1928. Mr. Allen Swift aus Springfield, Massachusetts, erhält von seinem Vater ein besonderes Geschenk zur Abschlussfeier*, einen brandneuen 1928 Rolls-Royce Piccadilly P1 Roadster (Phantom I, S273 FP). Der junge Mann ist so glücklich über sein „green-over-green softtop convertible“, dass er es leidenschaftlich hegt und pflegt. Von nun an fährt er den Wagen nicht nur, er stellt auch über die Jahrzehnte sicher, dass das Auto vernünftig gewartet wird - einiges, wie bspw. Ölwechsel hat Swift auch selbst erledigt. So wird zum Beispiel 1988, 60 Jahre später nicht nur der Motor generalüberholt, der Rolls-Royce erhält auch eine „body-off restauration“: Die Karrosserie wird hierbei vom Fahrwerk getrennet und alle Achsen werden herausgenommen. Hier werden auch alle Verschraubungen usw. gelöst und jedes Einzelteil inspiziert und überholt.
Swifts Heimatstadt, Springfield, MA, ist zudem der Marke Rolls-Royce grundsätzlich nicht fremd. Rolls-Royce produzierte dort von 1925-1931 etwa 1200 ebenjener Phantom I, wovon ca. 50 Stück als Piccadilly Roadster (darunter der, der Swift gehörte) die Fabrik verließen. Insgesamt wurden dort von 1920-1931 2944 PKWs gefertigt.
1994 bekommt Swift von Rolls-Royce als Auszeichnung für die Dauer seines Besitzes eine aus Kristallglas gefertigte „Spirit of Ecstasy“-Figur.
2005 wandte sich Swift an die Springfield Museums, um ein neues Zuhause für den Rolls-Royce zu finden. Er war überzeugt davon, die Einrichtung würde sich hervorragend um das Auto kümmern. Daher beschloss er, sein Auto - Kilometerstand: ca. 270.000 Kilometer - dem Museum zu überlassen, wenn ein passendes Gebäude vorhanden wäre. Dieses Gebäude wurde 2005 von Springfield Museums gefunden, direkt neben des Museenkomplexes - eine Immobilie von Verizon (amerikanischer Telekomkonzern). Der Präsident von Springfield Museums, Joseph Carvalho und Guy McLain, Direktor des Connecticut Valley Historical Museum präsentierten diese Information und ihre Vorstellungen davon, wie man das Gebäude umgestalten könnte, Swift. Dessen Anwalt gab im September an, dass Swift das Geld, eine Million US-Dollar, spenden würde.
Nur einen Monat später starb Allen Swift im Alter von 102 Jahren. Der Rolls-Royce lässt sich neben einem 1925 Silver Ghost Piccadilly Roadster in der „Transportation Collection“ des Museums bestaunen.
Und was ist das für eine Familie, dass der Vater einen brandneuen Rolls-Royce kaufen und der Sohn eine Million USD spenden kann? Familienunternehmen natürlich. Dies fing damit an, dass 1864 Allen Swifts Großvater, von England nach Massachusetts einwanderte und 1887 die Firma gründete. Zu weiteren Informationen zu dem Geschäft empfehle ich die zweite verlinkte Quelle. Swift fügte dem Auto auch Leisten und seine Initialen aus Gold hinzu.
* Meine erste verlinkte Quelle gibt gegensätzlich zu einigen anderen Quellen an, dass Swift das Auto selbst gekauft hat. Nachdem ich auch auf einer anderen Seite gelesen habe, dass die Informationen bezüglich des Autos als Geschenk seines Vaters nicht gesichert seien, sollte dies angemerkt werden.
Quellen: http://www.frankaazami.com/.../allen-swift-on-a-1928-rolls-royce.htm http://www.livingwithgilt.com/essays/swiftcompany.html http://www.springfieldmuseums.org/.../162-automobile_gallery http://www.springfieldmuseums.org/.../...e_by_connecticut_entrepreneur http://www.springfieldmuseums.org/.../about http://www.autoblog.com/.../ Bildquelle: http://worldsmost.info/.../ http://worldsmost.info/.../Piccadilly-P1-Roadster-.jpg |
Fri Apr 26 18:25:09 CEST 2013 | Fensterheber3165
Respekt, das nenne ich mal Treue . Im Land der Firmenwagenleaser und wäre das heute wohl absolut undenkbar.
Bin neulich erst über ein Inserat eines alten BMW gestoßen, der immerhin 39 Jahre lang in einer Hand war - auch das ist schon eine absolute Ausnahme.
Fri Apr 26 20:00:32 CEST 2013 | anntike
Jep. Wie du andeutest, wohl eine andere Kultur. In etwa so, als würde man sein, wie es so schön heißt, "High-school-sweetheart" heiraten, was dort anscheinend auch häufig geschieht. Besonders in der Zeit hat man ja, soweit ich weiß, auch jung geheiratet.
Sat Apr 27 00:09:48 CEST 2013 | motorina
75 Jahre in erster Hand; das dürfte unübertroffen sein!
Wird bei mir nie vorkommen, weil ich keine neuen Autos kaufe (und auch keines geschenkt bekomme ); dennoch eine einmalige Geschichte!
Grüsse, motorina.
Sat Apr 27 02:25:05 CEST 2013 | Druckluftschrauber135981
Sowas würde ich gerne mal bewegen.. 7,7l Reihensechszylinder, fast 100 Jahre alt.. ich hoffe der Museumsaufenthalt tut der Fahrbereitschaft keinen Abbruch
Sat Apr 27 10:51:06 CEST 2013 | Standspurpirat38000
Es kommt selten vor, das ein Auto seinen ersten und einzigen Halter um viele Jahre überleben kann und wird..
In diesem Fall stehen 2 Lebensgeschichten dahinter, die des Autos und die seines Besitzers, die fast 8 Jahrzehnte vereinten..
Sat Apr 27 15:13:30 CEST 2013 | Trennschleifer40271
@ ancalagon...................................wenn der Wagen 78 Jahre Strassenbetrieb überstanden hat wird er wohl auch den Museums Aufenthalt aushalten !
Eine der Geschichten,die so selten sind wie ein Rolls Scheunenfund, toll !
Sat Apr 27 23:09:45 CEST 2013 | anntike
Schön, dass der Artikel so gut ankommt. Ich wusste schon, die Geschichte würde euch gefallen.
Es gab btw eine Sache, die ich noch gern in den Artikel eingefügt hätte, an dem Punkt aber zu fertig war und keine Lust hatte, weiter zu recherchieren: Swifts Großvater, der das Swift-Goldgeschägt in Springfield gründete, soll laut der zweiten verlinkten Quelle auf Anraten "seines Enkels" in die USA eingewandert sein. Dieser Enkel könnte also ebenjener Allen Swift gewesen sein. Ich wollte nur nicht mehr den Stammbaum der Familie recherchieren, daher hab ich das nicht dazugeschrieben.
Sat Apr 27 23:16:22 CEST 2013 | motorina
Aber jetzt wissen wir ja ein bisschen mehr ... ... danke für den Nachtrag.
Sun Apr 28 10:33:49 CEST 2013 | anntike
Kein Thema. Hier ist noch eine ähnliche Geschichte:
Die 102-jährige Margret Dunning und ihr Ende der 40er Jahre gekaufter Packard ... DAS ist eine Lebensgeschichte ... die Dame wäre eigentlich erst recht einen ganzen Blogartikel wert.
"Zündkerzen auswechseln und nach dem Ölstand schauen ist doch selbstverständlich"
http://www.spiegel.de/.../...ng-und-ihr-packard-von-1930-a-851886.html
http://autos.aol.com/.../
Sun Apr 28 11:48:56 CEST 2013 | motorina
Wow, 22x lackiert ... die Dame hat ein Faible für Altblech, wenn sie selbst in ihrem hohen Alter noch Hand anlegt ... Respekt!
... und die Verlinkung gibt auch einen Hinweis auf weitere interessante Seiten ("Interaktive Übersicht"!) zu einzelnen Fahrzeugen aus unserer Zeit ...
Grüsse, motorina.
Mon Apr 29 14:34:57 CEST 2013 | Multimeter31978
was ich viel interesanter finde: den km stand! hier wird auch vor einem fast 80 jahre alten rolls nicht halt gemacht. nichts schlimmeres als vorsich hin stehende standmobile die beim ersten anzeichen einer strasse gleich zu staub zerfallen (wens nach den besitzern geht). darum: HUT AB!
Mon Apr 29 18:47:42 CEST 2013 | Hellhound1979
Da gebe ich dir vollkommen Recht! Es Automobil muß artgerecht gehalten werden, egal wie selten und wie wertvoll!
Ein schöner Blogartikel, mit einer wohl einmaligen Geschichte.
Mon Apr 29 19:27:47 CEST 2013 | Rostlöser51231
Ich kenne persoehnlich jemanden, der nun fast 90 ist und einen Thunderbird aus den 50ern und einen Caddy aus den 60ern besitzt. Beide damals neu gekauft. Die Tochter wird sie beide erben... ;-)
Thu Jan 17 15:26:59 CET 2019 | PS-Schnecke51864
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Deine Antwort auf "Ein Mann, ein Auto: Mr. Allen Swift und sein 1928 Rolls-Royce Piccadilly P1 Roadster"