Wed Nov 21 14:51:36 CET 2012 | MrXY | Kommentare (5) | Stichworte: 7 (AU), Golf, VW
Im Rahmen der Aktion "Der Golf bewegt Deutschland" hatte ich die Möglichkeit etwa 200 Kilometer bzw. 3 Stunden den im Titel genannten Golf zu bewegen. Die Strecke bot einen bunten Mix - von dichtem Stadtverkehr mit Stop & Go über Landstraße bis hin zur unbeschränkten Autobahn war alles dabei. Etwa 2/3 der Strecke wurden Abends zurückgelegt.
Antrieb
Der 150 PS-TDI ist für einen Diesel sehr laufruhig und eine souveräne Motorisierung. Im Vergleich zum 105 PS 1.6 TDI den ich im Golf 6 Plus mal gefahren bin geht er um Welten besser. Allerdings fühlt er sich doch etwas träge an, weshalb er keine Spur spritziger wirkt als der 122 PS-TSI. Die 30 PS Mehrleistung machen sich in meinen Augen (subjektiv) nur in einer höheren V-Max bemerkbar (220 am Tacho lassen sich in der Ebene ohne großen Anlauf erreichen). Objektiv zieht er sicher besser durch, aber zumindest ich konnte das subjektiv nicht bestätigen. Das DSG6 fährt sich erstaunlich ähnlich dem DSG7, hier habe ich weder im positiven noch im negativen Sinne einen nennenswerten Unterschied bemerkt. Wenngleich es ein sehr gutes Getriebe ist steht es im Komfort doch deutlich hinter modernen Wandlerautomaten, insbesondere in der Stadt.
Der Komfort der Start/Stopp-Automatik ist okay, aber in Kombination mit dem Autohold gelingt damit kein wirklich sanfter Start. Ich bin kürzlich eine C-Klasse mit 7G-Tronic gefahren, da war das Start/Stop wesentlich besser umgesetzt, nämlich so dass es mit dem Fuß absolut fein steuerbar und überhaupt nicht störend war. Der Beifahrer hat von dem System dort nichts mitbekommen (es war allerdings zugegebenermaßen ein Benziner), beim Golf merkt auch der Beifahrer wenn der Motor an und aus geht.
Der Verbrauch lag nach 150km bei 6,8l/100km, davon etwa 15 km Vollgas auf der Autobahn, die Hälfte der restlichen Zeit 60-110, die andere Hälfte ~ 130. Der TSI dürfte einen bis eineinhalb Liter mehr brauchen, allerdings hätte ich einen etwas niedrigeren Verbrauch erwartet.
Design
Ist okay Um ehrlich zu sein ist mir der Punkt nicht so wichtig, solange die inneren Werte passen. Daher möchte ich da gar nicht viele Worte darüber verlieren, ist ohnehin ein sehr subjektiver Aspekt. Die Klavierlack-Optik im Innenraum sah nach 5500km des Fahrzeugs nicht mehr so richtig schön aus (viele Fingerabdrücke), im eigenen Auto müsste man sehr pfleglich damit umgehen.
Die LED-Innenbeleuchtung wirkt richtig schick, auch die Ambientebeleuchtung in der Tür macht sich sehr gut.
Bedienung & Komfort
Generell empfand ich die meisten Funktionen als selbsterklärend, ich hatte keine Probleme mich zurechtzufinden - einige Tricks würden sich durch Lesen des Handbuchs aber sicher noch erschließen. Das fast überfrachtete Lenkrad stört mich nicht, aber rechts sind manche Tasten schlecht angeordnet, sodass "Pfeil nach oben" und "Pfeil nach unten" nicht wirklich gut zu drücken sind (man muss aufpassen nicht auf die silberne links/rechts-Wippe zu kommen). Der Tempomat am Lenkrad ist dagegen sehr gut zu bedienen, gerade für das ACC sicher eine bessere Lösung als ein separater Lenkstockhebel.
Beim User-Interface galt offenbar "Evolution statt Revolution", die MFA ist beispielsweise recht ähnlich der des Golf 6, aber etwas intuitiver. Vorteil ist, dass die MFA Plus jetzt eine viel höhere Auflösung hat, sodass sie zwar s/w ist, aber schön scharf. Kein Vergleich zur Augenkrebs-MFA+ des Golf 6. Die Fahrzeugeinstellungen gehen jetzt übers Navi, was ich als sinnvoll empfinde. Außerdem endlich auch während der Fahrt möglich.
Im Bordcomputer gibt es jetzt neben "ab Start" und "Langzeit" noch den Verbrauch und die Strecke ab dem letzten Tanken - angeblich bemerkt das Fahrzeug den Tankvorgang von selbst, sodass kein manueller Eingriff nötig ist. Die Infos lassen sich alternativ auch am Navi anzeigen, wenn einem die MFA zu klein ist.
Die Ergo-Sitze sind gut, wobei ich die Massagefunktion nicht als so angenehm empfinde als dass ich sie bräuchte (immerhin kann man die Intensität einstellen). Allerdings sind die Komfortsitze des Golf Plus in meinen Augen genauso bequem, auch hier kann ich mehrere Stunden völlig entspannt fahren.
Infotainment
Am Navi gibt's kaum etwas auszuzusetzen, der Annäherungssensor ist pfiffig (die Menüleiste wird erst eingeblendet, wenn sich die Hand dem Display nähert), die Bedienung intuitiv und die Animationen hübsch und flüssig. In Listen kann man jetzt auch mit dem rechten Drehknopf scrollen und bestätigen - eine Funktion, die ich beim RNS510 schmerzlich vermisse. Auch die Kartendarstellungen mit 3D-Gebäuden in Städten macht sich gut (wobei man dazu schon sehr nah heranzoomen muss).
Hervorheben möchte ich die Cover-Anzeige und die Möglichkeit Vignetten- und Mautstraßen separat ausschließen zu können. Wenn ich beim RNS510 Mautstraßen vermeiden lasse, führt er mich trotzdem über österreichische Autobahnen. Ebenfalls positiv ist die Radiotext-Darstellung: in der Radio-Ansicht steht das unter dem Sendernamen, sodass alles im Blick ist: Sendername, Radiotext und Stationstasten
Der Sound war erstaunlich gut, die Türen scheinen etwas stabiler als bei den Vorgängern, sodass sattere Bässe möglich sind.
Ein Minus habe ich aber doch gefunden: die Sprachbedienung - in meinen Augen ein großer Rückschritt gegenüber dem RNS510. Das war zwar etwas träge, hat aber fast alles verstanden. Mit dem Discover Pro ist mir kein vernünftiger Dialog gelungen, das ist definitiv nicht Stand der Technik, vor allem wenn man sieht was bei der FSE Premium im Golf 6 möglich ist oder auch beim Ford Sync-System, das zumindest in den USA grandios funktioniert (die deutsche Variante konnte ich noch nicht testen).
Assistenzsysteme
Das ist im Prinzip die größte Neuerung gegenüber dem Golf 6. Generell ist das Fahren mit ACC, Spurhalteassistent, DSG und DLA (Dynamic Light Assist) unglaublich entspannt, weil man sich um nichts kümmern muss.
ACC: ein Feature, das man eigentlich unbedingt haben muss. Es gibt nichts besseres als einen Tempomat, der automatisch auch auf den Abstand achtet. Wenn man einen Vordermann hat braucht man auch bei kompletten Ortsdurchfahrten nichts machen. Selbst in der Stadt funktioniert das System (bis zum Stillstand), solange man noch minimal rollt gibt es auch von selbst wieder Gas (beispielsweise wenn die Ampel gerade auf grün schaltet und man auf die gerade losfahrende Schlange aufschließt). Sobald man mal steht muss man das Gas sonst kurz antippen. Allerdings fährt es da eher defensiv, da der Abstand zum Vordermann nach dem Stillstand erst aufgebaut werden muss. Der Abstand ist in 5 Stufen einstellbar, da ist für jeden was dabei. Auf der Autobahn muss man rechtzeitig zum Überholen ausscheren, sonst bremst das ACC schon - ich schere normal etwas später aus, aber daran kann man sich gewöhnen. Nachteil: der Tempomat lässt sich anscheinend nur noch in 10km/h-Schritten justieren, eine Feinjustierung wie im Golf 6 scheint nicht mehr möglich. Vielleicht aber auch eine Fehlbedienung meinerseits?
Spurhalteassistent: funktioniert perfekt, auch bei Nacht (ich glaube aber erst ab 60 km/h). Wenn man die Hände entspannt am Lenkrad hat, hält sich das Auto kaum spürbar in der Spurmitte, vor allem bei Geschwindigkeiten nahe der V-Max ist das äußerst angenehm. Leider muss man ab und zu mal bewusst etwas am Lenkrad "ziehen", sonst fängt man sich einen Alarm ein - das finde ich nicht gut gelöst, hier sollte geprüft werden ob man das Lenkrad sicher im Griff hat und nicht ob man (unnötigerweise) lenkt, nur um zu sagen "hier bin ich". Der Alarm (bitte Lenkung übernehmen) ist relativ schrill und kommt relativ oft - hier sind die Mitfahrer dann wieder wach. Spurwechsel ohne Blinken sind übrigens kein Problem, die Lenkkraft des Assistenten ist gering und kann mühelos ignoriert werden.
Müdigkeitserkennung: macht in meinen Augen in Kombination mit dem Spurhalteassistent keinen Sinn, weil der sowieso warnt wenn man nicht lenkt. Innerorts und auf Straßen ohne Fahrbahnmarkierungen oder bei Schnee (also Situationen, in denen der Spurhalteassistent nicht arbeiten kann) funktioniert es vermutlich, aber das dürften nicht die klassischen Situationen für Sekundenschlaf sein.
Schildererkennung: funktioniert perfekt, auch bei Nacht. Die aktuelle Geschwindigkeitsbegrenzung wird oben in der MFA angezeigt, sodass sie immer im Blick ist. Auch in der Kartenansicht des Navis sieht man die Schilder, dort auch mehrere (z.B. Geschwindigkeitsbegrenzung & Überholverbot).
Dynamic Light Assist: die dynamische Lichteinstellung funktioniert sehr zuverlässig, das heißt der Gegenverkehr und vorausfahrende Fahrzeuge werden sauber ausmaskiert. Leider ist das System sehr träge, wenn kein Fahrzeug mehr im Blick ist - bis man dann mal Fernlicht hat ist mitunter schon das nächste Auto zu sehen. Auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung und eine klare Verbesserung in Situationen in denen man bei konventionellen System das Fernlicht nicht einschalten kann. Aber da werden wir meiner Erwartung nach in einigen Jahren noch wesentlich bessere Systeme sehen.
OPS: das OPS beherrscht jetzt die 360°-Ansicht und zeigt auch Hindernisse neben dem Auto an (dabei messen die Sensoren des Parklenkassistenten den Abstand im Vorbeifahren und die Position wird dann anhand der Fahrzeugbewegung berechnet; sollte ein Objekt neben dem Auto aus dem Boden schießen wird es nicht angezeigt). Mit einem gelben Schweif wird die Fahrtrichtung gemäß des Lenkeinschlags dargestellt. Letzteres ist eher ein optisches Gimmick als wirklich von Nutzen. Rückfahrkamera hatte das Fahrzeug leider nicht, das heißt ich weiß nicht ob dort jetzt auch die Fahrtrichtung angezeigt wird?
Fazit
Alles in allem hatte ich den Eindruck, dass das Auto nicht neu erfunden, sondern behutsam weiterentwickelt wurde (auch wenn es natürlich ein komplett neues Fahrzeug ist). Neues Design, aber trotzdem als Golf zu erkennen. Gerade die Assistenzsysteme sind wirklich super gelungen, den Motor würde ich hingegen nur bei extrem hohen Fahrleistungen wählen - andernfalls dürfte man mit einem TSI besser bedient sein.
Ein Umstand, der VW auszeichnet ist auch dieses Mal wieder gelungen: wenn man wieder zurück in den Vorgänger steigt, hat man dennoch nicht das Gefühl in einem alten Auto zu sitzen. |
Wed Nov 21 14:57:10 CET 2012 | Trackback
Kommentiert auf: VW Golf 7:
Probefahrt für alle Der Golf bewegt Deutschland
[...] Beifahrer. Eine sehr gelungene Aktion!
Meinen Bericht habe ich in einen separaten Artikel ausgelagert:
http://www.motor-talk.de/.../...-150-ps-ein-fahrtbericht-t4289544.html
vg, Johannes
[...]
Artikel lesen ...
Wed Nov 21 15:08:20 CET 2012 | faceman22
Schöner Bericht.
Vielen Dank.
Wed Nov 21 15:35:52 CET 2012 | Golfinator
Die Sprachbedienung muss sich erst an den Fahrer gewöhnen, sodass es bei dir nicht optimal lief, weil ständige wechselnde Fahrer durch die Probefahrtaktion das verhindern.
Wed Nov 21 16:14:45 CET 2012 | MrXY
Wenn das so ist, ist es in meinen Augen trotzdem nicht Stand der Technik Sowohl die FSE Premium, als auch das RNS510 als auch das Ford Sync-System schaffen es sehr gut mit wechselnden Fahrern umzugehen.
Außerdem ist die Hilfe sehr nichtssagend, daraus ging nicht einmal hervor wie man in der Kartenansicht per Sprachbedienung den Radiosender wechseln kann.
Wed Nov 21 21:55:28 CET 2012 | Vectura
Hi Johannes,
Der Tempomat funktioniert im Prinzip wie beim Audi A4 oder VW Passat. Man stellt die 10er-Schritte ein, und nimmt dann mit der Set-Taste die Feinjustierung vor. 1x Set drücken = 1 km/h nach unten beim 7er Golf. Das musste ich meinem Instruktor auf der Probefahrt auch erst erklären
Deine Antwort auf "Golf 7 - 2.0 TDI BMT DSG (150 PS) - ein Fahrtbericht"