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Werkstatt, Beruf und Hobby-Erfahrungen

Sun Sep 08 19:55:57 CEST 2024    |    Steven4880    |    Kommentare (1)

Heute war er wieder da,

 

der Motor-Talk-User mit dem E320 von Ende Mai, der nicht gut lief.

Nun war der Wagen beim Lackierer und steht in frischem silbernen Farbenkleid da.

 

Nur irgendwie läuft der Motor wieder seltsam und verbraucht unglaublich viel Sprit, laut seiner Aussage.

Er habe schon nach Falschluft gesucht, zwei Dosen Bremsenreiniger verbraucht und alles wäre okay.

Also hängen wir die Diagnose dran und bewaffnen uns mit Bremsenreiniger.

 

Zitat:

Die Werkstatt hat gemeint alles wäre okay. Dass der Motor ein wenig zischt sei normal.

 

Das stimmt teilweise, diese Motoren haben eine Art "Grundzischen", So nenne ich es mal.

Dieser Motor hatte aber etwas mehr als ein Grundzischen. Und ich konnte es per Gehör auch schon grob Orten.

Irgendwo unter der Ansaugbrücke, hinten.

 

Diagnose angeschlossen, Fehlerspeicher geleert. Eine Probefahrt gemacht. Diagnose wieder dran und da war es zu sehen.

 

Im Leerlauf kletterte die Lambdakorrektur langsam bis auf +25%.

Die Sondenspannung blieb jedoch unten.

FettanschlagFettanschlag

 

Wie zu erwarten, wurde im Fehlerspeicher auch der Fehler für ein zu mageres Gemisch abgelegt.

Die Aussage "am Fettanschlag" beschreibt hier, dass die Regelung bei +25% angekommen, und das Ende des Korrekturspielraumes erreicht ist.

FehlerspeicherFehlerspeicher

 

So kann das Abgasreinigungssystem natürlich nicht korrekt arbeiten und der Katalysator kann schnell einen irreparablen Schaden davontragen.

 

In einem System wie dem 3-Wege-Katalysator (z.B. im W124) sieht das wie folgt aus:

Für die Reinigung der Abgase ist eine genau definierte Menge an Sauerstoff im Abgas notwendig. Damit diese genaue Menge an Sauerstoff (O2) erreicht wird, werden die Abgase von der Lambdasonde gemessen. Die Lambdasonde misst den Sauerstoffgehalt im Abgas. Das Ergebnis der Messung wird als Spannung in Volt an das Steuergerät übermittelt. Dieses weiß nun ob zu viel oder zu wenig Sauerstoff in den Abgasen vorhanden ist und steuert die Kraftstoffeinspritzung so, dass der Zielwert erreicht wird. Hierbei wird immer von einem Mittelwert ausgegangen.

Das bedeutet dass die Lambdasonde "mager" meldet und das Steuergerät die Einspritzmenge erhöht, bis die Lambdasonde "fett" meldet. Dann verringert das Steuergerät die Einspritzmenge bis die Lambdasonde "mager" meldet. Und dieses Verhalten wiederholt sich permanent.

So wird ein Mittelwert des Sauerstoffgehaltes in den Abgasen erreicht der zum optimalen Betrieb des Katalysators nötig ist.

Man kann dieses Anfetten & Abmagern auch an der Lambdasonde prüfen indem man sich den ausgegebenen Spannungswert anschaut. Im optimalen Betrieb sieht man dass die Spannung abfällt auf ca. 0,1V, dann wieder steigt auf ca. 0,9V, - wieder abfällt, - wieder ansteigt und so weiter. Man spricht dann von einem geschlossenen Regelkreis (closed loop). Je höher die Motordrehzahl, je schneller schwankt dieser Zyklus.

Das lässt sich mit einem digitalen Multimeter nur im Leerlauf ansatzweise prüfen, da die Anzeige zu träge ist. Bei erhöhter Drehzahl braucht man da schon ein Oszilloskop oder einen digitalen Schreiber, der einem diese Sinuskurve anzeigt.

 

Nun, in unserem Fall sieht man dass das Motorsteuergerät maximal anfettet, die ausgegebene Spannung jedoch bei um die 0,1V festhängt. Also mager.

Da ich erstmal davon ausgehe dass alle Bauteile funktionieren, gehe ich auf die Suche nach Falschluft. Ist zudem, neben einer veralteten defekten Lambdasonde, die häufigste Ursache bei den alten Autos mit diesem Fehler.

Falschluft ist zusätzlich angesaugte Luft die nicht über den Luftmassenmesser angesaugt wird und somit nicht vom Motorsteuergerät erwartet wird.

 

Dazu sprühe ich, bei laufendem Motor, gezielt am Ansaugtrakt mit einer leichtentzündlichen Flüssigkeit (z.B. Bremsenreiniger) auf Verschraubungen, Nippel und dergleichen, beobachte parallel das Verhalten der Lambdasonde.

FalschluftsucheFalschluftsuche

 

Beim M104 kann man da nicht nach Gehör gehen. Der Motorlauf wird durch den Bremsenreiniger kaum bis gar nicht beeinflusst. Außerdem weiß man nie, ob ein kurzes Schwanken der Drehzahl nun wirklich vom Bremsenreiniger kommt. Daher beobachte ich bei der Prüfung permanent die Sondenspannung und die Lambdakorrektur des Motorsteuergerätes.

Und siehe da, plötzlich steigt die Sondenspannung und die Lambdakorrektur sinkt.

 

Das bedeutet dass der Bremsenreiniger angesaugt, mit verbrannt und somit kurzzeitig der überschüssige Sauerstoff in den Abgasen durch diese Verbrennung reduziert wurde.

Damit haben wir die undichte Stelle eingegrenzt und können nun mit Taschenlampe und Spiegel auf die Suche gehen.

Reaktion auf BremsenreinigerReaktion auf Bremsenreiniger

 

Wie erwartet haben wir die undichte Stelle schnell gefunden. Es war ein abgezogener Unterdruckschlauch. Womöglich wurde dieser im Zuge der Lackierarbeiten, bei der Demontage/Montage von Verkleidungsteilen bei der Windschutzscheibe oder im Motorraum versehentlich abgezogen. Zumindest ist das meine Vermutung.

Abgezogener UnterdruckschlauchAbgezogener UnterdruckschlauchFreier Nippel, FalschluftquelleFreier Nippel, Falschluftquelle

 

Tolles Beispiel, da sieht man was eine undichte Stelle von Ø2 - Ø3 mm, also so groß wie ein Stecknadelkopf, anrichten kann. Denn größer ist der innere Durchmesser des Nippels, auf den der Unterdruckschlauch gehört, nicht.

 

Also haben wir den Schlauch wieder auf seine Position gesteckt, den Fehlerspeicher gelöscht und eine Probefahrt gemacht. Der Fehlerspeicher blieb leer und man konnte einen geschlossenen Regelkreis beobachten. Der Schlauch war auch noch schön flexibel und weich. Er bleib auch bei leichtem Zug fest auf dem Nippel stecken. Der ist abgezogen worden und nicht von selbst abgerutscht.

Die Lambdakorrektur pendelte bei +/- 0%, was mir sagt dass alles optimal dicht ist.

Fehlerspeicher ohne FehlerFehlerspeicher ohne FehlerAlle Werte optimalAlle Werte optimal

 

Etwas genervt bin ich von der Aussage der Werkstatt, dass alles in Ordnung wäre.

Hier wurde aktiv einfach nichts getan. Oder der Werkstatt fehlt einfach Know-how.

 

Die Frage ist, ob die es einfach nicht besser wissen, kein Bock haben oder so viel Geld verdienen, dass die einen Kunden mit falschen Aussagen wieder heimschicken können. Denn mir wurde berichtet, dass da nicht danach gesucht wurde.

 

Allzeit gute Fahrt!

 

Grüßle

euer Steffen

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Sun Sep 15 12:15:07 CEST 2024    |    kottennatz1

Danke Steven, genau der Schlauch war bei meinem Wagen auch ab (hab ich im Zuge der ZKD-Erneuerung selber gemacht und vergessen). Jetzt kann die AU erteilt werden. :)

Deine Antwort auf "W124 E320 zieht Falschluft?"

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Steven4880 Steven4880

Stuttgart / Filderstadt

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Nennt mich Steffen. Bin kein Autonarr, eher technisch nicht unbegabt und daher mein Interesse an Autotechnik. Beruflich bin ich Werkstatt-Meister in der Gaseindustrie

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