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burky350

Das Problem mit dem Kettenrad der Ausgleichswelle im M272

Tue Sep 13 14:03:29 CEST 2016    |    burky350    |    Kommentare (79)    |   Stichworte: Carly, Diagnose, Fehlercode, Mercedes, OBD, Steuergeräte

Wer kennt das nicht?

 

Ein Bauteil am Fahrzeug zickt rum, die Motorkontrollleuchte (MKL) geht an, Warnhinweise erscheinen im Fahrzeugdisplay, etc. Der erste Gedanke – ich muss in die Werkstatt, da stimmt etwas nicht.

 

Was macht die Werkstatt?

 

Sie schließt einen sogenannten Multiplexer über die OBD-Schnittstelle an das Fahrzeug an und liest den Fehlerspeicher der Steuergeräte mit einem Notebook aus, um anhand der hinterlegten Fehlercodes die mögliche Ursache für einen Defekt genauer eingrenzen zu können.

 

Das kostet ja nichts, oder?

 

Diese Dienstleistung der Fehlerdiagnose in den Werkstätten ist nur in den wenigsten Fällen eine kostenfreie Maßnahme der Werkstatt, sondern wird üblicherweise auf der Reparaturrechnung dann mit einem nicht zu vernachlässigenden Betrag in Rechnung gestellt. Eine solche Fahrzeugdiagnose in Form eines sogenannten „Kurztests“ in einer Mercedes-Benz Niederlassung oder Vertragswerkstatt mit der Firmeneigenen Software „Star-Diagnosis“ (kurz: SD) schlägt mit rund 4 AW (Arbeitswerten) zu buche, die durchaus inkl. MwSt einen Betrag von 50 EUR und mehr ausmachen können.

 

Aber es gibt auch Alternativen für die Fahrzeugdiagnose, deren Anschaffungskosten sich im Regelfall schon nach kürzester Zeit amortisiert haben.

 

Kann einfaches Fehler löschen bereits Probleme beheben?

 

Hinterlegte Fehler in den Steuergeräten des Fahrzeugs können dazu führen, dass verschiedene Bauteile darauf abgestimmte Signale erhalten, damit sie auf einen gespeicherten Fehler anders reagieren als im Normalbetrieb. Manchmal ist es unergründlich warum bestimmte Fehler aufgetreten sind und das einfache Löschen der Fehler aus den Speichern der Steuergeräte kann in einigen Fällen tatsächlich auch Probleme bereits beheben.

 

Was kann ich tun, um selber Fehler auslesen und löschen zu können?

 

Es gibt zahlreiche Diagnosesysteme die mehr oder weniger gute Ergebnisse bei der Fahrzeugdiagnose liefern und die man (mit Einschränkungen) auch als Privatnutzer oder versierter KFZ-Hobby-Schrauber erwerben kann. Hier sollte man jedoch drei grundlegende Unterschiede solcher Systeme festhalten:

 

1) Stationäre Systeme (KFZ-Werkstattausrüstung) die meist einen Multiplexer und einen PC mit entsprechender Diagnosesoftware benötigen (Bsp: MB-Star Diagnose, Delphi DS150, Würth WOW Snooper, MoDiag, Hella/Gutmann, Bosch, ...). Ermöglichen eine fahrzeugspezifische Tiefendiagnose und bieten meist zahlreiche Analysemöglichkeiten über das reine Fehler auslesen und löschen hinaus.

 

2) Handheld-Systeme, oft auch Kabelgebunden (Bsp: iCarSoft i980, Launch iDiag X431, Autel MaxiSys, ...). Diese Systeme ermöglichen eine Tiefendiagnose auch unterschiedlicher Fahrzeugmarken mit teilweise weitreichenden Zusatzfunktionen und werden nicht nur von kleineren freien Werkstätten sondern immer öfter auch von ambitionierten Privatleuten genutzt, die gerne viel an Ihren Autos selber schrauben.

 

3) Mobile Systeme für Smartphone oder Tablet meist über Bluetooth oder W-Lan OBD-Adapter (Bsp: Launch EasyDiag, CARLY, Torque Pro, ...). Mit entsprechenden Apps auf dem Smartphone oder Tablet hat man seine Fahrzeugdiagnose immer dabei. Der Funktionsumfang ist in der Regel weitaus geringer als bei stationären und Handheld-Systemen, aber für eine erste Analyse von Fehlerspeichern und Motorparametern oft vollkommen ausreichend. Sie sind in erster Linie für die private Nutzung ausgelegt.

 

Die Übergänge der genannten Systemvarianten sind teilweise oft fließend (mit/ohne Kabelanbindung, Tablet-ähnlicher Monitor oder PC/Notebook, ...). Zusätzlich kann man dann z.B. auch noch nach universal (für viele Fahrzeugmarken) oder fahrzeugspezifisch unterscheiden.

 

Welches System ist für mich das richtige?

 

Je nach Anwendungsgebiet ist nun abzuwägen, welches System den eigenen, individuellen Anforderungen an Funktionalität und Preis-/Leistungsverhältnis entspricht. Ich habe mich für ein mobiles, fahrzeugspezifisches System entschieden, da es mir in erster Linie darum geht, selber den Fehlerspeicher bei unseren eigenen Mercedes-Benz Fahrzeugen auszulesen und bei Bedarf die Fehler auch löschen zu können, ohne dafür jedes Mal in eine Werkstatt fahren zu müssen, die dafür einen nicht unwesentlichen Geldbetrag verlangt. Daher möchte ich im Weiteren auf die stationären und Handheld-Systeme auch nicht weiter eingehen.

 

Warum habe ich mich für das System „CARLY für Mercedes“ von ivini-Apps entschieden?

 

Die Vorteile liegen für mich persönlich ganz klar auf der Hand:

 

1) Die App ist mobil auf dem Android oder iOS Smartphone/Tablet und funktioniert auch ohne Internet-/Datenverbindung überall in der Pampa. Es ist kein PC mit Multiplexer oder andere größere Handheld-Geräte erforderlich

2) Liest die Mercedes-Benz spezifischen Fehlercodes und nicht nur die Standard OBDII "P"-Codes

3) Kommt in alle verbauten Steuergeräte (bei Fahrzeugen ab 2005) und nicht nur ins Motorsteuergerät

4) Deutsche Steuergeräte-Bezeichnungen analog der Mercedes-Benz Star-Diagnose (wie „Kurztest“)

5) Deutsche Erklärungstexte zu den Fehlern

6) Bluetooth-Verbindung mit dem original OBD-Adapter von CARLY immer einwandfrei und stabil

7) Je nach Motorvariante auch Life-Parameter anzeigbar

8) Keine zeitlimitierte Softwarelizenz und somit lebenslang gratis Software-Updates

Seit kurzem ist die Pro-Version der App nur noch als kündbares Jahresabo erhältlich!

9) Deutschsprachiger technischer Support aus München

10) Übersichtliches Fehlerprotokoll als pdf-Datei

 

Ist die Funktionalität von CARLY wirklich vergleichbar mit einem „Kurztest“ mit der Mercedes-Benz Star-Diagnose?

 

Obwohl es sich um ein mobiles System handelt, dessen Funktionsumfang im Vergleich zu stationären und Handheld-Systemen teilweise oft in Frage gestellt wird, kann ich für unsere Fahrzeuge (B-Klasse W245, C-Klasse S203 und E-Klasse S211) aus den Modelljahren 2007 und 2008 mit Sicherheit sagen, dass die Ergebnisse im Fehlerprotokoll von CARLY mit denen der Kurztests mit einer Star-Diagnose von Mercedes-Benz übereinstimmen.

 

Ich kann damit zuverlässig die Fehler aus allen verbauten Steuergeräten auslesen und die Fehler auch löschen. Eine Ausnahme sind hier lediglich Fehler im Airbag-System, die aus Sicherheitsgründen nicht mit der App gelöscht werden können, und das ist auch gut so, wenn man nicht vom Fach ist.

 

Hier mal ein Beispiel eines Fehlerprotokolls von CARLY für meinen E350T (S211). Bei der Diagnose wurden alle 43 verbauten Steuergeräte erkannt und analysiert, was dem gleichen Ergebnis eines „Kurztests“ mit der Mercedes-Benz Star-Diagnose entspricht:

http://www.motor-talk.de/.../Attachment.html?attachmentId=748524

 

Nach meinem bisherigen Wissenstand gibt es derzeit keine vergleichbare mobile App, die im Ergebnis einem Kurztest von Mercedes-Benz näher kommt.

 

Welchen OBD-Adapter benötige ich für die Verbindung mit meinem Smartphone oder Tablet?

 

Es gibt zahlreiche günstige frei käufliche OBD-Adapter für eine Bluetooth-Verbindung zu Android-Geräten (Bsp. ELM-327) oder WiFi-Verbindungen zu iOS-Geräten, die mehr oder weniger zuverlässig mit den Steuergeräten im Fahrzeug „kommunizieren“ können und die drahtlose Verbindung mit dem Smartphone oder Tablet mehr oder weniger stabil aufrecht erhalten können. Es ist jedoch nicht sichergestellt, dass Fremdfabrikate von OBD-Adaptern einwandfrei in Verbindung mit der CARLY App funktionieren.

 

Da ich keine Spielereien ausprobieren wollte, habe ich mich gleich für den original Adapter von CARLY entschieden, der bei mir ohne Einschränkungen immer zuverlässig funktioniert, und das nicht nur in Verbindung mit der CARLY App, sondern auch mit anderen mobilen Diagnose-Apps.

 

Funktioniert das nur bei Fahrzeugen von Mercedes-Benz?

 

Nein. Das System von CARLY gibt es nicht nur für Mercedes-Benz sondern auch für VAG (VW, Audi, Seat, Skoda, …), BMW & Mini, Porsche, Renault sowie Toyota & Lexus.

 

Die älteren OBD-Adapter von CARLY sind teilweise sogar unter verschiedenen Fahrzeugmarken kompatibel:

Gen1 Adapter für Android für Mercedes & VAG (inkl. VW, Audi, Seat, Skoda, …) nicht mehr lieferbar

Gen2 Adapter für Android für Mercedes, BMW & Mini, Porsche, Renault, Toyota & Lexus nicht mehr lieferbar

VAG Plus Adapter für Android für VAG (inkl. VW, Audi, Seat, Skoda, …) nicht mehr lieferbar

Gen1 Adapter für iOS für Mercedes & VAG (inkl. VW, Audi, Seat, Skoda, …) nicht mehr lieferbar

Gen2 Adapter für iOS für Mercedes, BMW & Mini, Porsche, Renault, Toyota & Lexus nicht mehr lieferbar

VAG Plus Adapter für iOS für VAG (inkl. VW, Audi, Seat, Skoda, …) nicht mehr lieferbar

 

Inzwischen gibt es nur noch einen einzigen universellen OBD-Adapter von Carly:

NEU Carly Universal-Adapter für Android und iOS für alle Marken die von Carly unterstützt werden

 

Kann ich mir vor der Anschaffung der App oder dem Adapter zeigen lassen, ob und wie das bei meinem Wagen funktioniert?

 

Diese Möglichkeit besteht durchaus. Ich komme aus der Region Hannover und kann selbstverständlich bei mir vor Ort an meinen oder Euren Mercedes-Benz Fahrzeugen gerne mal zeigen wir die mobile Fahrzeugdiagnose mit CARLY funktioniert. Zur Terminabsprache schreibt Ihr mir dazu am besten eine PN über die Nachrichtenfunktion hier bei Motor-Talk.

 

Ich hoffe dieser kurze Einblick in die mobile Fahrzeugdiagnose mit CARLY für Mercedes ist für Euch hilfreich.

 

Euer

burky350

 

 

Stand: 10/2019

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Wed Feb 18 16:26:26 CET 2015    |    burky350    |    Kommentare (541)    |   Stichworte: Ausgleichswelle, E-Klasse, Kettenrad, Mercedes, S211, W211

Da ich mich in letzter Zeit ein wenig mit dem Thema „Kettenrad“ im M272 beschäftigt habe, wollte ich meine bisherigen Erkenntnisse dazu mal zusammenfassen. Diese Zusammenfassung beruht lediglich auf Informationen, die öffentlich im Netz zu finden sind.

 

Wer den Artikel in der Autobild vom 04.08.2011 verfolgt hat, ein Fahrzeug fährt in dem ein M272 Motor verbaut ist oder beabsichtigt sich ein solches Fahrzeug zuzulegen, den könnte dieses Thema vielleicht interessieren.

 

Ich beschränke mich hier ausdrücklich auf die V6-Motoren M272 im Baumuster W/S211, obwohl es bekannt ist, dass das Kettenrad-Problem Baumusterübergreifend ist und in ähnlicher Form auch die V8-Motoren M273 betrifft.

 

Was ist das Problem?

 

Der Werkstoff des Kettenrades der Ausgleichswelle besteht aus einem zu weichen Material, was zu einer vorzeitigen Abnutzung des Zahnrades führen kann. Dies scheint üblicherweise bei einer km-Laufleistung zwischen 60.000 und 140.000km der Fall zu sein. In seltenen Fällen auch später. Eine Reparatur ist sehr aufwändig und kostenintensiv. Weitere Details hierzu und Abbildungen von verschlissenen Kettenrädern findet man im englischsprachigen Star Bulletin, das man mit der Bezeichnung „S-B-03.30/08i“ im Netz finden kann.

 

Welche Motoren sind betroffen?

 

Es betrifft alle M272 Motoren bis einschließlich Motornummer 272 9.. 30 468993. Motoren mit einer „31“ anstatt der „30“ im Mittelteil der Motornummer sind nicht betroffen, da es sich hierbei um Motoren handelt, die oberhalb der laufenden Nr. von 1 Million Stück liegen, also wesentlich neuer und weit entfernt von dem Problem sind.

 

Es gibt verschiedene M272 Motoren die im Baumuster W/S211 verbaut wurden:

M272 KE25 (E230, E230T)

M272 KE30 (E280, E280 4Matic, E280T, E280T 4Matic)

M272 KE35 (E350, E350 4Matic, E350T, E350T 4Matic)

M272 DE35 (E350 CGI, E350T CGI)

 

Da schätzungsweise ab ca. Sept./Okt. 2006 ein verbessertes Kettenrad mit geändertem Werkstoff ab Motornummer 272 9.. 30 468994 verbaut wurde, sind die M272 KE25 (E230, E230T) und M272 DE35 (E350 CGI, E350T CGI) im W/S211 nicht betroffen, da diese Motorisierungen erst später in der Baureihe Einzug erhalten haben. Somit beschränkt sich das Problem auf die 280er (M272 KE30) & 350er (M272 KE35), unabhängig davon ob Limousine, Kombi, mit oder ohne 4Matic.

 

Welche Modelljahre sind betroffen?

 

Im Fall der W/S211 betrifft es die Modelljahre MJ2005 bis MJ2007. Da es sich bei dem MJ2007 bereits um das Facelift-Modell (Mopf) handelt (Markteinführung war am 10.06.2006), sind nunmehr nicht nur VorMopf Fahrzeuge betroffen, sondern auch Fahrzeuge, die in den ersten Monaten nach dem Facelift (zum Modelljahrwechsel 2007) ausgeliefert wurden.

 

Entscheidend ist hier nicht das Erstzulassungsdatum des Fahrzeugs, denn es kann unter Umständen auch wesentlich später zugelassen worden sein als es ausgeliefert wurde. Eine zeitliche Eingrenzung lässt sich vielmehr durch das Produktions- bzw. Auslieferungsdatum vornehmen. Dieses Datum findet man in der Datenkarte zum Fahrzeug. Das Modelljahr ist dann in Form der Ausstattungscodes 805 (MJ2005), 806 (MJ2006) oder 807 (MJ2007) dort aufgeführt.

 

Wie finde ich heraus, ob sich meine Motornummer im kritischen Nummernbereich befindet?

 

Die Motornummer kann man in der Datenkarte des Fahrzeugs finden. Diese ist über jede MB-Niederlassung oder MB-Vertragswerkstatt oder auch online anhand der FIN (Fahrzeugidentnummer / Fahrgestellnummer) einsehbar.

 

Zudem wird die Motornummer üblicherweise auch auf den Rechnungen von Mercedes-Werkstätten aufgeführt. Also einfach mal eine der letzten Rechnung Eurer Werkstatt raussuchen und nachsehen.

 

Wo finde ich die Motornummer am Fahrzeug (am Motor)?

 

Die Motornummer ist im Kurbelgehäuse eingeschlagen. Da sich die Position im hinteren Bereich (zur Spritzwand) befindet, ist diese nur schwer zugänglich. Alternativ findet man die Motornummer auch unter dem Luftfilterkasten auf einem Etikett.

 

Wie macht sich ein verschlissenes Kettenrad bemerkbar?

 

Im Kombiinstrument leuchtet die Motorkontrollleuchte (MKL). Dies kann neben dem Kettenrad natürlich auch die unterschiedlichsten anderen Ursachen haben. Eine Überprüfung der im Fehlerspeicher abgelegten Meldungen ist daher unerlässlich.

 

Sind im Fehlerspeicher des Steuergerätes für die Motorelektronik dann die Fehlercodes 1200 („Ständige Verstellung der Auslassnockenwelle der rechten Zylinderreihe in Richtung 'Spät' P0017“) und/oder 1208 („Ständige Verstellung der Einlassnockenwelle der rechten Zylinderreihe in Richtung 'Spät' P0016“) hinterlegt, kann das auf ein abgenutztes Kettenrad hindeuten. Diese Fehler werden durch eine falsche Positionierung der Nockenwellen zur Kurbelwelle erzeugt.

 

Die zuvor genannten Fehlercodes entsprechen denen der Star-Diagnose. Mit anderen Diagnose-Geräten werden möglicherweise andere Codes ausgegeben. So kann z.B. der Code 4608 mit einem "Hella-Gutmann-Diagnosegerät" auf den Fehler 1200 hindeuten und der Code 4616 gleichbedeutend mit dem Code 1208 sein.

 

Eine gut funktionierende und mobile Fehlerdiagnose für Mercedes Fahrzeuge ab 2005 bietet auch die Smartphone-App von CARLY mit dem dafür optimierten OBD-Adapter. Mit dieser App kann man eine fahrzeugspezifische Tiefendiagnose durchführen. Diese App erkennt die eindeutigen Mercedes Fehlercodes 1200/1208 und gibt auch deutsche Erklärungstexte dazu aus, was ansonsten in dieser Form nur mit einer teuren Star Diagnose möglich ist.

 

Erscheinen die Fehler nach dem Löschen aus dem Speicher und anschließendem Neustart des Fahrzeugs sofort wieder, dann ist dies ein weiteres mögliches Indiz für ein verschlissenes Kettenrad

 

Sind wirklich alle M272 Motoren im kritischen Nummernbereich betroffen?

 

Hierzu gibt es unterschiedliche Meinungen und Aussagen die von 5% über 20% bis hin zu 100% der verbauten Motoren reichen. Anzumerken sei hier, dass es anscheinend mehrere Zulieferer für das Bauteil gab und möglicherweise nicht alle Zulieferer ein weiches Kettenrad geliefert haben. Bisher konnte jedoch nicht nachweislich in Erfahrung gebracht werden, ob es tatsächlich nur das Problem eines einzigen Zulieferers war, oder vielleicht sogar die Vorgaben (Spezifikationen) von MB für dieses Bauteil unzureichend waren und daher ggf. doch alle Zulieferer betroffen sein könnten.

 

Wie hoch ist das Risiko nun wirklich ein Fahrzeug mit einem weichen Kettenrad zu haben?

 

Das ist für mich eine reine Auslegungssache. Man kann jede Zahl schönrechnen wenn man sie in ein Verhältnis zu einer anderen Zahl setzt. Bsp.: Es wurden weltweit insgesamt ca. 1.572.950 Fahrzeuge im Baumuster W/S211 ausgeliefert. Schätzungsweise wurden davon nach eigenen groben Berechnungen ca. 140.000 Fahrzeuge mit einem M272 im kritischen Motornummernbereich produziert, was rund 9% gerechnet auf die Gesamtstückzahl der Fahrzeuge in diesem Baumuster ausmacht.

 

Rechnet man im Verhältnis der Produzierten 6-Zylinder Benziner, was rund 556.000 Stück einschließlich der Vorgängermotoren (240, 320) waren, dann machen die erwähnten 140.000 Stück der M272 im kritischen Motornummernbereich schon einen Anteil von rund 25% aus.

 

Also lassen wir die Rechnerei. Es bringt nichts. Wir sehen es also als gegeben an, dass ein Risiko so ein weiches Kettenrad zu erwischen durchaus existiert.

 

Was kann ich bei der Fahrzeugsuche beachten, um das Risiko zu minimieren?

 

Als erstes könnte man generell Abstand von der betroffenen Motorisierung nehmen, also von einen E280 oder E350(Saugmotor) absehen und einen E230 oder E350CGI(Direkteinspritzer) wählen.

 

Des Weiteren könnte man darauf achten, dass man ein Fahrzeug ab mindestens Modelljahr 2008 erwirbt, also Ausstattungscode 808 (MJ2008) oder 809 (MJ2009). Wem es zu umständlich ist das Modelljahr eines angebotenen Fahrzeugs über die Datenkarte herauszufinden, der kann sich ganz einfach an 2 Punkten orientieren. Ab dem Modelljahr 2008 entfiel der Knopf für die Scheinwerferreinigungsanlage neben dem Lichtschalter. Dies gilt natürlich nur, wenn auch die Scheinwerferreinigungsanlage als Sonderausstattung oder in Kombination mit den Bi-Xenon-Scheinwerfern verbaut ist. Weiterhin ist ab dem Modelljahr 2008 die Klappe des Mittelablagefachs nicht mehr zweigeteilt zu öffnen sondern nur noch einteilig. Die Fahrzeuge ab ca. April 2008 erkennt man außerdem an der neuen Telematik-Generation NTG 2.5 (Radio, Navi), die ab diesem Zeitpunkt mit SD-Kartenschacht ausgestattet sind und eine integrierte Bluetooth-Anbindung für Mobiltelefone besitzen.

 

Verfügt das Fahrzeug bereits über ein digitales Serviceheft und nicht mehr über das klassische Scheckheft, dann handelt es sich ebenfalls um ein Fahrzeug mindestens ab Modelljahr 2008, denn das digitale Serviceheft wurde beim W/S211 erst ab Auslieferungsdatum 03. Sept. 2007, also im MJ2008 eingeführt.

 

Wer sich nicht zu einem Fahrzeug ab MJ2008 durchringen kann, der sollte zumindest die Motornummer in der Datenkarte prüfen. Ist diese im kritischen Motornummernbereich, dann sollte anhand der Reparaturhistorie geprüft werden, ob bereits das Kettenrad zuvor gewechselt wurde. Die Reparatur sollte möglichst erst in 2008 oder später stattgefunden haben, da bei früheren Reparaturen unter Umständen noch das nicht geänderte Kettenrad als Ersatzteil verbaut worden sein kann!

 

Die Reparaturhistorie von Fahrzeugen wird von MB gehütet wie ein Goldschatz. Ein Einblick ist selten möglich, wenn man keinen Meister an der Hand hat, der Kundenorientiert denkt. Alternativ gibt es den einen oder anderen im Forum, der mit der Reparaturhistorie schon mal aushelfen kann. Falls das Kettenrad bereits im Rahmen von Garantie oder Kulanz durch eine Mercedes-Werkstatt gewechselt wurde, sollte sich in der Reparaturhistorie folgender Eintrag befinden: SCA-Schlüssel 003043D17 "Zahnrad Ausgleichswelle verschlissen".

 

Die MKL ist an und es wurde ein verschlissenes Kettenrad diagnostiziert. Was nun?

 

Mercedes geht bei der Diagnose üblicherweise nach dem Dokument vor, das man mit der Bezeichnung „GI03.30-P-044614“ im Netz finden kann. Nach Bestätigung der Befundung mittels eines Endoskops werden die Ausgleichswelle, der Kettenspanner und die Stellmagnete der Nockenwellenverstellung gewechselt. Nach einer kurzen Probefahrt erfolgt dann noch ein weiterer Motorölwechsel. Es gibt Reparatursätze, die die erforderlichen Ersatzteile einschließlich des verbesserten Kettenrades beinhalten. Zur Reparatur ist ein Ausbau des Motors erforderlich. Das genaue Vorgehen ist im Dokument „AR03.20-P-1000TS“ beschrieben.

 

Die richtige Positionierung der Ausgleichswelle kann auch etwas simpler überprüft werden. Hierzu findet Ihr in der Link-Liste unten ein Video aus YouTube. Eine falsche Positionierung der Ausgleichswelle muss aber nicht zwangsläufig ein verschlissenes Kettenrad als Ursache haben. Ggf. reicht hier schon eine Kettenlängung und/oder ein defekter Kettenspanner um eine falsche Position der Ausgleichwelle anzuzeigen.

 

Üblicherweise gewährt MB eine Kulanz und übernimmt je nach Laufzeitjahr und km-Laufleistung des Fahrzeugs oft einen Teil der Reparaturkosten, so dass man nicht zwangsläufig auf den gesamten Reparaturkosten von mehreren tausend Euro sitzen bleiben muss. In unserem Fall waren es 50%, wobei bei einer Kulanzleistung die Kosten für Betriebsstoffe (z.B. Motoröl) zu 100% vom Kunden zu tragen sind. Voraussetzung für die Kostenübernahme ist im Regelfall, dass das Fahrzeug bisher lückenlos durch eine MB-Werkstatt gewartet wurde, also alle Servicetermine eingehalten und ausschließlich durch eine von MB autorisierte Werkstatt ausgeführt wurden.

 

ABER ACHTUNG! Es sind mir bisher mindestens zwei Fälle bekannt, bei denen MB-Werkstätten versucht haben dem Kunden teure Kettenrad-Reparaturen aufs Auge zu drücken, obwohl sich die im Speicher hinterlegten Fehlercodes nur auf die Nockenwellenverstell-Magneten bezogen haben und die Motornummern sich zudem nicht im kritischen Bereich befanden. Hierzu sei anzumerken, dass sich das Kettenradproblem aufgrund der Gegebenheiten durch Fehler an der 1. Zylinderbank (rechts / Beifahrerseite) an der Ein- und/oder Auslassnockenwelle durch die Codes 1200 / 1208 bemerkbar macht und auch nur durch eine Verstellung in Richtung "spät". Weitere Fehlercodes der Nockenwellen die eine Verstellung in Richtung "früh" oder die 2. Zylinderbank (links / Fahrerseite) betreffen, deuten in den meisten Fällen auf defekte Nockenwellenverstell-Magnete hin. Hier mal eine Übersicht der Fehlercodes, die im Regelfall nichts mit dem Kettenrad zu tun haben:

 

0059 Regelmäßige Verstellung der Auslassnockenwelle rechts in Richtung "früh" (P0014)

0060 Regelmäßige Verstellung der Auslassnockenwelle rechts in Richtung "spät" (P0015)

0063 Regelmäßige Verstellung der Auslassnockenwelle links in Richtung "früh" (P0024)

0064 Regelmäßige Verstellung der Auslassnockenwelle links in Richtung "spät" (P0025)

0271 Regelmäßige Verstellung der Einlassnockenwelle rechts in Richtung "früh" (P0011)

0272 Regelmäßige Verstellung der Einlassnockenwelle rechts in Richtung "spät" (P0012)

0275 Regelmäßige Verstellung der Einlassnockenwelle links in Richtung "früh" (P0021)

0276 Regelmäßige Verstellung der Einlassnockenwelle links in Richtung "spät" (P0022)

 

Kann ein bereits durch Reparatur erneuertes Kettenrad wieder verschleißen?

 

Für den Fall, dass bei einem Austausch des Kettenrades als Ersatzteil wieder ein Kettenrad verbaut wurde das noch nicht aus dem geänderten Werkstoff bestanden, dann muss diese Frage leider mit "JA" beantwortet werden. Diese Erfahrung mussten wir mit unserem C230T selbst kürzlich erst machen. Bei dem Fahrzeug aus 09/2006 und kritischer Motornummer wurde bereits in 09/2007 bei ca. 70.000 km das Kettenrad erneuert und bei einer Laufleistung von 190.000 km in 05/2015 war es dann erneut verschlissen, da das Ersatzteil noch aus der "alten" Serie stammte. Zum Überblick hier einmal die Ersatzteilnummer der Ausgleichswellen:

 

M272 KE25 (für 230)

Alt: A2720301372

Neu: A2720302672

 

M272 KE30 (für 280)

Alt: A2720301472

Neu: A2720302772

 

M272 KE35 (für 350)

Alt: A2720301572

Neu: A2720302872

 

Ich hoffe, dieser kurze Einblick in die Materie hilft dem einen oder anderen weiter und wünsche jedem mit einem Fahrzeug mit kritischer M272 Motornummer viel Glück, dass es nicht zum besagten Kettenrad-Schaden kommt.

 

Euer

Burky350

 

Stand: 08/2016

 

Quellenverzeichnis:

 

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Autobild

 

Motor M272:

wikipedia

 

Baumuster W/S211:

wikipedia

 

Technical Star Bulletin:

Bulletin

 

Datenkarte über FIN:

lastvin

carinfo

 

Motornummer:

am Motorblock

unter Abdeckung

 

Xentry-Dokument:

GI03.30-P-044614

 

WIS-Anleitung:

AR03.20-P-1000QB am Beispiel W203/W209

 

Position der Nockenwellen prüfen:

YouTube

 

Fehlercodes mit Hella Gutmann Diagnosegerät

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