• Online: 1.682

Das Renault Fuego Projekt

Meine Erfahrungen und Fortschritte mit dem Fuego GTX

Sun Apr 26 18:22:17 CEST 2015    |    Alfa.Tiger    |    Kommentare (7)    |   Stichworte: 136, 1363, Fuego, Klassiker, Oldtimer, Renault, Youngtimer

Sitze nach der Instandsetzung Sitze nach der Instandsetzung

165.000 km und 31 Jahre hinterlassen nicht nur Spuren im Innenraum. Auch die Sitze, im Speziellen der Fahrersitz, mussten einiges wegstecken, denn da hat nunmal jemand 165.000 km lang drauf gesessen. Interessanterweise habe ich den Fuego mit drei Vordersitzen übergeben bekommen. Der Vorbesitzer hatte sich bereits einen identischen Ersatzfahrersitz beschafft, der mit dem gleichen Velours-Sitzbezug in beigebraun bezogen ist, natürlich ebenfalls gebraucht.

 

Da ich den Wagen im Winter ohnehin nicht bewegen wollte, habe ich die Standzeit genutzt, um die Sitze bei einer Autosattlerei wieder auf Vordermann bringen zu lassen.

 

Ausbau

 

Der Ausbau der Sitze gestaltete sich relativ einfach. Die Rücksitze sind für den Ausbau vorgesehen, um größere Dinge zu transportieren. Daher ist der Ausbau sogar im Bordhandbuch beschrieben. Die zweigeteilte Rückenlehne (50:50 umlegbar) ein Stück vorklappen, eine Kunststoffkappe nach oben rausziehen, die die beiden Dorne der Rückenlehnen in einem Scharnier arretiert, fertig. Schon können beide Rückenlehnenteile herausgenommen werden. Die Rückbank wird durch zwei Kunststofflaschen in einer Klammer fixiert. Beide Laschen nach vorne wegziehen, dann kann die Rückbank herausgehoben werden.

Halteklammer der RückenlehnenHalteklammer der RückenlehnenEine von 2 Halteklammern der RückbankEine von 2 Halteklammern der Rückbank

 

Die Vordersitze sind mit jeweils vier Schrauben fixiert. Vorne halten zwei Torxschrauben die Sitzschienen auf einer Querversteifung der Karosserie. Hinten sind die Sitzschienen mit Schraube und Kontermutter unter dem Fahrzeugboden festgeschraubt. Nachdem jeweils alle vier Schrauben gelöst wurden, können die Sitze samt Schienen einfach weggehoben werden.

Ausgebaute RücksitzeAusgebaute RücksitzeAusgebaute VordersitzeAusgebaute Vordersitze

 

Auch die Armlehnen an den Vordertüren und den hinteren Seitenverkleidungen sind mit dem Stoff der Sitze bespannt. Ich habe zudem eine Ersatzarmlehne für die Fahrertür vom Vorbesitzer erhalten. Diese sind mit diesen typischen Kunststoffdübeln eingesteckt. Mit dem Ausbau hatte ich schon vom Ausbau der Türverkleidung Erfahrung. Da ich nicht wusste, ob der Sattler eher einen komplett neuen Bezug empfiehlt, habe ich die Armlehnen gleich mit ausgebaut, so dass ggf. ein komplettes Angebot kalkuliert werden kann. Das war aber nach erster Ansicht des Sattlers gar nicht notwendig, da bis auf die Fahrersitze alle noch eine gute Substanz aufweisen.

 

Fahrersitz

 

Aufgeplatzter und durchgescheuerter FahrersitzAufgeplatzter und durchgescheuerter FahrersitzNotdürftig geflickter FahrersitzNotdürftig geflickter Fahrersitz

 

Beide Fahrersitze waren in einem schlimmen Zustand. Der verbaute, als Ersatz beschaffte Sitz war bereits so durchgesessen, dass man im Rücken das Gestänge gespürt hat. Das Polster des Sitzes war ebenfalls schon recht stark zusammengesackt, so dass die Sitzposition deutlich zu niedrig war. Ein gerissener Seilzug verhinderte, dass der Sitz für den Fondeinstieg nach vorne geklappt werden kann. Zudem war der Bezug unterhalb der Kopfstütze entlang einer Naht über die Sitzbreite aufgerissen. Dünne Stellen an der Sitzwange im Nierenbereich ließen vermuten, dass der Bezug auch hier bald aufreißen würde, gleiches bei der Wange im Oberschenkelbereich.

 

Der originale, ausgebaute Fahrersitz ist an dieser Wange der Rückenlehne bereits durchgescheuert und wurde vom Vorbesitzer notdürftig mit einem braunen Flicken genäht. Optisch war diese Lösung natürlich nicht akzeptabel. Nach dem Ausbau war außerdem zu erkennen, dass eine der Federn bereits gebrochen und geschweißt worden ist. Aber eine Feder kann man natürlich nicht schweißen, da die Schweißstelle nicht die Flexibilität der Feder hat und somit eine Sollbruchstelle bleibt und natürlich auch wieder gebrochen war. Darüber hinaus bröselte bei beiden Sitzen feines beiges Pulver aus der Lehne.

 

Nachdem die Bezüge abgenommen waren, offenbarte sich noch Schlimmeres: Die gesamte Konstruktion der Sitze ist weder auf dauerhafte Haltbarkeit ausgelegt, noch sonderlich gut durchdacht. Die Rückenlehne besteht im Wesentlichen nur aus einem umlaufenden Rahmen, in den ein federndes Drahtgeflecht eingehängt ist. Am unteren Ende wird dieses Drahtgeflecht von einem quer angeschweißten Bügel gespannt. Der Bügel stellt eine Sollbruchstelle dar und war bei beiden Sitzen weggebrochen. Zudem waren einige Aufhängungen des Drahtgeflechts ausgehakt, vermutlich aufgrund des dann höheren Drucks. Das erklärt, warum man das Lehnengestell im Rücken so stark gespürt hat und warum der Bezug der Lehne vor Spannung aufgeplatzt ist.

Gebrochene FederGebrochene FederDie Federung der RückenlehneDie Federung der Rückenlehne

 

Die Seitenwangen der Lehne werden durch zwei an das Lehnengestell angeschweißte Metallplatten in Form gehalten. Damit die Metallplatten nicht verbiegen, haben sie eine leicht nach vorne (!!) gebördelte Kante. Über diese Platten wurde ein Schaumstoffpolster gesteckt. Der Fehler an dieser Konstruktion: Die umgebördelte Kante ist so scharf, dass ich bereits beim Drüberstreichen aufgeraute Haut am Finger hatte. Wie sich das auf das Polster auswirkt, ist klar: Bei jedem Reinsetzen in den Sitz scheuert und schneidet diese Kante das Polster auf, bis es durch ist. Dann geht’s dem Bezug an den Kragen, und genau hier ist er dann auch schon beim Vorbesitzer aufgerissen.

Metallplatten der SeitenwangenMetallplatten der SeitenwangenAufgeschnittene SeitenwangenAufgeschnittene SeitenwangenDie Seitenwange von vorneDie Seitenwange von vorneDämmmatte erhöht die SitzflächeDämmmatte erhöht die Sitzfläche

 

Geklebte SeitenwangenGeklebte SeitenwangenDa der originale Fahrersitz eine deutlich bessere Substanz aufwies und auch schon einmal von einer Polsterei bearbeitet wurde, sollte dieser als Basis für den Wiederaufbau dienen. Zur Instandsetzung wurde zunächst die gebrochene Feder unter dem Sitz ausgewechselt. Dazu diente der vom Vorbesitzer verbaute Ersatzsitz als Teilespender. Das Sitzpolster wurde durch eine weitere Dämmmatte angehoben (für meinen Geschmack sogar ein Tick zu viel, aber das wird sich mit der Zeit wieder erledigen). Der Bügel, der das Drahtgeflecht der Rückenlehne unter Spannung hält, wurde wieder angeschweißt und die verbogenen Haken ausgetauscht. Die Polster der Seitenwangen wurden geklebt und verstärkt, zudem wurden reibfeste Stoffteile eines Cabrioverdecks in die Seitenwangen gesteckt und schützen sie so vor der scharfen Kante der Metallplatten, so dass hier mittelfristig nichts durchscheuern dürfte.

 

 

Die durchgescheuerte und notdürftig geflickte Stelle des Stoffbezugs wurde herausgetrennt und diente als Stoffmuster. Da Vorder- und Rückseite der Sitze durchgehend mit dem gleichen Stoff bezogen sind, wurde vom Ersatzsitz ein passendes Stück Stoff aus der Rückseite der Rückenlehne herausgeschnitten und mit passendem Rapport eingenäht. Der Seilzug für den Fondeinstieg wurde instandgesetzt.

 

Beifahrersitz

 

Der Zustand des Beifahrersitzes war soweit in Ordnung. Der Bezug war nicht durchgescheuert und hatte keine Risse oder Löcher. Leider ist mir einen Monat nach Übernahme auch hier der Seilzug gerissen, der die Rückenlehne für den Fondeinstieg entriegelt. Die Polsterung ist noch in Ordnung und nicht durchgesessen. Auch die Federung der Polster schien intakt zu sein. Nur die Kederleisten der Rückenlehne hingen zum Teil heraus.

 

Zur Reparatur wurde zunächst der Bezug der Lehne abgenommen. Der Vorbesitzer hatte auch diesen Sitz aufbereiten lassen: Die Federung unter dem Sitz war – wie beim Fahrersitz – durch Querstreifen verstärkt worden. Eine zwischen Federung und Polster geschobene Dämmmatte hat die Sitzfläche wieder angehoben, so dass das ursprüngliche Niveau wieder erreicht wurde. An diesen Arbeiten gab es nichts auszusetzen und es musste nichts gemacht werden. Die Querstrebe, die die Rückenlehne spannt, war hier nicht gebrochen.

 

Auch hier wurden die Seitenwangen der Lehne geklebt und mit Cabrioverdeckstoff unterlegt. Die Kederleisten des Stoffbezugs wurden neu eingenäht und der Seilzug der Lehnenentriegelung wurde repariert.

 

Rücksitze

 

Neue Klammern der RückenlehneNeue Klammern der RückenlehneDie Rücksitze waren auch größtenteils in Ordnung. Die durchgehende Sitzbank wies so gut wie gar keine Gebrauchsspuren auf, weder bei der Polsterung noch beim Bezug. Die Rückenlehne hatte einige Scheuerstellen auf dem Teppich der Rückseite, wo das Rollo der Kofferraumabdeckung anliegt. Aber hier drohte keine Gefahr, dass irgendwas durchscheuert. Es ist eher eine optische Beeinträchtigung, die man aber auch nur sieht, wenn das Rollo ausgebaut wird oder die Rückenlehne umgelegt wird. Allerdings waren auf der Beifahrerseite einige Klammern aus dem Stoff gerissen, die den Bezug zusammenhalten. Zudem steckt die Rückenlehne seitlich auf einem Dorn, um dessen Achse sie nach vorne umgelegt wird. Dieser Dorn fasst in eine aufgetackerte Kunststoffplatte, die abgefallen unter der Rückbank lag.

 

Bei der Rückenlehne wurden die Klammern des Sitzbezugs neu gesetzt und die Platte wieder angetackert. Die Rückbank verlangte gar keine Arbeiten.

 

Einbau

 

Nach dem Aussaugen und einer gründlichen Reinigung mit mildem Seifenwasser und Schwamm habe ich die Sitze in umgekehrter Reihenfolge wieder eingebaut. Das hat ebenfalls keine größeren Schwierigkeiten bereitet.

Sitze nach der InstandsetzungSitze nach der InstandsetzungInstandgesetzte Sitze im FuegoInstandgesetzte Sitze im Fuego

 

Optisch hat sich auf den ersten Blick nur wenig getan, aber für das Sitz- und Fahrgefühl waren diese Arbeiten sinnvoll. Und aus Sicht des langfristigen Fahrzeugerhalts waren diese Arbeiten absolut notwendig, um die Substanz zu erhalten, bevor noch mehr reißt oder durchscheuert. Damit stehen die Sitze wieder in sehr guter Form da. Natürlich bleiben die Sitze entgegen der Optik eher Clubsessel als Sportsitze, aber ein Sportler will der Fuego ohnehin nicht sein.

 

450 km Fahrt am Wochenende zu den Schwiegereltern und zurück waren für meine Familie und mich jedenfalls kein Problem und haben wieder Spaß gemacht!

 

Vielen Dank für’s Lesen und bis demnächst!

Martin

Hat Dir der Artikel gefallen? 3 von 3 fanden den Artikel lesenswert.

Sun Apr 26 20:49:03 CEST 2015    |    Fensterheber169

Die Sitze sehen mal cool aus. Über zu wenig Seitenhalt kann man da sicher nicht klagen.

Aber der Bezug sieht komisch aus. Soll die Frabe so sein oder sind die etwas verschmutzt?

 

Noch dazu scheint es so als wären die Sitze mittlerweile sehr viel besser geworden.

Beim 98er Berlingo meines Dad sind die Sitze noch nicht durchgesessen und auch nicht eingerissen. Und das bei 289000km.

Sun Apr 26 22:43:43 CEST 2015    |    Alfa.Tiger

Der Bezug ist etwas in der Sonne ausgeblichen und auch abgenutzt. Aber die gelblichen Flächen scheinen ein Moiré-Effekt von der Digitalkamera zu sein wegen des Mikromusters. Die Verfärbungen sind eigentlich nicht vorhanden bzw. bei normalem Licht kaum zu sehen.

 

Ja, Sitze sind deutlich besser geworden. Mehr Federelemente, andere Schaumstoffe und festere Bezüge. Heutige Sitze stecken deutlich mehr weg als das weiche Franzosengestühl der 80er und 90er.

Tue Apr 28 21:07:03 CEST 2015    |    Schattenparker133450

Schön mal wieder was zu lesen von deinem Fuego, Martin.

 

Ja bei mir haben die keine 100tkm erlebt die Sitze waren dann fällig, zur Überarbeitung. Waren doch früher die weichen Sitze der "Franzosenautos" verschrien, unter den Autofahrern in Deutschland, so weich wie das Fahrwerk?

 

Einmal wollt mich doch ein Tüv-Prüfer durchfallen lassen, mit meinem Fuego, weil er zutief saß und nicht über das Lenkrad schauen konnte!?

Das konnte ich Ihm nur "austreiben" weil ich ca, 190cm groß bin und ihm gesagt habe, das ich sonst nicht rein passe. Dafür wurde der Sitz etwas Abgepolstert......(kleine Notlüge) ...hat aber geholfen.

Eine zweite komplette Innenausstattung habe ich mir schon in den 90ern besorgt. Liegt bereit zur Ergänzung ohne geht es wohl nicht?!

Wenn der Bezug abgenommen wird ist der Moment! Für die Waschmaschine gekommen weil besser geht es nicht. Auch meinst noch schonender wie Handwäsche.

 

Gruß Peter

Tue Apr 28 21:11:53 CEST 2015    |    Schattenparker133450

So sieht es bei meinem noch aus........

Man beachte die Schnüre unter der Rücksitzbank, diese dienen zum lösen der Verriegelung der Sitzbank.

Habe ich beim ersten Ausbau so eingerichtet sonst ist dass "Graffel" ;-)

Wed Apr 29 22:51:49 CEST 2015    |    Alfa.Tiger

Hallo Peter,

 

bei der Waschmaschine wäre ich vorsichtig... ein Bekannter, der einen GTX 2.2 Injection Phase 2 fährt, hat seine auch in der Maschine gehabt. Dabei haben die Bezüge sich ausgedehnt und hängen jetzt leider recht labbrig auf dem Gestühl herum.

Das Gebrösel, das bei mir aus den Sitzen rieselt, stammt auch von den Bezügen, nicht vom Polster. Daher würde ich die nur mit Samthandschuhen anfassen.

 

Bei deinem schaut ja auch das Polster unter den Armlehnen durch. Renault war schon extrem sparsam mit dem Stoff... Ansonsten sieht er von innen ja auch top aus!

 

Viele Grüße

Martin

Thu Apr 30 09:53:06 CEST 2015    |    Schattenparker133450

Hallo Martin,

 

da hast du recht, die Armlehnen sind ähnlich wie die Rückbank aufgebaut. Der Stoff ist auf den Schaumstoff geklebt, bei Armlehnen löst sich der Schaumstoff mit Stoff von den Hartplastik-schalen, die eigentlich eine Einheit bilden sollen.

Wie alle Oldtimer Besitzer bestätigen können ist gerade Schaumstoff nicht für die Ewigkeit! Der Sandkucheneffekt stellt sich nach gut 10 Jahren ein wo der Schaumstoff bröselt. Der Fahrzeughimmel den Insassen auf den Kopf fällt weil die Schaumstoffkaschierung los lässt. Die Gallier wussten schon warum Sie Angst hatten, das Ihnen der Himmel auf den Kopf fällt. (Zitat: Asterix und Obelix)

Die Naturmaterialien der Vorzeit halten da besser durch wenn diese auch mit Schimmel zukämpfen haben.

 

Was man echt selten sieht bei unserem Fuegos ist Leder, muss ich doch mal Ausschau halten, ob nicht eine Leder Ausstattung zu schnappen ist.

Thu Jul 30 11:26:33 CEST 2015    |    Spiralschlauch43955

Super Arbeit, fahre selbst einen fuego GTX 2litres, 81, und habe das identische Stoffmuster/farbe.

 

Das du noch brauchbare Reste, Preis VS,

Gruß Michael

Deine Antwort auf "Die Sitze - aufgemöbelt und geschweißt"

Blogautor(en)

Alfa.Tiger Alfa.Tiger

Kia