Wed Jun 30 19:29:42 CEST 2010 | Lewellyn | Kommentare (15)
Nachdem wir uns nun einen groben Überblick über die Motorradkategorien verschafft haben, widmen wir uns ein wenig dem Motor selbst. Auch hier spreche ich immer von ungedrosselten Modellen für Anfänger. Dass die meisten Anfänger gedrosselt starten, ist mir zwar bekannt, spielt aber bei der Einschätzung der Anfängertauglichkeit erstmal keine Rolle. Exoten wie Wankel und Sechszylinder lassen wir auch mal weg.
- Der Einzylinder
Der ursprünglichste aller Motoren spielt heutzutage nur noch eine Nebenrolle bei "grossen" Motorrädern. Größter Vorteil ist der einfache Aufbau und das vergleichsweise geringe Gewicht. dr650r klass. luftgek. Single Dadurch eignen sich Einzylinder natürlich gut für Einsteiger, da sie kostengünstig im Unterhalt und meist einfach selbst zu warten sind. Beim Selberschrauben an einem luftgekühlten Einzylinder kann man viel lernen und relativ wenig kaputtschrauben, bei entsprechendem Mindestschraubertalent und einer Mindestausstattung an tauglichem Werkzeug. Beim Fahrverhalten sind Einzylinder etwas gewöhnungsbedürftig. Die Größeren mögen keine niedrigen Drehzahlen und müssen daher öfters mal geschaltet werden. Der nutzbare Drehzahlbereich ist sehr schmal und liegt i.d.R. zwischen 3.000 und 6000 Touren. Hohe Dauerdrehzahlen (Autobahn Vollgasetappen) mögen Eintöpfe auch nicht so gerne und reagieren mit erhöhtem Verschleiß. Einzylinder nehmen falsche Gänge eher krumm und neigen zum spontanen Ausgehen beim Anfahren mit zuwenig Gas oder zuviel Kupplung. Dafür sind Einzylinder auf engen, kurvigen Sträßchen und in der Stadt in ihrem Element und verbreiten ein ganz eigenes Fahrgefühl. Manche schwören drauf, für andere ist ein Einzylinder ein Nogo. Ausprobieren! Ich bin selber 3 Jahre eine F650GS Dakar gefahren und hatte damit äußerst viel Fahrspass.
Das Einzylinder nicht lange halten, ist heute nicht mehr richtig. Moderne, wassergekühlte Einzylinder wie die Rotax-Motoren in den BMWs und Aprilias erreichen bei einer Mindestpflege locker ungeöffnet 100.000km. Leistungsmäßig liegen die allermeisten Einzylinder um die 50PS, die neuen KTM-Einzylinder leisten bis zu 70PS, was in Verbindung mit dem geringen Gewicht für ausgesprochen vortiebsorientiertes Fahren sorgt. Diese Modelle wenden sich aber eher an den erfahrenen Kurvenkratzer. Empfehlenswerte Modelle für Anfänger sind:
BMW F650GS/CS/Dakar und mit Einschränkungen beim Komfort die G-Modelle Xchallenge und Xmoto. Yamaha XTX/XTZ660 Suzuki DRZ 400 Aprilia Pegaso
- Der Zweizylinder
Diese meistgebaute Motorvariante wird von vielen auch als der am besten geeignete Motorradmotor angesehen. Ein guter Kompromiss aus Drehmoment bei niedrigeren Drehzahlen und Leistungsvermögen. Vermeidet weitestgehend die Nachteile des Einzylinders, entwickelt aber meist auch "Charakter". Gebaut in Größen von 125ccm (früher Honda Rebell) bis zu 2000ccm (Kawasaki Vulcan) und leistungsmäßig dank Ducati (>180PS) auch in der obersten Supersportliga angekommen. sv650 - V-Twin
Vom Zweizylinder gibt es diverse Varianten, die ich im folgenden nur kurz anreiße. Wer da detaillierte Infos möchte, einfach bei Wikipedia vorbeisurfen.ducati-monster-s2r
- Zweizylinder Reihenmotor Beide Zylinder stehen in einem Motorblock nebeneinander quer zur Fahrtrichtung. Beim Sonderfall Paralleltwin zünden die beiden Zylinder auch gleichzeitig. Normal ist aber eine versetzte Zündfolge. Aktuelle Modellbeispiele: Kawasaki ER6, Yamaha XTZ1200 Supertenere, BMW F800 Modelle
-Zweizylinder V-Motor. Die Zylinder stehen V-förmig zueinander. Der Winkel des V ist von Hersteller zu Hersteller verschieden. Bei Ducati beträgt er 90 Grad, ansonsten meist deutlich weniger. Während alle anderen ihre V-Motoren quer (von der Kurbelwellenlage aus gesehen) einbauen und die Zylinder in Fahrtrichtung hintereinander liegen, baut Moto-Guzzi diese längs ein, so dass die Zylinder quer zur Fahrtrichtung stehen. Ein Sonderfall ist der Boxermotor von BMW, wo der Zylinderwinkel 180 Grad beträgt und der ebenfalls, wie bei Moto Guzzi, längs eingebaut ist. bmw f800r
Aktuelle Modellbeispiele: Suzuki Gladius und natürlich der Vorgänger, SV650, (fast) alle Ducatis, Honda Transalp/Deauville
Aus Anfängersicht kann man mit einem Zweizylinder eigentlich wenig falsch machen. Es muss ja nicht eine Duc 1198R sein...
- Der Dreizylinder
Ein eher seltenes Motorkonzept. Gäbe es Triumph nicht, die den Dreizylinder zu ihrem Hauptriebwerk gemacht haben, wäre der Dreizylinder ein vollkommen exotischer Antrieb. Auch wenn ich selber eine BMW-Dreizylinder fahre. Aktuell auch nur bei Triumph (und ein paar Benellis) zu haben, aufgrund des Leistungsvermögens der Motoren (immer über 100PS) für Anfänger nur begrenzt geeignet.
- Der Vierzylinder
Sehr verbreitetes Motorenkonzept. Erste Wahl, wenns um Spitzenleistung geht. Sehr gleichmäßig in der Leistungsabgabe (Ausnahmen Supersportler, die auf extreme Spitzenleistung im oberen Drehzahlbereich hin optimiert sind). Vierzylinder drehen sehr schnell hoch, sind einfach zu fahren und nehmen falsche Gänge meist nicht krumm. Abgesehen vom Gewicht und dem zusätzlichen Wartungsaufwand sind Vierzylinder für Anfänger gut geeignet. Gegner werfen ihnen "Charakterlosigkeit" vor. Meist läuft die "Charakterlosigkeit" aber eher auf weitgehende Vibrationsfreiheit hinaus. Eine Sonderform ist der V4, wo die Zylinder statt in einer Reihe sich V-förmig gegenüber liegen. Eigentlich nur von Honda in der VFR 750/800/1200und von Yamaha in der Vmax in größeren Stückzahlen verbaut. Einzig noch nennenswerte Variante ist der längs eingebaute, liegende Vierzylinder der K-Modelle von BMW bis 2004. Alle anderen Vierzylinder sind immer quer (die Lage der Kurbelwelle ist ausschlaggebend, wir erinnern uns) Reihenvierzylinder in den Hubräumen von 250ccm (ja, gab es mal, mache ich vieleicht mal einen Artikel für die Motorradexoten drüber) und 1400ccm. Auch das aktuell leistungsstärkste Serienmotorrad, die S1000RR mit 200PS ist ein Reihenvierzylinder. Die neue Vmax mit ebenfalls 200PS und 2 Liter-V4 übersehe ich einfach. Schon aufgrund der minimalen Stückzahlen. Aus Anfängersicht gibt es reichlich Auswahl an geeigneten Vierzylindern. Seien es die Honda CBF600/1000, CB750, die Bandits von Suzuki in 400, 600, 650 und mit Einschränkungen auch die 1200/1250 Modelle. Kawasakis Zephyr 550/750/1100 und Z750, Yamaha XJ600/900 oder auch die 600er Fazer.
- Zweitakter
Bisher bezog sich alles auf Motoren nach dem Viertaktprinzip. Es gibt auch noch Zweitakter, die aber aus emmisionsrechtlichen Gründen bei den Neufahrzeugen keine Rolle mehr spielen. Auch gebraucht sind Zweitakter nur noch selten zu haben. Meist handelt es sich um die beiden letzten in Grossserie gebauten und motorisch nahezu identischen Suzuki RGV 250 Gamma und die Aprilia RS 250. Beide für Anfänger eher wenig geeignet.rgv250-gamma-zweitakter |
Wed Jun 30 20:46:03 CEST 2010 | DerDiesel
Richrig super erklährt, Besten Dank. Hat Spaß gemacht es zu lesen. Weiter so...
Thu Jul 01 07:36:26 CEST 2010 | Trennschleifer51467
Dabei war der BMW-Dreizylinder ein klasse Motor, besser wie der Vierzylinder und auch haltbarer.
K75 RT mit akt. 157.000 km ohne Motoröffnung.
Grüße 0815Caddy
Thu Jul 01 11:33:32 CEST 2010 | go_modem_go
Nachtrag: Quer eingebaute V4 werden auch in der Aprilia RSV4 verbaut. Diese ist aber eine Erstklassige, teure Race-Replica (Supersportler), eher das Gegenteil von Anfängerbike....
...Dafür gibt es neben der Suzuki Gladius (ex-SV650) und den kleineren Versionen der Ducati Monster mit der Aprilia SL750 Shiver und Ihrer Shiver GT Sporttourer- bzw. Dorsoduro (Soft-)Supermoto Derivate ein sehr gutes, bezahlbares und charaktervolles Qualitätsbike mit 90° V2, das auch für Anfänger taugt.
Sofern man mit mindestens 81cm Sitzhöhe klarkommt, was bei fast allen neueren halbwegs Spassmachenden Motorrädern leider der Fall ist...
Dieser Piaggio V2 Motor ist sogar als 850er mit Automatikgetriebe erhältlich, in Form der Aprilia NA 850 Mana und Mana GT .
Dieses V2 CVT-Automatik Triebwerk (mit "gefakten" 6-Gängen) macht die Mana zu einer der wohl besten Anfängerbikes schlechthin, es entfällt das Kuppeln (schalten kann man immer noch, wenn man will), das Fahrwerk ist besser als das Meiste aus Japan (oder Berlin), ABS ist an Bord, und die Fuhre wiegt nicht mehr als kleine Reihenvierer aus Fernost. Ein perfekter Kompromiss zwischen Charakter und einfacher Fahrbarkeit.
Japanische Reihen-Vierzylinder sind in der Tat meist Grottenlangweilig (ich persönlich finde die Vibration und Sound meines V2 und meines Eintopfes macht 50% des Fahrspasses aus!).
Aber Reihenvierer in der "Anfängerklasse" und bei 1000cm³ Tourern bzw. Naked Bikes der 100PS Klasse sind eben meistens auch wirklich narrensicher, mit sehr weit nutzbarem Drehzahlband, damit sich auch ausgeprägte Schaltidioten nicht schwer tun.
Thu Jul 01 12:25:48 CEST 2010 | Lewellyn
Deswegen schrieb ich "nennenswerte Stückzahlen". Die RSV Mille spielt da eher eine kleine Rolle. Was ich aber vergessen habe ist der längs eingebaute V4 der Honda Pan European. Aber auch diese spielt im Anfängersegment keine grosse Rolle.
Thu Jul 01 13:08:14 CEST 2010 | go_modem_go
Wir konzentrieren uns vielleicht zu sehr auf Neue Bikes (in den Beispielen).
Da gibt es z.B. auch noch die älteren Honda VFR400 - VFR 750 mit charaktervollen, langlebigen V4 Motoren...
Anfänger sollten meiner Meinung nach grundsätzlich erst einmal auf einer günstigen Gebrauchten lernen. Auch 15-Jährige Bikes können durchaus in Top Zustand sein, da Motorradfahren eine Freizeitsache ist - 10-15 Jährige gepflegte Garagenbikes aus Erst- oder Zweitbesitz mit unter 30tkm sind keine Seltenheit.
Wobei die am besten geigneten Einsteigerbikes eher günstige 2-Zyl. Twins à la Kawa EX500 oder ER5 und Honda CB450N-CB500 und CBF500 sind. Wenn auch nicht gerade die Aufregensten Beispiele, spricht folgendes für Sie:...
Hohe Stückzahl (= günstige Teile), einfacher Aufbau, günstiger Preis, sehr Langlebig, einfach zu bedienende, genügsame und leichte Motoren, und wenn man mal umfällt tut es den Dinger auch nicht wirklich weh.
Dazu noch in der Leistung auf über 50PS entdrosselbar (z.B. 58PS in der CB500). Auf dass es einem nicht in 2 Jahren nach der 34PS Begrenzung langweilig wird, ohne gleich ein Ersatzbike mit über 100PS anschaffen zu müssen. Werterhalt ist bei diesen Standardbikes garantiert (demnächst gilt ja das 50PS EU Limit für Fahranfänger - dann sind diese ca. 50PS Mittelklassebikes wieder extrem gefragt!).
Welcher Jungeinsteiger kann denn schon mehr als €2000.- für sein erstes Motorrad ausgeben?
Thu Jul 01 17:55:34 CEST 2010 | Faltenbalg34526
Die Honda RFVZ Einzylindermodelle ala NX , SLR und v.a. auch FMX 650 sind ebenfalls bestens geeignete Einsteigerbikes und damit eigentlich eine Erwähnung wert in deinem Blog .
Fri Jul 02 15:25:05 CEST 2010 | Staubfuss
Ich finde, die drei wichtigsten Merkmale, die ein Motorrad haben sollte, sind das ABS, das ABS und das ABS.
Nach der alten Regel, dass ein Motorrad nicht einzylindrig und viertaktend genug sein kann, würde ich als Einsteigerbike zu einem BMW-Eintopf greifen, wobei sowohl die GS als auch die CS Laune machen. Hat auch gleich noch den Vorteil, dass die Dinger nicht besonders schwer sind und Verbräuche ab 3 l ermöglichen.
Grüße!
Sat Jul 03 20:24:42 CEST 2010 | Spiralschlauch47680
Ich hätte da mal eine kleine Anmerkung:
*klugscheißmodus an* Ein Boxermotor ist kein 180° V-motor. Bei einem V motor arbeiten die Kolben meistens unterschiedlich, also von ihrer position im Zylinder aus gesehen, wärend ein Boxermotor immer gegenglich arbeitet und somit zumindest theoretisch weniger stark vibriert. *klugscheißmodus aus*
Tue Jul 13 13:14:20 CEST 2010 | Faltenbalg37012
Tue Jul 13 13:19:02 CEST 2010 | Faltenbalg37012
...sehr interessante, aufschlußreiche Motorenübersicht...ich habe jetzt den Führerschein Klasse A angefangen und bin noch nicht schlüssig welches Motorrad ich mir zulegen sollte...nagut, was ich schon in etwa möchte weiß ich schon...Tourer oder Shopper in etwa, ich sollte halt noch den Boden berühren können (Wurzelgnom mit 1,64 cm Größe)...mein angehender Fahrlehrer hat mit eine Hyosung Aquile GV 650 (für einen sehr guten Preis,...schon drauf gesessen) angeboten..hab mich zwar schon etwas belesen über diese Maschine, würde aber noch gerne ein paar andere Meinungen hören.
Vielleicht weiß jemand, welche Maschine zu meiner Größe passt, die auch günstig im Unterhalt/Spritverbrauch ist.
Mon Nov 22 11:48:15 CET 2010 | NyahNorman
Huhu!
Danke für die geniale Beschreibung
Einfach, kurz und leicht verständlich, dass versteht sogar jeder Neueinsteiger!
Gruß,
Christina
Fri Dec 03 11:11:18 CET 2010 | Dynamix
Hallo zusammen,
ich hätte da noch eine Idee.
Da ja die Frage nach dem idealen Einsteigerbike immer kommt wäre es dann nicht ratsam hier in dem Blog die besten Motorräder für Anfänger mal in Artikeln zusammenzustellen?
So in Kaufberatungsmanier ähnlich wie im Exotenblog
Muss ja nicht gleich drinstehen in welchem Baujahr was geändert wurde sondern einfach Daten, Fahrverhalten (Besitzer dürften da gute Erfahrungswerte geben können), Ergonomie etc.
Wär das nicht was für den Einsteigerblog?
Sun Nov 20 23:48:50 CET 2011 | Pingback
Kommentiert auf: Qualitative und naturnahe Pavillions für den eigenen Garten | Fachpresse Artikel
Wed Nov 28 09:59:48 CET 2012 | Trackback
Kommentiert auf: Biker-Treff:
Motorrad; Erstkauf; Worauf achten?
[...] fabulieren. Generell sind Chopper nicht so günstg als Anfänger.
Hast Du das schon gelesen?
http://www.motor-talk.de/.../...ches-motorrad-kategorien-t2781862.html
http://www.motor-talk.de/.../...kleine-motorenuebersicht-t2782793.html
[...]
Artikel lesen ...
Fri Jul 25 10:12:12 CEST 2014 | Trackback
Kommentiert auf: Biker-Treff:
motorradneuling und brauche ernste empfehlungen
[...] was Dir an Kategorie liegen könnte. Cruisen/heizen/touren.
Lies mal dazu hier: http://www.motor-talk.de/.../...ches-motorrad-kategorien-t2781862.html
und hier: http://www.motor-talk.de/.../...kleine-motorenuebersicht-t2782793.html
[...]
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