Tue Nov 19 14:13:52 CET 2013 | Dortmunder 65 | Kommentare (18)
GAZ 12 ZIM – Die Staatskarosse aus dem weitem Osten
Diese Limousine der Oberklasse der sowjetische GAS Werken sollte auf Wunsch vieler staatlicher Stellen und Amtsträger den GAZ Pobeda ablösen. Diese wollten ein größeres und repräsentatives Auto, es sollte technisch und stilistisch von ähnlicher Konzeption wie damalige US Fahrzeuge sein.
Die Kürzel dieser Fahrzeuge kann unter Umständen auch mal etwas Verwirrung stiften, denn die Übersetzungen der Bezeichnungen spielt da ab und an Schabernack in den Veröffentlichungen. GAS = russisch Gorkowskij Awtomobilnyj Sawod im Englischen wird daraus Gorkovsky Avtomobilny Zavod (GAZ) in Deutsch knapp Gorkier Automobilwerk. Bei ZIM verhält es sich fast genauso, zu Ehren des damaligen sowjetischen Außenministers Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow von 1932–1956 kam bei den Fahrzeugen noch die Bezeichnung Savod Imeni Molotowa (SIM) hinzu.
Der GAZ 12 ZIM basiert auf seinen Vorgänger dem Pobeda, die Bodengruppe wurde in alle Richtungen vergrößert und verstärkt, auch bei diesem Wagen ist die Karosserie selbsttragend. Da es die Führung selbstverständlich eilig hatte, nahm man beim Design Buick zum Vorbild und so stand schon 29 Monate nach Auftragerteilung das Ergebnis. Das schon ist kein Witz, für die damalige Planwirtschaft eine enorm schnelle Entwicklung. Beim Motor bediente man sich im LKW Programm, dieser war allerdings schon etwas älter. Der Sechszylinder Reihenmotor mit seitlicher Ventilsteuerung bringt seine Leistung geschaltet mit einer Lenkradschaltung über ein vollsynchrones Dreiganggetriebe auf die Straße. Bei der Ausstattung wollte man natürlich dem Klassenfeind nicht nachstehen. Der GAZ 12 ZIM erhielt ein Autoradio, Ledersitze, Edelholzverkleidungen, selbstständig rückstellende Blinkerhebel und eine elektrisch beheizbare Rücksitzbank. Die Limousine wurde 21527mal gebaut und es sollen 5 Cabrios von Band gelaufen sein, die vom Werk Phaeton genannt wurden. Der Bau von Krankenwagen wird in einigen Publikationen erwähnt, ist aber auch umstritten da es nie einen Kombi gab. Wenn hier jemand etwas genaueres weiß oder sogar ein Bild hat würde es mich sehr freuen davon zu lesen. Der GAZ 12 war der Dienstwagen der gehobenen Führungsebenen, die Spitze wie Stalin bewegte sich im ZIS 110, einem Nachbau des Packard 180. Wegen seines recht hohem Preises viel der Export in Bruderstaaten wie DDR , Polen und der Tschechoslowakei sehr gering aus. Nach dem der Wagen allmählich aus dem Staatsdienst ausgemustert wurde kamen einig in Privathände. Selbst in Finnland fand man Käufer, die ihn als Großraumtaxi nutzten.
Der ZIM wird als gemütliche Reiselimousine beschrieben, dies kann man auch gut nachvollziehen, wenn man sich die technischen Daten betrachtet. Die Lenkung soll schwergängig sein und dadurch schon allein eine sportliche Fahrweise verhindern. Da verwundert es allerdings, dass der Wagen bei der Miliz eingesetzt wurde.
Die Kupplung ist eine Besonderheit, sie besteht aus zwei Komponenten. Eine wie ein Drehmomentwandler aussehende hydraulische Kupplung die an der Kurbelwelle angeflanscht ist. Diese übernimmt die Funktion eines Schwungrades und ist mit einem Anlasserkranz versehen. Im inneren sind Pumpen- und Turbinenrad sowie eine Hydraulikölfüllung. Mit steigender Motordrehzahl wird ein gleitender Kraftschluss hergestellt. An der Kraftabgabeseite ist ein Flansch befestigt, der die normale Einscheiben-Trockenkupplung aufnimmt. Zum Schalten muss die Kupplung benutzt werden, nur kann man in jedem Gang bis zum Stand runterbremsen und ohne Kuppeln wieder anfahren. So umgeht man einen mechanischen Kraftschluss mit dem Getriebe und erreicht eine gute Elastizität bei geringen Innengeräuschen. Die Konstruktion bewirkt aber, dass sich dadurch der Antriebsstrang mechanisch nicht blockieren lässt. Dadurch muss man sich bei jeder Gelegenheit auf seine Handbremse verlassen können.
Daten • Länge: 5530 mm • Breite: 1900 mm • Radstand: 3200 mm • Gesamthöhe: 1660 mm • Bodenfreiheit: 200 mm • Motor: Sechszylinder-Reihenmotor, stehende Ventile, Flüssigkeitskühlung (Pumpe und Thermostat) • Leistung: 95 PS (66 kW) bei 3600/min • Höchstgeschwindigkeit: ca. 130 km/h (Halb beladen: 125 km/h – Voll beladen: 120 km/h) • Normverbrauch: 15,5 l/100 km bei 50-60 km/h • Hubraum: 3485 cm³ • Bohrung × Hub: 82 × 110 mm • Gemischaufbereitung: Ein Doppel-Fallstromvergaser K-21 • Verdichtung: 6,7:1 • Kupplung: Hydraulische Kupplung und Einscheiben-Trockenkupplung • Getriebe: Dreigang-Schaltgetriebe, teilsynchronisiert, 2. und 3.Gang, Wählhebel am Lenkrad (Lenkradschaltung) • Antriebsart: Heckantrieb • Vorderachse: Einzelradaufhängung an Doppelquerlenkern, Schraubenfedern, doppelt wirkende hydraulische Hebel-Stoßdämpfer • Hinterachse: Starrachse an halb-elliptischen Blattfedern, doppelt wirkende hydraulische Hebel-Stoßdämpfer • Leergewicht: 1800 kg • Gewicht vollgetankt: 1940 kg • Zulässiges Gesamtgewicht: 2450 kg • Bremsanlage: Trommelbremsen rundum • Wendekreis: 14,8 m • Preis (1954): 40.000 Rubel
Als Beiname trägt der ZIM 12 noch Tshaika (Möwe)!
Geschichtliches
Wie es so schön hieß, der oberste Sowjet hat erkannt, dass man in die Produktion von Automobilen investieren muss und beschloss daraufhin die Gründung und Aufbau einer eigenen Fabrik. 1929 wurde man mit Ford handelseinig und man übernahm Produktionsanlagen um in Lizenz Fordmodelle zu bauen. Der Aufbau dauerte von 1930 bis 1932 und man produzierte den 1,5 Tonner NAZ AA, NAZ, NAS Z und M1. Der M1 wird auch als Emka bezeichnet und basierte auf den Ford V8-40. Wieso jetzt NAZ? Der Fabrikstandort hieß Nischnij Nowgorod und wurde erst später in Gorki unbenannt und mit der Unbenennung änderte sich auch der Fabriknahme. 1949 sollte der GAZ 12 die erste eigene Entwicklung der Sowjetunion sein, nach dem man sich bis dahin immer noch mit Nachbauten von US Fahrzeugen begnügte.
In jüngerer Zeit wollte GAZ mit Hilfe der Sberbank 35% von Opel aufkaufen, weitere 20% sollte Magna übernehmen. Die eigene PKW Produktion wurde eingestellt, da diese völlig überaltert war. GAZ hatte die Absicht mit Opelmodellen auf dem heimischen Markt wieder in Fahrt zu kommen.
Danke fürs lesen, wie immer freue ich mich über Kommentare und selbst gemacht Bilder.
Euer Dorti |
Tue Nov 19 14:53:54 CET 2013 | Andi2011
Moin,
na das ist ja mal ein sehr seltenes Stück von dem man (zumindest ich) kaum etwas wusste,sehr schön dorti!
Besonders der Lack viel mir ins Auge,scheint der Erste zu sein,für das Alter respektabel und "patinös"!
Grüße
Andi
Tue Nov 19 18:03:19 CET 2013 | scion
Der Vorgänger hieß nicht Poheba oder Pobeba, sondern Pobjeda... das ist russisch und bedeutet "Sieg" und als Tschaika war eigentlich eher der GAZ 13 bekannt
Sorry für klugscheiß
Ansonsten wieder ein schöner Artikel zu einem Auto, was nur wenigen bekannt sein sollte und auch sehr schöne Fotos... weiter so!
Tue Nov 19 20:21:05 CET 2013 | Dortmunder 65
Pobeda (kyrillisch ??????) ist das Wort für „Sieg“ in den ostslawischen und südslawischen Sprachen, die eine ekavische Aussprache des Jat haben, also russisch, bulgarisch, mazedonisch, sowie serbisch (mit Ausnahme des in Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Montenegro und dem Westen Serbiens um Užice gesprochenen Dialektes). Die Entsprechung in den Sprachen mit ijekavischer oder ikavischer Aussprache ist Pobjeda.
Das zum Namen des Vorgängers, man findet den Wagen immer unter Pobeda. Das h war allerdings ein Fehler!
Mit Möve könntest Du laut Wiki recht haben, die Bezeichnung habe ich der Vorortbeschreibung und einer weiteren Quelle entnommen.
Ansonsten Danke für die Anerkennung, Fehler passieren leider und ich bin nicht böse, wenn ich verbessert werde!
Dafür lasse ich ja Kommentare zu, so kann man eventuell mit Schei......parolen aufräumen!
@Andi
ich versuche mich ja ein wenig von den Themen abzusetzen.
Tue Nov 19 21:11:54 CET 2013 | scion
Klar schreiben die Pobeda, wenn sie es wörtlich übersetzen, dieses "e" wird aber im russischen wie "je" gesprochen, es gibt da noch ein anderes "e", hab nur keine kyrillische Tastatur um es zu zeigen, hatte aber 8 Jahre Schulrussisch.
Der Tschaika war in den frühen DDR-Jahren die Bonzenkarre schlechthin, es gab mal einen Film "Einfach Blumen aufs Dach", da ergattert eine DDR-Familie einen ausgemusterten Tschaika und fährt damit rum, die Polizei sorgt gleich für freie Fahrt, Soldaten stehen stramm und sie werden sogar zu Empfängen eingeladen, weil alle denken, wer so einen Wagen fährt, muß jemand Wichtiges sein. Am Ende fragen sich die Funktionäre, ob normale Leute überhaupt so einen Wagen fahren dürfen. Gute Satire
Ein GAZ M21 Wolga wäre auch mal ein Blog wert, ich fand den immer chic
Tue Nov 19 21:18:32 CET 2013 | Dortmunder 65
Meinst Du den?
(1390 mal aufgerufen)
Tue Nov 19 21:36:12 CET 2013 | scion
Weiß nicht, Typ Molotov sagt mir nix, bei uns hieß der nur Wolga
Vor Jahren hatte mal ein russischer Vermögender eine wolgaähnliche Karosserie um einen BMW 850 gebaut: http://www.google.de/imgres?...
Tue Nov 19 21:46:19 CET 2013 | Dortmunder 65
@ scion
Das Molotov steht wohl für ZIM, deine Links und meine Bilder sind sehr ähnlich
(1318 mal aufgerufen)
Tue Nov 19 22:20:06 CET 2013 | bronx.1965
Dorti, danke und wie immer sehr gut recherchiert.
Dieses Auto hatte im Osten keinen guten Ruf. Ich, Jg. 65, kenne den auch noch. Meine Großeltern kannten den noch besser. Schwarzer Raabe wurde er genannt, wo eine solche Karre auftauchte, wurde jemand abgeholt. In den 50er Jahren hieß das meist, derjenige war sehr lange weg oder kam gar nicht wieder.
In den späten 60ern wurden sie dann durch den GAZ 21 ersetzt.
Über den GAZ 21 kannst Du ruhig mal was schreiben.
MfG, Bronx
Tue Nov 19 22:24:08 CET 2013 | Dortmunder 65
@ bronx
Klar, das sind ja die Wagen wodurch sich mein Blog ja abhebt von Anderen.
Und das von einem Wessi
Wessi Ossi Quatsch sollte man langsam abharken!
Tue Nov 19 22:25:53 CET 2013 | bronx.1965
Mach' mal weiter so Feine Sache! Sagt der Ossi
Tue Nov 19 22:28:14 CET 2013 | bronx.1965
"Abharken"? Womit denn? Ich hake das mal lieber ab. Scheiss Ironie
Alles gut!
Tue Nov 19 22:30:49 CET 2013 | Dortmunder 65
Mist
Tue Nov 19 22:34:32 CET 2013 | bronx.1965
Never explain, never complain!
Wenn Du zum "21"er zu gg. Zeit ein paar Infos brauchst, schick mir ne PN.
Tue Nov 19 22:36:33 CET 2013 | Dortmunder 65
Danke
Tue Nov 19 22:38:53 CET 2013 | mr. mountain
GAZ...die wollten Opel kaufen. Das kam mir auch wieder in den Sinn.
Ansonsten immer schön den Klassenfeind kopiert.
Interessante Geschichtsstunde, gerade auch im Hinblick auf die Behörden, die so manch armen Hund "abholten". Was mir als "Wessi" dabei in den Sinn kommt, ist der klassische Lada und Typen in Lederjacke und Krawatte....aber dieses Bild ist eben auch durch zeitgenössische Filme der Nachwendezeit geprägt.
Tue Nov 19 22:44:16 CET 2013 | Dortmunder 65
Durch Filme sind schon viele Irrtümer entstanden, wobei ich jetzt hier nichts gegen die Ladadarstellung sage. Das könnten nur im Osten aufgewachsenen MT Freunde (im entsprechendem Alter) aufklären.
Tue Nov 19 22:49:42 CET 2013 | bronx.1965
Dazu äussere ich mich hier noch mal, wenn es gestattet ist. Ich habe längere Zeit in RUS verbracht aus beruflichen Gründen. Magna sollte die Rolle des Back Carrier übernehmen, das war am Ende selbst DENEN zu unsicher. Die Rolle der SBER-Bank wurde in der Presse und den Medien hinlänglich beschrieben. Der GAZ Volga Siber war eine daraus resultierende Totgeburt schon zu früherer Zeit. Russische Praktiken sind zuweilen etwas . . eigenwillig!
Wed Nov 20 01:01:50 CET 2013 | motorina
@Dorti, ich vermute mal, dass der hier gemeint ist, auf den die Jungs hier verweisen... ...
Ansonsten wie immer: Lesenswert!!
... und die Beschreibung des Getriebes/der Kupplung erinnert mich an die Lkw-Wandlerschaltkupplung...
(vielleicht kann da @bronx etwas mehr Wissen beisteuern ... ich bin da nicht so der Technik-Freak, auch wenn ich so Dinger schon mal bewegt habe ).
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Deine Antwort auf "GAZ 12 ZIM Die Möwe - wohl besser Albatros"