Sun Jun 04 17:32:23 CEST 2017 | MariusLola | Kommentare (0)
Jetzt ist es fast genau ein halbes Jahr her, dass ich meinen Tesla in Empfang genommen habe und nach mittlerweile 16 tkm ist es an der Zeit mal von meinen bisherigen Erfahrungen zu berichten:
Ich habe zwei weite Fahrten damit gemacht, einmal nach Schweden (http://www.motor-talk.de/.../...e-ersten-2-000-kilometer-t5894493.html) und später von Singen a.H. nach Hamburg (ca. 800km). Beide verliefen ohne nennenswerte Vorkommnisse und mit der Zeit lernt man, mit der Reichweitenthematik (ich weigere mich, es Reichweitenangst zu nennen) sehr locker umzugehen. Ich will das nochmal kurz beschreiben: Wenn ich mich ins 100% geladene Auto setze und die Strecke nach Hamburg ins Navi eingebe, schlägt Tesla zwei Ladestopps vor. Das funktioniert, erfordert aber SEHR verhaltenes Fahren auf der Autobahn (<120 km/h) und bedingt relative lange Wartezeiten (teilweise mehr als eine Stunde) am Supercharger. Ich setze mich mittlerweile über dieses Diktat hinweg und fahre lieber schnell (ca. 170 km/h, sofern erlaubt) von Charger zu Charger und lade nicht länger als 20-30 min. Dadurch gewinnt man auf der Strecke etwa eine Stunde und hat nie das Gefühl, lange zu laden. Ich habe zum Beispiel einen Haufen Zeitschriften auf meinem Nachttisch liegen, die ich nie lese und denen ich mich dann in diesen Momenten in Ruhe widmen kann. Natürlich bietet sich auch die Gelegenheit, einen Kaffee zu trinken oder mit Neugierigen ins Gespräch zu kommen. Es ist eine andere Art, lange Strecken zu fahren, aber ein Kompromiss, der viel kleiner ist als manch einer annimmt. Den Grossteil meiner Fahrten bin ich zwischen Singen und Zug in der Schweiz unterwegs - das sind je 110km und überwiegend auf der Autobahn. Da das Tempolimit bei 120 km/h liegt und ausserdem viele Baustellen auf dem Weg sind, ist der Verbrauch bei weit unter 200 Wattstunden/km und eine 80% Ladung reicht problemlos für den Hin- und Rückweg. Der Verbrauch sinkt mit zunehmender Außentemperatur und natürlich mit Sommerreifen. Selbst wenn es sehr heiß ist, habe ich auf der besagten Strecke Verbräuche von 150-170Wh/km. Der Verbauch mit 21'' Felgen ist um etwa 20% höher als mit 19'' (ich fuhr die 21er für ein paar hundert km, da mir Tesla diese fälschlicherweise bei der Auslieferung mitgegeben hatte).
Was Euch jetzt wahrscheinlich viel brennender interessiert, sind meine Fahreindrücke: Die beinahe vollkommene Lautlosigkeit mit der ein Tesla in jeder Geschwindigkeit beschleunigt, macht noch genau so viel Spass wie am ersten Tag - Überholvorgänge auf Landstrassen sind die wahre Freude. Sogar Motorradfahrer kann ich mitunter überraschen, wenn ich am Ortsende Vollgas gebe; dann wird aus dem geplanten Überholschwenk nämlich nix. Manchmal schalte ich das Radio aus, nur um das Sirren des e-Motors zu geniessen. Auch das Beschleunigen aus Kurven (Allrad vorausgesetzt) ist un-be-schreib-lich. Man muss es einfach erlebt haben!! Die restlichen 98% "normale" Fahrt werden mit Laufruhe und Souveränität zelebriert. Hatte früher mal einen Jaguar XJ6 - damit konnte man auch so majestätisch dahingleiten. Nach ein paar Tausend Kilometern geht das Rekuperieren bzw. "Bremsen" in Fleisch und Blut über und die Nutzung der regulären Bremse zur Erzeugung von Wärme wird zum Ausnahmefall. Allerdings sollte dies von Zeit zu Zeit aktiv gemacht werden, damit die Bremsen nicht verrotten. Dadurch sind Laufleistungen der Bremsklötze jenseits der 100 tkm drin - die Bremsscheiben werden den Wagen sowieso überleben.
Beim Thema Radio habe ich meinen ersten Kritikpunkt: Das reguläre Radio ist okay und überrascht nicht durch besondere Raffinesse. Meistens höre ich aber meine Lieblingsstation via TuneIn (das ist kostenlos bei einem Tesla dabei), und dann kommt es stark auf die Internetbandbreite an. Auf manchen Strecken und subjektiv bei sehr hoher Geschwindigkeit, funktioniert das nicht mehr problemlos und es wird laufend gepuffert - das selbe Phänomen tritt natürlich auch bei der Nutzung von Spotify auf. Dann bleibt nur das reguläre Radio oder eine Playlist des Mobiltelefons, da es keinen CD-Wechsler an Bord gibt. Es ist ja toll, wenn man immer mit dem Internet verbunden ist, aber dann sollte die Datenübertragung auch Schritt halten...
Die sogenannten Komfortfunktionen sind bei meiner Version 2.0 so peu-à-peu aufgeschaltet worden. Anfangs konnte der Spurhalteassistent (vulgo Autopilot) nur bis 90 km/h eingesetzt werden, jetzt sind wir schon bei 135 km/h. Auch der Tempomat kontrolliert den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug, was im Kolonnenverkehr durchaus hilfreich ist; wenn man regelmässig langsamere Fahrzeuge überholen muss, nervt das induzierte Abbremsen allerdings mehr als es hilft. Ich würde mir wünschen, zwischen einem Tempomat, der einfach die Geschwindigkeit hält und einem abstandshaltenden Tempomat wählen zu können. Das automatische Einparken klappt wiederum sehr gut und ist echt spassig. Ebenso das geisterhafte "Heranholen" des Autos wurde von meinen Kindern sofort auf Snapchat mit ein paar Dutzend Freunden geteilt...
Das Innenraumklima ist auch so eine Sache: Wenn es draussen sehr kalt ist, reguliert mein Wagen die eingestellte Temperatur nicht ordentlich nach. Sprich: Ich habe 22 Grad gefordert, es ist aber dennoch - gefühlt - 18 Grad frisch. Erst wenn man auf 26 aufdreht, passiert was. Vielleicht mache ich auch was falsch, würde mich interessieren, ob andere ähnliche Erfahrungen machen. Das Bioweapon-Gimmick könnte sich Tesla völlig sparen und ist nur für Allergiker interessant. Wenn man es in einem Tunnel anwendet, wird bei Erzeugen des Kabinenüberdrucks Aussenluft via den Filter eingeblasen, was unangenehme Gerüche nicht unterbindet. Mag sein, dass dann weniger (oder keine) Stäube hereinkommen, aber die gute alte Umluftzirkulation ist effektiver. Ich nutze diese Funktion nicht mehr.
Tja, was gibt`s sonst noch so zu meckern: Eigentlich sind es Eigenheiten, keine echten Probleme und ich liste sie hier mal auf: - Zu wenige Ablagemöglichkeiten im Cockpit - Die Spaltmasse sind nicht annähernd so gut wie bei einem deutschen Premium-Autobauer - Das Navi bietet keine Optionen (wie z.B. schnellste vs. kürzeste Route) an
Auf der Seite des halb vollen Glases finde ich folgendes: - Die Standheizung, durch die App aktiviert, sorgt für einen warmen Start im Winter und immer freien Scheiben - Die exzellente Verarbeitung des Innenraums überzeugt - Das optionale Soundsystem ist Spitze - Die Komfortmerkmale des Kaltwetterpakets bieten Sitzheizung hinten und warme Finger am Lenkrad - Das Panoramadach ist an heißen Tagen sehr angenehm
Ach ja, eine Sache ist mir letztlich noch passiert: Ich hatte einen Steinschlag in der Windschutzscheibe, der sich zu einem 10cm langen Riss ausgebildet hat. Tesla lieferte die Scheibe und die Werkstatt meines Vertrauens hat sie eingebaut. Erwartungsgemäß ging der Autopilot erst mal nicht korrekt, was sich aber nach ca. 150km durch Eigenkalibrierung erledigt hat. Überraschender war, dass nach dem Einbau die komplette vordere rechte Lichteinheit ausgefallen war. Dafür musste ich bei Tesla ein Firmware-Update aufspielen lassen und jetzt funktioniert alles wieder. Das zeigt, dass es sich bei einem Tesla tatsächlich um einen PC auf 4 Rädern handelt.
P.S.: Ist Euch aufgefallen, dass in einem Tesla Service Center nur Leute unter 30 arbeiten? Das führt dazu, dass nicht wie früher der Käufer, Mitte 30, der sich sein erstes Neufahrzeug kauft, von einem grauhaarigen Herrn im Anzug bedient wird, sondern dass sich heute überwiegend KäuferInnen, die die 40 klar hinter sich haben von Verkäufern beraten lassen, die ihre Kinder sein könnten... - das finde ich echt witzig! |
Deine Antwort auf "Mein TESLA S Tagebuch - Fazit nach 16`000 km"