Wed Mar 25 23:41:49 CET 2015 | British_Engineering | Kommentare (44) | Stichworte: billig, Fähnchen-Händler, Fiat, Gebrauchtwagen, ohne Garantie, rostig
Fähnchen-Händler sind nicht nur hier im Forum in aller Munde. Sie gab es auch schon vor 30 Jahren in jedem Industriegebiet, nur hießen sie damals eher Heinz, Lothar oder Alfred als Murat oder Yilmaz. Diese Namen sollen nur Beispiele sein, ich möchte hier keine Vorurteile schüren, da ich bislang nur gute Erfahrungen mit Fähnchen-Händlern gemacht habe. Der Fähnchen-Händler meines Vertrauens hat sicherlich auch eine weit entfernte Kinderstube gehabt, heißt aber nicht Murat oder Yilmaz. Dieser Artikel soll lediglich zeigen, wie sich die Fahrzeuge, das technische Drumherum und die Garantie-Bestimmungen in den letzten 30 Jahren verändert haben, die Branche aber sonst ihr Gesicht weitgehend behalten hat.
Sowohl die Personen Alfred Becker als auch die Gewellthaarige sind frei erfunden.
Alfred Becker macht keiner etwas vor. 27 Jahre Erfahrung im Autohandel, seit zehn Jahren selbstständig, Gebieter über 40 bis 60 Gebrauchtwagen. Wer einen billigen Kadett mit ein paar Monaten Rest-TÜV braucht, geht genauso zu Alfred Becker wie derjenige, der seinen im harten gewerblichen Alltag aufgeriebenen Taunus Turnier loswerden möchte. Die Rosstäuscher, die Bleifuß-Indianer, die automobilen Allesverwerter, die Sonntagsfahrer und die Scheckheft-Fritzen – Alfred Becker kennt sie alle. Auch die Mittvierzigerin mit den dunklen, welligen Haaren, die sich gerade festen Schritts dem hölzernen Verkaufshäuschen nähert, hat Alfred Becker schon in seinem automobilen System eingeordnet: Berufstätige Frau, gutes Einkommen, wahrscheinlich alleinlebend, auf der Suche nach einem zwei- oder dreijährigen Scirocco oder einem Golf Cabrio. Er geht in Bruchteilen einer Sekunde durch, was er ihr anbieten könnte. Golf Cabrio sieht gerade schlecht aus, aber ein 81er Scirocco steht auf seinem Kiesplatz. Rot Metallic, keine 50.000km auf der Uhr, aber nur ein lascher 60PS-Motor unter der Haube. Egal, er will’s versuchen.
„Guten Tag, ich möchte meinen Wagen verkaufen. Steht draußen. Wollen Sie mal schauen?“ Ach, jetzt geht das Spiel wohl andersherum. Möchte bestimmt ihren Scirocco verkaufen, weil sie sich in ein neues Golf Cabrio verliebt hat. 112PS Einspritzmotor, komplett in weiß, wer kann dazu zu schon nein sagen? Alfred Becker drückt seine Zigarette aus und geht mit der Frau nach draußen. Sie führt ihn zu HI – YC 671. Da ist aber nichts mit Scirocco. Es ist ein Fiat Ritmo, frühes Modell, fünf Türen, 75PS, lackiert in „Bernstein“. „Was geben Sie für den?“
Mein Gott, die hat Power, denkt Becker. Noch gar keine Angaben zum Auto gemacht, aber schon nach seinem Preis fragen. Ach Mädel, das kenne ich doch alles. Nach ein paar Sätzen und einem Gang um das Auto sieht Becker klarer. Baujahr 1979, von ihr als Vorführwagen beim Fiat-Händler gekauft, 105.000 Kilometer, die ersten beiden Jahre scheckheftgepflegt, danach Wartung nach Bedarf, Rostansätze an beiden Vordertüren sowie unterhalb des Heckfensters, leichter Streifschaden an der rechten Hintertür, hinten ein verblichenes D-Schild und ein paar Aufkleber, die ihre Weltsicht erläutern: „Ich bin Energiesparer“ und „Alles frisch“. Becker lässt sich die Schlüssel geben. Fahrertür auf - knarrt. Türfangband müsste mal gemacht werden. Innenraum mit Geruchsnote „Lord Extra“. Motorhaube auf – letzte Motorwäsche scheint schon eine Weile her zu sein, letzter Ölwechsel vor vier Monaten bei 99.000 Kilometern. Na, wenigstens hier scheint alles einigermaßen okay zu sein. Kurzer Wackeltest, Stoßdämpfer anscheinend in Ordnung. Ob die schon mal getauscht wurden, weiß die Gewellthaarige nicht so genau. Motor einmal starten, Standgas geben, Gänge durchschalten, Kupplung kommen lassen, bis auf den leicht rutschenden Keilriemen alles ohne Befund. TÜV hat der orangefarbige Ritmo noch neun Monate. Wäre bei einem Kadett oder Golf wahrscheinlich kein Problem, sofern es keine offensichtliche Grotte ist. Aber einen Ritmo mit nur noch neun Monaten TÜV will keiner.
„3.300 Mark“. Becker hat in seiner dicken Schwacke-Liste geblättert und die Pros und Contras dieses sechsjährigen Ritmos kurz abgewogen. Der Fiat steht optisch nicht gut da, aber verwahrlost ist er nicht. Wenn er den für 4.000 auf den Platz stellt, wird ihn schon einer mitnehmen. Einen 79er Kadett D oder Golf gibt es für den Preis nicht und der Ritmo gilt rein technisch als robust. Allerdings machen die Radlager öfters vorzeitig schlapp. Da kann man dann schnell ein paar gebrauchte aus einem Unfallwagen einbauen. Wenn nur der Rost an diesen Wagen nicht wäre! Eigentlich müsste er den orangen Ritmo noch Probe fahren, aber da ist jetzt keine Zeit für. In einer halben Stunde kommt der Interessent für den milanbraunen 280SE W116. Und der ist ein besseres Geschäft als der Ritmo der Gewellthaarigen.
„So wenig? Der läuft doch noch tadellos. Mich hat er überall gut hin gebracht. Der Ritmo wird doch sogar noch gebaut, den kann man immer noch als Neuwagen beim Händler kriegen.“ Becker runzelt die Stirn. „Ja, den gibt es noch neu zu kaufen, aber Ihrer ist ehrlich gesagt nicht übermäßig gepflegt, er hat die Marke von 100.000 Kilometern schon überschritten, was beim nächsten TÜV-Termin in neun Monaten ist, weiß keiner und der dürfte auch keinen bleifreien Sprit vertragen. Naja, und die Leute wollen lieber einen Kadett, einen Escort oder halt wie alle einen Golf haben.“
„Dann werde ich den Ritmo wohl privat verkaufen. Ich habe ja noch ein paar Tage Zeit, bevor mein neuer Ford Escort Turnier geliefert wird. Ich verkaufe den Ritmo nur, weil ich wegen der Kinder einen Kombi brauche und einen Diesel möchte, denn die ganze Kat-Diskussion nervt mich momentan. Den Ritmo habe ich nach der Scheidung gekauft, war der beste Kompakte, den ich für das Geld kriegen konnte. Also, wenn sie den nicht wollen, ich werde den schon selbst los. Und Bleifrei verträgt er übrigens auch.“
Hat die ihren Ex auch so in die Mangel genommen? Becker greift zu seiner Zigarettenschachtel. Dem Geruch des Ritmos nach zu urteilen scheint sie ja auch zu rauchen. Er hält ihr die Schachtel hin. Kann ja mal nett sein. In diesem Augenblick ärgert sich Becker, dass er keine filterlosen mehr raucht. Davon würde sie bestimmt keine wollen. Sie greift zu und kramt ihr Feuerzeug raus, bevor er ihr Feuer anbieten kann. Während des gemeinsamen Friedenskippchens einigt man sich auf 3.450 Mark. HI- YC 671 wird am nächsten Tag abgemeldet werden. Dann wird auch Milan einen Blick auf den Ritmo werfen, Beckers jugoslawischer Meisterschrauber. Milan kennt nicht nur jeden Zastava auf dem Balkan mit seiner Fahrgestellnummer, sondern flickt auch alle Fünfthandmühlen wieder so zusammen, dass sie Becker gewinnträchtig unters Volk bringen kann. Ohne Milan wäre seine Bude schon längst zu.
Als die Gewellthaarige nach der Klärung aller Details und einem festen Händedruck Beckers Holzhaus verlassen hat, greift er zum Telefon. Mal schnell die Anzeige für die nächste Wochenendausgabe mit Automarkt aufgeben. Schorse ist sofort am Apparat. „Hallo, Alfred hier. Gleiche Anzeige wie letzte Woche, aber der 78er BMW 6er und der Talbot 1510 müssen raus. Sind verkauft. Dafür ein Fiat Ritmo neu rein.“ Becker gibt die Daten durch. Milan, Schorse, so läuft’s mit dem Geschäft.
Der bernsteinfarbige Ritmo hat den Check bei Milan bestanden. Am Unterboden muss ein wenig entrostet werden, dann etwas Unterbodenschutz drauf und die allzu offensichtlichen Roststellen an den Vordertüren etwas ausbessern. Mehr ist nicht drin für den Preis. 4.150 Mark, ohne Garantie, aber mit zwei Jahren TÜV. Der Ritmo kommt in eine der hinteren Reihen. Da steht er dann Spiegel an Spiegel mit den Geringgeschätzten der automobilen Gesellschaft, den Makelbehafteten, den billigen Jakobs. Für die nächsten Tage und Wochen werden ein Passat Variant, der mit seinen 154.000 Kilometern in gerade mal drei Jahren ein Autoleben im Zeitraffer führt, und ein in Ehren ergrauter, aber versoffener Volvo 264 seine Nachbarn sein. Der Passat findet nach einiger Zeit Anschluss bei einer jungen Familie, während der Volvo immer mal wieder angeschaut wird, aber mit durchschnittlich 14 Litern Super verbleit allenfalls im Dunstkreis von Mineralöl-Magnaten und Tankstellenbesitzern neue Freunde finden könnte.
Der Ritmo wird nach zwei Monaten an einen jungen Mann verkauft. Der hat genug von Mamas asthmatischem Renault 5 mit 845 Kubik und 36PS. Vielleicht hatte aber auch Mama einfach genug von seiner Fahrweise und ihm den Renault wieder entzogen. Aus HI –YC 671 wird SHG – DL 980 und Alfred Becker hat sowohl den Ritmo als auch die Gewellthaarige bald wieder vergessen. Er kennt sie ja alle, die Autokäufer und Verkaufswilligen. |
Wed Mar 25 23:53:23 CET 2015 | ToledoDriver82
Nette kleine Geschichte
Thu Mar 26 00:36:13 CET 2015 | Duftbaumdeuter12122
Jau - war auch mein Gedanke.
Wann hat die denn gespielt? Muss schon einige Jährchen her sein...
Thu Mar 26 08:30:06 CET 2015 | MrMinuteMan
Super Artikel, allein das Detail das damals noch jeder geraucht hat find ich super Vielleicht kannst du so was noch mal schreiben, nur mit den 90zigern. Würd mir freuen
Thu Mar 26 09:53:44 CET 2015 | Trennschleifer51433
Da hört man beim lesen den Kies unter den Schuhen. 16-22mm Körnung mit hohem Quarzanteil.
Dazu schmeckt man die guten Reval.
Danke dafür.
Thu Mar 26 11:04:11 CET 2015 | Turboschlumpf6
Ein lustiger Artikel. Was steht denn in den abgebildeten Ritmo-Unterlagen?
Ein Ritmo VFL war unser erstes Westauto. Ich war restlos begeistert von dem Auto.
Hier noch eine schöne Werbung
https://youtu.be/CAI9490QmeQ
Thu Mar 26 11:29:03 CET 2015 | Andi2011
Moin,
vom Schreibstil und Inhalt her einer der besten und lesenswertesten Blogs der letzten Zeit - hat Spass gemacht,danke dafür!
Auch wenn die Geschichte so frei erfunden ist, hat sie doch einige Wahre und nachvollziehbare Elemente der 80er Jahre und hätte sich durchaus so oder so ähnlich abspielen können.
Die sg. Fähnchenhändler haben bei mir auch keinen guten Leumund! Zu viele davon habe ich kennengelernt, die ahnungslose Verkäufer hemmungslos mit viel zu niedrigen Ankaufpreisen abgespeist haben und ihnen andererseits die übelste Möhre noch als neuwertig und völlig überteuert angedreht.
Grüße
Andi
Thu Mar 26 15:21:43 CET 2015 | Creeper45
Genau son Ritmo mit den Felgen drauf war mein allererster. Enzianblau Augenbrauen aus Rost, damit die Lüftung funzte, mußte man sie losschrauben, aber stabil war er
(1899 mal aufgerufen)
Fri Mar 27 10:52:17 CET 2015 | Rostlöser134631
Hallo Raketenmann!
Wieder super geschriebener Artikel. Hab mich wieder in meine Jugend zurückversetzt gefühlt...
Nur das es bei uns in der Gegend praktisch keine Fähnchenhändler damals gab. Damals waren die "Fachverkäufer" der Hersteller genauso abgebrüht wie die Fähnchenhändler. Bei denen gab es fast auch immer einen "Milan" (oder ähnlichen "Fachmann"), der die abgerocktesten Schleudern wieder, naja sagen wir mal, fit machte...
Ich erinnere mich an einen VW-Händler, den es damals bei uns eine kurze Zeit lang gab. Dort kaufte mein Vater seinen ersten und letzten Golf I. Es war ein Vorführwagen, angeblich unfallfrei. Nach vier Wochen fing er an massiv Wasser zu verlieren. Dann stellten sie in der Werkstatt (100k vom Wohnort) fest, das der Wagen einen schweren und schlecht reparierten Unfall hatte. Später stellte sich heraus, das dieser Händler gerne mit zusammengeschusterten Unfallwägen handelte. Damals ( Mitte-Ende der 70er) gab es noch eine Neuwagen-Garantie von üblicherweisen 6 Monaten. Da waren solche "fachgerechte" Reparaturen an der Tagesordnung.
Mfg
Andi
Fri Mar 27 11:19:38 CET 2015 | Diesel73
Echt toll geschrieben. Ein wenig melancholisch, passt perfekt.
Hab mein zweites Auto 1995 auch bei so einer Art Händler gekauft. Polo Fox Steilheck. Stand an einer Landtankstelle hier um die Ecke. Da standen zig solcher Kandidaten: Herkunft und Zustand weitestgehend unbekannt .
Ein Kumpel hatte den Kleinen entdeckt und da mein W123 dabei war endgültig zu zerfallen sind wir da zusammen hin.
Tankstelleninhaber und Autoverkäufer war ein uraltes kleines graues Männchen mit grünem Kittel voller Ölflecken und einer Kapitänsmütze auf, Kippken im Mundwinkel und die Hände garantiert seit Jahrzehnten nicht mehr sauberzukriegen .
Angeguckt, Probefahrt einmal um die Zapfsäulen herum und gekauft. Am nächsten Tag wurde klar, das der Kühler undicht war. Wieder hin, das Männchen tat bisserl Kühlerdicht einfüllen und gut. Hm. Hielt nicht. In meine Schrauberbude und für 100 Mark n gebrauchten Kühler vom Schrott einbauen lassen.
Die kleine Kiste war ein ehemaliger Firmenwagen von Miele, nur Autobahn gegangen und ging ab wie Schmitz Katze. Hab in den 4 Jahren in denen ich ihn hatte nichts aber auch gar nichts dran gehabt.
Trotz mangelnder Pflege und Wartung meinerseits . Lief und gut.
Fri Mar 27 12:00:19 CET 2015 | Turboschlumpf6
Kühlerdicht geht gar nicht.
Fri Mar 27 12:06:53 CET 2015 | Diesel73
Genau das hab ich an dem Tag auch gelernt.
Fri Mar 27 14:05:47 CET 2015 | 1,3er-i
Ich weiß zwar aus persönlicher Erfahrung kaum wie es heute bei den Fähnchenhändlern zugeht (wenn ich auf den Plätzen bin dann schau ich mir meistens nur die Autos an und dort ist oft niemand).
Ich erinnere mich aber wie ich Anfang der 90er öfter mit einem Kumpel einen VW Jetta 1 holte bei solch einem Fähnchenhändler. Naja der Wagen sah ganz ok aus und für die 500 Mark war er auch wirklich gut. Leider war der Händler so dreist und verschwieg einen defekt an der Elektrik der Scheinwerfer. Das stellten wir jedoch bei der Überführungsfahrt jedoch erst fest als die Dunkelheit einbrach. Da es damals keine Handys gab und der Fähnchenhändler wohl wo anders lebte entschlossen wir uns ohne Scheinwerfer zu fahren. Er fuhr halt möglichst dicht hinter mir her, sodass wir die Strecke meisterten.
Hat zwar nicht mit Fähnchenhändler zu tun, aber ist was aus der Zeit. Ein andermal ging sein Ascona B kaputt und wir schleppten ihn mittels Abschleppstange über die A3 quer durch den Westerwald durch Richtung Frankfurt über 70Kilometer, dass möge man sich heute mal vorstellen. Man nahm vieles nicht so streng oftmals fuhr man ein paar Döfer weiter ohne Kennzeichen abends. Ein Landsmann fuhr sogar in die Heimat mit Kennzeichen eines baugleichen Escort ohne dass es auffiel. So etwas würden heute die meisten nicht mehr tun hoffe ich, damals war das jedoch der Stand der Dinge sozusagen der Zeitgeist.
Ich bilde mir aber ein, dass es lange nicht mehr so krass abgerockte Fahrzeuge gibt wie damals. Gott sei dank. Was damals teilweise noch mit gültiger Plakette rumfuhr war echt der Hammer.
Fri Mar 27 15:42:53 CET 2015 | MrMinuteMan
Andi , dass Lob nehm ich dankend an und gebs an British_Engeneering weiter. Der hat den Artikel getippt Aber er wirds sicher lesen und entsprechend einordnen
Fri Mar 27 16:50:59 CET 2015 | Achsmanschette132891
Solche Leute gibt es auch noch. Vor einiger Zeit wurde hier im Fernsehen ein Golf gezeigt, der einer Jungen Frau verkauft wurde. Der Golf 2 hate 2 Jahre Tüv, aber dafür einen verzogenen Vorderbau, defkte Bremsen, besser falsch rum eingebaute Bremsbeläge, und war vollkommen durchgerostet. Auf nachfrage bei den Verkäufern, hieß es gekauft, wie gesehen und mit 2 jahren TÜV.
Dies ohne Kommentar.
ciao
Fri Mar 27 16:58:52 CET 2015 | KadettilacKS
So wars in den frühen 80ern bevor dieses bescheuerte Gesetz mit der Sachmängelhaftung verabschiedet wurde....da standen in der hintersten Reihe selbst beim Vertragshändler immer die Kisten unter 1000 DM , kein Mensch wäre da auf die Idee gekommen nach einer Garantie zu fragen....ich bin immer um die angeranzten B Kadett und Käfer/VW 1600/411 rumgeschlichen....
Gruss aus Kassel
Fri Mar 27 17:14:16 CET 2015 | Achsmanschette132891
So alt ist die Geschichte nicht. War so 4-5 Jahre her. Hat viel für Wirbel gesorgt. Besonders der der Privater Tüv hat mächtig Ärger gegeben.
Fri Mar 27 17:23:43 CET 2015 | Al Bundy II.
Jaja, die Fähnchen-Händler - irgendwie muss ich da spontan immer an die hier denken...
(4671 mal aufgerufen)
Fri Mar 27 17:54:00 CET 2015 | Zeiti0019
Gibts bei uns zwei Ortschaften weiter auch einen, gelackt wird mit Spraydosen auf dem Hof (übrigens nur ein Teil Kies, die bessere Variante mit Pflastersteinen) teilweise stehen die letzten, abgerockten Kisten unter Bäumen an den Bahngleisen rum und bis vor einigen Jahren hat der noch solche Stangen mit Glitzersilberlamette über den gesamten Hof gehängt.
Da stehen auch Exoten rum, alter Cadillac, ein Londontaxi, ein uralter Mini und viele Autos, die schon 6-stellige Tachstände haben. Wenn sie nicht noch frisiert sind.
Ich lauf alle paar Jahre drüber und seh mir die Auswahl an.Letztens sogar einen BMW probegefahren mit nem User auch von hier. Der BMW war verdreckt, nachgelackt am Radlauf mit Spraylack, Am Preis ging nix, dafür die Erstreifen aus 2002 drauf. O-Ton des Chefs: " Wenn der mit den Gummis Tüv kriegt, bleiben die auch so- dann sind die noch gut". Waren sie definitiv nicht. Zu hören und zu sehen, total rissig.
Und da stand auch immer noch ein goldmetallicfarbener 190E der ersten Baujahre. Total vermoost.
Der stand vor 15 Jahren da auch schon. Mindestens.
Auf Nachfrage, ob er den Wagen auch noch verkaufen will, kam: Nein, die Schlüssel seien sehr lange schon verschwunden und der Wagen ist verschlossen. Also steht der dort halt weiter rum.
Der Typ ist son richtiger "Kiesplatzhändler". Es gibt solche also noch.
Die Homepage gibt auch schon so einen leichten Eindruck her.
Fri Mar 27 18:07:12 CET 2015 | Druckluftschrauber46517
Man könnte es auch wie folgt nennen:
"Und da stand auch immer noch ein goldmetallicfarbener 190E der ersten Baujahre. Total
vermoostfamous."Fri Mar 27 18:15:34 CET 2015 | Zeiti0019
famous triffts auch@R..Ist schon gewagt, die Kiste so auf dem Hof stehen zu lassen.
Aber wenn man die anderen Fahrzeuge mal so anschaut, wie die schon auf den Fotos aussehen, nicht geputzt nicht ausgesaugt zu nem grossen Teil..Wie macht der Geschäfte?
Fri Mar 27 18:23:46 CET 2015 | 1,3er-i
Das machen nicht nur die Fähchenhändler. Allein hier im Ort gab es drei traurige Beispiele. Bei Seat steht ein Fiat Miafori zugewachsen und vermodert. Bei der ehemaligen Citroen Werke steht immernoch auf den Grundstück eine (vermute) VISA. Bestimmt sind das keine Einzelfälle auch anderswo hab ich ab und an paar solcher Leichen gesehen. Verkaufsfördernd ist sowas bestimmt nicht und Beachtung werden solche Fahrzeuge wohl wirklich nur von "FREAKS" wie uns hier finden
Fri Mar 27 19:12:23 CET 2015 | canon1961
Schoene geschichte, es waren Zeiten....ich kann mich an einem Fähnchen-Hädler errinern, es war Jahr 2003 aber er ist in ende Siebtziger stehen geblieben, längere Haare, weisses Hemd, rote Pullover, hatte alle Autos am Hof stehen, ich wollte damals ein Rover kaufen tip-top im Schuss, man konnte verhandeln, er hatte Golfs, Opels, Fiats, Peugeot alle in top Zustand, sehr Gesprächig war der Typ, hat Kaffe angeboten und ein Marlboro dazu (er nannte so eine Zigarette) ... rauchen Sie ein Marlboro? fragte immer höfflich....er war von alte Händler-Schule, er bringt die Autos aus ende neunziger Jahre an Kunden....er war wirlkich ein ehrlicher, netter Händler mit Format...
Fri Mar 27 21:41:34 CET 2015 | Al Bundy II.
Auf jeden Fall nicht mit seinen Gebrauchtwagen
Fri Mar 27 22:02:05 CET 2015 | warnkb
Schöne Geschichte. "Lord Extra", 80er pur.
Ritmo 75, das war mein erstes Auto 1984, Kupfermetallic vom Rentner, Baujahr 79 mit 39000Km für 4000Mark gekauft. Die Luxusversion mit 5-Ganggetriebe, Drehzahlmesser und grüner Digitaluhr über dem Innenspiegel. Digitaluhr, Veglia Borletti!
Gingen zwar nur noch die Hälfte der grünen Balken, aber egal.
Rostete wie die Hölle, lief aber richtig gut.
Den habe ich dann nach zwei Jahren im Suff aufs Dach gelegt. Mit dem Traktor-Frontlader wieder halbwegs gerade gebogen und vom Kumpel in der Scheune lackieren lassen, Mercedes-Petrol-Metallic. Sah aus wie neu, war aber untenrum ziemlich verwest und obenrum immer noch krumm wie eine Banane.
Mit drei Monaten TÜV überzogen und kurz vorm Schrotti hat mich dann eine Linksabbiegerin in einem funkelnagelneuen Passat Kombi übersehen, der bin ich dann kaum gebremst in die Seite, beide Totalschaden.
Sie war völlig am Ende, ich sagte "Seien Sie doch froh, Sie haben ja nichts abgekriegt" Sie: "Noch nicht, aber wenn mein Mann das Auto sieht!"
Rauhe Zeiten, die 80er...
Meine frischlackierte Autoleiche wurde dann zum Fiathändler gezerrt, ein paar Tage später kam der Gutachter der Versicherung: älterer Herr, grauer Kittel, zentimeterdicke Brille.
"Der sieht ja noch aus wie neu, was sagt der Tacho? keine 60.000 gelaufen, sind sie mit 3900 Mark einverstanden?"
Ich: "......"
Dann schlug er die Fahrertür zu und ein riesiger, mercedespetrolgrün lackierter Rostplacken bzw. der halbe Schweller fiel zerbröselnd auf den Werkstattboden. Totenstille.
"Na gut, Sie haben ja recht, der sieht ja wirklich noch gut aus. Schade um das schöne Auto, also 4200 Mark"
Das war echt ein gutes Auto.
Sat Mar 28 00:41:22 CET 2015 | oneedition
Super Story..da ist der Ritmo aber schnell "Über den Deister"....;-)
Sat Mar 28 07:49:04 CET 2015 | Go}][{esZorN
Da kommen Erinnerungen hoch. So ein Ritmo war mein erstes Auto. Aber als Abarth 125TC. Es gab damals in Delmenhorst zwei verschworene Gemeinschaften: Die einen fuhren Golf, die alle nach GTI aussahen, aber selten welche waren, die anderen Kadett C Coupé, manche als GTE.
Dem Ritmo hatten sie leistungsmäßig nichts entgegenzusetzen
Das war ein richtig giftiges Auto. Ich schaue heute noch teilweise bei mobile.de, wenn mal einer angeboten wird.
mfg
Sat Mar 28 09:10:03 CET 2015 | ToledoDriver82
Könnte man den heut noch problemlos fahren? Wie sieht es mit Teile aus? Was Rost angeht müssten die überlebenden recht brauchbar sein und schon mindestens einmal durch geschweißt: p
Sat Mar 28 11:27:55 CET 2015 | Creeper45
ätt warnkb: der Wagen war ein echter Gewinn für dich...
Sat Mar 28 11:52:48 CET 2015 | Fensterheber44197
Hatte den Ritmo I & II. Beide sehr zuverlässig und sogar sehr robust. Der Ritmo II hat mMn mehr gerostet. Nach 4 Jahren waren schon die ersten Rostblasen zu sehen. Aber dafür waren die Fahrzeuge technisch echt zuverlässig. Der Ritmo II 1,7 Diesel hat problemlos 200k km seinen Dienst absolviert. War immer sehr zufrieden.
Sat Mar 28 12:08:10 CET 2015 | Diesel73
@warnkb
Ich lach mich grad untern Tisch hier. Suuuper Story. Typisch die Zeit. Die Karre zerlegen, mitn Trecker wieder richten, weiter gehts.
Der Moment mit dem Gutachter muss auch genial gewesen sein .
Sat Mar 28 18:11:09 CET 2015 | St. Abilus
Fiat Ritmo, muß Jahre her sein als ich den letzten in freier Wildbahn gesehen habe. "Veglia Borletti" wurde jahrelang quer durch alle italienischen Hersteller eingebaut.
Veglia Borletti in meinem Fiat Coupe
Sat Mar 28 21:19:07 CET 2015 | warrior2011
Super Artikel. Genau so habe ich die Zeit "damals" auch erlebt.
Sat Mar 28 21:52:32 CET 2015 | British_Engineering
Schön, das die Geschichte hier so gut ankommt. Das freut mich.
Die Ritmo-Unterlagen sind ein Serviceheft von 1982, ein Händlerverzeichnis, eine separate Broschüre zu den Rostschutzmaßnahmen mit Pflegehinweisen für den stolzen Fahrzeug-Eigner. All diese Dinge stammen aus einem Fiat Ritmo 85S, der vor Jahr und Tag in meinem Heimatort bei einem Verwerter abgegeben wurde. Dieser Ritmo war ein 82er Modell.
Die Betriebsanleitung und die Fiat-Tasche für all die Unterlagen gehören zu einem Fiat 127 eines guten Freundes von mir. Er hat mir die Sachen Mitte der 90er geschenkt, als er den 127er verkaufte. Da die Betriebsanleitung nicht zum Ritmo passt, habe ich sie auf den Fotos ganz nach hinten gelegt. Tja, manchmal muss halt mit Tricks gearbeitet werden.
Der Schlüssel schließlich ist noch viel neuer. Er gehört zu meinem 2005er Punto Typ 188. Früher waren die Fiat-Schlüssel meines Wissens schwarz und hat einen Riffel-Muster am Griffteil. Ich fand den Schlüssel nur wegen des Italia-Anhängers so passend. Den Schlüsselanhäger hat mir meine Frau zum Kauf des Puntos geschenkt, auch wenn sie kein großer Fiat-Freund ist.
Sat Mar 28 22:20:58 CET 2015 | Turboschlumpf6
Ja, stimmt. So sahen die Schlüssel aus:
http://rs412.pbsrc.com/.../panda_key-1.jpg~320x480
Sun Mar 29 10:55:40 CEST 2015 | VolkerIZ
Wunderschöner Text! Den Ritmo sieht man hier auch seit Jahren nur noch auf Oldtimertreffen und auch da nur selten. Die meisten waren nach 8 Jahren ziemlich am Ende. Obwohl Fiat schon stolz drauf war, dass sie die Qualität gegenüber den Vorgängermodellen verbessert hatte. Aber die hatten wohl nicht mit dem norddeutschen Klima und den Salzverklappungen auf den Straßen in den 70ern gerechnet, in Italien kennt man sowas ja eher nicht.
Sun Mar 29 14:41:38 CEST 2015 | Schattenparker44022
Bin ja mal gespannt, was so ein Fähnchen-Händler für meinen Punto geben will, wenn der TÜV ausläuft. Der hat dann 210.000 km, 4 knarrende Fangbänder, letzter Service bei 94.000 (seitdem alles selber gemacht), ist optisch innen wie außen eine Katastrophe und Bremsen/Reifen/Zahnriemen/Kupplung/Hupe/Scheinwerfer/Lenkwinkelsensor müssen erneuert werden, aber dann steht er wieder top da! Außer dass dann wahrscheinlich in einem Jahr die ZKD und die Stoßdämpfer fällig sind
@VolkerIZ: Ich hab in einem italienischen Küstenstädtchen schon Autos in der Brandung parken sehen, die wurden im Takt der Wellen mit Salzwasser berieselt Die hatten schon eine beachtliche Salz-Glasur.
Sun Mar 29 17:38:08 CEST 2015 | the_Kaiserschmarrn
@British_Engineering: sehr, sehr gut geschrieben! für meinen geschmack schon fast im stile eines krimis (columbo, cottan), jedenfalls war die atmosphäre so dicht, dass sich in meiner welt ein kopfkino gebildet hat und ich an der geschichte dranbleiben wollte.
falls du arbeitslos bist und auf jobsuche -> die werbebranche sucht begnadete texter, wie du es einer bist
Sun Mar 29 17:47:09 CEST 2015 | Rick Master
Witziger Artikel, der Erinnerungen weckt. Als ehemaliger Ritmo-Fahrer (lang ist's her) kann ich, gerade was das Thema Rost angeht, nur zustimmen.
Mon Mar 30 01:00:03 CEST 2015 | baeda.held
Habe noch den "fast" baugleichen Bruder des Fiat Ritmo, einen Seat Ronda SX aus dem Baujahr 1985 mit originalen 4000km, den ich mein Eigen nenen darf.
Die Frage ist nun: Welcher war Hübscher?
Hier ein Foto aus dem Netz, da ich noch keine von meinem FZ auf dem Rechner habe.
Gruß
(1717 mal aufgerufen)
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