Thu May 22 01:33:40 CEST 2008 | bruno violento | Kommentare (2) | Stichworte: Chevrolet, Daewoo, Koreaner, Nexia, Unfall
Daewoo Nexia GTX Eisblau Metallic Baujahr 1996 1,6l Benziner, 16V 90PS 92.000 Km
Etwa einen Monat lang habe ich alle möglichen Gebrauchtwagenhändler abgeklappert, die Avis gekauft, mir bei den einschlägigen Internetbörsen die Augen viereckig gesucht... Nach dem Escort sollte es kein Ford mehr sein (Vati war enttäuscht...), und ein paar Ausstattungsmerkmale hatte ich mir auch ins Lastenheft geschrieben: Der Sicherheit und meiner Mutter zuliebe habe ich nach einem Fahrzeug mit ABS und Airbag gesucht, der Sitz sollte gerne höhenverstellbar sein und auf Kurbeln in der Tür hatte ich auch keine Lust mehr. Silber fand ich immernoch todschick (den leichten Blaustich im Lack konnte ich auch bei bestem Willen nicht feststellen...). Ich hatte die Suche (mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Unterstützung eines Freundes) so satt, dass ich fast alles genommen hätte. Nach einem weiteren Tag ergebnisloser Suche fuhren wir, ganz in der Nähe von Zuhause, an einem Daewoo-Händler vorbei, und mein Begleiter erspähte im Augenwinkel den Wagen.
Eigentlich hatte ich keine Lust mehr auf Autos gucken, und der Gedanke, einen Koreaner zu fahren entlockte mir nur ein unmotiviertes "Och, nööö!". Der Blick aufs Preisschild (1950,- eur), die Ausstattung (ABS, Airbags, El.FH, Fahrersitz höhenverstellbar, SSD) und den tadellosen Lack in meiner Wunschfarbe sowie die garnicht so hässlich geformte Front erweichten mein Herz aber langsam für das kleine, komische Auto, und ich trat in Verhandlung mit dem Händler.
Man wurde sich handlungseinig, und ich hatte ein Auto, das auf den realistischen Teil meiner Wünsche perfekt zugeschnitten war.
Der Daewoo Nexia war im Grunde ein verlängerter E-Kadett, koreanische Technik war eigentlich garnicht verbaut. Wenn der Händler mir die Wahrheit gesagt hat, wurde er in Osteuropa zunächst von GM unter Lizenz von Daewoo hergestellt. Dort wurde er auch schon als Chevrolet verkauft. Das verhieß günstige Teile und relativ einfache Reparatur sowie relativ gute Zuverlässigkeit. Der Kadett war ja eigentlich ein ganz ordentliches Auto, nur die Technik war total veraltet.
Mit dem Nexia hatte ich viel Spaß. In jeder Verkehrskontrolle unsichere Blicke von Polizisten aufs Typenschild und die zögerliche Frage, was für ein Auto das wohl sein könnte.
Das Interiordesign war undet aller Sau, Quietschen und Knarzen ab 90 Km/h aus Armaturenbrett und Sitzen, billigstes Plastik, scharfe Kanten... Um das CD-Radio in der Mittelkonsole zu installieren, musste ich erst deren Verkleidung demontieren und ausschleifen, weil die Öffnung schmaler war als der DIN-Schacht. Aber bei dem Preis nimmt man das gerne in Kauf...
Trotz der billigen Materialanmutung und der dünen Bleche war das Auto robuster als man es vermuten würde. Als ich mit 140 über eine kleine Erhöhung gefahren bin wurde der Wagen hochgeschleudert, flog ein paar Meter durch die Luft und landete mit viel Geräusch mitten auf einer Kreuzung ( Der Fahrer des Golf, der von rechts kam, hat sich sicherlich etwas erschreckt...), ohne irgendeinen sichtbaren Schaden davonzutragen. Weil ich an dieser Stelle eine Ausfahrt vermutete, bin ich mit ca. 30 Km/h einen Kantstein heraufgefahren. In der Hamburger Speicherstadt bin ich versehentlich eine Fußgängertreppe hinunter gefahren. All das hat der Wagen ohne zu klagen mitgemacht.
In der Zeit zwischen dem Abitur im Juni 2004 und dem Ausbildungsbeginn im August 2005 ist mir der Wagen besonders ans Herz gewachsen, weil er mir und meinem besten Freund Andy (damals autolos) beinahe jede Nacht ein Zuhause geboten hat. Aufstehen gegen 16.00 Uhr, kurz Duschen, bisschen Fernsehen und dann herumfahren bis es hell wurde (im Sommer auch länger). Nach Hamburg rein, happen Essen, und wenn die Bürgersteige endgültig hochgeklappt waren zur Tanke, Eistee und Autozeitungen kaufen und am See musikhören.
Von allen Fahrzeugen, die ich jemals hatte, habe ich in diesem die meiste Zeit verbracht.
Bis zum Oktober 2005. Es war ein regnerischer Tag. Ich stand an einer Ampel, Heidi neben mir auf dem Beifahrersitz, es war Sonntag und ich war gerade im Begriff, sie nach Hause zu fahren. Im Rückspiegel sah ich einen Fiat Cinquecento mit seeehr hoher Geschwindigkeit anrauschen. Ich erinnere noch, gedacht zu haben: 'Wann will der denn anfangen zu bremsen?', und wollte Heidi gerade bitten, sich irgendwo festzuhalten - dazu kam ich nicht mehr, denn ich musste feststellen: 'Will er garnicht...' Es gab einen großen Knall, ich wurde eineinhalb Wagenlängen über die Haltelinie geschoben und Heidi fing an zu flennen.
Mein Auto sah eigentlich noch ganz gut aus. Die Heckklappe war eingedrückt, der Stoßfänger wies kleinere Kratzer auf... ansonsten war bis auf die Spaltmaße alles in Ordnung.
Der Fiat bot einen schlimmeren Anblick: Der Kühler war etwas in Richtung Block gewandert und der Block in Richtung Fahrzeuginnenraum, aber der Fahrer war nicht verletzt. Im Gegenteil, er wollte mir eine Teilschuld anhängen, weil meine Bremsleuchten nicht gebrannt hätten. Ich hab ihn dann gefragt: 'Aber die rote Ampel haste sicherlich gesehen?' So ein Depp.
Ich bin dann zum Daewoo-Händler gefahren, wir haben den Gutachter bestellt und der teilte mir den Wert des Wagens mit, den ich ausgezahlt bekommen sollte: 2300,- eur. Das waren 500 eur mehr, als ich bezahlt hatte.
Ich verließ den Händler mit einem Lächeln auf dem Gesicht und dachte:
"ICH KRIEG' NEN BMW!" |
Thu May 22 11:13:45 CEST 2008 | Federspanner8598
Bei dem Daewoo muss ich auch immer erst zweimal hinschauen um ihn als solchen zu erkennen...
Aber Glück hattet ihr sicher, hab ähnliches mal erlebt, allerdings war ich die person im hinteren Wagen. Schmerzhafte Erfahrung!
Thu Jul 31 11:42:34 CEST 2014 | italeri1947
Danke für den Bericht zum Daewoo Nexia. Er war nie ein schlechtes Auto, die Verarbeitungsmängel erbte er vom Kadett, der oftmals auch im Neuzustand schon geklappert hat. Der Nexia war neu sehr preiswert und wurde zudem mit einer sehr kompletten Ausstattung ab Werk verkauft.
Gerade in den neuen Bundesländern, wo Daewoo rasch ein gutes Servicenetz aufgebaut hatte, wurde der Nexia gern gekauft, wie auch der Espero.
Danke für diesen Bericht!
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