Thu Oct 15 16:43:55 CEST 2015 | sutsh | Kommentare (3)
Guten Tag liebe Forummitglieder und Interessenten.
leider bin ich von dem alten Thema Nikasilbeschichtung des 4.2 V8 BBK-Motors (kein FSI) im S4 B7 (Bj. 2005) getroffen worden und möchte meine Erfahrungen teilen um weitere Schäden an, mit Nikasil beschichteten Alugusszylindern zu verhindern.
Der Grund für diesen Text ist der, dass man im Netz nur wenige, unvollständige oder ggf. falsche Informationen von verschiedenen Quellen erhält. Die meines Erachtens richtigen Informationen habe ich zusammengetragen um mir ein vollständiges Bild der Problematik zu schaffen. Da hier meinerseits sehr viel Zeit investiert worden ist, wollte ich meine Erfahrungen teilen um anderen zu helfen, die mit dem Thema "Ablösung", "Verschleiß" der Nikasil- bzw. Zylinderbeschichtung in Berührung gekommen sind.
Zum eigentlichen Problem von Nikasilbeschichteten Aluzylindern: Nikasil ist eine Nickel-Legierung die als Zylinderbeschichtung in Alugusszylindern zum Einsatz kommt. Sie ist ein eingetragenes Warenzeichen der Firma Mahle in Stuttgart. (Quelle: Wikipedia) Diese Beschichtung kam normalerweise nur bei Alumotoren bzw. Alumotorblöcken (Alu = Aluminium) verschiedener Hersteller zum Einsatz z.B. bei Maserati, Jaguar, BMW, Audi, VW, NSU... und hat bei bestimmter Nutzung die selben Problematiken bei verschiedenen Herstellern verursacht. Wahrscheinlich wurden diese Problematiken wegen eines Imageschadens vertuscht. Mittlerweile sind alle Hersteller auf andere Zylinderbeschichtungen / Legierungen (Alusil/Lokasil/Nickel-Silizium-Karbid) umgestiegen, welche die folgenden Probleme nicht mehr verursachen. Es wird schwierig sein Informationen zum Thema "Zylinderbeschichtung Abnutzung" zu finden. Vereinzelt finden sich Informationen in Foren, welche zum Teil auch falsch sind.
Das Problem ist bei Nikasilbeschichteten Alugusszylindern immer gleich und Herstellerunabhängig: Die Probleme fangen klein an und werden mit der Zeit / Laufleistung immer größer. Meistens macht sich ein zuerst leicht erhöhter Ölverbrauch bemerkbar, welcher mit zunehmender Laufleistug immer schlimmer wird. In meinem Fall waren 4l/1000km normalität geworden, bis ein Kolbenfresser bei normaler Fahrt auf der Autobahn (130km/h) das Ende des Motors segnete. Die damalige Diagnose vor dem Motorschaden (bei ca. 124.000km) wegen des erhöhten Ölverbrauches, dank eines Endoskops lautete: "Die Zylinderbeschichtung löst sich ab" / "bröckelt ab" / "ist verschlissen". Zur Information. Der Motor hatte während des Kolbenfressers eine Laufleistung von ca. 128.000km und wurde ausschließlich mit einem freigegebenen Motoröl der Viskosität 5W30 gefahren. Der Ölstand war zu diesem Zeitpunkt i.O. gewesen. Diagnose: "Reparatur unmöglich", da die Zylinder aufgebohrt (gehohnt) werden- und mit Nikasil beschichtet werden müssten. Da Nikasil unter Warenschutz steht, wird es allerdings keine freien Unternehmen geben dürfen, die Nikasilbeschichtungen an Alugusszylindern durchführen, so ist eine Reparatur unmöglich.
Normalerweise ist bekannt und wurde damals geworben, dass die "neue Nikasilbeschichtung" extrem hart und wiederstandsfähig ist. Was eine erhöhte Zylinderkompression und damit auch eine wirtschaftlichere Verbrennung (gemeint: weniger Verbrauch bei gleichbleibender Leistung) möglich machen sollte, was die ersten Tausend Kilometer auch gut funktionierte. Nikasil ist im einwandfreiem Zustand mit der Härte von Diamant vergleichbar und kann auch nur mit diesem geschliffen werden. (Quelle: Jaguar Forum)
Im Normalfall verschleißen Nikasilbeschichtete Alugusszylinder nicht! doch wird auf folgender Seite gesagt, welche sich zwar mit Motorradmotoren beschäftigt aber im Prinzip dasselbe ist wie bei Automotoren da die Beschichtung die selbe ist: "Zylinderlaufflächen werden bei mangelnder Schmierung oder Überlastung, oder durch hohe Laufleistungen beschädigt. Mit steigender Laufleistung, erhöht sich das Zylinderlaufmaß durch Verschleiß. Ein genaues Zylinderlaufmaß, also der Spalt zwischen Zylinder und Kolben, ist jedoch extrem wichtig, damit der Ölfilm den Kolben gegenüber der Zylinderwand überhaupt tragen kann. Generell wechselt man heute keine Kolbenringe mehr!" (Quelle: Zweiradwiebusch)
So kann davon ausgegangen werden, dass die Beschichtung unter normalen Umständen "hohe Laufleistungen" aushalten sollte, sofern man ein paar Dinge beachtet. Die "mangelnde Schmierung" kann erfolgen wenn der Motor im kalten Zustand bzw. kaltes Öl, hohe Drehzahlen leisten soll und der Schmierfilm abreißt. So können Riefen im Zylinder entstehen, welche die Zylinderlaufbahnen beschädigen. Generell wird gesagt: "Sobald eine Nikasilbeschichtung in einem Alugusszylinder, egal in welcher Weise und in welcher Größenform beschädigt ist, ist ein Motorschaden ohne nachträglicher Reparatur unausweichlich", was bedeutet dass wenn ein Motor bereits durch Beschädigung der Nikasilbeschichtung beschädigt ist, eine nicht mögliche Reparatur oder ein baldiger Motorschaden unausweichlich ist. Deshalb sollte ein noch nicht beschädigter Motor vor hoher Belastung immer warm gefahren werden und mit dem richtigen (Herstellerfreigabe) und ausreichend Öl gefahren werden, um die Schmierung des Kolbens zu ermöglichen.
Weiterhin stellt sich die Frage wieso dennoch gravierende Laufleistungsunterschiede bis zur Beschädigung der Nikasilbeschichtung bestehen. Die Antwort ist für Chemiker recht leicht: "Sogut wie jedes Motoröl für Verbrennungsmotoren enthält Schwefel". "Schwefel greift sehr stark Nickel an, es gibt so gut wie keine Nickelverbindung, die von Schwefel nicht geknackt wird. Anschliessend geht das Schwefel eine Verbindung mit Nickel ein und bildet Nickelsulfid (NiS). NiS bröselt und würde ausgeschwemmt. Damit würde die Beschichtung sukzessive abgetragen. Hier reichen wahrscheinlich schon sehr geringe Mengen Schwefel." (hier: Nikasilbeschichtung)(Quelle: Maserati Forum) Hiermit kann die Frage beantwortet werden, "Wieso löst sich eine Nikasilbeschichtung von den Zylinderwänden ab, bröckelt ab, verschleißt". Weiterhin ist Schwefel in sämtlichen Kraftstoffen an jeder Tankstelle vorhanden. Achtung: Hier wird gesagt es wäre Schwefelfrei, doch liegt die Grenze zum Benennen von "Schwefelfrei" bei 20ppm Schwefel und weniger. So kann davon ausgegangen werden: "Wer Schwefelhaltiges Benzin (verstärkt im Ausland) tankt oder ein Motoröl mit höherem Schwefelanteil benutzt, wird so eher einen Motorschaden aufgrund der Ablösung der Nikasilbeschichtung erleiden." Deshalb sollte ein vom Hersteller freigegebenes Motoröl mit mind. der Kennung ACEA C1-C4 (z.B. für Dieselpartikelfilter - Schwefelarm) genommen werden um eine höhere Laufleistung zu gewährleisten. Weiterhin sollte bewusst sein, dass Schwefel wasserlöslich ist und damit eine chemische Verbindung eingeht, was eine Schwefelsäure ergibt, welche sehr aggressiv ist. "O2 + S --> S02 SO2 + H2O --> H2SO3 (Schwefelsäure)" (Quelle: Maserati Forum)
Abschließend ist zu sagen, dass Alugussmotoren mit Nikasilzylinderbeschichtung sensibel auf Schwefelhaltige Substanzen reagieren und eine anschließende Reparatur wegen Warenschutz der Nikasilbeschichtung von Mahle nicht möglich ist. Die Folge. Man braucht einen neuen Motorblock welcher aktuell beim Audi S4 B6 und B7 knapp 10.000€ kostet. Den ganzen Motor bekommt man für ca. 15.700€ beides ohne Einbau.
Ich hoffe ich konnte mit diesem Thema einige Fragen zur Nikasilbeschichtung beantworten und gehe davon aus, dass falsche Informationen bitte sofort in einem Beitrag gemeldet werden.
Weiterhin gute Fahrt
Sascha K. |
Fri Oct 16 20:01:59 CEST 2015 | GaryK
Die Profile C1 und C2 haben einen abgesenkten HTHS Wert, das waren u.a. Longlifeöle der ersten und zweiten Generation. Tödlich für Hochleistungsmotoren, leider. Somit bleibt bei deinen empfohlenen Profilen nur noch C3 und C4 übrig, deren HTHS lieht über 3.7
Und allgemein: Schwefel ist HEUTE kaum noch im Sprit enthalten, somit empfehle ich eher ein öl mit möglichst hoher TBN. Was heute nur noch in manchen A3/B4 Profilen (und die sind nicht Aschearm wie "C") zu finden ist.
Wed Dec 16 07:59:15 CET 2015 | Trackback
Kommentiert auf: Audi A5 B8:
[Erwischt] Kolbenkipper A5 3.2 FSI- CALA Motor
[...] Hier gibt es eine gute Zusammenfassung zu beschichteten Zylinderlaufbahnen .. der Kollege hat sich echt Mühe gegeben
Wer den Artikel liest und versteht, der kapiert auch warum LL Intervalle bei Normal- bis Wenigfahrern [...]
Artikel lesen ...
Fri Feb 01 21:36:17 CET 2019 | niston
Nur zur Klarheit: Weder BBK noch BHF noch BAS noch BAT (4.2 V8 MPI) haben von Werk aus eine Nikasilbeschichtung. Im Gegenteil, diese Motorblöcke sind aus dem Material Alusil (AlSi17Cu4Mg) gefertigt. Am Motorblock gibt es auch eine entsprechende Prägung, die den Werkstoff als solches ausweist.
Der Vorteil der Verwendung des Werkstoffes Alusil für einen Motorblock ist nun eben gerade der, dass es keine spezielle Beschichtung der Laufflächen braucht. Das Alusil wird stattdessen an den Laufflächen chemisch durch ätzen (es gibt aber auch ein physikalisches Verfahren) so behandelt, dass die Siliziumkristalle in dem Werkstoff freigelegt werden. An diesen Kristallen bleibt das Öl dann hängen. Deswegen gibt es bei solchen Zylindern auch kein Hohnmuster zu sehen, denn da wird nichts gehohnt.
Es ist aber dennoch so, dass man nachträglich eine Nikasilbeschichtung bei der Überholung eines Alusil-Motors aufbringen kann. Es gibt mindestens einen Motoreninstandsetzer in DE, der dies beim BBK schon gemacht hat.
Deine Antwort auf "Nikasil der beschichtete Alugusszylinder"