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Wed Aug 05 13:09:38 CEST 2015    |    Rostlöser50716    |    Kommentare (3)

Guten Tag liebe Freunde des Motorsports,

 

hier meine Eindrücke vom diesjährigen Bergrennen in der Borgloher Schweiz.

 

Vielleicht kurz vorab: Ich komme gebürtig aus der Ecke und bin seit fünfzehn Jahren als Zuschauer und nun knapp drei Jahren als Mechaniker im kleinen Low Budget Rennteam in Borgloh mit dabei. Daher für alle, die mit dem Ablauf beim Bergrennen (bis jetzt) noch nichts am Hut haben eine kurze Zusammenfassung zum Ablauf.

 

Gestartet wird in verschiedenen Klassen unterteilt nach Leistung, Antrieb, usw. Die einzelnen Rennwagen starten im Abstand von etwa 30 Sekunden hintereinander weg. Der wohl größte Unterschied am Berg zur "normalen" Rennstrecke ist allerdings, dass es einen Start- und Endpunkt gibt, die im Gegensatz zur Rundstrecke nicht am selben Fleck sind. Dies bringt einige Besonderheiten mit sich. Angefangen bei der Rückführung. Alle Fahrzeuge, die den Berg hochrasen, müssen - na klar - auch wieder runter. Da es die Topografie in Borgloh leider nicht anders zulässt, geschieht dies über die normale Rennstrecke. Also wenn Summe X an Fahrzeugen den Berg hochgefahren ist werden sie anschließend in der Kolonne wieder Richtung Fahrerlager geführt. Dies gibt dem Zuschauer nochmal die Möglichkeit schöne Schnappschüsse zu machen und die Renner im Detail zu beobachten.

Anders auch das Vorgehen bei einem Unfall. Kommt es zu Problemen auf der Strecke gibt es keine gelben Flaggen sondern das Rennen gegen die Uhr wird bis zur Räumung der Unfallstelle unterbrochen. Diese Unterbrechungen können mitunter einige Zeit in Anspruch nehmen, sodass man vor dem Wochenende nie genau weiß, wie of man mit seinem Rennwagen den Berg hochfährt.

In diesem Jahr waren es am Samstag vier (teils freiwillige) Trainingsläufe und am Sonntag drei Rennläufe, welche die gewertete Gesamtzeit ergaben.

 

Da die anderen vermutlich noch zum drum herum etwas sagen, werde ich mal mein Highlight des Wochenendes näher beleuchten. Es zeigt ganz gut den Charme, den so ein Bergrennen im Vergleich zu DTM, Formel 1 und co. mit sich bringt. Eben Motorsport zum Anfassen, bei dem die Zuschauer noch Mittendrin statt nur dabei sind. Hier die Chronologie der Ereignisse...

 

Die junge Silivia Ebenhöh mit der Startnummer 448 ist mit ihrem heiß gemachten Polo die Dritte in ihrer Starterklasse und heiße Aspirantin auf den Klassensieg

 

08:20 Uhr

Die Fahrzeuge der Klasse 29 bis 1150ccm reihen sich an der Fahrerlagerstraße auf und fahren nach einer kurzen Vorstartzone zum Anwärmen der Reifen (Burnout) nacheinander an die Startlinie.

 

08:36 Uhr

Silivia steht unmittelbar vor der Burnout Zone und bereitet sich mental auf den Start vor. Und als sie endlich an der Reihe ist - NICHTS GEHT MEHR!!! Der Motor läuft, aber das Auto bewegt sich keinen Zentimeter

 

08:38 Uhr

Das Fahrzeug wird aus dem Vorstartbereich mit offener Haube an die Seite geschoben.

 

08:40 Uhr

Während zwischenzeitlich diverse Zuschauer und Mechaniker auf Ursachenforschung gehen (der Vorstartbereich und das Fahrerlager sind allen Zuschauern frei zuzänglich), gibt es für Silvia kein Halten mehr. Bitterlich am Weinen ringt die Hagelstädterin um Fassung und findet trost bei ihren Mechanikern.

 

08:49 Uhr

Während sie nun völlig aufgelöst neben ihrem Auto steht plötzlich hektisches Treiben im Motorraum!

 

"Der Kupplungszug, das ist der Kupplungszug!"

 

"Echt? Den haben wir dabei!!!!!"

 

Und ab jetzt ist es ein Rennen gegen die Uhr! Silvias Klasse ist bereits den Berg hoch und die erste Rückführung steht an. Wenn sie es bis zum Ende der Rückführung schaffen den Wagen ans Laufen zu bringen und der Rennleiter sein Okay gibt, darf sie tatsächlich noch ihren Wertungslauf durchführen.

 

08:50 Uhr

Während der eine Mechaniker nun zum Servicebulli rennt um das Teil zu holen bauen parallel zwei andere den alten aus.

 

Geklemmte Finger, an der Haube gestoßene Köpfe, Blut, all das ist jetzt egal! Alle stehen so unter Adrenalin, dass der Schmerz einfach ignoriert wird.

 

08:59 Uhr

Der Rennleiter taucht auf und verschafft sich einen Überblick!

"Ihr habt Zeit bis zum Ende der Rückführung

Die Deadline steht!

 

09:00 Uhr

Der Mechaniker rennt mit dem passenden Bowdenzug und unter Anfeuerung der Zuschauer, die das Drama inzwischen auch mitbekommen haben, zurück zum Rennwagen....

 

09:06 Uhr

Die Rückführung beginnt! Ab jetzt hat ihr Team nur noch wenige Minuten.

 

09:08 Uhr

Schraubenschlüssel fliegen, es wird getaped, gezogen, gerissen....

 

09:04 Uhr

Das Ende der Rückführung steht unmittelbar vor!!!!!

 

09:06 Uhr

... dann endlich der erlösende Satz:

"Einsteigen Silivia - Motor starten und Gang einlegen!"

 

09:07 Uhr

ES LÄUFT, DAS AUTO LÄUFT!!!!!!!!!!!

Der Rennleiter nickt noch einmal schnell und quasi mit Eintreffen des letzten Fahrzeuges rollt Silivia an die Startlinie und beginnt unter tosendem Applaus der Zuschauer mit dem Burnout zum Vorwärmen der Reifen.

 

Auch wenn es letzten Endes für Silvia nicht ganz zum Klassensieg gereicht hat, war es doch ein unglaublich schönes Erlebnis wie alle Hand in Hand zusammen gearbeitet haben. Da kommt dann auch mal der unmittelbare Konkurrent in der Klasse um mit Tape oder Werkzeug auszuhelfen. Genau diese Momente sind es, die das Bergrennen in der Borgloher Schweiz zum Besten Motorsport Event des Jahres machen.

 

Die Fotodokumentation der Reparatur folgt die Tage..

 

 

Cheers, Freddi

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