Mon Sep 26 08:05:57 CEST 2011 | PowerMike | Kommentare (4) | Stichworte: Anhänger, Blattfeder, Einparkhilfe, Elektroantrieb, Getriebe, Hybrid, IAA, IAA 2011, ZF
Als Zulieferer blickt ZF schon weiter in die Zukunft als es manche Hersteller machen. Im ersten Bericht zu meinem Standbesuch bei ZF habe ich über bestehende Technik berichtet. Nun geht es um Produkte bei denen noch kein Serieneinsatz feststeht.
Electric TwistbeamDen Anfang macht ein "Electric Twistbeam mit Aludämpfern". Klingt futuristisch, doch so schlimm ist es gar nicht. Wie auf dem Foto zu sehen ist, handelt es sich um eine Vorderachse mit Elektroantrieb. Konzipiert ist dieser Antrieb für Kleinwagen. Doch im Detail: Bemerkenswert ist sicherlich die Feder, die bei diesem Konzept aus GFK besteht. Der Grund für diesen Werkstoff ist sehr simpel: Der gesamte Antrieb soll und muss leicht sein. Daher bestehen die Dämpfer auch aus Aluminium.
Der kleine "Fremdkörper" hinter der Feder ist ein Elektromotor mit 60kW (bzw. 82PS) Spitzenleistung. Im Gegensatz zu anderen Herstellern setzt ZF hier nicht auf Elektromotoren die auf der Radnabe sitzen, sondern auf die Befestigung hinter der Nabe. Als Grund wird die Massenträgheit angegeben. Ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen. Das mit der Massenträgheit klingt zwar logisch, andererseits gibt es genügend Hersteller die mit diesem "Nachteil" leben können. Solange das System in der Praxis funktioniert, interessiert das den Kunden später aber eh nicht mehr.
Ich hatte das Gefühl, dass dieser Elektroantrieb gut durchdacht ist und insbesondere im Kleinwagensegment Chancen hat. Die verwendete Flüssigkeitskühlung dürfte weniger anfällig sein als die teilweise verwendete Luftkühlung im Q5 Hybrid, und die kompakte Bauweise ist auch ein Pluspunkt. Ob das aber auch die Automobilhersteller so sehen?
Crash-Absorber bzw. DämpferWeiter ging es zu einem Ausstellungsstück an dem verschiedene Dinge gezeigt wurden. Für mich war ein kleines Teil daran sehr interessant, das dazu nur im persönlichen Gespräch erwähnt wurde. Und zwar handelt es sich um ein Dämpfungsteil zum Energieabbau bei einem Unfall. Bei meinem Audi A3 ist dieses Teil noch ein normales Stück Metall was den Stoßfänger befestigt. Die Energie wird in dem Fall vom Stoßfänger abgebaut, und was noch übrig bleibt wird mehr oder weniger direkt an die Karosserie abgegeben.
Bei dem neuen Dämpfer findet allerdings ein weiterer Energieabbau statt. Der vordere Zylinder schiebt sich dabei in den hinteren Zylinder. Der Energieabbau ist dabei progressiv - also zunehmend. Somit steigt die Chance, bei einem Unfall, die Reparaturkosten niedriger zu halten. Auch wenn der Aufbau sehr simpel ist, sind es manchmal die kleinen Teile die uns alle vor teuren Reparaturen bewahren können.
Anhänger-Einparkhilfe im TestSo ein weiteres "kleines Teil" ist die Anhänger-Einparkhilfe. Wer sich die aktuellen Neuwagenkonfiguratoren anschaut, wird feststellen, dass man mittlerweile zu beinahe jedem Wagen eine Einparkhilfe dazubestellen kann. Selbst für den, nun wirklich übersichtlichen, VW up! bietet VW ab Werk eine an. Es scheint also Bedarf an solchen technischen Hilfsmitteln zu bestehen. Und ich gebe gerne zu, dass auch mein Auto beim Rückwärtsfahren fröhlich piept.
Doch allein eine Warnung vor Hindernissen hilft nicht beim Rangieren eines Anhängers. Viel wichtiger ist es den Fahrer zu warnen, dass er seinen Anhänger gleich nicht mehr manövrieren kann. Wer schon einmal einen Anhänger am Auto hatte, kann gerne den nächsten Absatz überspringen. Für alle anderen erläutere ich die Problematik ausführlicher.
Der Anhänger hängt bei einem Auto an der Anhängerkupplung. Der Anhänger kann sich dabei auf dem Kugelkopf uneingeschränkt nach links und rechts drehen. Theoretisch könnte sich der Anhänger auch Huckepack auf das Autodach setzen - rein theoretisch. Beim Rückwärtsfahren gibt es nun ein Problem: Da sich der Anhänger auf dem Kugelkopf frei drehen kann, darf das Auto nie 90 Grad versetzt zum Anhänger stehen. Denn ab diesem Moment, kann der Anhänger nicht mehr nach vorne oder hinten bewegt werden. Er bewegt sich nur noch seitlich. Wer sich das nicht bildlich vorstellen kann, dem empfehle ich das ganze mit Spielzeugautos auszuprobieren. Es ist schlicht unmöglich bei einem Winkel von 90 Grad einen Anhänger vorwärts bzw. rückwärts zu manövrieren. Und genau an diesem Punkt setzt die neue Einparkhilfe an.
Schaubild Einparkhilfe für AnhängerZF hat in dem Kugelkopf Sensoren verbaut. Diese messen den Winkel in dem der Anhänger zum Auto steht. Eine Pattsituation von 90 Grad kann also nicht vorkommen. Zusätzlich gibt es bei dem System einen kleinen Controller. Über den Controller sagt man dem Auto wie sich der Anhänger bewegen soll. Also zum Einparken den Controller nach rechts oder links drehen und dann nur noch Gas geben bzw. bremsen. Schon kann der Anhänger sicher manövriert werden.
Einen Anhänger rückwärts auf beispielsweise eine Slipanlage zu fahren ist mit dieser Einparkhilfe ganz einfach. Ideal für Anfänger oder Menschen die das einfach nicht oft machen. Ähnlich wie bei den Parksensoren, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein bis dieses System weit verbreitet sein wird.
Mein Fazit zum Standbesuch bei ZF: Auf einem der Tische war "Technik entdecken" aufgeklebt. Und genau das passt wunderbar zum Stand von ZF. Denn ZF hat neben den großen Dingen, wie den Getrieben und Achsen, auch Kleinigkeiten wie den erwähnten Crash-Absorber ausgestellt, die man nicht auf den ersten Blick sieht. Zudem gab es Technik zum Anfassen wie die Anhänger-Einparkhilfe. Der Besuch hat sich also rundum gelohnt. Es ist schade, dass die Zulieferer nicht die Aufmerksamkeit wie die großen Automobilhersteller bekommen. Denn gerade die Zulieferer sind sehr innovativ und zeigen bereitwillig Technik die in naher Zukunft von den Automobilherstellern als Neuheit präsentiert wird. Wenn also in zwei Jahren die Anhänger-Einparkhilfe bei einem Hersteller präsentiert werden sollte, hab ich sie schon ausprobiert. Dabei war ich gar nicht mal der Zeit voraus - sondern einfach nur auf dem richtigen Messestand.
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Mon Sep 26 16:14:07 CEST 2011 | Käfer1500
Anmerkungen:
1."Nabe", nicht "Narbe"
2. Das Auto, bei dem man einen kurzen Anhänger 90° zur AHK stellen kann, ohne die Deichsel schon längst in der Stoßstange stecken zu haben, mußt Du mir erst mal zeigen!
Mon Sep 26 19:12:06 CEST 2011 | GT-Liebhaber
Querblattfeder aus Plastik gab´s schon beim alten Sprinter.
Die aktuelle Corvette hat auch Plastik Querblattfedern.
Das ist also ein alter Hut.
Mon Sep 26 23:21:01 CEST 2011 | PowerMike
@Käfer 1500
1) Danke, ist korrigiert.
2) Hab ich auf einem Parkplatz in Amerika gesehen. Die Deichsel war sehr lang und am vorderen Ende knapp einen Meter gerade herausgeführt. Hier in Deutschland kenne ich so eine Konstruktion aber auch nicht.
@GT-Liebhaber
War mir nicht bekannt. Blattfedern waren für mich immer aus Stahl. Daher war ich ziemlich überrascht als ich die GFK-Variante gesehen habe.
Gruß
PowerMike
Mon Dec 12 15:05:11 CET 2011 | gato311
Auf dem Bild vom "electric twistbeam" sieht man eine Hinterachse, wohl nur nen Schriebfehler...
Ansonsten danke für den Bericht!
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