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Rennfahrers Resterampe

Dinge, die es nicht in den anderen Blog geschafft haben.

Fri Apr 21 16:45:40 CEST 2017    |    Ascender    |    Kommentare (11)

Hallo liebe Motor Talker!

 

Leider dreht sich der erste richtige Artikel in meinem Zweitblog um ein trauriges Ereignis: Dem Attentat auf den BVB-Mannschaftsbus vor einer Woche. Viel ist spekuliert worden, und daher ist dieser Artikel auch nicht zu einem früheren Zeitpunkt erschienen, da ich mich nicht daran beteiligen wollte. Das Thema ist für mich sehr wichtig. Ich wohne nur knapp zwei Kilometer vom Ort der Detonationen entfernt, fahre oft über die Wittbräucker Straße an dem Mannschaftshotel des BVB vorbei. Der Verein ist, neben dem Motorsport, eine große Leidenschaft von mir.

Umso bestürzter war ich natürlich davon zu hören. Zum Glück gab es keine Todesopfer. Wenn man bedenkt wie professionell die Bomben laut Staatsanwaltschaft konstruiert wurden - da hatten die Spieler und der Trainerstab - und ja - auch der Polizist, der "nur" ein Knalltrauma erlitt, großes Glück im Unglück gehabt.

 

Ich möchte jedoch die Diskussion gar nicht so sehr auf das Attentat an sich beschränken. Auch nicht um die mediale Hysterie Drumherum, oder wie der Verein, die Politik und die Verbände mit den Spielern umgegangen sind. Und auch nicht darum, wie politisch rechtsgesinnte keine halbe Stunde nach dem Anschlag bereits ihre wilden Theorien über die Flüchtlinge in meinem Stadtteil gesponnen und sich bei Frau Merkel "bedankt" haben, oder wie sich jetzt politisch linksgesinnte schadenfroh darüber zeigen, dass es keinen islamistischen Hintergrund hatte.

 

Vielmehr möchte ich mich über die Hintergründe auslassen.

Sergej W. - der mutmaßliche Attentäter - soll mit Optionsscheinen gegen die BVB-Aktie gewettet haben. Dabei wettet man auf den Kursverlust eines Unternehmens. Sein Ziel war es, so viele Spieler wie möglich zu töten oder zu verletzen, sodass die Aktie des BVB massiv an Wert verliert.

 

Bisher habe ich gedacht, dass solche Geschäfte inzwischen verboten seien. Hat man denn aus der Finanz- und Staatsschuldenkrise nichts gelernt? Es kann doch nicht im Interesse eines oder mehrerer Staaten liegen, dass jemand bspw. gegen ein Unternehmen wetten kann. Das lädt doch gerade dazu ein, dass jemand eben jenes Unternehmen bewusst schädigen möchte. Und sei es etwa mit Rufschädigung, Insiderhandel und anderen unlauteren Mitteln. Mordversuche sind natürlich eine ganz neue Dimension des Ausmaßes.

 

Staaten waren und sind ja teilweise selbst betroffen und geschädigt worden. Wenn ich etwa an die Staatsschuldenkrise denke, und wie gegen die jeweiligen Banken eines Landes gewettet wurde. Überhaupt kann ich es als Bankangestellter nicht verstehen, weshalb die Occupy-Bewegung damals nicht mehr Zuspruch in der Bevölkerung fand...

 

Ich habe seltsamerweise das Gefühl, dass sich die öffentliche Debatte um dieses Attentat herum nicht um fragwürdige Finanzprodukte drehen wird.

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Fri Apr 21 17:12:47 CEST 2017    |    PIPD black

Zitat:

Ich habe seltsamerweise das Gefühl, dass sich die öffentliche Debatte um dieses Attentat herum nicht um fragwürdige Finanzprodukte drehen wird.

Da könntest du durchaus recht haben.:(

 

Zitat:

Mordversuche sind natürlich eine ganz neue Dimension des Ausmaßes.

Nein, das ist leider gar nicht neu. Gestern z. B. wurde mal wieder eine alte Cobra-11-Folge gezeigt, die genau dieses Thema auch behandelte. Mag es auch irgendwie TV-Fiktion sein, die Idee selbst ist nicht neu und gemordet wurde schon für Cent-Beträge.:mad:

Fri Apr 21 17:21:11 CEST 2017    |    Antriebswelle96

Wie groß der Lerneffekt aus der Finanzkrise ist, sieht man in den USA, wo die Bankenregulierung deutlich gelockert werden soll. Gier frisst nunmal Hirn.

Fri Apr 21 18:13:08 CEST 2017    |    Goify

Aus der Finanzkrise wurde überhaupt nichts gelernt, da die Verursacher danach in die Politik gingen.

Ob es neu ist zu töten, um an fallenden Kursen zu profitieren, weiß ich nicht und glaube auch nicht, daß es das letzte Mal war.

Fri Apr 21 18:15:22 CEST 2017    |    Multimeter77

Wenn ich eine Fa. habe, die für große Projekte Elektroinstallationen macht, könnte ich ohne Optionen nicht überleben. Wenn der Kupferpreis niedrig ist und ich Angebote für große Aufträge machen muss, kaufe ich mir "Kaufoptionen" für Kupfer zu einem nur etwas höheren Preis, so dass ich meinen Kundenpreis halten kann, wenn der Kupferpreis stark steigt. Wenn er stattdessen fällt, verliere ich die Kosten für die Option, verdiene aber mehr am Auftrag. Mann nennt Optionen daher auch Anlageversicherungen. Dass man damit Schindlud treiben kann, ist eben auch wahr, aber desswegen eine Anlageform zu verteufeln, die den deutschen Mittelstand am Leben hällt, zeugt von Unverständnis.

Fri Apr 21 18:54:31 CEST 2017    |    Reifenfüller133375

Der Anschlag wurde ja auch schon in den Medien thematisiert, dass diese Beweggründe sonst eher in einem Film zu finden sind. Ich dachte da sofort an Casino Royale, wo Mr. Bösewicht einen Prototypen eines Flugzeugs sprengen will, weil er eben auf Kursverlust gewettet hat.

 

Eigentlich ziemlich blöd, zumal das gerade bei der schlampigen Ausführung des Attentäters ja sofort auf ihn zurückgefallen ist. Und trotzdem, wenn sich da ein Clan etc. mehr Mühe gibt, dass sie nicht mit einem Anschlag selber in Verbindung gebracht werden können, kämen sie damit durch... Abgesehen davon, dass der Schaden für andere Personen dann schon längst entstanden ist.

 

Was soll man dazu sagen, dieses Wetten auf Aktienkurse ist halt längst nicht jedem in der Bevölkerung bekannt. Dass aus solchen Beweggründen Firmen gezielt geschadet werden wird, wird wohl jedem klar gewesen sein, der das System eingeführt hat.

Fri Apr 21 19:36:10 CEST 2017    |    apfelgruener

http://www.bildblog.de/.../

 

Hat nichts mit der Bildzeitung zu tun. Einfach mal durchlesen ;)

Fri Apr 21 20:02:15 CEST 2017    |    KKW 20

Zitat:

21.04.2017 17:21 | AMenge

Wie groß der Lerneffekt aus der Finanzkrise ist, sieht man in den USA, wo die Bankenregulierung deutlich gelockert werden soll. Gier frisst nunmal Hirn.

Der Lerneffekt ist so ziemlich gering. Das nächste Fallbeil wird nämlich gerade scharf gemacht, nur diesmal geht es nicht um Immobilien- sondern Autofinanzierung. http://boerse.ard.de/.../braut-sich-da-was-zusammen100.html

 

Was den Handel mit Derivaten betrifft, wie so ziemlich jedes Instrument am Finanzmarkt können auch diese missbräuchlich verwendet werden (z.B. Leerverkäufe), sie deshalb aber zu verbieten, in diesem speziellen Fall Put-Optionen, halte ich nicht für zielführend, dafür sind Optionen als Absicherungsinstrument zu wichtig.

 

Was der mutmaßliche Täter getan haben soll, ist seiner Dimension absolut beispiellos und zugleich widerwärtig. Trotzdem sollte man nicht gleich alles verbieten nur weil es zum schaden Anderer verwendet werden kann.

Fri Apr 21 20:24:50 CEST 2017    |    PIPD black

Wie soll der Absatz der US-Hersteller sonst am Laufen gehalten werden, wenn man den Leuten nicht das Geld dazu in die Hand gibt?:confused:

 

Ist doch hier mit der EZB auch so: Sparen lohnt nicht, auf Pump konsumieren sollst du.

Erstaunlich auch, dass man auch hierzulande größere Summen inzwischen ohne Sicherheiten bekommt. Wenn ich sehe, wie sich Unternehmer teilweise "verkaufen" müssen (Privatvermögen als Sicherheit) ist es für mich unverständlich, wie man an Privatpersonen Kredite ohne Sicherheit vergeben kann/darf. Ich hatte immer gedacht Basel II bzw. III hätte da entsprechend Vorsorge getroffen.

Fri Apr 21 20:47:13 CEST 2017    |    KKW 20

Dieses ''auf Pump konsumieren'' wird uns irgendwann auf den Kopf fallen, genauso wie die Immobilienblase die sich zur Zeit immer weiter aufbläht.;) Das ist eine saugefährliche Entwicklung und ich kann es einfach nicht verstehen wie man erneut sehenden Auges in die nächste vorprogrammierte Katastrophe laufen kann.:(

Fri Apr 21 20:56:30 CEST 2017    |    apfelgruener

Kann man aber auch Vorteile draus ziehen ... :)

Tue Apr 25 15:06:05 CEST 2017    |    Ascender

Sorry, dass ich mich bislang noch nicht gemeldet habe. Momentan habe ich etwas viel um die Ohren, und ich wollte mich etwas umfassender mit euren Kommentaren befassen.

 

Erstmal, vielen Dank dafür. Genau das habe ich mir von diesem Blog auch erhofft.

 

Zitat:

Wenn ich eine Fa. habe, die für große Projekte Elektroinstallationen macht, könnte ich ohne Optionen nicht überleben. Wenn der Kupferpreis niedrig ist und ich Angebote für große Aufträge machen muss, kaufe ich mir "Kaufoptionen" für Kupfer zu einem nur etwas höheren Preis, so dass ich meinen Kundenpreis halten kann, wenn der Kupferpreis stark steigt. Wenn er stattdessen fällt, verliere ich die Kosten für die Option, verdiene aber mehr am Auftrag. Mann nennt Optionen daher auch Anlageversicherungen. Dass man damit Schindlud treiben kann, ist eben auch wahr, aber desswegen eine Anlageform zu verteufeln, die den deutschen Mittelstand am Leben hällt, zeugt von Unverständnis.

Tatsächlich habe ich zwar öfter von Optionshandel gehört, mich aber (auch als Banker) nie richtig damit beschäftigt, da ich aus dem Privatkredit/Autokredit/Geschäftskundenkreditbereich komme.

 

Das was du beschreibst sind doch aber Call-Optionen, oder? Die Anlageform, die der Attentäter wählte war jedoch eine Put-Option. Letzteres ist das was ich kritisiert habe.

Denn zu was wäre das einem (anständigen) Mittelstandsunternehmen von Nutzen? Ich kann mir da ehrlich gesagt keinen Reim darauf machen. Vielleicht benötige ich was Investment Banking angeht auch Nachhilfe.

 

Zitat:

Der Lerneffekt ist so ziemlich gering. Das nächste Fallbeil wird nämlich gerade scharf gemacht, nur diesmal geht es nicht um Immobilien- sondern Autofinanzierung. http://boerse.ard.de/.../braut-sich-da-was-zusammen100.html

Danke für den Link, ich zitiere mal direkt aus dem Artikel damit alle wissen worum es geht:

 

Zitat:

Haben die Amerikaner aus der Finanzkrise nichts gelernt? Zwar verdienen die Banken längst wieder Milliarden, doch bei der Vergabe von Autokrediten zeigen sie sich erstaunlich großzügig. Das Volumen schwillt stetig an - und mit ihm auch die Risiken. Braut sich hier was zusammen?

Das ist ja genau mein Gebiet. Ich bin auch stetig mit den Risikoleuten bei uns in der Bank in Kontakt, die ihre Ausfallstatistiken auswerten und damit auch unter anderem Annahmerichtlinien und Zinssätze mitbestimmen.

 

Tatsächlich halte ich das Risiko in Deutschland für sehr gering. Wir hatten, in meiner 9-Jährigen Dienstzeit hier nur vier Kreditausfälle im PKW-Bereich. Wir machen einen Volumensumsatz von ca. 24.000.000 EUR jährlich (nur Autokredite an unselbstständig beschäftigte Privatpersonen).

Bei den vier Kreditausfällen konnten wir jedes Mal das Auto pfänden und entsprechend versteigern, sodass der Bank nur ein geringfügiger Schaden entstanden ist.

 

Ein Fall war sehr kurios: Einer der Autohändler, der mit uns kooperiert, rief hier an und sagte, er hätte Fahrzeugpapiere, Schlüssel und einen Brief des Kunden im Briefkasten vorgefunden. Der Kunde schilderte darin: "Gehe zurück nach Bulgarien." Das Auto stand auf dem Hof des Händlers. Wir hatten natürlich extreme Probleme die Eigentumsfrage zu klären. Es hat sechs Monate gedauert bis wir das Recht hatten das Auto zu pfänden.

 

Sicherlich drücken wir hier auch das eine oder andere Auge bei der Fahrzeugbewertung zu, gerade weil das Ausfallrisiko so gering ist. Es ist wirklich so: Die Leute essen lieber zwei Wochen lang nichts, als dass die ihr Auto abgeben müssten.

 

Trotzdem ist natürlich Vorsicht geboten. Bei den US-Immobilienkrediten wurden sie ja alle gierig. Und Gier frisst Hirn, wie letztens einer meiner Kollegen richtig bemerkt hat.

Anders als 2008, sind die Margen für Autokredite jedoch nicht "attraktiv" genug für unsere Chefs um dort Milliarden zu investieren. ;)

 

Autokredite sind für die Bank einfach nur eine sichere Anlageform. Zwar unlukrativ von den Margen, aber gut genug um das Kapital der Bank zu "parken". Besser als Strafzinsen an die EZB zu zahlen, weil man nicht weiß wohin damit...

 

Das Kreditgeschäft ist sowieso immer kalkuliertes Risiko. Ausfälle hat man immer.

 

Wir lernen übrigens schon in der Ausbildung:

 

Je höher die Rendite/der Ertrag, desto höher auch das Risiko. ;)

UND

Man sollte sein Risiko möglichst breit streuen.

UND

Immer antizyklisch handeln!

 

Das haben unsere Herren Manager und Investment Banker aber allesamt vergessen... Oder es ging ihnen nur um den kurzfristigen Erfolg und die damit verbundene Reputation und ihre hohen Top Boni.

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