Wed Jan 19 23:10:54 CET 2011 | Rotherbach | Kommentare (1) | Stichworte: 7 CS0, Lancer, Mitsubishi
Der Mitsubishi Lancer ist seit Jahrzehnten in verschiedenen Version ein Standardgast bei Rallies weltweit. Der Lancer Evo wird seit mittlerweile 1992 angeboten, seit der achten Generation auch ganz offiziell bei jedem Mitsubishihändler in Deutschland. Der Evo ist optisch ein einfacher und etwas altbacken wirkender Lancer, doch er hat es faustdick hinter den Ohren oder besser gesagt unter der Haube und in den Radkästen.
Der Lancer Evo IX ist eigentlich eine zurückhaltende konservative Familienkutsche. Doch schon die Front mit dem aggressiven Luftsammler, den Schächten für Kühlung und die Aufsparung für den Ladeluftkühler lassen an der Zurückhaltung zweifeln. Ausgestellte Backen, breiter Schweller, Heck mit Diffusor und dem riesigen Heckspoiler lassen einen zwischen dem Wahnsinn eines pubertierenden und dem Wahnsinn einer Entwicklungsabteilung hin und her schwanken, neben klassischen als sportlich bekannten Farben, kann man seine Umwelt auch mit der ein oder anderen Schockfarbe wecken. Aber – um zu beruhigen, beim Lancer Evo folgt die Form der Funktion, alles was da ist – bewirkt auch etwas (außer vielleicht die Farbe …).
Diese Orgie aus Wahnsinn und Kalkül könnte nun im Innenraum weitergehen, doch was empfängt einen? Langweilig wäre noch höflich und der Designkatastrophe nicht angemessen. Eine absolut trostlose Plastiklandschaft, die in dieser Form auch aus dem Jahr 1992 stammen könnte. Das Lenkrad – man möchte es kaum sagen, wirkt optisch wie haptisch wie aus einem Corsa A Anno 1989. Die Aluminiumpedalerie könnte auch aus dem Sonderangebot von ATU stammen, so billig wirkt sie optisch. Einziges Highligh und Farbtupfer sind die Rot hinterlegten Instrumente. Dafür sind alle Schalter und Knöpfe da, wo man sie erwartet, man kann alles leicht erreichen und bedienen. Der Schalthebel liegt gut zur Hand. Die Instrumente sind super ablesbar. Die Funktionalität des Evos ist ohne Zweifel sehr gut. Bevor man nun von einem Totalverriss reden kann – die Sitze im Evo sind phänomenal. Das Recarogestühl könnte in keiner Disziplin besser sein, Sitzfläche, Komform, Seitenhalt, Höhe – exzelent, wie maßgeschneidert. Leider sieht man, dass beim Lancer Evo das Geld woanders hingeht als in das aufhübschen der Optik.
Der Evo wird von einem 2 Liter Turbomotor befeuert – anders kann man es nicht nennen, was der Motor vorne im Motorraum betreibt. Er ist laut, ruppig und wild. Er ist ein Turbo alter Schule – also gibt ihm und er tritt dich, aber gib ihm ein Sekündchen zum überlegen. Der Turbo atmet ungeniert ein, er atmet sportlich aus, er hechelt und giert nach Drehzahl. Das Datenblatt nennt 6500 /min. als Leistungsmaximum – gefühlt fängt der Motor allerdings bei 6200 an zu schwächeln. Aber egal – der Weg bis dahin reicht. Die Schaltbox sieht und fühlt sich zwar billig an – ist an Schaltbarkeit, Exaktheit und SChaltwegslänge kaum zu überbeiten – hieran sollte sich der ein oder andere Hersteller eines Sportwagens mal ein Beispiel nehmen. Der beherzte Tritt aufs Gas wird von der Elektronik allerdings beim Start kurzzeitig gebremst, damit der Motor nicht ungehemmt über Kupplung und Antrieb herfällt wird hier elektronisch eingegriffen. Schade dass man es so stark bemerkt. Doch was nach diesem Moment geschieht ist kaum zu beschreiben, das Auto geht geradezu brutal voran, Traktion scheint, egal bei welcher Drehzahl, permanent in mehr als ausreichender Art und Weise vorhanden zu sein. Das Fahrwerk und seine Abstimmung passen gut zu diesem Charakter – Eleganz? Höflichkeit? Geschmeidigkeit? Dabei handelt es sich um Fremdwörter, das Fahrwerk ist exakt, es meldet zurück aber es ist hart und es teilt aus. Besonders tückische kurze Wellen werden weitergegeben, Dämpfer? Sind da, aber hier nicht zuständig, sie sollen die Räder auf der Straße halten, Komfort ist ein Abfallprodukt. Doch das Loblied geht weiter, ich habe früher von der Lenkung meines Porsche 924S geschwärmt – sie ist phänomenal, aber die Lenkung im Lancer Evo ist eine der besten Lenkungen die ich bis heute gefahren habe. Mit einem Evo IX kann man Kurvengeschwindigkeiten erreichen, die machen selbst einem erfahrenen Fahrer Angst, ich möchte nicht wissen wie ein sportlich gefahrener Evo auf andere Verkehrsteilnehmer wirkt. Ebenfalls überragend die Bremsanlage in diesem Auto. Es wird darüber philosophiert ob man bei Hochleistungsfahrzeugen nun eine Keramikbremsanlage bräuchte – der Evo beweist: Nonsense! Eine gute herkömmliche Bremsanlage kann glücklich machen.
Was zeigt uns der Evo IX? Man kann durchaus hässlich sein und phänomenale innere Werte besitzen. Motor, Allradantrieb, Lenkung, Fahrwerk und Bremsanlage zeigen wo das Geld beim Evo hingeht. In eine fantastische Fahrmaschine – deren einzige Nachteile eine eingeschränkte Alltagstauglichkeit durch zu wenig Restkomfort, mangelnde Akzeptanz bei Mitmenschen und ein höllischer Durst sind. Aber als Drittfahrzeug zum Spaß haben gibt es zu einem vergleichbaren Preis kaum eine Alternative. |
Wed Apr 03 21:45:59 CEST 2013 | Trackback
Kommentiert auf: rotherbach:
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