Thu Jun 07 14:30:48 CEST 2012 | rpalmer | Kommentare (20) | Stichworte: allein, Autobahn, Auto fahren, Autofahrt, einsam, Gefühle, Nacht, nächtlich, Reise, Route, selbstrefrenziell
Durch die Nacht...Die Scheinwerfer schneiden einen hellen Tunnel durch das dunkle Nichts der Nacht; ich fahre seit Stunden auf der einsamen Autobahn, vorbei an Städten und Dörfern, Häusern und Höfen. Nur wenig los auf der Straße, anonyme Kraftwägen mit ihren ruhelosen Fahrern, die sich ebenso ihren Weg zum Ziel bahnen. Millionen von Menschen, die man so nebenbei in den vorbeiziehenden Orten verlässt. Wer versteckt sich hinter all diesen Häusern und Höfen? Man weiß es nicht, es könnten so viele interessante Charaktere, Seelen und Meinungen sein; aber man rauscht einfach an ihnen vorbei. Auch an Zügen, anderen Autos und der ganzen Landschaft. Die Straße schlängelt sich einfach durch eine Masse an Neuem, weg vom Bekannten, dem Gewohnte; hin zum vergessenen Bekanntem. Eine Fahrt in die Heimat ist seltsam, sie führt zu anderen Gedanken.
Wie Tränen im Regen...Das Denken an vergangene Zeiten, Erinnerungen an Momente die in der Zeit verloren sind; ähnlich den Tränen im Regen. Kindheit, Jugend, einprägsame Geschehnisse, ob schlecht oder gut. Und das alles nur wegen dem eintönigen Fahren. Geld und Papiere, das bringt einen weiter, das führt einen vorbei an all diesen Plätzen. Und das Erbe der Ingenieure, der Entwickler und der Arbeiter, ihr magischer Teppich aus Stahl und Glas, der mir dieses Vorankommen ermöglicht. Man fühlt wie die Räder sich unter dem Boden drehen, man hört das monotone Lied des Motors, es ist nicht viel zu tun, bloß fahren.
Hinein in den MorgenWenn der Morgen angebrochen ist, dann werde ich vielleicht da sein, werde meine tausend Kilometer hinter mir haben, voll von Emotionen und Erinnerungen, an Erwartungen und Ängste.
Noch herrscht aber die Nacht, sie kämpft mit dem beginnenden Tag. Ich mache eine Pause auf dem Parkplatz, sehe in die Ferne, wie die Sonne langsam wieder aufgeht. Das Knistern der Auspuffanlage unterbricht die Stille, hin und wieder das Geräusch eines vorbeiflitzenden Autos. Der Kaffe steht dampfend auf dem Dach, ich selber fühle mich ruhelos. Doch das Ziel naht….
..... - .....
Durch den Abend und die Nacht; hinein in den Morgen, folge ich den Routen zurück, wieder an den Ort des Aufbruchs. Doch all die Städte und all die Leute, scheinen in einen bösen und traurigen Traum zu münden, und die teerigen Adern der Mobilität haben nichts Neues zu zeigen, das Radio spielt seine abgehörten Lieder, ich erschöpfe mich an der Langeweile, es ist die Traurigkeit des Abschieds inne.
VorbeifahrtEine lange Autofahrt, die nicht wegen des Berufs und nicht für den Urlaub getan wurde. Nein, sie führte einen in die Heimat zurück, sie führte zu alten Freunden, Bekannten und Verwandten; aber die Fahrt selber, sie führte einen mal wieder in das eigene Ich, ohne verfremdete Einflüsse von außen, da ich selbst das Radio die meiste Zeit über abgeschaltet hatte.
Hatte ihr ähnliche Er“fahrungen“ gesammelt auf einsamen, langen nächtlichen Autofahrten? |
Thu Jun 07 14:54:14 CEST 2012 | rpalmer
Es heißt natürlich Kaffee mit Doppel-e, Tippfehler!
Thu Jun 07 15:45:26 CEST 2012 | alfred320cdi
Moin!
Kann ich absolut nachempfinden!
Geht mir persönlich auch oft so .
Der Motor läuft ruhig, die Klima säuselt.
Wenn es mal durch Ortschaften geht sotiert die 5G Tronic die Gänge - der Wandler arbeitet. Alles so ruhig und gelassen.
Und dann wieder auf die AB, KM für KM verrinnt! Herrlich!
Freut mich zu
hörenlesen das ich nicht der einzigste bin, der mit Auto fahren viel mehr verbindet!Echt schön geschrieben .
mfg
Thu Jun 07 15:48:28 CEST 2012 | Dr Seltsam
Kann ich einfach mal unterschreiben:
http://www.motor-talk.de/.../price-of-a-mile-t3030533.html
Grade mit dem Kurierjob kommt man schnell in Ecken und Orte, wo man noch nie war. Man sieht Orte, Namen, Häuser, Geschäfte. Fragt sich was dahinter steckt und steht, egal, vorbei, vorbei geflogen. Man dringt in kleinste Nebenstraßen vor, die nie ein Tourist sieht, steht irgendwann auf einem anonymen Hof, redet mit anonymen Leuten, nimmt seine Unterschrift und gibt die Ware und sieht die Leute nie wieder.
Menschen kommen und gehen, Autos kommen und gehen. Regionalkonflikte und Regionaldenker erscheinen einen mit der Zeit immer mehr als Lachnummer sofern sie es ernst betreiben. Heute hier, morgen dort, 4 Bundesländer an einem Tag sind kein Problem. Dein Kreis, dein tolles Dorf, ich hab es in 5 Minuten durchfahren. Danach, davor und dazwischen kommen noch hunderte andere.
Man braucht von den meisten Dörfern und Städten garkeinen Stadtplan mehr, im groben sind sie alle gleich wenn man etwas sucht. Große Einfallsstraße, Industrie- und Schlafgürtel am Rand, Einkaufen in der Innenstadt. Ein Dorf gleicht dem andren, Heimatverbundenheite was ist das? Besonders wenn man dann schon 8 mal in 24 Jahren umgezogen ist.
Man wird einfach zum "Highwaymen". Der Weg ist hier wirklich das Ziel und es gibt eigentlich nur eine wichtige Frage: Wohin wird mich die letzte Fahrt führen und wo werd ich vielleicht jemals heimisch? Klar, man klammert sich vielleicht an ein Bundesland, einen Ort oder eine Gegend, aber im inneren weiß man ganz klar das es auch überall anders sein kann wo man aufschlägt.
Irgendwann dann ist man soviel unterwegs, hat soviele Orte gesehen, dass man garnicht mehr weiß was wo war. Man fährt einfach nur noch und das empfinden was nah und fern ist verschwindet und verschwimmt völlig.
Thu Jun 07 17:08:17 CEST 2012 | Magnus-Vehiculum
Richtig gut geschrieben und ich kann es ebenfalls absolut nachvollziehen, da ich auch ein Fan von nächtlichem Autofahren bin.
Manchmal in aller Stille und nur mit der Geräuschkulisse des Wagens und der Strasse, manchmal aber auch mit passender musikalischer Untermalung wie zum Beispiel dem Soundtrack von Gran Torino mit Clint Eastwood und Jamie Cullum
Link: http://www.youtube.com/watch?v=JZmbO6BQhWU&feature=related
Ich finde das Lied drückt genau das aus, was ich dabei empfinde wenn ich nachts unterwegs bin und Kilometer für Kilometer hinter mich bringe bzw noch vor mir habe.
Grüße
Magnus
Thu Jun 07 17:19:02 CEST 2012 | anntike
schöner text, wie ich finde, abgesehen von der schlussfrage.
@ Magnus-Vehiculum:
lol, an den song hatte ich auch kurz gedacht.
Thu Jun 07 17:29:43 CEST 2012 | Kurvenräuber135120
Sehr sehr gut geschriebener Text, geht mir aber genauso. Stundenlang bei Nacht alleine im Auto, da ist man mit seinen Gedanken alleine. Sieht neue Regionen, andere Menschen etc....
Thu Jun 07 17:30:17 CEST 2012 | stahlwerk
Schöner Artikel!
Ich kenne das noch so von "früher" (Anfang 90er Jahre) als ich just for fun noch in meiner Freizeit als Flughafenzubringer gefahren bin.
Da fährt man eigentlich nur Nachts oder in den Morgen rein und hat aufgrund der "Ruhe" und "Stille" ein ganz eigenes "Fahrgefühl"...man gleitet einfach dahin.
Thu Jun 07 18:20:52 CEST 2012 | Antriebswelle19813
Nachts fahren? Hmm, diesem Thema stehe ich als Kurierfahrer recht zwiespältig gegenüber...
Klar, die Bahn ist frei und man hat seine Ruhe- selbst mit dem LKW macht man richtig KM, da man in den Bergen einfach die langsamen überholt, hinter denen man bei Tag und damit Betrieb im LKW-Überholverbot festhängen würde...
Allerdings bin ich eigentlich kein Nachtmensch, weswegen ich recht schnell müde werde- deswegen plane ich mehr Pausen ein als tagsüber, und ohne Radio geht gar nicht- diese Ruhe würde mich noch schneller einschläfern...
Thu Jun 07 18:30:31 CEST 2012 | Federspanner133614
Der Text ist ein bisschen wie ein Gedicht.
Ich mag auch das Fahren in der Nacht. Auch ohne Musik.
Thu Jun 07 19:12:38 CEST 2012 | alfred320cdi
@Dr. Seltsam: Sehr gut ausgedrückt. Ich mache zwar keine Kurierfahrten, aber ich wies so in etwa was du meinst.
Damals als Kind, da waren 100km eine weite Strecke, heute fahre ich das locker mal am Tag als eifnache Strecke, und es vergeht wie nichts.
Auch, wenn man viel rumkommt, sieht man wirklich viel, die verschiedensten Menschen. Solche, die man dann nie mehr sieht und auch vergisst.
Klasse Text, von euch beiden!
mfg
Thu Jun 07 19:47:59 CEST 2012 | Dr Seltsam
Danke alfred für das Lob
Besonders der Satz mit "alle Orte sind gleich" hat sich erst heute morgen, wenige Stunden bevor ich diesen Blog fand bestättigt. Ich hatte mir dort nochmal die Karte eines Ortes angeschaut, in dem ich zum erstenmal in meinem Leben war, natürlich wieder dienstlich. Beim betrachten des Ortes viel mir sofort die "übliche Grundstruktur" ins Auge und ohne je die Innenstadt gesehen zu haben, wusste ich in etwa sofort wie es dort aussieht.
Als ich 2010 in Stuttgart war, ein ähnliches Spiel. Ich ging lieber kurz durch den Schlosspark und schaute mir den Bahnhof vor dem großen Umbau ( der momentan überhaupt nicht vorran kommt ) an, als die Einkaufsmeile. Warum? Sie sind alle gleich, es gibt keine Unterschiede mehr. Sad but true. Dieser Blog hier, hat mich aber auch noch zu einem andren Blog angeregt, ich denke darüber werd ich nocheinmal bloggen müssen.
Kein Klon, mehr ein Folgeblog.
Thu Jun 07 20:56:38 CEST 2012 | Trackback
Kommentiert auf: Dr Seltsam:
Kilometer, Meter, Zentimeter, egal
[...] geschrieben. Da ich Gutes selten andren Menschen vorenthalte, möchte ich diesen Blog hier einmal verlinken:
http://www.motor-talk.de/.../...-eine-andere-wahrnehmung-t3960407.html
Doch er brachte mich bei dem Thema auch auf einen andren Gedankenfaden. Kilometer. Die Einheit, in [...]
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Thu Jun 07 21:46:37 CEST 2012 | Achsmanschette51801
Ich war auf langen Strecken wohl nie so melancholisch wie Du, rpalmer.
Thu Jun 07 22:07:04 CEST 2012 | Chris492
Geht mir regelmäßig so wenn ich zum weggehen in die großen Städe hier wie Regensburg oder München fahre.
Irgendwann Nachts um 4 oder 5 geht es dann wieder Richtung heimweg...meist so ca 80-90KM...
Irgendwann wird dann einfach das Radio/CD ausgemacht... die Landschaft geniessen... Nachdenken... dem Motor lauschen... jedes "Klac Klack" wenn eine Straßenausbesserung kommt... achja... Autofahren ist soooo viel mehr als von A nach B zu kommen!
Thu Jun 07 22:39:33 CEST 2012 | stahlwerk
@meehster: ..eine gewisse Melancholie gehört da wohl dazu
Hier die passende Musik dazu:
http://www.youtube.com/watch?v=78EV-jdbUE4&feature=related
Sun Jun 10 13:53:54 CEST 2012 | rpalmer
Ich danke für eure netten Kommentare und positive Reaktionen.
bin ich wohl doch nicht der einzige, der sowas simples wie Autofahren hin und wieder "intensiver" wahrnimmt.
Sat Jun 08 18:52:17 CEST 2013 | Trackback
Kommentiert auf: andyrx:
auf Reisen--> nachts fahren....??
[...] daheim.
Übrigens hat mich das doch sehr an rpalmer´s-Blog erinnert da gings um praktisch selbiges Thema:
Lange Autofahrten... die Nacht und eine andere Wahrnehmung
Gruß
Magnus
[...]
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Fri Dec 20 02:00:48 CET 2013 | Reachstacker
Nachtfahrten haben ihre Reize.
Fruher bin ich sehr gerne Nachts gefahren, inzwischen hat sich das etwas gelegt, wohl auch Altersbedingt.
Allerdings gibt es auch einige Nachteile wie Wildwechsel, schlechte Sicht im regen und dergleichen.
Was mir gefaellt ist das Du das Thema aufgenommen hast und ihm Ausdruck gibst.
Gruss, Pete
Fri Dec 20 15:34:00 CET 2013 | Achsmanschette51801
Ich werde auch langsam alt. Ich fahre zunehmend weniger gern nachts. In der Stadt mit vielen 30-Zonen ist es angenehm nachts (man sieht, ob da wer mit Vorfahrt kommt), aber außerhalb blenden entgegenkommende Autos zunehmend, ich kann mich da nicht mehr so schnell umstellen wie früher.
Fri Dec 20 16:01:22 CET 2013 | rpalmer
Danke für euren neue Kommentare - der Artikel ist ja schon etwas älter.
Ich spüre da immer noch eine leichte Unterscheidung zwischen "beruflich bedingten" Fahrten und solche, die aus den eigenem Willen begründet sind.
Letztere machen mir immer Freude, egal ob Regen (Welcher Nachts fast das ganze Licht frisst) oder städtisch, außerstädtisch. Der Kopf ist einfach frei von Gedanken, das ist ein herrliches Gefühl
Deine Antwort auf "Lange Autofahrten... die Nacht und eine andere Wahrnehmung..."