Tue Dec 15 21:10:52 CET 2009 | rpalmer | Kommentare (16) | Stichworte: 1981, 1987, 1988, 80er, 90er, diesel, Forschung, G60, golf, Öko, Partikelfilter, Passat, Ruß, sparen, Sprit, umwelt, VW
zwischenablage01
Ziemlich interessant zu lesen an was VAG damals so rumgeforscht hat
Bereits 1981 hatte VW im Golf I das "Formel E" Modell angeboten. Mit leichten aerodynamischen Verbesserungen (Frontspoiler, Frontscheibenpfostenverkleidung), schmaleren Reifen (145 SR 13), einem lang übersetzen 5.(E)-Gang und einer Schaltkontrollanzeige mit Verbrauchsanzeige zielte man auf geringeren Verbrauch ab. Der Erfolg war nicht gerade berauschend, nur wenige bestellten sich die "Formel E"-Ausstattung.
Eine Start/Stopp-Automatik durfte beim "Formel E" auch nicht fehlen. Mit dem Lenkstockhebel wurde der Motor abgeschalten um dann bei Betätigung des Kupplungs- und Gaspedals wieder anzuspringen. Übrigens war das "Formel E"-Paket keine Ausstattungslinie, man konnte es zur Ausstattungslinie hinzubestellen.
1989 forschte VW mit dem Golf II herum. Unter dem Titel "Öko-Golf" probierten die Wolfsburger den 60PS starken 1,6er Diesel noch sparsamer zu machen. Mit der Devise möglichts viel Rollen sollte Kraftstoff gespart werden. Stand der Wagen schaltete er sofort den Motor ab, beim Einlegen des 1. Ganges mit servounterstützer Kupplung sprang er sofort an. Sogar beim Fahren schaltete sich der Motor ab. War der Fuß vom Gas genommen ging der Motor aus und sprang bei Gasbetätigung sofort an. 20% Kraftstoff sollten dadurch gespart werden, der Schadstoffausstoss um 30% verringert werden.
10 Modelle des Öko-Golf wurden gebaut und unter realen Bedigungen getestet, z.B. bei Polizei. Beanstandungen wurden im VW-Werk untersucht und optimiert.
Die Technik des 89er Öko-Golf kam fast unverändert im Golf III Ecomatic zum Einsatz der mit dem 1,9l 64PS-Diesel ausgestattet war. Hier entfiel das Kupplungspedal völlig, die Kupplung wird pneumatisch betätigt. Die Schwungnutzautomatik welche im IIer optimiert udn entwickelt wurde schaltete den Motor wann immer es ging. Schade dass der Ecomatic nicht mit dem wesentlich effizienterem TDI geliefert wurde.
Um 1988 machte VW sich am Öko-Polo zu Schaffen. Mit 70 Versuchsfahrzeugen in Westberliner-Fuhrparks gings darum einen extrem sparsamen Motor zu entwickeln. Mit 40PS, 140km/h Spitze und einem Verbrauch zwischen 3 und 4 Litern pro 100km, im Extremfall sogar 1,7 Liter Diesel zog das Versuchsobjekt los und war dabei bemerkenswert leise.
In unveränderten Karosserie des 86c Steilheck (Polo II) steckte ein raffiniertes Motor-/Getriebkonzept. An jeder Ecke wurde gefeilt. Der kleine Diesel schöpft seine Kraft aus zwei parallel laufenden Zylindern. Dies hatte natürlich Folgen für den Massenausgleich. Diesen löste man indem man eine Ausgleichswelleverbaute die entgegengesetzt zur Kurbelwelle lief und damit die Schwingungen ausglich. Der 858cm³ Dieselmotor welcher mittels Direkteinspritzung befuert wurde musste auch außerordentlich leise sein. Der gesamte Motorraum wurde mit schalldämmenden Material ausgekleidet. Dazu gehörte auch der Kühlergrill, die Kühlluft strömt durch ein ausgeklügeltes System unter dem Kennzeichen in den Motorraum.
Damit das Öko-Vehikel alltagstauglich ist sollte es die Richtgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometern erfüllen. Wie lösten die VW-Ingineuere das Problem? Sie schalten dazu einfach einen G-Lader hinzu (Bekannt im Polo G40 und Passat/Corrado/Golf G60). Wann immer der Öko-Polo Fahrer das Gaspedal stärker betätigte schaltete sich der G-Lader unbemerkt per Elektrokupplung hinzu. Die komprimierte Ladeluft wurde dabei auch noch gekühlt.
Die bereits erwähnte Schwungsnutzautomatik schaltete hier ebenfalls den Motor sooft wie möglich den Motor ab und lies ihn auch sofort bei Pedalbetätigung oder dem Einlegen eines Ganges anspringen. Die Schwungsnutzautomatik verzichtete auf das Kupplungspedal, ein elektrischer Schalter am Ganghebel lässt die Pneumatik die Kupplung trennen. Natürlich ist das etwas gewöhnungsbedürftig. Man lässt den Wagen rollen und der Motor schaltet sich nach ein paar Sekunden ab. Was ist nun mit der Motorbremse bei langen Gefällen? Nun, dann lässt sich die Schwungsnutzautomatik einfach abstellen per Lenkstockhebel. Sie ist ebenfalls deaktiviert wenn der R- oder der 1.-Gang eingelegt ist, rangieren wäre somit ja unmöglich. Ebenfalls bleibt sie aus wenn die Batterie zu schlapp auf der Brust ist und/oder der Motor noch nicht auf Betriebstemperatur ist. Die 70 Öko-Polos wurden nur zu Forschungszwecken genutzt, mit Unterstützung vom damaligen Westberliner-Forschungssenator und Bundesforschungsminister.
Eine weiterer interessanter Aspekt des Öko-Polos ist der Kampf gegen Ruß. 1988 war noch relativ wenig bekannt über die Prozesse im Zylinder des Dieselmotors. Über das Kraftstoffströmungsverhalten konnte keine Aussage getroffen worden. Volvo, Peugeot, VW, Renault und fiat sahen 15 Millionen Mark Kontigent vor für die Erforschung des Unbekannten. Völlig berührungslos, mit Laserstrahlen, durchleuchteten die Techniker die Motoren während Computer die Strömungen nachzeichneten um Ruß- und Stickoxydbildung zu untersuchen. Man konnte jedoch nicht auf die Forschung warten und entwickelte ein eigenes Prinzip zur Filtration von Ruß. Einen Filter schloss man aus, dieser setze sich nach einiger Zeit zu und erreiche im Stadtverkehr nicht die optimale Temperatur. Während bei 500-600°C Abgastemperatur die Rußpartikel sich selbst auflösen erreicht der Selbstzünder im Stadtverkeher höchstens 300°C Abgastemperatur. Viel zu wenig also.
Was tun? VW setzte darauf den Filter die nötige Temperatur zu geben. Man mengt dem Diesel in Petroleum gelöstes Eisenoxid bei. Dieses führte der Polo in eigenem Tank mit sich mit. Die Einspritzpumpe vermengte ein klein wenig mit dem Diesel und somit wurde es ebenfalls im Zylinder verbrannt. Im Filter schließlich trieben schon bei 200°C Abgastemperatur die Eisenspäne den Ruß zu Verglühen. Selbst bei -20°C und stundenlanger Schleichfahrt funktioniere die Filterregenerierung, so Bern Wiedemann, Leiter des Projektes. Die amerikanische Umweltbehörde EPA stufte die eisenhaltige Hilfe als ungefährlich ein. Bei einem Vebrauch von 0,004 Litern "Zündhilfe" auf 10 Litern Diesel reichte der 2 Liter-Zusatztank für 80.000km. Der zusätliche Technik hatte dabei die selben Kosten wie ein Kat mit Lambdaregelung. Soviel zum Status DPF im Jahre 1988. Und heute, 21 Jahre später?
Übrigens konnte 1994/95 ein Elektroauto bei VW erworben werden: Der Golf III "City-Stromer". Ein 480kg schweres Akkupaket, bestehend aus 6-Bleigelakkus im Motorraum und 10 im Kofferraum, trieb einen ~18kW starken Elektromotor an. 100 km/h Höchstgeschwindigkeit, 13 Sekunden auf 50 km/h und eine Reichweite zwischen 70 und 90 Kilometern bei konstant 50 km/h ließen das Fahrzueg keinen Kassenschlager werden. |
Tue Dec 15 21:36:10 CET 2009 | Spannungsprüfer133945
Nett das Du das mal zusammengetragen hast, mir war nur "alle 100km ein Tässchen Diesel" bekannt und der IIIer Ecomatic, denn die Marketingheinis versuchen ja immer sowas vergessen zu machen um die aktuellen Dinge als der Weisheit letzten Schluß zu verkaufen.
Tue Dec 15 21:42:08 CET 2009 | VentusGL
13 Sekunden auf 50 km/h im City-Stromer? Da wird man doch nur angehupt und beleidigt
Tue Dec 15 21:46:20 CET 2009 | Fensterheber30669
Sehr schöner Bericht.
PS: Ich bin dafür, dass Öko zum Unwort des Jahres 2009 gewählt wird.
Eco, Öko, Grün, usw. ich kann es nicht mehr hören und schon gar nicht
in Verbindung mit dem Auto, weil es mir da so langsam aber sicher richtig
auf den Nerv geht.
Grüße
Andre
Tue Dec 15 21:58:48 CET 2009 | Dr Seltsam
Leute, ich wett mit euch um nen 10er, wenn es wirklich soweit kommt und Öl/Sprit wird sauknapp, dann hauen uns die Hersteller die Elektro- und Wasserstoffautos nur so um die Ohren und die Zapfsäulen sprießen aus dem Boden wie die Krokusse im Frühling.
Is doch so, Umstellung auf Alternativ kostet Kohle und warum hohe Investionskosten bemühen wenn man den alten Kram noch so los wird?! Die Pläne dafür liegen längst in den Schubladen und warten auf Tag X.
Oder fragen wir mal so: Jahreland hieß es Elektroauto, "nicht machbar, zu teuer, No Way, nicht möglich". Aufeinmal aber knallt seit zirka einem Jahr ein Hersteller nach dem andren Elektroautos bzw Seriennahe Elektroautostudien raus. Nächstes Jahr wird es z.B. den IMiev als erstes vollelektrisches Auto in Deutschland in Serie zu kaufen geben für jedermann.
Und dabei hieß es noch vor garnicht allzulanger Zeit "technisch nicht möglich". Und aufeinmal gehts.
Tue Dec 15 22:08:13 CET 2009 | Antriebswelle33265
Wenn ich das noch anfügen darf...
Neben dem Golf Formel E wurde 1981 auch bereits 1981 ein Polo Formel E mit 50 PS und 1,0 l Hubraum angeboten. Mit einer Start-Stopp-Automatik war der Wagen zwar nicht ausgestattet, aerodynamische Feinheiten hatte er auch nicht, aber ein 3+E Getriebe.
Das war mein erstes Auto. Durch das länger übersetzte Getriebe, war der Wagen nicht so anzugsstark (eigentlich zog er keinen Hering vom Teller), aber bei höheren Geschwindigkeiten (für einen 81er Polo in Serie waren 160-170 km/h aus eigener Kraft schon beachtlich ) wesentlich angenehmer als die "normalen" Polos zu fahren, weil der Wagen durch die längere Übersetzung wesentlich weniger gedreht hat und daher auch leiser war.. Verbrauchsseitig lag der Wagen auch etwas unter den Werten des "normalen" Polos. Als ich den Wagen mit knapp 260 tkm verkauft habe lief der Motor immer noch sehr gut, wahrscheinlich hatte sich die permanente niedrigere Drehzahl und die gute Pflege (Wartung) bezahlt gemacht, aber die Karosserie hatte bereits durch die braune Pest gelitten.
Grüße Panther13
Tue Dec 15 22:08:57 CET 2009 | BenutznameSchonVergeben
@Dr.Seltsam
Öh ja das wird sicher so sein. Aber diese "Rohstoffknappheit" wird meiner Meinung nach noch laaaaaaange auf sich warten lassen, schlieslich werden ständig neue Ölfelder gefunden. Nur weil das Öl im Nahen Osten gerade "knapp" wird heist das nicht das wir auf der Welt bald kein Erdöl mehr haben...
Tue Dec 15 22:12:05 CET 2009 | Dr Seltsam
Benutzer, psssst, nicht so laut. Sonst müssten die doch den Sprit BILLIGER machen wenn rauskommt das der Chice noch ewig reicht. Dann müsste das Zeug wieder richtig billig werden. Und wenn dann noch rauskommt das Autos eigentlich garnicht Schuld an dem nicht Mensch-gemachten Klimawandel sind dürften Autofahrer wieder öffentlich voller Freude ihrer Lieblinge ausführen.
Pssss, du bringst noch das ganze System zum Einsturz
Tue Dec 15 22:12:41 CET 2009 | HerrXX
Hi.
Ich hatte so einen Golf III Ecomatic. Nach 3 Monaten haben ich den zurückgegeben. Die Technik war unausgereift und lebensgefährlich.
In einer Situation hatte die Kupplung nicht ausgekuppelt und ich bekam das Fahrzeug nicht zum stehen, obwohl ich eine ansonsten stark befahrene Straße mit Straßenbahnverkehr queren musste. Ich stand förmlich mit meinem Fuß auf dem Bremspedal. Der Motor schob weiter.
Wir mussten damals mehr als einen Schutzengel gehabt haben. Genau in dem Moment kan nichts.
Als wir über die Hauptstraße drüber waren funktionierte alles wieder wie gewohnt.
Ein Geber (Schalter) funktionierte nicht richtig...
Das Auto stand mehr in der Werkstatt, als ich damit gefahren bin; war auch im Werk in Mosel zur Untersuchung, wir haben diverse Testfahrten mit Lesegerät durchgeführt, Dehler wurden auch angezeigt, konnten aber nie wirklich behoben werden.
Und gespart hatte das Auto nicht wirklich. Im Anschluss hatte ich mir dann den damals neu auf den Markt gekommen Golf 1.9 TDI geholt. Dieser war wesentlich sparsamer als der Ecomatic.
Das Auto war ein Flop und wurde auch wieder vom Markt genommen.
Tue Dec 15 23:36:09 CET 2009 | Trennschleifer10384
Wer etwas in Erinnerungen versinken möchte: an der Uni Kaiserslautern steht bis heute ein alter Antriebsstrang. Heute würde man sagen ein Diesel-Microhybrid. War eine Kombination aus 1,6 Liter Diesel und intelligenter Steuerung - die aus ein paar Kondensatoren und Transitoren besteht. Der wurde in einem Jetta über 150.000km völlig problemfrei erprobt. Verbrauch um die 3 Liter. Gebaut hat es danach keiner. Glücklicherweise wurde der Antriebsstrang aber nicht verschrottet, sondern erhalten. So kann man ihn bis heute sehen.
Wed Dec 16 00:44:42 CET 2009 | LSirion
@BenutznameSchonVergeben:
Peak Oil wird bald wieder erreicht, sehr bald...
Wer letztes Jahr schon über den Spritpreis gejammert hat...
Zum Thema:
Nette Zusammenfassung... weiter so VW!
In 5 Jahren klappt das auch mit dem 2(,4)-Liter Auto.
Wed Dec 16 06:47:11 CET 2009 | Achsmanschette51801
"Formel E" plane ich als positives Beispiel für einen Blogartikel, der schon seit Wochen auf die Fertigstellung wartet. Aber man kommt ja zu nix.
Meine Nachbarn in meiner Kindheit hatten übrigens einen Passat mit dem "Formel E"-Schild am Heck.
Wed Dec 16 10:25:55 CET 2009 | lenny77
Tja, die alten Techniken werden heute wieder als neu verkauft.
Mein Vater hatte Ende der 80ger nen Passat Turbodiesel, der hatte nicht nur einen 5. Gang, der als E-Gang länger übersetzt war, sondern auch schon eine gelbe Leuchte, die einem signalisierte, dass man hochschalten soll.
Da ein längeres Getriebe einen Wagen unsportlicher macht und die andere Zusatztechnik Geld kostet, haben die Hersteller lieber erstmal darauf verzichtet. Heute werden die Hersteller über CO2-Grenzen dazu gezwungen den Verbrauch zu reduzieren, deshalb bauen Sie solche Techniken wieder ein. Die Politik hätte Abschalt-Automat und Hochschalt-Erinnerung schon längst vorschreiben können, aber wahrscheinlich hat die Öl-Lobby dort Überzeugungsarbeit geleistet...
Thu Dec 31 11:27:33 CET 2009 | Trackback
Kommentiert auf: VW Golf III & Vento:
City-Stromer
[...] http://www.motor-talk.de/.../...n-so-weit-war-man-bei-vw-t2501685.html
[...]
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Wed Aug 24 10:58:49 CEST 2011 | Trackback
Kommentiert auf: italeri1947 - Hans’ Hitparade von Autos, die keiner wollte:
VW Polo II Öko (Versuchsmodell von 1989).
[...] Dazu hab ich auch mal was geschrieben
http://www.motor-talk.de/.../...n-so-weit-war-man-bei-vw-t2501685.html
[...]
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Sat May 05 18:53:26 CEST 2012 | Trackback
Kommentiert auf: DER POLO_NEGER:
Zwei Töpfe für den Deutschen
[...] Hust... :-D
http://www.motor-talk.de/.../...n-so-weit-war-man-bei-vw-t2501685.html
[...]
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Sat May 05 18:54:11 CEST 2012 | Trackback
Kommentiert auf: Toyota:
VW-Konzern sagt TOYOTA Kampf an. Bis 2018 weltweit die Nr.1
[...] http://www.motor-talk.de/.../...n-so-weit-war-man-bei-vw-t2501685.html
[...]
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Deine Antwort auf "Öko-Autos in den 80ern/90ern: So weit war man bei VW"