Sun Sep 23 16:35:51 CEST 2018
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Tobner
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Kommentare (8)
Tja, in den letzten Monaten ist Zeit meine kostbarste Ressource, deshalb stehen Dinge wie Blogartikel im Hintergrund. Trotzdem will ich den Reisebericht zuende bringen...
Etappe 9: Ladogasee - St. Petersburg
Wir packten unsere 7 Sachen ein und starteten. Thomas hatte die Karte auf die Motorhaube des Suburban gelegt und rührte mit seinem Finger darauf herum: "Hier ist ein schöner Spot, direkt am Ladoga, dort grillen wir." - "Und hier ist ein alter Stadtteil, den müssen wir sehen." Seine Vorschläge und Pläne waren super, nur hatten wir leider die Zeit nicht und mussten aussortieren. Tagesziel 1 war das älteste Kloster am Ladoga. "Da gehts durch den Wald hin, kein Problem. Und wenn wir dort sind, können wir super grillen"
Thomas zeigte mitten in den Wald. "Wir könnten auch da so quer..." "NEIN" Wir drehten um, fuhren die furchtbare Schneiße durch den Wald zurück und bogen irgendwo in einer Waldsiedlung ab Richtung dem Kloster. Das Wetter war bombenhaft, die kleine Fischersiedlung am See lag verschlafen brach. Das Kloster haben die Russen kurzerhand weggerissen und waren dabei, ein neues ältestes Kloster zu errichten. Mit Blick auf die Uhr klemmten wir uns leider das Grillen und rollten weiter.
Plan war, auf der Ostseite nach Süden um den Ladoga zu fahren und dann westwärts nach St. Petersburg zu fahren.
Was ich noch anmerken muss, dass wir, außer Thomas, entsetzt waren, wie die Russen lebten. Am Vorabend war es so dunkel, dass wir es nicht direkt sahen, aber jetzt sahen wir das Elend der Landbevölkerung. Die Russische Landbevölkerung lebt in Bretterhaufen, sporadisch mal mit Fenster oder Tür. Kanalisation haben die Dörfer sehr selten. Wahnsinn. Wenn man soetwas sieht, muss man jede Minute froh sein, in Deutschland einen hohen Lebensstandart zu besitzen und es nicht als Selbstverständlichkeit hinnehmen...
Irgendwann nervte wieder der winzlige Tank des Subarus und wir mussten Sprit fassen. Wir hielten an einer "Tanke" und fragten uns, was zu Hölle DAS da war?!
Ich tankte 95Oktan bis der Tank voll war. Wir hatten aber noch einige Liter "frei", also stieg Franke mit dem Benzinschlauch aufs Dach und tankte die Kanister voll. Anschließend waren immernoch 200ml übrig. Es ging kein Tropfen mehr ins Auto, also steckten wir die Pistole wieder in den Feuerlöscher. Plötzlich brüllte die Frau durch den Lautsprecher wie verrückt. Thomas meinte, wir sollen die 200ml noch tanken. Ging nicht. Die Frau war außer sich. Thomas sagte ihr, die 200ml sind geschenkt, die soll es einfach dem nächsten Kunden schenken. Ich glaube, die Frau erlag einem Nervenzusammenbruch. Entrüstet meinte sie, sowas hat sie in 15Jahren noch nciht erlebt... Also dass einer 200ml Sprit verschenkt... Der Liter Sprit kostet übrigens um die 70-80Cent.
Das Kolonnenfahren war genauso schwierig bis fast unmöglich, weil sich andauernd fremde Autos zwischen und drängten und weiter überholten. Dazu MUSS man tatsächlich öfters auf den Dreckstreifen ausweichen, weil sonst der Russe in seinem Lade im Gegenverkehr am LKW zerschellen würde. Ich bin mir auch sicher, dass die Russen einen rammen würden. Ein Wahnsinn, mir war das alles VIEL zu stressig. Dann möchte man überholen, Team Sisu mit Thomas, der voll im Russenmodus war, zog einfach raus, wir hinterher. Die Straße ist kerzengerade (fast immer und überall) und die Gegenfahrbahn ist frei. Man zieht raus, plötzlich knallt einer ganz links, halb auf dem Dreckstreifen vorbei. Währenddessen zieht ganz gemächlich einer aus einer Nebenstraße auf die Gegenfahrbahn. Spaß. Und am Ende kommt noch ein russischer Redneck mit dem Niva aus dem Unterholz und gurgt einem noch in die Quere. Ich muss schon sagen, ich hatte echt Angst, auf Russlands Straßen einen schlimmen Unfall zu bauen. Thomas war da ganz ruhig. "Du darfst nicht in den Rückspiegel schauen, das macht hier niemand. Blinken und fahren, die anderen passen sich schon an..."
Um Himmels Willen. Das Himmelfahrtskomando dauerte an, bis wir Tanken mussten und als Snack einen "Schawerma" aßen. Was ein traumhaftes Gericht, es war der Himmel auf Erden. War ich evtl. im Straßenverkehr gestorben? Auch wenn der Schuppen echt gruselig aussah, das Essen war bombe. Man sah aber zum Glück die Küche nicht. Tja, Toiletten funktionierten auch nirgends, überall waren die Wasserrohre eingefroren...
Dennoch war er so begeistert von Besuchern, die einfach interessehalber angehalten waren, dass er uns eine Pivatführung durch sein Kloster anbot. Klar, los gehts. Ich kürze den fast zweistündigen Aufenthalt mal ab und sage: Es war wirklich interessant. Er zeigte uns ein Video mit der Geschichte, zeigte uns den Glockenturm und führte uns wie wild herum. Ein wirklich frommer und netter Mensch. Ein Kontrast zu den Menschen, die ich bisher in Russland getroffen hatte.
Wir rollten weiter, wir mussten noch nach St. Petersburg und halb durch die Stadt. Ich kürze auch hier ab. Chaos. kriegsähnliche Katastrophe im Straßenverkehr und wir mittendrin. Wir waren froh, dass der gigantische Suburban hinter uns fuhr. An den trauten sich die Russen nicht heran. Wir erfüllten die Tagesaufgabe: Das finden einer geheimen Bar. Dort war das "Hallo" mit den anderen Teilnehmern riesig, wir freuten uns, überlebt zu haben. Die anderen waren schon Stunden dort und hatten schon recht männlich einen sitzen. Mutig, in Russland herrscht 0.0 als Alkoholgrenze, ein Verstoß kostet fast 4 stellig (EURO!). Zudem bekommt man das Problem, dass das rechtmäßige Klären des Problems mehrere Wochen dauern kann, in denen auch noch das Visum abläuft. Oder man versucht die Polizei zu schmieren, was fast immer geht, aber halt nur fast. Das muss man echt nicht haben, also nur ne Cola trinken und weiterfahren. Thomas`alter Freund Alexej hatte uns ein 4 Sterne-Restaurant organisert, das auch noch bezahlbar war. Doch wir fanden es nicht. An der angegebenen Adresse war nur ein Wohnhaus, kein Hotel. Thomas verschwand und tauchte 3 Minuten später wieder auf. Wir müssen durch das Tor, das Hotel ist im Innenhof. Ja, genau. Im Innenhof. Ein 4-Sternehotel... Das Hotel war ein ausgebauter Kindergarten und der Eingang befande sich tatsählich im Innenhof. Nur das nach Verarsche aussehende Schild deutete auf das Hotel hin. Wir traten durch den schmuddeligen und heruntergerockten Hof durch die klemmende und kratzende Tür und standen tatsächlich auf feinem Teppichboden vor einer Rezeption. Dahinter eine junge Rezepionistin und buisness-Dresscode und mangelfreiem Englisch (eine Seltenheit in Russland). Sie führte uns die Treppe hinauf in ein Zimmer, was selbst nach deutschem Standart 4 Sterne entsprach. Ich hab leider keine Bilder gemacht, aber es fehlte an nichts. Neue Einrichtung, teure Möbel, Designfliesen im Bad, teure Dusche mit Regenfunktion, Fußdusche, LEDs, verschiedenen Brausen und Programmen und alles. Wahnsinn.
Auf dem Rückweg sagte Alexej, mit unserem Auto würde er sich nicht in den Straßenverkehr trauen. "Das ist ja nur ein Moped mit Blech rundrum." Danke. So denken halt die Russen. Wir gingen danach gleich ins Bett, ich war nach dem Tag im russischen Straßenverkehr fix und alle mit der Welt...
Tageskilometer: 476km
Ich hatte vergessen zu erwähnen, dass der Innenhof des Hotels winzlig war und wir mit den Autos schon schlimm puzzlen mussten, am Abend hatte sich ein Anwohner lautstark beschwert, ich hätte ihn eingeparkt. Er wäre ohne Probleme da herausgekommen, aber man kann auch erstmal eine Szene machen... Wir starteten in die Stadt, ab dem ersten Meter ging wieder das pure Chaos los. Ich kürze es ab: Die Stadt bietet wunderbare Ecken, wir hatten das besten Bombenwetter, was man sich vorstellen kann und wir hatten ein paar echt tolle Stunden in der Stadt. Gegen Mittag ließen wir Petersburg hinter uns und wollten nochmal zum Kriegsdenkmal "Krasnaja Gorka" an der Ostsee. Leider darf man als Tourist nicht bis dort hin fahren und sich das anschauen, wir wurden vorher aufgehalten... Also steuerten wir den Grenzübergang nach Narwa an. Außerhalb der Stadt wurde der Verkehr zum Glück etwas ruhiger, trotzdem stressen einen die ganzen waghalsigen Überholmanöver ungemein...
In der Stadt gingen dann tatsächlich auch Probleme mit dem Subaru los. Ein Geräusch bündelte meine Aufmerksamkeit, es war ein ganz leises kratzen vom Rad hinten rechts. Es war kaum hörbar, aber unsere geübten Ohren entging es nicht. Vllt Eis, was am Reifen kratzt?! Könnte sein. Wir fuhren erstmal weiter Richtung Grenze. An der Grenze standen wir gut 2.5h an, wir waren am frühen Nachmittag dort und waren gegen 16:30 endlich an der Reihe. Die Grenzerin war sichtlich am Ende, die ganzen Rallyetouristen haben sie den ganzen Tag unheimlich gestresst. Nach einer kurzen Fahrzeug- und Passkontrolle durften wir ausreisen und das Fahrzeug exportieren.
Egal, wir hatten es hinter uns und waren recht froh, wieder mit gesitteten Menschen den Straßenverkehr teilen zu dürfen. Etappenziel war ein Feriendorf kurz vor Tallin. Das war die zweite Rallyeparty, die der Veranstalter organisiert hat. Da wir schon ziemlich spät dran waren, und wir beim Einreisen in Estland auch noch einmal komplett kontrolliert wurden, fuhren wir ohne Umschweife direkt dort hin. Wir hatten uns auch noch verfahren und es gab ein paar kleine Dissonanzen in der Gruppe, wodurch es immer später wurde. Wir freuten uns auf das vom Veranstalter organisierte Abendessen und das gemütliche Beisammensitzen. Nach 2 kleinen Verfahrern hatten wir das Dorf gefunden. Es war wirklich mitten im Wald, wir sind 10 Minuten durchs Unterholz gekarrt, was aber kein Problem war. Nur das Geräusch aus dem Radkasten hinten rechts wurde allmählich lauter, es war schon fast besorgnisehregend.
Das Feriendorf war wie ein Indianerdorf gestaltet. Als Versammlungsort stande dort ein riesiges Tipi (sicher 15m im Durchmesser und wer weiß wie hoch), darin war mittig eine Feuerstelle, darum sitzplätze. Am Rand war eine Bar und eine kleine Bühne mit Livemusik. Es war eine atemberaubende Atmosphäre und unsere Laune stieg....bis es hieß, es gibt nichts zu Essen mehr. Wie bitte WAS?! Schock. Wie jetzt, nichts mehr??? WAS? Scheinbar ist etwas mit der Organisation schief gelaufen und es war nicht genügend Verpflegung da. Es hieß auch, die ersten Teams hätten ohne Rücksicht auf Verlust gefressen was das Zeug hielt... Was nun wirklich passiert ist, wussten wir nicht, doch wir waren doch ziemlich sauer. "Mir doch wurst, ich grill jetzt!!!" Ich fuhr den Subaru rückwärts direkt ans Festzelt, obwohl es verboten war, und heizte den Grill ein.
...nichts zu essen...auf einer Party...tzzz...nicht mit mir...mir doch egal ob das parken hier verboten ist...ich fahr da jetzt hin...
Tageskilometer: 410km
Etappe 11: Raudsilla - Siauliai
Wir hatten natürlich unsere Kaffeemaschine schon gefüttert und schnupperten Kaffeeduft, als die anderen fluchend auf warmes Wasser warteten. Mit dem Benzinkocher ging es dann aber innerhalb von 3 Minuten und die Stimmung stieg unaufhörlich mit der Aussicht auf KAFFEE. Auf den zerknitterten Gesichtern konnte man sogar sporadisch ein Lächeln erkennen Wieder trennten sich unsere Wege, Team Sisu wollte über Kaliningrad, Team Wildeast und wir wollten gern auf Russland verzichten. Nach einem Blick auf die Karten starteten wir in den Tag. Auf den ersten Metern hört man wieder das "krrt krrt krrt" aus dem Radkasten. Es wurde tatsächlich lauter und lauter. Es war langsam echt beunruhigend und wir rätselten beim Fahren lange Zeit über die mögliche Ursache...
Mittags rollten wir in einer kleinen Stadt nordlich von Riga ein. Wir hatten ein kleines Restaurant am Wasser gefunden, welches eine astreine Küche bot. Ich bin nicht so der Foodblogger oder Schickimicki-Essenfotografierer, aber diesmal musste ich ein Bild machen:
Danach fuhren wir weiter und hielten wir nochmal kurz an der Küste an. Der Walter gab uns den Tipp, wie es genau dazu kam, weiß ich nicht mehr. Doch dort machten wir folgende Schnappschüsse:
Abends quartierten wir uns in Litauen, in der Vorstadt von Siauliai ein. Abends wurde die Gangart wieder etwas zorniger, da es wieder recht spät wurde. Ein kleines Ereignis war noch das umfahren einer Autobahn, während dem wir auf der Karte auf eine gelbe (also schon etwas größere) Landstraße fuhren. Leider war das definitv einer der schlechtesten Straßen des gesamten Trips, ich habe nur ein kurzes Video dazu gemacht.
So ging es übrigens über 2h.
Das Geräusch aus dem Radkasten haben wir bei dem Geschepper und Gekrache natürlich nicht gehört, aber abends wussten wir, dass die Straße es noch viel schlimmer gemacht hat. Wir hätten ehrlich gesagt nach den ersten 10min auf der Straße gedacht, das hält der Subaru niemals aus. So eine schlimme Vergewaltigung des Autos habe ich auch noch nie mitgemacht. Ich hatte regelrecht Angst um die Technik und Angst, dann mitten in der Nacht in Litauen zu stranden mit kaputtem Auto. So unwahrscheinlich war es auch nicht, ein Audi A4 B5 zweier Rallyeteilnehmern ist auf so einer Strecke mehr oder minder gestorben (Querlenker kaputt gegangen) und eine andere Teams hatten defekte Reifen oder Radlagerschäden. Schlimm...
Tageskilometer: 630km
Etappe 12: Siauliai - Marienburg
Wir kramten also den hydraulischen Wagenheber vom Dach und setzten ihn hinten links an der Schwellerkante an. Franke pumpte und pumpte und der Subaru erhob sich. Kurz bevor das Rad hinten rechts den Bodenkontakt verlor, gab es einen Knack und der Subaru sackte 15cm ab. Nanu?! Die Schwellerkante war irgendwie komplett im Schweller verschwunden und selbst der Schweller knickte bis zum Einstieg ein... Kacke... Bei der anderen Seite passierte das Gleiche, also pumpten wir den Subaru am Differential hoch. Natürlich bei -15°C und Neuschnee. Als das Auto endlich oben war, untersuchten wir, ohne das Rad abzuschrauben, ob irgendetwas locker war oder ob einer der Spannstifte an der Trommelbremse fehlte. Es war aber alles fest und auch beide Stifte waren noch fest am Ankerblech. hm... Wir entschieden uns, weiter zu fahren und das Geräusch notgedrungen weiter zu beobachten. Da es am Vortag aber wirklich schon sehr laut war, wurde uns mulmig zumute. Nicht, dass wir den Trip nicht zuende fahren können?! So kurz vor dem Ziel? Das wäre wirklich extrem Ärgerlich. Wir fuhren los. Auf den ersten Metern war das Geräusch extrem. Nun fing es auch noch an bei jeder Umdrehung zu haken und zu stocken. Irgendetwas musste in der Bremse kaputt gegangen sein. Nach 2 Kilometern Gehuckel und teilweise blockiertem Hinterrad fuhren wir in eine Tankstelle. Natürlich schneite es wie verrückt und wir fragten, ob wir unter dem Dach der Tanke unser Auto reparieren durften. Der Tankstellenbetreiber verneinte und gab uns einen Platz auf dem Tankstellengelände vor, auf dem wir ungestört arbeiten konnten. Besser als nichts. Ich bekam schon magenkrämpfte, bei dem Gedanke, dass unsere Reise hier vorbei gewesen sein soll. Selbst wenn wir die Trommel abbekamen (was schon sehr unwahrscheinlich war), konnten wir ohne Ersatzteile das Auto auch nicht reparieren. Wir wollten drastisch werden:
"Wir bauen den ganzen Hafer aus der Trommel raus und fahren mit 3 Bremsen weiter..." "Die Idee ist gut, aber ohne Bremsbeläge geht der Radbremszylinder kaputt und die Bremsflüssigkeit läuft dort raus" ... ... ... "Wir knicken die Leitung am Radbremser soweit zusammen, dass dort keine Bremsbrühe mehr durchfließt" "Jo, so tun wir, los gehts"
Mario und Franzi bekamen große Augen. Zurecht, die Idee ist wirklich etwas krass. Aber besser als stranden. Und mit 3 Bremsen kommt man noch nach Hause. Wir wühlten wieder unser Werkzeug raus, was unter dem Bett in den Mulden der originalen Sitzbank lagerte. Ich bockte das Auto auf und Franke setzte den Knebel samt verlängerungsrohr an, um das Rad zu lösen. Er dreht ohne Kraft die Mutter.
"Guck mal, die Mutter ist lose"
Die zweite Mutter auch. Wie jetzt?! Letztendlich waren alle 5 Muttern lose. Und zwar nicht nur los, sondern 2-4 Umdrehungen runter. Warum uns das 2km vorher nicht aufgefallen ist, konnten wir uns nicht erklären. Wir hatten das Rad gedreht und dabei nichts gehört... Unserer Meinung nach hätte das schon der Grund für das Geräusch sein können. Da die Bremstrommel durch das Rad und die Radmuttern befestigt ist, kann sich durch das lösen der Muttern auch die Trommel bewegen. Und auf den Belägen verkanten. Was bei uns passiert sein muss. Wir zogen die Muttern wieder fest und kontrollierten die restlichen 3 Räder. Die anderen Räder waren bombenfest. Wie konnte das passieren? Ein Rad lose nach 7500km??? Egal.
Die Testfahrt zeigte sich mehr als befriedigend, das Geräusch und das blockieren der Bremse war weg. Gott sei Dank!
Wir starteten in den Tag. Wie schon beschrieben, waren die letzten Tage etwas emotionslos. Oder besser gesagt emotionsloser als die ersten 10 Tage. Wir fuhren zum "Hill of Crosses" und verbrachten eine bedächtige Stunde an diesem Ort. Danach ging es weiter. Wir hatten die letzten Tage schon gut durchgeplant, also hielten wir uns an den Plan. Im Nachhinein betrachtet nahmen wir uns dadurch wahrscheinlich noch etwas das Abenteuergefühl...
Das erklärte Ziel war Marienburg in Polen. Das Roadbook gab 2 Routenvorschläge: Einmal durch Kaliningrad, einmal außen rum. Hier muss noch gesagt werden, dass Kaliningrad zur russischen Förderation gehört und praktisch noch Russland ist. Bedeutet natürlich wieder Einreise- und Auseisestress, Sprachbarriere und Stress auf den Straßen. Durch unsere Dummheit, beim Russlandvisum nur einmalige Einreise beantragt zu haben, waren wir eh raus und hätten nicht über Kaliningrad fahren können, selbst, wenn wir es gewollt hätten. Wir fuhren außen rum, Team Sisu trennte sich erneut von uns fuhr über Kaliningrad.
Die Etappe war beinahe öde. Sie war so öde, dass ich kaum noch Erinnerungen daran habe und auch nicht ein Bild an dem Tag gemacht habe. In Marienburg hatte Mario ein super Hotel aufgetan. Es hatte 3 Sterne und kostete mit Frühstück um die 20 Euro pro Nacht. Die Bude war der nackte Oberwahnsinn. Alles neu, alles hochwertig und die Leute supernett. Durch Zufall war Walter vom Team Woldo auch in Marienburg und wir trafen und spontan im Hotelrestaurant zum Abendessen. Das war auch der letzte Abend im Ausland. Am nächsten Tag sollten wir über die deutsche Grenze rollen.
Tageskilometer: 675km
Etappe 14: Marienburg - Peenemünde
Wir eierten los und kamen gut voran. An dem Tag war der Höhepunkt das Mittagessen in einer Stadt, deren Namen ich vergessen habe. Das Restaurant war eine liebevoll ausgebaute Mühle, die wirklich auf den Punkt restauriert war. Im Eingangsbereich gab es einen großen Tonkrug mit selbst gemachtem Speckfett und frischem Brot, bei dem man sich selbst bedienen konnte. Schon allein das Speckfett war eine Offenbarung. Danach gab es Rote-Beete-Suppe und die besten Piroggen meines Lebens, die mit groben Speck garniert wurden. Wir überfraßen uns alle maßlos.
Danach fuhren wir schnurstracks Richtung Swinemünde auf Usedom. Dort warteten wir eine Stunde auf die Fähre, nachdem wir irgendwie total irritiert waren, dass wir mit einer Fähre fahren mussten. Außenrum ging nicht, Brücken gab es nicht. Mit dem Blick auf GoogleMaps wussten wir dann auch warum...
Danach waren wir wieder in Deutschland. DEUTSCHLAND. Wir waren wieder in der Heimat. Wahnsinn. Wie als wäre nichts gewesen. Es fiel wieder etwas Anspannung von uns. Wir hatten wieder gewohnten Boden unter den Rädern. Völlig überglücklich gingen wir an der peenermünder Promenade in eine Pizzaria essen und danach fuhren wir auf den Campingplatz, den wir klargemacht hatten. Die letzte Nacht wollten wir nochmal, im ursprünglich geplanten Sinne campen. Das taten wir auch. Das Wetter war mitTemperaturen um den Gefrierpunkt schon sehr mild und wir schliefen wie die Murmeltiere. Im wahrsten Sinne des Wortes: Ein Traum!
Tageskilometer: 500km
Nachdem wir über die Ziellinie rollten, beglückwünschten sich alle Teams und wir plauderten mit anderen Teams und Besuchern. Da wir über Mittag durchgefahren waren und wir bis zur Abendveranstaltung etwas Zeit hatten, schmissen wir den Grill ein letztes mal an. Für die Besucher ein echter Hingucker! Die Stunden vergingen leider wie im Flug, und so stande die Schlussveranstaltung im "Eier-Karl" an. Dazu muss ich leider sagen, dass die Bude mal viel viel viel zu klein für die ganzen Leute war, sodass es nicht nur ein Gedränge und Getrampel war, sondern dass einige Leute sogar draußen bleiben mussten. Zudem das schlechte Imbissessen für teures Geld und Unstimmigkeiten mit dem Veranstalter, der die Verpflegung auf seine Kosten versprach, aber das Versprechen nicht hielt. Franke bekommt in engen Räumen mit so vielen Leuten leichte Panik, weshalb er ins Auto ging und wartete. Verständlich, es war wirklich kaum auszuhalten in der Kneipe. Nach der Siegerehrung, bei der die Teams, die am meisten Punkte im Roadbook sammeln konnten, geehrt wurden, tranken wir noch ein Bier (oder zwei
Wir (oder eher ich, weil Franke leider nicht dabei sein konnte), bekam unheimlich viel Zuspruch und Komplimente. Wir waren "Sieger der Herzen", die verrückten Sachsen mit ihrem rollenden Seelenverkäufer, die es problemlos geschafft hatten und immer mit einer lustigen Annektode oder einem lockeren Spruch aufwarten konnten. Wir waren soetwas wie ein Running-Gag. Die Leute freuten sich, wenn sie während der Reise des bunten Trümmer sahen und wussten, dass wir IMMERNOCH fuhren. Und wir hatten es geschafft. Viele meinten, sie hätten bei der Startveranstaltung niemals gedacht, dass wir es mit dem Auto hätten schaffen können.
Beflügelt von den tollen Gesprächen und den netten Leuten, musste ich leider Abschied nehmen. Wir wollten noch nach Hause fahren, wir wollten nicht in HH übernachten. Das eigene Bett ist dennoch am schönsten und wir mussten beide am Montag wieder arbeiten, und es war Samstag Abend. Am Sonntag 500km heimfahren und dann "ankommen" wäre stressig gewesen. Der Abschied fiel mir wirklich schwer, schließlich wächst man mit den Leuten auf so einer Reise schnell zusammen. Wir fuhren los, tankten noch einmal voll und ließen HH hinter uns. Auf der BAB war es Nachts ruhig und so fuhren wir, total geflasht von den ganzen Emotionen und Eindrücken, einfach heim. Die letzte Etappe mit 500km verging wie im Flug und so kamen wir halb 2 in der Nacht zuhause an. Wir hatten die letzten 500km darüber nachgedacht, nach Hause zu kommen, sodass es wenig besonderes war, endlich zuhause angekommen zu sein. Ich ging ins Bett schlief fast bis Sonntag mittag.
Tageskilometer: 900km
Gesamt-km: ~9500km
Outro
Ich habe so meine Schwierigkeiten, diverse Sachverhalte besonders zu umschreiben oder in die Länge zu ziehen, was mir im Deutschunterricht öfters mal kopfzerbrechen bereitete. So weiß ich auch gerade nicht so recht, wie ich hier eine umfangreiche Zusammenfassung schreiben soll.
Es ist tatsächlich eine wahnsinnig tolle Reise gewesen. Ein Abenteuerurlaub, der in der heutigen Zeit voller All-Inclusive-Billigreisen in überfüllte Hotelanlagen seines Gleichen sucht. Ein Trip, der so viel Potential hat, das man es selbst in vielen Wochen und Monaten auf Achse nicht ausreizen kann. Es ist fast schon traurig, dass die Reise wirklich nur 2 Wochen andauerte und dass man in den 2 Wochen über 9000km gefahren ist. Man sieht soviele Dinge, dass man garnicht alles "behalten" kann. Man fährt so viele Kilometer, dass man fast schon hetzen muss.
Ich behalte die positiven Aspekte in Erinnerung. Die vielen Dinge, die ich gesehen haben, die vielen Leute, die ich kennengelernt habe. Die Vielen Bilder, die ich mir anschaue, wenn ich malwieder etwas Fernweh habe. Die 2 Wochen Ausnahmezustand, in denen ich wirklich nur an die Reise dachte und mit den tollen Dingen auf der Reise so beschäftigt gewesen bin, dass ich keine Minute an die Arbeit, den Stress oder den Alltagstrott zuhause dachte. Es war eine der schönsten Erfahrungen, die ich in meinem Leben bisher machen durfte. Dafür bin ich dankbar.
Ich werde öfters gefragt, was die Reise so gekostet hat. Kurz und knapp: Mit Startgebühr, Sprit, Fähren, Vorbereitung, Visa und Hotels waren es um die 3500€ zu zweit. Leider muss ich hier sagen, dass man von den 950€ Startgebühr nicht viel bekommt. Da wären Start- und Zielveranstaltung, die mehr oder weniger aus einer Alurampe und einem Banner, ein paar Zäunen und Durchsageanlage bestehen, die beiden Events mit Unterkunft (wobei Raudsilla zwar toll, aber zum nächtigen umbrauchbar war, zudem gab es kein Wasser und nichts mehr zu essen) und ein Paket mit den Aufklebern und 2 Pullovern. Ich hatte ehrlich gesagt mehr von dem Geld erwartet. Kein Support bei Pannen, kein Support bei Problemen in den einzelnen Ländern (einer wurde in Schweden sehr teuer geblitzt und hatte Probleme, andere in Russland), keine Visa oder sonst etwas. Die Teams mussten sich komplett selbst organisieren, orientieren und alles selbst zahlen. Ohne Whatsapp-Gruppe und GPS wären sicher einige Aktionen nicht so gut ausgegangen. Hier erinnere ich mich an einige Abtaucher in tiefe Schneewehen im Menschenleeren Schweden und die folgenden Hilferufe im Netz, Pannen oder auch unsere Hotelsuche in Schweden. Ich muss sagen, von der Arbeit des SAC war ich doch etwas enttäuscht. Ich möchte es kaum schreiben, aber ich persönlich habe das Gefühl, keine Reise sondern den Lebensunterhalt einer oder mehrerer Veranstalter zu zahlen. Vielleicht liege ich auch falsch...
Epilog
Laut Wikipedia ist ein Epilog ein Nachtrag zum Drama
Das Drama fing leider erst nach der Reise an. Auspacken, umräumen, waschen, alles wieder an die Leute verteilen, die mir diverse Dinge geliehen hatten, Arbeiten gehen... Doch was wird mit dem Subaru? Er hatte sein Geld verdient. Er hatte es schon vor unserer Reise redlich verdient, schließlich bin ich in 5 Jahren 45tkm gefahren, mit der Reise sogar 55tkm. Problematisch war aber der Zustand. Ehrlich gesagt war das Auto VOR der Reise schon ziemlich nieder, ich hatte mich ja auch 4 Jahre kaum um den Zustand gekümmert oder nur notdüftig repariert. Die einzig logische Konsequenz war klar: Das Auto ist tot. Wirklich tot. Endgültig. Nicht "tot, aber ich rette es und fahre es noch 5 Jahre", sondern "egal was ich tue, er wird keinen Meter mehr fahren-tot". Einige Leute wollten ihn kaufen und damit noch etwas herumfahren, schließlich hat er ja Zuverlässigkeit bewiesen. Aber das konnte ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren.
Ich habe also, nachdem wir das ganze Rallyezeug demontiert hatten, angefangen, die hintere Stoßstange abzubauen, weil ich ganz genau wusste, dass dort drunter eine Katastrophe lauerte. Die Ecke am Radlauf HL, die bei Subaru IMMER rostet, wurde vom Vorbesitzer schon "repariert" und zugeschmiert, JETZT wollte ich es wissen und popelte die Reparatur auseinander. Seht selbst.
Danach stocherte ich die Schweller ab, die waren ja hinten sowieso nicht mehr existent. Die waren ebenfalls total fratze. Dann baute ich Stoßstange runter und bestaunte die Ecken der Radhäuser links und rechts. Da war NICHTS MEHR. Krass. auf der Beifahrerseite war die komplette Ecke weg. WEG. Nicht mehr da. Alles klar...
Es gab nur noch Schrott. Vorher wollte ich aber den Motor messen, weil er ja mit voller Beladung keine 130 mehr lief. Den Fuffi investierte ich und wir maßen die Leistung. Der Motor drückte noch 89,6PS. Original hat er 90PS, also passte das ziemlich gut. Da blieb für die enorme Performance-Einbuße tatsächlich nur die Beladung und der Luftwiderstand durch den Dachkorb. Krass... Danach bauten wir den Motor aus, was entspannte 1,5h dauerte und ich verkaufte ihn. Der jetzige Besitzer schrieb mir noch eine Whatsapp, dass der Motor sehr gut läuft und er sehr glücklich mit dem Motor ist. Die komplette Innenaustattung und die originalen Scheinwerfer sind auch verkauft, sowie die Dachrehling und Innenverkleidungsteile. Der Rest war eh nicht mehr zu gebrauchen. Mit den Verkauf habe ich noch knapp 300Euro verdient. Ähnlich viel, wie ich mal vor 5 Jahren für das Auto bezahlt habe
Die Motorhaube hängt jetzt in unserer Schrauberhöhle, als stilles Denkmal an dieses unglaubliche Auto, mit der wir die Reise unseres Lebens machen durften.
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Sun Sep 23 17:42:32 CEST 2018 |
ToledoDriver82
Wahnsinn und absolut genial...mehr fällt mir gerade nicht ein
und LRP hat dann den Rost bekommen 
Sun Sep 23 22:21:22 CEST 2018 |
PIPD black
Da habt ihr wohl die Tour eures Lebens gemacht. Davon werdet ihr noch lange zehren. Glückwunsch, dass der Subaru euch heil nach Hause gebracht hat, auch wenn nur noch Fragmente überlebt haben.
Vielen Dank, dass du/ihr uns teilhaben lassen habt......wenn auch mit Verspätung.
Auf die nächste Überraschung deinerseits.
Mon Sep 24 09:56:10 CEST 2018 |
Tobner
Danke Leute
ja LRP meinte nur "Oh Gott, dafür kann ich dir kein Geld mehr geben."
Ja es hat sich wirklich arg verspätet, aber ehrlich gesagt hatte ich nur bedingt Lust den Bericht zu schreiben. Es ist ja auch nicht ohne und geht nicht zwischen Tür und Angel
Mon Sep 24 10:36:03 CEST 2018 |
ToledoDriver82
Das will ich glauben,ihr habt ja auch ganz schön was erlebt
Mon Sep 24 11:04:04 CEST 2018 |
Antriebswelle52206
Einfach klasse! Vielen Dank für die tollen Reiseberichte und Hut ab! :-)
Mon Sep 24 19:05:42 CEST 2018 |
Reifenfüller133375
Vielen Dank für den sehr ausführlichen Reisebericht, war spannend zu lesen
Ich würde auch gern mal ne Rallye mitmachen, wenn auch nicht ganz so extrem. War doch ein schönes letztes Abenteuer für den Subaru.
Wed Sep 26 14:21:47 CEST 2018 |
Tobner
Danke für das Feedback
Ja klar, die Rallye hat schon sehr viel Spaß gemacht, ich kann es jeden nur empfehlen
Sat Sep 29 00:08:38 CEST 2018 |
AgilaNJOY
Vielen Dank für die Fortsetzung - ich habe immer mal wieder gehofft, dass sie noch kommt!
Die Bilder muss ich mir nochmal anschauen, da sind ja ein paar sehr schöne dabei...
Gratuliere Euch zum Erlebnis und freu mich auf andere spannende oder verrückte Berichte.
Deine Antwort auf "Baltic Sea Circle - Teil 2"