Sun Apr 29 21:35:21 CEST 2012 | Jack GT | Kommentare (19) | Stichworte: Bulli, T4, Transporter, Typ 4, VW-Bulli, VW-Bus
Nach längerer Überlegung meiner besseren Hälfte und mir war klar: Ein Bus soll her. Nach dem bewährten Motto "Wat de Buur nich kennt, dat freet he nich (Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht)", sollte es ein VW-Bus werden, da wir bis jetzt mit den alten VW's gute Erfahrungen gemacht haben und vielleicht das eine oder andere VW-Wissen auch beim Bus eingesetzt werden könnte.
Infrage kamen die VW-Bus Transporter-Typen T3 (der letzte "echte" Heckmotorbulli) und T4 (der erste 'Schnautzer'). Gewünscht waren ein Diesel wegen anzunehmender Kilometerfresserei und eine Camping-Ausstattung. Während mit dem T3 keine Erfahrungen vorlagen, hatte ich zwei T4 als Dienstwagen in der Vergangenheit gefahren.
Da der Geldbeutel schmal war, wurde ein Budget von ca. 1000 €uronen für den Kauf angenommen. Erste Nachfragen bei befreundeten Surfen und Bullifahrern brachten diese bei Nennung des Preisannahme zum Lachen ("Dafür bekommst Du einen Motor"...). Empfohlen wurde der T4 wegen des geringeren Wartungsstaus und u.U. besserer Dieselverfügbarkeit. Als Hausadresse bekam ich 2800€ für einen fahrenden Bus mit Tüv aber ohne jegliche Innenausstattung genannt.
Los ging's mit der Suche. Im Hamburger Umkreis wurden wir bei einem Camping-Hochdach-T4 fündig und schauten ihn uns an.
Geschweistes in rostig
Für knappe 3000€ sollte man einen Bus ohne Tüv, dafür aber mit ausgeprägtem Moschusgeruch, herausfallenden Stauklappen und einem Wasserhahn, den man im Heck einschaltete, erhalten. Zusammen mit dem Besitzer durchwühlten wir alte Hinterlassenschaften im Bus und sahen Edelrost stahlfrei.
Kaum zu glauben, dass parallel der Golf 2 produziert wurde...
Selbst der Schiebetürgummi dichtete nicht mehr ab, weil kein Material karosserieseitig mehr vorhanden war. Immerhin nahm sich der Besitzer etwa 3 Stunden Zeit, uns den T4 zu erklären und wir lernten viel dazu.
Um einen Überblick über die Blechschäden und den Reparaturaufwand zu bekommen, vereinbarte ich mit dem Besitzer einen Termin in einer Werkstatt zwecks "Unten-Besichtigung" und Tüv-Mängelliste. Kurz vor dem geplanten Termin sagte der Besitzer den Termin ohne richtige Begründung ab ;-).
Da ich viel zu tun hatte, ruhte die weitere Suche im Low-Budget-Bereich erst einmal. Eher als "Hau-Ruck-Aktion" entpuppte sich eine Annonce, die einen 300 km entfernten Bus auswies. Zusammen mit meinem Vater fuhr ich dorthin und fand mich bei Ankunft auf einem Kaufhaus-Parkplatz wieder.
Anfahrt mit zuverlässigen Arbeitstier am frühen Morgen
Der Besitzer hatte uns nicht die genaue Adresse angegeben und gab auch an, ihm sei noch etwas dazwischengekommen, wollte aber noch erscheinen. Den genauen Bus-Standort gab er aber trotzdem nicht preis.
Ausgestattet mit den Bildern aus der Annonce, machten wir uns im Industriegebiet auf Bildervergleich und fanden auf einem Hinterhof schließlich den Bus.
Wohl eher ein Händler... Aber wo steckt der Bulli?
Bei klirrenden Temperaturen warteten wir 3 Stunden auf den Besitzer, hatten allerdings Zeit, den Bus ausgiebig zu inspizieren. Erstaunlich wenig Rost, viele Rempler, aber immerhin alles immer mit einem zittrigen Pinsel ausgebessert.
Wohl ein Sofortkontakter...
Nach drei Stunden und diversen Telefonaten erschien der Besitzer schließlich. Dabei zeigte sich, dass eigentlich keine der Angaben in der Annonce annährend stimmte. Immerhin traf dies auch auf den Besitzer zu, der sich als Händler mit ständig wechselnden Namen auswies.
Die Probe-Busfahrt verlief erfrischend: Der sofort anspringende Bulli goß in der ersten Kurve das getaute Eis über ein defektes Sonnendach auf meinen Kopf aus. Über die Historie ("nix wissen") bekamen wir nichts raus, allerdings wies der Fahrzeugschein als Vorbesitzer einen etwa 80-Jährigen, der das Fahrzeug ca. 20 Jahre besessen hatte, aus. Obwohl der Verkäufer alles andere als einen vertrauenswürdigen Eindruck machte, kaufte ich schließlich das Fahrzeug aufgrund des Fahrzeugbrief-Eintrages - und wahrscheinlich auch aufgrund des Preises - denn der beschissbegeisterte Händler hatte offenbar keine Ahnung, in welcher Preisspanne ältere VW-Busse gehandelt werden.
Als interessante Beigabe erwies sich der leere Tank, zu dem der Händler berichtete, er habe ihn "fast bis auf den letzten Tropfen leergefahren". Extra dafür kaufte ich einen Kanister und tankte, um bis zum nächsten Zaphahn zu kommen, den Bulli mit einem 5-Liter-Kanister. An der Tankstelle angekommen, sprang der Zapfhahn dauern raus - der Tank war randvoll, die Tankuhr kaputt. Bei den Dieselpreisen und einem 80l-Tank ein vertretbarer Mangel - weitere weniger erfreuliche sollten sich noch zeigen.
Einfahren bei Dauerregen
Kurze Pause und Kontrolle
Vor der vorsichtigen Rückfahrt bei Dauerregen wurde noch ein Ölwechsel durchgeführt und das Dach sicherheitshalber abgeklebt. Um Glück und Geldbeutel nicht zu sehr zu überreizen, wurde der Bulli nach problemloser Rückfahrt über 300 km erst einmal hinterstellt.
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Sun Apr 29 21:45:11 CEST 2012 | Antriebswelle19813
Sehr schön geschrieben und interessant...
freue mich auf mehr!!
Sun Apr 29 21:58:18 CEST 2012 | Spannungsprüfer136022
Tipp: Schau doch mal bei der Zoll-Auktion vorbei!!!!!!
Sun Apr 29 22:06:01 CEST 2012 | rpalmer
Lustiger Schreibstil, gefällt mir!
Sun Apr 29 22:25:45 CEST 2012 | Rostlöser38041
Ohh mann,
so ein 5-Zilinder mit Zahnriemen laesst mich ehr Kalt und
echt Grausig wierken, Ich glaub es nicht, liber T1 und T2
Bj egal .
Jetzt am 1. 5. in Hannover Messegelaende VW-Teile und
ganze Bullis Kaefer, alle Typen gross Flohmarkt mit Treffen....
Sun Apr 29 23:13:40 CEST 2012 | Reifenfüller11226
Was haste gezahlt?
Sun Apr 29 23:52:21 CEST 2012 | Batterietester133659
@Fordlover1975 Zoll-Auktion ist schon lange nichts mehr.. die Preise gehen in Höhen von jenseits der Gut und Böse Region und selbst ebay ist deutlich günstiger. Ich will den Leuten bei Zoll-Auktion ja nichts unterstellen aber es gab schon öfters den Verdacht, dass die die Preise selber extrem pushen weil auch öfters die gleichen Fahrzeuge mal drin stehen.
Back to topic: Sehr interessant und bitte mehr Berichte
Mon Apr 30 09:31:45 CEST 2012 | mik222
"Vor der vorsichtigen Rückfahrt bei Dauerregen wurde noch ein Ölwechsel durchgeführt und das Dach ..."
Wie bzw. wo hast Du denn noch den Ölwechsel durchgeführt?
Ansonstem schöner Bericht!
Mon Apr 30 10:21:02 CEST 2012 | Spiralschlauch39315
Wir haben auch einen Vw T4 2,5TDI 102Ps als Multivan, BJ 96 mit (fast) Vollausstattung, der hat uns noch nie im Stich gelassen, hat bisher in 10 Jahren nur n neuen Zahnriemen, nen Anlasser , neue Bremsen und ein paar Ölwechsel gebraucht da haben uns schon mindestens 3 "Visitenkarten Autohändler" gefragt ob wir den verkaufen, aber die nächsten 10 Jahre ist sein Leben noch mindestens gesichert, er hat ja erst 190.000 gelaufen
Mon Apr 30 10:21:24 CEST 2012 | X_FISH
Aufgepasst beim Tank: Nicht das nicht nur die Anzeige defekt ist, sondern das er sich wegen einer verstopften Entlüftung auch ein wenig verformt (zusammengezogen) hat.
Das er wenig Rost hat verwundert mich nicht. Baujahr 90/91 müsste er in jedem Fall sein.
Grüße, Martin
Mon Apr 30 11:30:04 CEST 2012 | Dr Seltsam
Wieviele Kilometer hat den der Gute?! Ein sehr eleganter Blog, erfreut mich ihn zu lesen und möchte bald noch mehr lesen
Mon Apr 30 13:34:23 CEST 2012 | bronx.1965
Sehr schön geschrieben. Das mit den Mondpreisen stimmt. Völlig abgehoben!
Ich fahre ebenfalls einen T-4, langer Radstand, mit dem Fünfzylinder-Sauger AAB.
Derzeitiger KM-Stand: 274.000 und nach einem Zahnriemen-wechsel und fälliger Erneuerung der Glühkerzen, keine weiteren Probleme. Ölverbrauch ist mäßig, alle 3.000 Km etwa einen halben Liter.
Mal abgesehen vom Warmfahren bei mäßiger Drehzahl schenk ich der Maschine nichts. Die knapp 80 Pferde wollen zügig bewegt werden, sonst wird man zum Hindernis
Mehr Sorgen macht mir der Rost. Offenbar war die Qualität stark schwankend, 90/91er Busse meiner Surferkumpels haben weniger davon als mein 94er.
Daher stehen im Herbst auch ein paar Schweiß-Arbeiten an, welche ich aber in Eigen-Regie durchziehe.
Das gute am Bus ist sein doch recht simpler Aufbau der Karosserie-Struktur. Die typischen Rost-ecken
eines T-4 sind alle auch bei meinem vertreten. (PDE vorne links, Schweller-Innenseiten beidseitig, Radläufe rechts) Aber alles behebbar, weil simpel in der Form.
Bin gespannt auf deine weiteren Erfahrungen. Einen Tipp vielleicht noch:
Den Getriebe-Ölstand immer schön im Auge behalten. Da der fünfte Gang nachträglich "hineinkonstruiert"
wurde, liegt diese Gang-Welle oben und ist damit die erste, die trocken läuft, wenn's Öl mit den Jahren
abnimmt
MfG, Bronx
Mon Apr 30 22:31:33 CEST 2012 | Jack GT
Hallo,
viele Fragen, viele Kommentare, vielen Dank!
@silverdreammachine, rpalmer:
Danke, weiter geht's in Kürze
@Fordlover1975:
Prima Tipp - aber ich konnte leider dort nur Fahrzeuge "innen leere" bzw. Fahrzeuge ohne Campingausstattung finden
@helga.rost:
Gerne hätten wir auch etwas älteres genommen, aber vom Wissen und Geldbeutel schien der T4 die passendste Wahl - ich hatte vor ein paar Jahren ein Angebot über einen Benziner-T3 für 200€ mit 100-PS-Audi mit Hitzeschaden - aber der zog 12-15l auf 100 km durch
@Kamazfreak:
Etwa die Hälfte des Erstangebots
@carisim:
Interessante Info, gibt es dafür Belege?
@mik222:
Wow, Du liest ja mächtig aufmerksam! Da das Öl schon fast am Peilstab klebte und ich daher keine 300 km mit zweifelhafter Schmierwirkung fahren wollte, war ich bei einer Kette. Ich glaube, ich habe noch nie so viel für einen Ölwechsel bezahlt - eigentlich sollte ich 130 € zahlen, nach verhandeln (als ich erfuhr, dass ein 10W40 verfüllt worden war) kamen wir bei 113 € raus
@DER POLO_NEGER:
Na, da habt ihr gegen den AAB-SD ("Schiffsdiesel - laut und langlebig") ja eine richtige Rakete. Dann passt mal gut drauf auf - der 102 und der 150 PS werden gern geklaut...
@X_FISH:
Danke für die Info, Gaskutscher. Zum Tankanzeige habe ich auch noch einiges zu erzählen . Der erste "Rostbulli" war übrigens Baujahr 90, der zweite Baujahr 91. Machst Du mich bezüglich des Rost's schlauer?
@Dr Seltsam:
Vielen Dank für das Lob. Der fünfzylinder Diesel mit 2,4l und sagenhaften 78 PS - also eine fahrende Verkehrsbehinderung - hatte bei Übernahme 212tkm auf der Uhr. Laut der Auskunft diverser Schiffsdieselfahrer soll die Maschine bei regelmässiger Wartung etwa 1 Mio. Kilometer halten - mal schau'n.
@bronx.1965:
Vielen Dank für Deine Infos. Interessant mit der Rostentwicklung, ich dachte immer, die jüngeren wären besser gegen Karies geschützt. Den 17er Inbus zur Getriebeölkontrolle habe ich vom Polo 6N - der ja bekanntlich beim Getriebe auch schwächelt - schon mal in den Bulli verfrachtet, zumal er beim Schalten in den 5. Gang kracht - wohl der Synchronring.
Mon Apr 30 22:54:39 CEST 2012 | bronx.1965
@JackGT:
ich sehe "du weißt, wie geht"
Was die Synchronisierung ebenfalls schafft, ist ein "stehen bleibendes" Gas. Das merkst du beim Hochschalten, wenn du auf die Kupplung steigst und dann die Drehzahl hoch geht. Beim einlegen des nächsthöheren Ganges hast du dann ein "rupfen", Synchronisieren geht ja in beide Richtungen
Also, immer die Leichtgängigkeit der Pedalerie im Auge haben.
Kleiner Trost: der Tausch der S-Ringe ist relativ entspannt zu machen. Der Aus- und Einbau ist das (zu bewältigende) Problem.
Zum Rost: in der Tat, nachfolgende Baujahre sind anscheinend deutlich schlechter.
Bronx
Tue May 01 11:00:30 CEST 2012 | X_FISH
Wegen Rost schlauer machen:
-> www.gaskutsche.de - »Hohes VW-Zeichen« kein Rostschutzgarant
Die ersten paar 1000 Busse waren tauchbadverzinkt. Daher stehen viele paprikarote Busse aus 1990 und 1991 noch sehr gut da während ein 1994er schon mehr Löcher aufweist als ein schweizer Käse.
WIrd natürlich nichts gemacht, gammeln auch jene Busse weg. Teilweise wussten die Besitzer gar nicht was sie da haben. Der paprikarote T4 eines Freundes wurde als Baustellenfahrzeug verheitzt. Der WoMo-Eigenbau wurde rausgerissen. Schade drum.
Das Fahrzeug wurde von ihm einige Zeit später noch einmal gesehen, war dann ein paar 100 km weiter westlich unterwegs. Anhand der Aufkleber konnte man den Bus noch identifizieren. Da nichts gemacht wurde, war der bis zum Verkauf quasi rostfreie Bus dann jedoch innen wie außen »fertig«.
Grüße, Martin
Thu May 03 18:47:12 CEST 2012 | Jack GT
@bronx.1965:
Interessante Info. Mein Gas hängt glücklicherweise nicht. Vor 2000 km habe ich den Getriebeölstand leicht überfüllt, um Vorgestern bei der Prüfung festzustellen, dass er nach wie vor überfüllt ist . Witzigerweise hatte ich allerdings seitdem 3 Getriebeölflecken in der Garage - mal schauen, ob der Sicherheitsfanatiker in mir noch mal greift und ich noch einmal prüfe...
@X_FISH:
Sehr interessant - das wusste ich nicht, erklärt aber, weshalb der 94'iger T4 von einem Kumpel recht viel Rost ansetzt - ich hatte das bis jetzt immer auf Sand & Salz (Surfer) geschoben.
Wie ich bei einer Dachinspektion feststellte, hat der Vorbesitzer bei mir offensichtlich ein paar Mal Parkhauskontakt gehabt - zwar mit Lackabschürfung, jedoch scheint die Grundierung gut durchgehalten zu haben, sie hatte allerdings Moos angesetzt .
Thu May 03 22:21:53 CEST 2012 | X_FISH
Die »Grundierung« ist vermutlich schon der Zink.
Grüße, Martin
Thu May 03 22:42:41 CEST 2012 | bronx.1965
@Jack GT:
Behalt' im Auge, wo es herausdrückt. "Viel" hilft nicht immer viel. Im Gegensatz zum Motor verbrennt
geringfügig "zu viel" eingefülltes Öl ja nicht. Es sucht sich seinen Weg nach draußen, in diesem Falle eben in deine Garage
Bronx
Wed Oct 10 16:31:22 CEST 2012 | Trackback
Kommentiert auf: Tüddelkram und andere Katastrophen:
(Teil 2 Wenn der Meister dreimal klingelt
[...] Hier ist sie nun, die Fortsetzung der Bulli-Story (Teil 1) - und ja, es hat etwas gedauert, auch ist dieser Teil langes technisches Gelaber . Nachdem der Bulli [...]
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Thu Oct 11 17:56:01 CEST 2012 | backbone23
Deine Antwort auf "(Teil 1:) Augen auf beim Bulli-Kauf"