Sun Jun 25 18:57:03 CEST 2023 | notting | Kommentare (0) | Stichworte: Bildung, Verkehr
Logo Werden Bildungschancen verringert durch div. Verkehrsmaßnahmen?
Hallo!
Vor kurzem habe ich geschaut, was der aktuelle Stand der Dinge ist, wenn ich heute wieder mit dem ÖPNV zur Schule müsste. Entgegen aller Ankündigungen wurden die ÖPNV-Verbindungen schlechter. Deswegen stelle ich mir die Frage: Werden Bildungschancen verringert durch div. Verkehrsmaßnahmen? Möchte euch das nun genauer erklären.
Die Situation damals bei mir Bis einschließlich der 10. Klasse wurde ich nicht zur Schule gefahren. Nicht von meinen Verwandten und nicht vom ÖPNV. Insb. die Grundschule war übel, da ich einen recht weiten Weg dorthin hatte, da ich recht nahe an der Grenze zwischen den beiden Grundschul-Einzugsbereichen wohne und nur selten mit dem Rad in die Schule durfte. Erst ab der Realschule durfte ich immer mit dem Rad in die Schule fahren. Radfahren war nie ein Problem, auch heute nicht, auch wenn gewisse Gruppierungen in der Stadt heutzutage was anderes suggerieren wollen. Als ich dann kurz nach meinem 16. Geburtstag die Mittlere Reife hatte, hat/hätte jede meiner Optionen die ich in der engeren Auswahl hatte, dazu geführt, dass ich in die Kreishauptstadt pendeln muss, ca. 20km. Hab mich für ein berufliches Gymnasium entschieden. Die Umstellung ist gerade was Mathe angeht schwer, auch wenn man in diesem Fach ein 1er-Realschüler war. Aber anders als auf Realschulen und allgemeinbildenden Gymnasien gab es praktisch niemanden, der von seinen Eltern auf die (evtl. unpassende) Schulart geschickt wurde, wie das bei Fünftklässlern öfters der Fall ist. Aufgrund der damaligen Gegebenheiten (gab z. B. kein G8) waren alle mind. 16 Jahre alt. Ich war also einer der jüngsten im Jahrgang. In dem Alter kann man sich immerhin viel besser gegen die Eltern durchsetzen. Wahrscheinlich auch deswegen gab’s praktisch kein Mobbing im Vergleich zu den Schulen, wo ich vorher war.
Wie gesagt, zwischen daheim und der Schule lagen ca. 20km. Ich wohne in der drittgrößten Stadt des Landkreises, aber relativ weit vom hiesigen Bahnhof weg. Das Gebäude wo wir dann als Schüler die allermeiste Zeit waren, war eine Bushaltestelle vom dortigen Hbf. entfernt. Die ÖPNV-Routenplaner haben mir nie eine Zugverbindung empfohlen. Bin dann immer fast vor der Haustür in einen ÖPNV-Bus eingestiegen, der eine der beiden Routen durch alle Dörfer zwischen den beiden hier relevanten Bahnhöfen abgeklappert hat. Musste also nie umsteigen. Es hat schon damals viel länger gedauert, als wenn ich mit dem Auto hätte fahren können. Auch weil auf dem Heimweg die nächste Bushaltestelle von mir daheim recht weit weg war, ich also noch ein ganzes Stück laufen musste. Bin auch immer eine Verbindung früher als kurz vor knapp am Ziel gefahren, falls ich mal den Bus verpasse, mal wieder Winter ist oder mal wieder zuviele Leute ihre Tickets beim Busfahrer kaufen. Gab nur sehr vereinzelt Ticket-Automaten an dieser Strecke, meines Wissens hat sich daran auch nichts geändert. Zumindest habe ich als ich auf Teilen der Strecke letztes Jahr mit dem Auto gefahren bin an den Bushaltestellen keine gesehen. Viele hatten damals daheim schon Internet, aber die Tickets gab’s nicht zum online kaufen daheim selbst Ausdrucken. Von Handy-Ticket ganz zu schweigen. Waren leider immer viele Kinder im Bus, die in den Dörfern eingestiegen sind, die zwar hier zur Stadt gehören, aber der Schulweg in die Kreishauptstadt kürzer war. Diese lauten Kinder und die Schaukelei des Busses fand ich immer sehr anstrengend. War nach dem Aussteigen immer erstmal platt und brauchte Zeit, um mich zu erholen. An Hausaufgaben machen etc. war nicht zu denken, der Bus war meist inkl. den Stehplätzen voll.
Die Situation heute Wenn ich heute nach diesen Kriterien eine Verbindung für die erste Schulstunde heraussuche, ist immer folgendes:
Es ist aber bekannt, dass man als Schüler nicht zu früh aufstehen müssen und an der Schule einigermaßen fit ankommen sollte. Und je länger man im Bus unterwegs ist, desto weniger Zeit hat man um in Ruhe Hausaufgaben zu machen.
Was hat sich nun außer dem ÖPNV an sich geändert? Inzw. ist innerorts auch auf den Hauptverkehrsstr. auf den Dörfer bis auf ganz kleine Ausnahmen überall Tempo 30. Das bremst eben auch den ÖPNV deutlich aus. Zudem hat man bei uns den ÖPNV verschlimmbessert. Durch diese Änderung kommt z. B. das zusätzliche Umsteigen. Man hat aber dafür massiv Fördergelder abgegriffen und sich ganz doll gegenseitig auf die Schultern geklopft :-(
Alternativen? Jetzt könnte der eine oder andere auf die Idee kommen, dass man doch nur Home-Schooling verbessern müsste. Tja, das war ein Technisches Gymnasium. Also nicht Informationstechnisches Gymnasium, sondern die „Spezialfächer“ waren Elektro- und Metalltechnik. Heute würde man das wohl einfach „Mechatronik“ nennen. Ist also einer der Bereiche, wo dauernd über Fachkräftemangel gejammert wird. Durch diese Fächer hatten wir viel Labor-Unterricht, um grundlegende und auch fortgeschrittenere Dinge zu lernen, wie z. B. in einer Metall-Werkstatt mit den unterschiedlichsten Maschinen zu arbeiten, inkl. Härten von Metall oder auch Elektronik-Löten und div. komplizierte Schaltungen in Versuchskästen aufzubauen. Dazu noch z. B. das übliche Physik- bzw. Chemie-Labor - und auch so unwichtiges Zeugs wie Kunst, was man am allgemeinbildenden Gymnasium auch kennen sollte. Es ist halt was ganz anderes, wenn man sowas nur in einer Software-Simulation sieht oder es in der Realität mit echten Maschinen bzw. Versuchskästen macht.
Jetzt könnte man auf die Idee kommen, mit 15 einen Führerschein der Klasse AM oder mit 16 einen der Klasse A1 zu machen. Mein Bruder hat zwei Jahre nach mir das gemacht, was für mich damals die zweite Option war, eine Ausbildung. Die war garnicht soweit von „meiner“ Schule dort entfernt. Zudem war er in „meiner“ Schule auch in die Berufsschule, nur eben eine andere Abteilung und deswegen meistens an einem anderen Standort. Allerdings stand sein Roller im Winter recht viel herum, weil zu glatt. Blieb ihm also auch nur Bus, hatte dann also genau die selben Probleme wie ich. Außerdem werden meiner Erfahrung nach generell gerade für das zeitliche Nutzungsprofil als Schüler die Parkplätze immer weiter eingeschränkt, auch für Roller.
Mit Klasse AM, also max. 45km/h (z. B. S-Pedelec bzw. Roller oder Leicht-Kraftfahrzeuge Klasse L6e) ist man auf der Landstraße ein immer stärkeres Verkehrshindernis, weil immer mehr sinnlose Überholverbote eingerichtet wurden. Es wurden zwar neue Radwege an Landstraßen eingerichtet wo vorher kein Wirtschaftsweg war, aber ob man die wie Wirtschaftswege mit 45km/h befahren darf, ist fraglich. Trotzdem ist man auch wegen 30km/h auf Hauptverkehrsstraßen nicht so richtig nennenswert schneller als der Bus. Autobahnen und Kraftfahrstraßen sind verboten. Immerhin ist man dann flexibler und kann ggf. auch schneller zwischen verschiedenen Standorten der Schule herumfahren. Z. B. hatten wir man Sport morgens in den ersten beiden Stunden am Rand der Stadt und die Esspause hat dann immer gerade so gereicht um in die Schule zu laufen.
Klasse A1 ist für viele G8-Gymnasiasten die dorthin wechseln aus Altersgründen keine Option. Betrifft also nur einen Teil der Schüler. Man darf zwar schneller fahren, aber:
Dazu die üblichen Probleme an der Schule. Z. B. Parken wird insb. für alles was größer wie ein Fahrrad ist für Schüler immer weiter eingeschränkt. Zudem sind insb. Fahrräder oft gerade an Schulen von Vandalismus/Diebstahl betroffen. Ggf. haben die Akkus in solchen Fahrzeugen eine nicht auch im Winter 100%ig sicher ausreichende Reichweite (großer Einzugsbereich der Schule), z. B. auch aus Kostengründen. Entnehmbare und im Fahrzeug unklimatisierte Akkus, die wenn man sie mitnimmt und dabei ggf. herunterfallen können eine nicht unerhebliche Brandgefahr darstellen, dürften auch immer öfter unerwünscht sein. Zumal meist erst noch eine akzeptable Lösung gefunden muss, wie soviele Leute so große Akkus laden (verglichen mit Smartphone-Akkus) ohne dass die Schule arm wird. Ein Abrechnungssystem macht aber bei sovielen eher geringen Beträgen auch nicht viel Sinn (viel geringere Akku-Kapazitäten bzw. Verbräuche als bei E-Autos). In der Fußgängerzone (weit weg von der Schule) kann man offenbar E-Bikes laden. Laut Webseite der Stadt ist das aber die einzige derartige Einrichtung. Wegen der langsamen Ladeleistung geht das aber bei weitem nicht so schnell wie z. B. tanken.
Fazit Der ÖPNV ist einfach nur schlechter geworden. Und alles was nicht möglichst schnell auf die Kraftfahrstraßen und Autobahnen kann (inkl. dem Bus-ÖPNV) wird massiv ausgebremst. Fahrzeuge mit mehr als 2 Rädern (wegen der besseren Wintertauglichkeit), die man ab 15 bzw. 16 fahren und damit auf Autobahn und Kraftfahrstraßen darf, gibt’s nicht als Serienfahrzeug wie z. B. einen Renault Twizy oder Opel Rocks-e. Trotz allem Fachkräftemangel-Gelaber ist es offensichtlich egal, wenn potenzielle Schüler einer Schule, die aktiv mithilft den MINT-Fachkräftemangel zu lindern, schon bei der Überlegung ob sie zu dieser Schule wollen massivst beim Anfahrtsweg abgeschreckt werden, nicht nur weil die ÖPNV-Zeiten kaum zu den Schulzeiten passen. Bzw. wenn sie trotzdem auf diese Schule gehen, unnötig viel Zeit verlieren bzw. morgens unnötig früher aufstehen müssen, was den Lernerfolg vermindert. |
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