Fri May 16 10:14:34 CEST 2014 | WMCBolle | Kommentare (13) | Stichworte: Passat, Stammbaum, VW
Nach der Geschichte mit dem FIAT musste ich erst einmal wieder einige Zeit mit dem Zug fahren, bis ich wieder genug Geld beisammen hatte um mir wieder einen fahrbaren Untersatz zu leisten. Nachdem ich nun einen fast schon Kleinstwagen mein eigen genannt hatte, wollte ich etwas großes. Bei meiner Suche nach Nummer 3 suchte ich vor allem in Kategorien wie: Renault Espace, Seat Alhambra, VW Sharan oder ähnliche. (Die Marke war mir mittlerweile egal, hauptsache es fährt und geht nicht gleich kaputt.) Als ich da 3 gute Autos gefunden hatte ging es darum, eine geeignete Versicherung auszuwählen. Da aber der kleinste Motor meiner favoriten ein 2.0 Liter Diesel war mit irgendwas um die 150PS, wurde mir schnell klar, dass ich da mehr Geld in Steuer und Versicherung investieren würde, als in Benzin. Vor allem, weil ich da noch unter 25 war und noch bei 140% gefahren bin (nur der Golf war als Zweitwagen auf meine Mutter angemeldet, die anderen alle auf mich). Also aus der Traum mit dem schönen großen Auto, in dem man Platz hat. Also suchte ich eine Nummer kleiner: Kombis. Nach einigen Ford Escorts (die Mondeos gingen auch ab 2 Liter Diesel los) Opel astras und Citroen ZX Kombis, (Ford und Opel rosteten schnell wurde mir gesagt und nen Franzosen? Na ich weiß nicht) war da auf einmal ein Auto, das ich noch nie vorher gesehen hatte. Die Bilder waren auch aus einem schlechten Winkel, oder mit schlechter Beleuchtung aufgenommen (ich habe damals ausschließlich nach ben Bildern, den PS und den Kilometern geguckt) die Marke war nicht zu erkennen auf den Fotos, aber die Beschreibung wies das Fahrzeug als „VW Passat Variant“ aus. Die wichtigen Kriterien: Aussehen: keine ahnung, aber er war grün. (meine lieblingsfarbe) Kilometer: ~ 180.000 (noch unter 200.000) PS: 90 wie der golf. Preis: 250€ mir sind fast die Augen rausgefallen. So wenig für so viel Auto? Der isses!!!
Also den Typen angerufen und nen Termin ausgemacht. Am Samstag drauf mit dem Zug da hingefahren und angeguckt. Ich wollte unbedingt mit einem Auto wieder heimfahren und habe in weiser vorraussicht nur eine Hinfahrkarte gekauft . Ich habe in einem Industriegebiet dann die Adresse gefunden und hab mich umgesehen und da stand er. In einem umzäunten Hof, zwischen Autos mit Unfallschäden und einigen Stapeln alter Reifen. Also ging ich auf den Hof und in diesen Container mit der aufschrift „Büro“. Als ich dem Herrn am Schreibtisch gesagt hatte, dass ich wegen dem Passat komme, hat er gefragt: „Wo ist deine auto mit die hänger?“ da hatte ich Idiot kein Wort von der Fahrzeugbeschreibung gelesen. Da stand nämlich „nicht fahrbereit“ und „nur Händler oder Export“ drin. Wir einigten uns darauf, dass er guckt, dass er den am selben Tag noch zum laufen bringt, wenn ich ihn dann gleich mitnehme. Gesagt getan, der Passat lief und ich hab mich gefreut wie ein Kind, das vom Opa ne Kugel Eis gekauft kriegt. Die Freude währte jedoch nur kurz, als ich auf der Heimfahrt merkte, dass ab 3000 Umdrehungen die Drehzahl hochging, aber die Geschwindigkeit gleich blieb. Außerdem stank es dann ziemlich. Trotzdem überstand er die Heimfahrt ohne Probleme. Die Reaktion meiner Eltern: „Was willsten mit dem alten Ding?“ Ein kurzer Blick auf den Fahrzeugschein ergab: Baujahr 1983. Der war älter als ich. Mit einem Blick auf den Schein sagte mein Vater: „Viel spaß mit der Steuer. Hätteste mal lieber den 2 Liter Diesel genommen, der wäre billiger gewesen.“ Da stand nämlich U-KAT drauf.
Als ich ihn am nächsten Montag angemeldet hatte, wollte ich natürlich eine Runde drehen. Also reingesetzt in den Panzer, wie ich ihn getauft hatte, Schlüssel rumgedreht und er leierte und leierte und leierte dann knallte es einmal und er lief. Ich ließ die Kupplung kommen und er nahm kein Gas an und ging aus. Danach hat er nur noch geleiert. Mit etwas sachkundiger Hilfe des Nachbarn kamen wir als Fehlerursache auf die Zündanlage, weil aus dem alten Vergaser stank es nach Sprit, ergo fehlte nur der Funke. Also Kerze 1 raus und da sah ich sogar als Laie, dass das nicht normal war. Die war schön gleichmäßig mattschwarz vorne. Der Nachbar hat die mit ner Drahtbürste wieder sauber gemacht und eingebaut. Das ganze dann nochmal bei den anderen 3 und er lief wieder. Er meinte nur was von gemisch zu fett. Da ich immer noch keine Ahnung von Autos hatte und noch nicht mal das Funktionsprinzip eines Verbrennungsmotors kannte, konnte ich damit nichts anfangen, wollte ich ehrlich gesagt auch nicht, da ich erst mal froh war, dass der Panzer wieder lief. Als nach 3 Tagen während der Fahrt die Drehzahl abgefallen ist und das ganze Auto geruckelt hat, lag bei mir der Verdacht nahe, dass das Problem das selbe war wie beim letzten mal. Zum Glück hatte ich die Drahtbürste und die Rätsche noch im Auto liegen. Also mitten im morgendlichen Berufsverkehr hingestellt und Zündkerzen geputzt. Nach Feierabend bin ich dann zum örtlichen VW-Händler mit Werkstatt gefahren und gemeint, dass das Gemisch zu fett sei und er das doch bitte einstellen solle. (mir wurde gesagt, dass das bloß ne Schraube sei, die man rein- oder rausdrehen muss). Die Antwort, die der qualifizierte Mitarbeiter mir gegeben hatte, war: „Dafür haben wir kein Werkzeug.“ Klasse! Also musste ich mich wohl oder übel arrangieren. Jeden Morgen vorm Losfahren also Zündkerzen raus und putzen. Lief soweit wunderbar. Langsam kam auch der Gedanke, dass ich den solange behalte, bis er 25 Jahre alt war, um ihn mit einem H-Kennzeichen anzumelden. Dann würde die Steuer sich von 400€ (Benziner) um über die Hälfte reduzieren. Der Panzer hatte 4 Gänge plus Economy Gang mit Verbrauchsanzeige. Diese zeigte mir einen Verbrauch von ca. 20L/100Km an, wenn ich nicht auf dem Gas war. Schubabschaltung gleich Null. In einer Woche bei ca 35 Km pro Tag musste ich 3 mal volltanken. Was auch wieder für das falsch eingestellte Gemisch sprach, nur leider konnte mir niemand dabei helfen, weil niemand eine Ahnung von vergasermotoren hatte. Trotzdem liebte ich diesen unförmigen olivgrünen Kasten. Auf Parkplätzen musste ich 2 Parkplätze belegen... voreinander! Weil der einfach so lang war (auf die Länge kommts an ) die Sitze waren Wohnzimmersessel und die Stoßdämpfer waren absolut fertig. Im Freundeskreis wurde er nur „die Affenschaukel“ genannt. Auf dem Passat waren Sommerreifen mit gesetzlich grenzwertigem Profil. Eines morgens wollte ich losfahren, kam aus dem Haus und... Schnee. Klasse. Sommerreifen, abgefahren, und noch nie vorher im schnee rumgefahren. Naja mal gucken. Reingesetzt, Schlüssel gedreht und er sprang sofort an, drehte hoch auf die 2000 Umdrehungen (für die, die sich wundern, das war normal, das hat der immer für ca. 20 Sekunden gemacht. Vorher musste man den Choke ziehen, das fiel dadurch weg). In der Zeit hab ich den Schnee runtergemacht und mich noch gewundert, warum der so lange hochdreht, aber es ist ja kalt, vielleicht braucht der ein bisschen länger. Nach 5 Minuten hatte ich keine Zeit mehr zu warten und wollte losfahren. Gas gedrückt und angefahren. Bloß wo war auf einmal das Gaspedal? Das ist nicht zurückgekommen, sondern stehen geblieben. Gaszug festgefroren. Gleich Panik geschoben. So konnte ich auf keinen Fall fahren. Vor lauter Panik hab ich dann am Gaspedal gezogen und siehe da, alles normal. Drehzahl auf Standgas und alle Nachbarn wach. Dann losgefahren. Jede Bodenwelle war in jedem Rückenwirbel spürbar. Hmm da ist wohl irgendwas eingefroren. (Hinterher wurde mir erklärt, dass das Öl in den Stoßdämpfern Wasser gezogen hatte und dadurch der so geschaukelt hatte und ab 0 grad ist das Wasser eingefroren, wodurch sich dann alle Schläge auf die Karosse übertragen hatten.) aber ich arrangierte mich mit den Zündkerzen, der Kupplung, den Stoßdämpfern und dem Verbrauch. Mal musste die Drahtbürste alle 200 Km herhalten, mal alle 70. Und die Stoßdämpfer waren präziser als manches Bordinstrument von neuen Autos, was die Außentemperatur anging. Und das eingebaute Alpha Radio hatte besseren Empfang als der Astra GTC meiner Mutter. Nach 4 monaten war die Kupplung endgültig fertig. Da ging nichts mehr. Also habe ich mich bei allen Werkstätten in der Umgebung nach Preisen erkundigt. Auch alle Hinterhofwerkstätten und „Bekannte von Bekannten, deren Arbeitskollegen mal was an Autos gemacht hatten“ . Der Günstigste war nur für Kupplung machen bei 350€ mit Material. Aber der wollte das nicht machen, als er gesehen hat was noch kaputt war. (im nachhinein verständlich.) Also blieb mir nichts anderes übrig, als den Panzer wegzuschaffen. Und ich schwor mir, dass ich beim nächsten Auto die ganze Beschreibung lesen werde.
Mein Fazit: Der Passat Variant 32B war das beste Auto, das ich je hatte. Trotz aller Mängel und Eigenheiten liebte ich ihn. Und ich habe gemerkt, wann er schlecht drauf war und wann nicht. Da habe ich das erste mal gemerkt, was es heißt, wenn jemand sagt, dass sein Auto Charakter hat. Und ich glaube er war mir dankbar, dass ich ihn vor dem Ausschlachten und Verschrotten vorerst bewahrt hatte und mich bemüht hatte, ihn zu retten. Und er revanchierte sich dafür bei mir. Er war der Grund, dass ich mich mit den Problemen beschäftigte, anstatt sie zu ignorieren. Hätte ich damals die Fahrzeugbeschreibung gelesen, weiß ich nicht, ob ich ihn trotzdem genommen hätte, aber ich bin froh, dass ich sie nicht gelesen habe. Ich verdrückte sogar die ein oder andere Träne, als er abgeholt wurde. (ich bin ein Mann ich weine nicht ) schade, dass er nicht von jemandem mit mehr finanziellen Mitteln und mehr Know-How genommen wurde. Rest in Peace(oder Pieces) mein Panzer. Eins stand damals aber 100% fest: der nächste kommt auch aus Wolfsburg. |
Fri May 16 10:59:52 CEST 2014 | MrMinuteMan
Göttlich Geschichte, Mensch ich kann kaum die nächste Folge erwarten. Die 200.000 KM hatte er dann aber sicher voll? Und ging er dann direkt zum Verwerter, haben wollt ihn ja sicher keiner. Was hat eigentlich überhaupt noch funktioniert außer Gas geben und Bremsen?!
Fri May 16 13:34:54 CEST 2014 | Federspanner133970
Deine Geschichte hat mir gut gefallen und erinnert mich an meinen Kadett B vor 30 Jahren.
In dem hatte ich an der Batterie einen festen Träger (Holzgriff) angebaut und im Winter die Batterie jeden Abend mit zu mir in die Wohnung genommen ;-).
Kontaktspray war immer im Auto, ein Verteilerfinger und eine Verteilerkappe.
Besten Erinnerungen daran? Im Winter sind die Türen von innen angefroren gewesen. Da war wenig Verkleidung, aber viel Blech dran :-)
Der Benzinschlauch war mit einer Rohrschelle mit dem Vergaser verbunden, die sich alle 3-4 Monate löste. Das wurde ihm dann auch zum Verhängnis und er brannte aus.
Fri May 16 14:40:22 CEST 2014 | Joehlinger
JAja ne NIE WIEDER VW
Das war Deine Aussage nach dem Golf
Fri May 16 15:05:29 CEST 2014 | Paddi_V8-Freak
Wirklich witzige Geschichte
OK dein Vater durfte wahrscheinlich nachdem er dir den Fiat vermittelt hatte nix mehr mitreden bei deinem Autokauf
Aber haben sie nicht mal versucht dich davon abzuhalten? Oder irgendjemand? "Ciao, ich geh mir jetz ein Auto kaufen über das ich nix weiß, was 25 Jahre alt ist und für 250 Euro beim Schrotti steht. Ohne Ambitionen irgendwas selber zu reparieren versteht sich"
Zugefrorene Türen bzw Schlösser sind schon witzig. Bei meinem ehemaligen Winter-ZX ging die Tür erst nicht auf und dann hat sie im Winter regelmäßig nicht mehr zugehalten. Was bei der Fahrertür kein Problem ist, aber versuch mal als Fahrer die Beifahrertür zuzuhalten Da kam dann halt das gute alte Gaffa von Türgriff zu Türgriff gespannt zum Einsatz.
Fri May 16 16:02:48 CEST 2014 | Dortmunder 65
Zumindest hat er länger durchgehalten wie ich vermutete.
So Kisten hatte ich nie, habe allerdings auch mehr Kohle angelegt.
Fri May 16 19:25:26 CEST 2014 | kawandy85
Ich hatte 2 von dene und es ist bis heut mein Absoluter "Traumwagen"
Fri May 16 22:39:04 CEST 2014 | VolkerIZ
Du hast aber auch ein seltenes Talent, selbst bei den haltbarsten Autos immer solche Montags-Morgens- Exemplare zu erwischen. Aber immerhin machst Du schöne Geschichten draus. Hat was. Weitermachen!
Fri May 16 23:30:26 CEST 2014 | MarioE200
merkt man kaum
Nagut,
Hallo erstmal,
den 32B habe ich noch gut in Erinnerung.
Mein Vater hatte 2 davon in den 80ern, allerdings als Fließheck.
Ich war gerne damit mitgefahren. Ist über deinem Handschuhfach auch der Schriftzug: Passat ???
Gruß
Mario
Sat May 17 09:45:33 CEST 2014 | WMCBolle
Ja an den schriftzug kann ich mich auch noch erinnern. Genauso wie an das riesige d�nne Lenkrad.
Tue May 20 12:27:04 CEST 2014 | Trackback
Kommentiert auf: Andi2011 Mein C MAX MK2:
Straßenfunde "Supporters": Passat Variant B2
[...] robust die dinger. trotz gravierender motorprobleme war meiner nicht totzukriegen.
wer es lesen will, hier der link zu meinem blogeintrag
[...]
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Wed May 21 14:53:03 CEST 2014 | Schattenparker135992
Lustig zum Lesen
Aber ernsthaft:
Mit fertigen Stoßdämpfern, rutschender Kupplung, vereistem Gaszug und verstelltem Vergaser fahren fällt für mich nicht unter "sich mit Problemen beschäftigen"
Fri Jun 13 14:38:23 CEST 2014 | italeri1947
Wahnsinn! Eine sehr hübsche Geschichte dieses sundagrünen Passat 32B Variant mit Radio "alpha" und offenbar beigem Innenraum. Gerade in dieser Farbkombination ist der Wagen ein echter Klassiker der 80er-Jahre, und dass du ihn trotz allen Macken gemocht hast, spricht für sich und ist eigentlich auch ein typischer Beweis dafür, dass man auch zu solchen Fahrzeugen eine Beziehung aufbauen kann.
Danke für den Bericht!
Fri Jan 06 12:15:16 CET 2017 | histomatic
Einen 1985er Passat 32b fahre ich noch heute.
In den achtzigern hatte ich auch wenig Geld, aber ein gebrauchtes Buch "Jetzt helfe ich mir selbst" und ein Satz Kerzen und Kontakte war drin. Eingebaut habe ich sie selbst.
Nette Story, aber hätte der grüne Pasi Variant nicht etwas mehr Aufmerksamkeit verdient?
VG histo
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