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Blog vonzosis

Sat Jul 05 16:02:08 CEST 2014    |    zosis    |    Kommentare (5)    |   Stichworte: cabrio, Frankreich, Jaguar, X150, XK, XK8, XK8/XKR

Viele Wochen warteten wir auf die richtige Gelegenheit bis endlich das Wetter mitspielte und Meteociel schönes Wetter voraussagte. Freitag nachmittag ging es von Toulouse in Richtung Millau der ersten Etappe. Wie immer starteten wir unseren Trip in einem frisch gewaschenen, gewachsten und polierten, schwarzen Jaguar. Denn dreckig geht gar nicht.

Millau liegt im Französischen Massiv Central am Flüsschen Tarn. In letzter Zeit bekannt geworden durch das Viadukt von Millau. Die größte Autobahnbrücke Europas.

Vor der Brüche war Millau mehr bekannt als Stadt der Handschuh Manufaktur. Ein paar kleine Betriebe gibt es immer noch, die in Handarbeit, Handschuhe höchster Qualität herstellen. Ein paar schicke Fahrer-Handschuhe wollte ich mir gönnen. Ich rechnete mit mindestens 100€uronen.

 

Also Verdeck runter und los. Offen vorbei an Albi, über Saint Affrique und Roquefort, da wo dieser herrliche Blauschimmelkäse produziert wird. Am Horizont türmten sich Gewitterwolken. Die Wettervorhersage hatte dies nicht angesagt. Nachdem die Wolken dunkler wurden schlossen wir vorsichtshalber das Verdeck. Gelegentlich war die Straße nass aber direkten Regen hatten wir nicht. Auf einer zweispurigen, abschüssigen Straße wurde gewarnt: "50 bei Nässe". So ein Blödsinn. Na gut, da nicht ich fuhr sondern meine Frau zuckelten wir diese gut ausgebaute Strecke herunter.

 

Hinter der übernächsten Kurve musste sie auch schon wieder Bremsen. Ein Kleinwagen war offensichtlich ins Schleudern geraten und hatte die Haltbarkeit der Leitplanken geprüft. Eine junge, aufgelöste Junge Frau, wahrscheinlich die Fahrerin, war grade dabei sich zu übergeben. Ein Kleintransporter hatte bereits gehalten und der Fahrer war am telefonieren. Wir boten Hilfe an die aber nicht gebraucht wurde. Nur gut, dass meine Frau gefahren war.

 

Am späten Nachmittag erreichten wir die Manufaktur des Gantier Causse in Millau. Laut Internet ein bekannter Hersteller von Handschuhen. Wir betraten die große, helle und modere Halle. Aha, hier kauft auch Karl seine Stulpen. Diverse Bilder an der Wand zeugten davon. Am Freitagnachmittag war die Produktion schon im Wochenende und die Werktische verweist. Sorgfältig waren die Arbeitsplätze abgedeckt. Auch die zentrale Boutique war unbesetzt. Nach ein paar Minuten ging eine Tür auf, ein Kopf lugte heraus und verschwand wieder. Nach weiteren Minuten kam dann doch noch jemand. Die nette Bedienung beriet uns sehr gut. Ich suchte mir ein paar Handschuhe aus. 395€uronen. OK, etwas teurer als gedacht aber unglaublich angenehm zu tragen. Sollte mein Geburtstagsgeschenk werden. Schön mit Schleifchen drum. Solche Erinnerungen sind mir immer etwas mehr Wert.

Auch meine Liebste suchte sich ein Paar aus. Ihr Geburtstag lag ja noch vor meinem. Nun hatten wir zwar schon die Woche vorher etwas für sie gekauft. Und irgendwas Zusätzliches habe ich immer im Petto, womit sie nicht rechnet. Aber diese Gelegenheit musste sie einfach wahrnehmen.

Wir übernachteten in der Domaine De Saint Esteve. Sehr zu empfehlen. Kleine Holzchalets, modern, komfortabel und günstig. Und ich mag es wenn ich mein Auto direkt neben meiner Unterkunft abstellen kann. Der Pool hatte diesen modernen Infinity Überlauf und man konnte über das Tal bis zur Brücke von Millau schauen.

 

Auch das Restaurant war wider Erwarten toll. Wir aßen Menu und tranken eine Flasche Wein aus der Region von Millau. Sehr lecker, der Koch scheint sehr ambitioniert zu sein. Wie genossen den milden Abend auf der Restaurantterasse mit einem phantastischen Blick über das Tal.

 

Am nächsten Morgen, nach dem ausgedehnten Frühstück packten wir unser Auto. Im Nachbarchalet war ein Franzose: „Sehr schöner Auto“. „Merci, wir genießen auch wirklich jede Fahrt“. Wir kamen ins Gespräch. Er war viel in Norddeutschland unterwegs gewesen und hatte bei Frosta angeblich in Werkleitung gemacht.

Dan aber los und hinein in die Gorges du Tarn. Eine wirklich schöne Landschaft. Um diese Jahreszeit waren kaum Touristen unterwegs. Wir cruisten, hielten, machten Fotos und genossen den Tag. Einfach traumhaft. Die schmalen Straßen, die Häuser, die aus Natursteinen gebaut und quasi mit der Umgebung verwachsen waren. Die Kirschbäume, die grade voller süßer Früchte hingen und überall an den Straßenrändern angeboten wurden. Der Tarn, der sich in unterschiedlichen Höhen neben uns her schlängelte. Die kleinen Tunnels, die direkt in den überhängenden Felsen geschlagen waren.

Wir bogen ab zum Château de Peyrelade, was hoch über dem Tarn auf einer Felsnadel lag. Vorbei an Kirschbäumen schlängelte sich die Straße nach oben. Immer wieder erstaunlich wie solche Straßen funktionieren. Zu 95% zu schmal, dass sich zwei Autos begegnen können. Aber irgendwie klappt’s trotzdem. Wie das wohl im Sommer ist. Aber sehr schön dort oben. Seit dem siebten Jahrhundert wurde sich hier die Köppe eingeschlagen. Franzosen gegen Engländer. Engländer gegen Franzosen. Inzwischen sind die Engländer als Touristen wieder willkommen.

 

Zurück auf der Straße, passierten wir mehrere schöne kleine Ortschaften. In Sainte-Enimie wollten wir Mittag essen. Es war bereits 13:30 und das erste Restaurant wies uns ab. Es war zu spät und die Küche hatte schon geschlossen. Na super, die Franzosen. Kunde droht mit Auftrag. Und da spricht man von Service Wüste Deutschland. Im zweiten Restaurant hatten wir Glück und bekamen noch etwas. Ein Pärchen, das 10 Minuten nach uns kam wurde aber schon wieder abgewiesen. Wir genossen die Aussicht, einen Salat und einen Espresso.

Weiter auf der Straße am Tarn entlang. Wir passierten einen Abschnitt, wo die Straße frisch gemacht worden war. "Hohe französische Straßenbaukunst". Als Resultat hatte die Straße eine feine Schotterauflage. Das war die Gelegenheit. Das ASR raus und bei niedriger Geschwindigkeit Vollgas geben. Checken ob die 395 Pferde noch alle im Stall sind. Definitiv ja! Der Motor drehte hoch und das Drehmoment kam vehement in Wallung. Erst drehten die Räder durch und danach meine Liebste. Der Wagen ging hinten weg. Ich musste gegensteuern. Links, rechts, links. Der Graben kam bedrohlich näher. Kurz vor dem Crash fassten die Räder wieder. Ooops, grad noch! „Mach das gefälligst wenn du alleine im Auto sitzt“, meldete sich meine Holde. „Wieso, ich hatte alles im Griff“, log ich. „Ja, ja, bloß nicht zugeben“, konterte sie. Nach 37 Jahren kennt man sich halt sehr genau. Ich wechselte schnell das Thema.

 

Der nächste Halt, die nächste Aussicht. Überall grünte und blühte es in den schönsten Farben. Noch hatte der Sommer nicht zugeschlagen und alles erbarmungslos verbrannt. Wilder Thymian wuchs und blühte am Straßenrand. Entdeckt dank der floristischen Fachkompetenz meiner besseren Hälfte. Während ich mir überlegte, wie man es anstellen könnte einer dieser kostbaren Pflanzen auszubuddeln, in einem provisorischen Behältnis ins Auto zu expedieren, zwei Tage am Leben zu erhalten und zuhause ins Kräuterbeet zu integrieren, hatte meine Angetraute schon wieder etwas neues entdeckt. Die Schieferdächer der angrenzenden Häuser glänzten in der Mittagshitze und wurden erst einmal ausgiebig fotographisch dokumentiert. Manche Dächer waren bereits von Steingartengewächsen erobert worden. Der Thymian hatte noch mal Glück gehabt. Er blieb wo er war.

Auf der anderen Seite des Flusses lagen immer wieder kleine Ansammlungen von Häusern, Gehöften oder Einsiedeleien. Per PKW nicht erreichbar, also nichts für mich. Teils waren diese nicht mal mit einer Brücke zu unserer Seite verbunden. Einige hatten kleine Seilbahnen um nicht alles den Hang runter, über eine Furt und den anderen Hang wieder hoch zu transportieren. Mühselig.

 

Mir kamen spontan die Landfreaks aus den 70ern in Erinnerung. Lebenskünstler, die sich in vollkommener Harmonie mit der Umwelt in alten Gehöften eingemietet hatten. Kein Strom, keine Heizung, kein fließend Wasser. Ein Kind, zwei Hunde, drei Katzen und nichts auf der Naht. Damals fand ich das noch Saucool.

 

In Florac bogen wir dann ab. Aus der Gorge du Tarn, hoch in Richtung des Hochplateaus der Causses Mejan. Die Straße war rot hinterlegt im Michelin Straßenatlas. „Dangereux et Dificile“, meinte meine Gattin. Sollten wir es wagen? Der Kompressor schob uns vehement nach oben. Gefährlich und schwierig war hier nichts. Oben angelangt hatten wir einen herrlichen, weiten Blick über das Land.

 

Weiter über das Hochplateau. Hier auf den Caussen sahen wir wilde Geier über uns kreisen. Wir gehörten aber wohl eher nicht zur Zielgruppe und setzten ungefährdet unseren Weg fort. Aber wer weiß,“Dangereux et Dificile“.Vielleicht fällt ja gelegentlich was ab.

 

Vor vielen Jahren waren wir im Herbst hier gewesen. Da waren die Landschaften komischerweise ziemlich gestreift. wieso das so war hatten wir niemmals heraus bekommen.

 

Nach einer sehr schönen aber wenig spektakulären Fahrt über das Hochplateau des Causses Mejean erreichten wir Meyrueis. Gleich am Eingang des Ortes ein Hinweis auf das Hotel Chateau d’Ayres. Sogleich gelüstete es meiner Königin auf einem Chateau zu Übernachten. Wir folgten den Hinweisschildern. Das alte Gemäuer und sein Park hatten sicher schon bessere Tage hinter sich. Egal, wir waren nun mal da und wollten bleiben. Vor dem Hotel saßen ein paar Gäste und studierten ihre Reiseführer. Einer schnitt Bilder aus und klebte sie eifrig und sorgfältig unter Zuhilfenahme eines Lineals in ein Heftchen. Sah nach Lehrer aus.

 

Das Innere bestätigte den äußeren Eindruck. Wie man sich ein Chateau vorstellt: Alte Schränke, schwere Teppiche, Leuchter, Bilder. Nur alles ziemlich abgestoßen und durcheinander. Nach 15 Minuten Suche nach dem Rezeptionisten, buchten wir ein völlig überteuertes „Grand Comfort“ Zimmer mit Abendessen und Frühstück.

 

Ich führte meine Durchlaucht zum Essen. Unsere Bedienung hatte ein Kleid gewählt was wohl inzwischen zwei Nummern zu klein geworden war und brachte Lachstartar als Vorspeise. Anschließend gab es gebratenen Lachs als Hauptspeise. Dann freute ich mich bereits auf Lachspudding, Lachseis oder Lachskuchen. Aber der Lachs war wohl aus und wir bekamen Lachsfreien Nachtisch.

 

Der nächste Morgen. Bereits zwei Tage unterwegs, hatte sich eine feine Staubschicht auf dem Wagen gebildet. In der Nacht hatte es ein wenig Getröpfelt und der Jaguar hatte ein schickes Leopardenmuster bekommen.

 

Für den Rückweg wählten wir die Strecke am Aveyron, über Millau, weiter den Tarn entlang Richtung Albi. Am Sonntag waren noch weniger Autos unterwegs und wir cruisten entspannt Richtung Heimat. Von Zeit zu Zeit unterbrochen von kurzen Fotostopps. Irgendwann hatten wir genug von Landschaft und cruisen und ließen unser Navi den schnellsten Weg zurück suchen. Die Katze musste ja noch geputzt werden. Denn dreckig geht gar nicht.

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Sun Jul 06 11:31:04 CEST 2014    |    MKK-XX

Hi,

sehr schön zu lesen.

 

War letztes Jahr im August dort, kommend aus Richtung Norden über das Viadukt gefahren, auf dem Weg zum Mittelmeer, Ein paar Tage später noch einen Tagesausflug dorthin. Es gibt da ein paar wirklich landschaftlich schöne Strecken zum fahren.

Und um der Tageshitze zu entgehen, gibt es in der Region auch ein paar schöne Höhlen.

Sun Jul 06 11:50:35 CEST 2014    |    Gorgeous188

Schöner Bericht und eine tolle Strecke. Sollte ich auch irgendwann mal mit meinem Cabrio machen :D

Warst du auch schon mal am Viaduc de Garabit?

Sun Jul 06 12:17:40 CEST 2014    |    gaston73

Sehr schöne Gegend, Ich war letztes Jahr im August mit Motorrad und Zelt dort. Ich bin von Norden aus dem Burgund und über die Auvergne nach Millau gekommen (mit Zwischenstopps), und habe von dort aus ein paar Tagestouren gemacht, bis runter nach Sète am Mittelmeer. 3500km in 11 Tagen, großartig... :)

 

Dieses Jahr geht's über die Loire an die Atlantikküste bis runter zu den Pyrenäen. Am 26.7. ist Abfahrt, diesmal allerdings mit Auto, Freundin und Motorrad auf dem Anhänger. Aber wir fahren auch wieder mit Zelt...

Sun Jul 06 16:09:21 CEST 2014    |    Lewellyn

War Ende Mai da. Mit dem Motorrad auf dem Weg in die Pyrenäen. Wirklich schöne Ecke. Wetter war aber nicht ganz so toll wie auf Deinen Bildern. Über die Hochebene mit dem Flugplatz sind wir auch gekommen.

 

Die Tour an dem Tag war Montelimar - Montauban. Mit 2 Stunden Dauerregen und einem Gewitter zum Schluss.

Tue May 26 20:00:04 CEST 2015    |    Druckluftschrauber46840

Hallo1 Ich war vor einigen Jahren mit meiner Frau im Sommer zum Paddeln dort. Die Fahrtbeschreibung kann ich bestätigen und weiterempfehlen, aber die Perspektive vom Kajak aus ist noch um einiges grandioser: Einige tausend Jahre Erdgeschichte an den Wänden der Schlucht abzulesen, z.T. mit interessanten Einwaschungen auf Flughöhe der Vögel. Alles vom Tarn gefräst. An einer solchen eingewaschenen Stelle kentert man auch leicht, selbst bei sommerlichem Niedrigwasser - was der Grund für einen Profi-Fotografen auf einer Kiesbank gegenüber war. Wir haben es gerade noch vermeiden können, weil wir diesen Grund ahnten.

Das war übrigens vor dem Bau der Brücke - wir sind dann auch noch mal hingefahren um die Brücke zu sehen: Zeitersparnis auf dem Weg zum Mittelmeer gegenüber früher 5-6 Stunden, als Top noch die Super-Aussichten! Da lässt sich die Maut leicht verschmerzen!

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