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ABS / Kurve / Angst etc

Ducati Streetfighter 1103
Themenstarteram 28. Juli 2023 um 22:25

Hallo Biker und Ducatisti....

ich hoffe ich bin hier mit meiner Frage richtig, ansonsten bitte umleiten.

Gleich vorweg, würde ich euch darum bitten, dass ihr nicht eure Hass-Schublade aufmacht, meine Frage ist ernst gemeint und wirklich nur deswegen, weil ich damit keine Erfahrung habe.

Also: Ich bin seit gut 20 Jahren Gelegenheits-Biker. Ich hatte mal eine CBR 1000, habe auch mal eine Panigale 2018 gefahren usw. Alles aber nur als Spielzeug, nie beruflich oder auf Dauer.

Nach meinem sehr schlimmen Unfall 2003 und weil ich jetzt wieder MEHR auf einen Hobel setze, möchte ich eine Frage stellen und hoffe auf konkrete Antworten, die über "ich schätze mal, ich glaube, ich denke" hinausgehen. (nicht böse gemeint).

Wie ist es, mit einem Bike zu fahren, das über Kurven-ABS verfügt? Ich möchte gerne wissen, was passiert, wenn man ohne böse Absicht in linksseitiger Vollschräglage ist und plötzlich im Gegenverkehr einer überholt. Was passiert wenn man genau dann voll in die Eisen geht? Schmiert man ab? oder wie ist das?

Ich weiß, viele von euch schütteln gerade den Kopf über meine Frage, aber ich möchte das wirklich ernst gemeint wissen. Es gibt viele Vids online, die ABS-Bremsungen in geradeaus-fahrt zeigen, aber nie etwas konkretes zu (voll)schräglage bei z.b. 130 Kmh auf der Landstrasse..........

Hat das schon mal jemand gemacht oder kann mir dabei helfen?

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21 Antworten

1. Es gibt kein 130km/h auf der Landstraße.

2. Es ist ein technisches *Hilfs*- bzw. *Assistenz*system und kann die tatsächlichen physikalischen nicht prüfen oder überwinden, sondern immer nur gegen bestimmte Regelwerke prüfen.

Will heißen: Das System kennt bei tatsächlich gegebener bestimmter Schräglage, Geschwindigkeit (etc. pp.) und system-definierten(!) Bodenbelag (aber übrigens z.B. auch welche Gummi drauf ist, das hat ja auch wesentlichen Einfluss) den Haftungskoeffizienten und kann somit errechnen, wann basierend darauf die Haftungsgrenze erreicht ist. Der Bodenbelag kann auf der aktuell gefahrenen Strecke tatsächlich jedoch besser sein (z.B. auf Rennstreckenasphalt) oder aber aber auch schlechter sein (weil glattere Asphaltstruktur, Sand oder was auch immer auf der Straße ist).

Das System kann zwar in extrem kurzen Abständen die Parameter messen, prüfen und aktualisieren und damit die Regeleingriffe (egal ob Drosselklappenstellung, Bremsöffnung, ...) neu justieren. Das klappt aber natürlich nur, wenn es vorher nicht schon zu einer unkorrigierbaren Überschreitung der physikalischen Grenzen kam.

Ein ABS-System, egal ob nun "gerade" oder "Kurven-ABS" ist ein Regelkreis. Ein komplexes, mit vielen Eingabeparametern, aber das ändert nichts. Letztlich ist es also wie auf der Geraden bei unterschiedlichen Fahrbahnzuständen:

Du fährst 80 km/h bei trockener, griffiger Straße, das System errechnet daraus, ggf. ABS-Einstellungen (früh, spät, ... regelnd) und ggf. unter Hinzunahme weiterer Daten (Abheben des Hinterrades, ...) und aus den Radumdrehungsinformationen, den maximalen Bremsdruck (früher: nur Radumdrehungsinformationen, dann einfach nur bei Blockieren des Reifens) und löst entsprechend die Bremse, wenn die Grenzwerte erreicht sind.

Fährst du nun bei exakt gleichen Konditionen die selbe Strecke, ABER es liegt nun Sand, Eis oder was auch immer, wird das System bestenfalls schon kurz vorher festellen, dass der Reifen schon blockiert und löst früher.

Das "Problem" bei Schräglage ist, dass hier dann ggf. schon Haftungsabriss gegeben ist und keine Haftung mehr aufgebaut werden kann - je nachdem, wie schnell die Abweichung und die Reaktion darauf ermittelt, berechnet und umgesetzt werden kann. Alternativ: Die Haftung tritt wieder auf, wirkt sich aber zB. in einem Highsider aus (wenn wir mal an Schräglage denken).

Dazu kommen halt noch Faktoren, wie gut und umfangreich das ABS ist. Früher war ABS "nur" Radumdrehungssensor. Dann kamen alle möglichen Achsen dazu. Dann gab es die Möglichkeit ins Motormanagement dank E-Gas einzugreifen. Heute kommen bei einigen Maschinen sogar noch Lenkwinkelsensor etc. dazu. Absehbar ist, dass auch Umgebungssensoren (z.B. die Abstandsradardaten) künftig mit einbezogen werden. Und obendrein wurden die Systeme mit der Zeit deeeeutlich schneller, können zudem immer feinfühler eingreifen.

Kurzum: Je weiter weg vom Grenzbereich man ist, desto sicherer können auch solche Systeme arbeiten. Sie sind aber nun mal nur Assistenzsysteme und KEINE absoluten Unfallverhinderungssysteme. Auch mit einem normalen oder Kurven-ABS kann man sich also immer noch lang machen und "erden".

Schon Punkt 1 hat gereicht dass ich keinen Bock hatte Punkt 2 überhaupt zu lesen!

Mein Gott, hoffentlich ist hier echt bald Schicht im Schacht :rolleyes:

Mi mi mi.

Schon seltsam, dass alle immer von der Linkskurven reden. Ich, als Mopedfaher, habe eher Angst von den Rechtskurven, weil die Wahrscheinlichkeit, dass dort einem kurvenschneidender Verkehr, der dich entgegen kommen sieht, dennoch, die Kurve schneidet, deutlich höher ist.

Ich denke nicht, dass du abschmierst. Habe kein KVABS an meinem Moped. Greife aber ohne bedenken in beide Bremsen voll rein. Teste es doch an einer leeren Strecke mit auf der LS erlaubten 100 km/h.

Zitat:

@Avast schrieb am 29. Juli 2023 um 19:58:53 Uhr:

Ich, als Mopedfaher, habe eher Angst von den Rechtskurven, weil die Wahrscheinlichkeit, dass dort einem kurvenschneidender Verkehr, der dich entgegen kommen sieht, dennoch, die Kurve schneidet, deutlich höher ist.

Angst habe ich weder vor der einen noch vor der anderen Kurvenrichtung. Ich bin aber im Kern bei dir: Es nervt mich auch, dass ich in Rechtskurven quasi kaum eine saubere Linie fahren kann, weil man davon ausgehen muss, dass irgendein Auto, aber leider auch viele Krads, da schneiden.

 

Zitat:

@Avast schrieb am 29. Juli 2023 um 19:58:53 Uhr:

Habe kein KVABS an meinem Moped. Greife aber ohne bedenken in beide Bremsen voll rein.

Dann bist du, unter Berücksichtigung der Gegebenheiten, noch nicht an der (Haftungs-)Grenze. Am Ende ist das ja einfache Physik. Bestimmte Kraft kann übertragen werden. Überschreitest du die Grenze geht es auf 90° Schräglage, ansonsten bleibst du drauf. Wenn du also "voll reingreifst", gilt das nur für den entsprechenden Zustand, wäre aber vielleicht bei 2° mehr Schräglage oder 3 km/h mehr oder bei anderem Untergrund, anderem Reifen etc. ggf. anders ausgegangen.

Zitat:

@Avast schrieb am 29. Juli 2023 um 19:58:53 Uhr:

Teste es doch an einer leeren Strecke mit auf der LS erlaubten 100 km/h.

Die 130km/h-Diskussion ist ohnehin albern. Ist ja nicht so, als würde die Geschwindkeit per se was über die notwendige Schräglage aussagen. Die ist das Ergebnis aus Geschwindigkeit UND Kurvenradius. Der kann also letztlich auch 130km/h mit 10° Schräglage fahren, während du mit 50km/h lustige 50° Grad machen musst, weil deine Kurve einen kleineren Radius hat.

Ich persönlich finde 50° Grad bei 130km/h jetzt nicht deutlich spannender, als bei 80km/h, wenn man mal auf dem Kringel ist. Es ist für mich nur das Ergebnis einer Notwendigkeit, ändert aber am Spasslevel nichts.

Zu Thema.

Buch ein Schräglagentraining. Gerade als Gelegenheitsfahrer wird dich das enorm weiterbringen.

Auch ein geführtes Training auf der Rennstrecke wird dir danach noch mehr Klarheit über den möglichen Grenzbereich deines Motorrades verschaffen. ABS hin oder her.

Zu 1. Doch 130 gibt es. Hab ich selber schon mal probiert...

Grüße

Hallo,

so, mal ganz pauschal und pragmatisch beantwortet. Ich fahre mit oder ohne ABS gleich, sehe ABS als Sicherheits-Plus wenn es mal eng wird bzw. wenn ich überrascht werde (z.B. der entgegenkommende Überholer). Das ABS ist da, macht aber nichts so lange es nicht notwendig ist. Ich greif auch öfter voll in die Bremse, und erst seit ich ABS habe weiß ich was ein Vorderrad an Grip aufbauen kann (wohlgemerkt, ohne ABS Einsatz). Ich habe kontrolliert gebremst, Druck auf das Vorderrad aufgebaut, und dann immer mehr rein. Ein (flacher) Stoppie war die Folge. Wow.

So, es geht aber auch anders. 2x hat mich das ABS schon vor einem Sturz bewahrt, weil ich keine Zeit für eine kontrollierte Bremsung hatte. Ich war erschrocken und hatte einfach voll zugelangt. Aber dank ABS oben geblieben.

Meine Monster hat jetzt auch Kurven-ABS, aber das habe ich zum Glück noch nie gebraucht, und ehrlich gesagt, ich will es auch nicht testen. Auch wenn ich der Überzeugung bin dass man unter normalen Umständen oben bleibt. Die Elektronik passt ja den Bremsdruck in Abhängigkeit von Geschwindigkeit und Schräglage an. Aber wie SoulBS richtig schreibt, das Ganze hängt noch von vielen weiteren Faktoren ab (Fahrbahnbelag, Fahrbahnmarkierung, Schmutz, Reifen, Luftdruck, etc.). Wobei ich glaube dass das Kurven-ABS auch ein kurzzeitiges Blockieren (z.B. wegen Schmutz) schnell genug ausgleichen würde.

In einem Training hatten wir die Übung, in Schräglage über ein Brett und über Schmutz/Dreck zu fahren. Wenn man nicht zu schnell ist (also noch reserven hat) und die verschmutzte Stelle nicht zu groß ist... es funktioniert. Fühlt sich zwar scheiße an, aber es geht.

Somit wage ich die Behauptung: Man schmiert mit Kurven-ABS nicht ab. Denn genau für solche Fälle wurde es ja entwickelt. Aber immer vorausgesetzt man sieht es als Sicherheitsreserve bei "normalem" Fahrstil. Wenn jemand meint, ich hab jetzt ja Kurven-ABS, und legt noch mal zwei Schippen drauf... irgendwann ist die Physik am Ende, und der Boden näher als einem lieb ist.

Das hast du sehr treffend und obendrein einfach verständlich erklärt. Sehr gut und Danke dafür!

Genau das ist eben leider das Problem. Das mehr an Sicherheit wird nur allzu oft durch risikofreudigere, also offensivere Fahrweise, ad absurdum geführt. Ich fahre alle meine Maschinen (leider) ohne ABS, und weiß auch, daß mir im Fall der Fälle nichts außer meine Erfahrung und Reaktion helfen kann. So fahre ich auch entsprechend defensiv, wenngleich auch nicht langsam. Würde, falls mal ein Bike mit ABS dazu kommt, daran nichts ändern, sondern das ABS eben einfach als zusätzlichen Notnagel ansehen, den ich hoffentlich trotzdem nie brauche.

Themenstarteram 8. Oktober 2023 um 16:40

Hi zusammen.

@SoulBS, super erklärt, vielen Dank dafür :-)

@All: Das mit den 130 war eher als Weg / Zeit & Querkraft so geschildert und sollte nicht (m)eine Fahrweise deuten.

Ich komme selbst auf der Kfz-Technik und was SoulBS da schreibt, stimmt zu 100%. Mir ging es aber explizit um diesen einen Moment wo du in Schräglage (egal ob rechts oder links) den Anker schmeißt. Um eben den Fizzl-Sekundenbruchteil wo das Rad blockiert und wegschmieren würde. Ist die Elektronik heute so schnell, dass sie das abschmieren noch früh genug rafft? Daher die Frage, ob das schon mal jemand erlebt / gemacht hat.....

Klar ist natürlich, wenn der Reifen schon 10 cm geschmiert ist, bringt das Aufmachen der Bremse auch nichts mehr. Hoffe ich konnte meine Frage etwas konkretisieren....

Das mit den Trainings ist klar und auch schon öfters welche (nicht Rennstrecke) gemacht. Aber meine Frage prüfe ich sicherlich nicht mit meiner eigenen Maschine :-DDD

Weiß jemand ob es solche Trainigs gibt, wo man Leihmaschinen mit so einem Sturzgestell fahren kann? (Solche Bügel die den Sturz abfangen, dass nicht die ganze Seite geschrottet wird)?

Danke euch und VG

Wenn nach über 2 Monaten wieder ein Lebenszeichen von dir kommt, frage ich mich wieviel dir an all den Beiträgen der Kollegen hier liegt?!

 

Viel Erfolg bei deiner Suche nach Antworten.

Zitat:

@Brampftlhuaba schrieb am 8. Oktober 2023 um 18:40:53 Uhr:

Hi zusammen.

@SoulBS, super erklärt, vielen Dank dafür :-)

@All: Das mit den 130 war eher als Weg / Zeit & Querkraft so geschildert und sollte nicht (m)eine Fahrweise deuten.

Ich komme selbst auf der Kfz-Technik und was SoulBS da schreibt, stimmt zu 100%. Mir ging es aber explizit um diesen einen Moment wo du in Schräglage (egal ob rechts oder links) den Anker schmeißt. Um eben den Fizzl-Sekundenbruchteil wo das Rad blockiert und wegschmieren würde. Ist die Elektronik heute so schnell, dass sie das abschmieren noch früh genug rafft? Daher die Frage, ob das schon mal jemand erlebt / gemacht hat.....

Klar ist natürlich, wenn der Reifen schon 10 cm geschmiert ist, bringt das Aufmachen der Bremse auch nichts mehr. Hoffe ich konnte meine Frage etwas konkretisieren....

Das mit den Trainings ist klar und auch schon öfters welche (nicht Rennstrecke) gemacht. Aber meine Frage prüfe ich sicherlich nicht mit meiner eigenen Maschine :-DDD

Weiß jemand ob es solche Trainigs gibt, wo man Leihmaschinen mit so einem Sturzgestell fahren kann? (Solche Bügel die den Sturz abfangen, dass nicht die ganze Seite geschrottet wird)?

Danke euch und VG

1. Oh ja, die Elektronik ist heute verdammt schnell. Siehe auch Mehrstufiger Airbag und Gurtstraffer

2. Verabschiede dich von dem Gedanken dass das (Kurven-) ABS erst eingreift wenn das Rad spühbar oder sichtbar blockiert. Die schnelle abnahme der radumdrehungen und der erste Schlupf (noch kein Blockieren) des Rades wird bereits wahrgenommen, und das System greift schon ein

3. Wenn es so wäre, wie Du es in Frage stellst, worin läge dann der Sinn des Kurven-ABS ?

Die Quizfrage ist doch die folgende. Darf man, entgegen dem, was man jahrzehnte lang trainiert und verinnerlicht hat, in Schräglage den Bremshebel blind ziehen, ohne Angst haben zu müssen.

In dem Faden hier gab es einige Elaborate zu dem Thema, die aber alle nicht sehr konkret geworden sind und der konkreten Frage ausgewichen sind. Genauso wie der Artikel aus MO. Das war eine reine Widergabe von oberflächlichen Werbetexten aus Broschüren, ohne, dass ein Mehrwert hinzugefügt worden wäre. Ein in Homeoffice geschriebener Artikel. Keine Glanzleistung des Journalismus.

Die Gretechenfrage wird scheint es überall umgangen. Warum? Versprechen die Systeme mehr als sie halten?

Glaubt man der Fachpresse, dann kann man in Schräglage eine Vollbremsung machen, ohne Angst haben zu müssen.

In der Theorie ist das sicher möglich mit einer unendlich feinen Regeltiefe der Systeme.

Und wie ist es nun in der Praxis? Was wird in den Fahrtrainings vermittelt und was wurde von den Fahrern im Kreisel getestet? Was sagen die Praktiker?

Jemand hier, der aus erster Hand berichten kann?

Daher mein Vorschlag mit dem Schräglagen oder Kurventraining.

Ich habe selber kein Motorrad mit ABS. Entweder zu alt oder reine Rennstreckengeräte.

Es wäre in meinen Augen auch nicht sinnvoll, hier einen theoretischen Erfahrungswert weiter zu geben. Du musst für dich das richtige Verhalten lernen, damit es dann automatisch funktioniert.

Wenn man ein Schräglagentraining macht, hat man diese seitlichen Ausleger am Mopped und kann nicht stürzen. Somit kannst du unbesorgt reinlangen und probieren wann das ABS regelt und wie sich das anfühlt.

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