In diesem SUV vergisst man so einiges. Den Kofferraum und das Navi zum Beispiel. Oder die Tankanzeige. Testfahrt im schärfsten Stelvio, der ideal lieber mag als quer.
Dubai – Plötzlich ist alles egal. Das Prötzeln beim Schalten, das Zwitschern der Turbos, das Schreien des V6. All diese wundervollen Geräusche interessieren nicht mehr, wenn man diesen Alfa über die Passstraße prügelt. Tunnelblick - und -gehör. Es zählt nur noch die nächste Kurve. Bremsen. Lenken. Scheitelpunkt. Gas. Mehr nicht. Schon gar keine Geräusche. Am Steuer von Alfas SUV sieht man vieles anders. Den Kofferraum zum Beispiel. Ob 499 bis 1.600 Liter ausreichen? Was weiß denn ich? Hauptsache, niemand ruiniert mit seinem Gepäck die Gewichtsverteilung. Platz auf der Rückbank? Ja, aber die Haltegriffe sind wichtiger. Angemessenes Infotainment? Nein. Aber hier, schau mal: In 3,8 Sekunden von 0 auf 100. Plattform-Bruder der Giulia QuadrifoglioQuelle: Alfa Romeo Also: Keine Zeit, sich über das verbaute Navi aufzuregen. Obwohl man bei fast 90.000 Euro Basispreis ein vernünftiges erwarten darf. Der Stelvio Quadrifoglio ist das schnellste SUV auf der Nordschleife. Wer sich am Display stört, versteht das Auto nicht. Seine Basis stammt von einer der heißesten Limousinen. Plattform, Motor und viele andere Bauteile teilt er sich mit der Giulia Quadrifoglio. Der wichtigste Unterschied, abgesehen von Gewicht und Schwerpunkt: Die Giulia gibt es nur mit Hinterradantrieb und bald auch als Handschalter. Den Stelvio liefert Alfa nur mit Allrad und Automatik aus. Allerdings nicht mit einem permanenten Sicherheitsallrad. Denn das SUV kann die Vorderachse komplett abkoppeln. Und die Kraft gezielt auf ein Hinterrad leiten. Der Allradstrang soll den Stelvio in Kurven stabilisieren. Macht er aber nicht immer. Zum Beispiel: Frühes Herausbeschleunigen am Kurvenausgang. Das Heck zuckt. Mit etwas weniger Gas bleibt er in der Spur. Das Mittendifferenzial stellt sich auf den Fahrstil ein, leitet mehr oder weniger Kraft an die Vorderachse. Die zieht das SUV gerade oder unterstützt nur ein bisschen. Quelle: Alfa Romeo Manchmal verhält sich der Stelvio beinahe wie ein Hecktriebler. Hart anbremsen, ruhig und geduldig einlenken, am Scheitelpunkt aufs Gas. Der Alfa schiebt seine Kraft zum kurvenäußeren Hinterrad und zieht nach innen, verengt minimal den Radius. Toll, sein Gewicht von gut 1,8 Tonnen vergisst man dabei fast. Nur in engen Kehren kann er seinen Bauch nicht einziehen. Beim Einlenken spürt man den hohen Aufbau und die Kilos. Mit Glück gelingen DriftsTheoretisch könnte man mit diesem Alfa sogar driften. Seine Hinterachse arbeitet so ähnlich wie die des Ford Focus RS: Zwei Lamellenkupplungen verteilen die Kraft nach links und rechts. Möglich ist alles von ganz bis gar nicht. Doch der Hersteller hält sich bei der Abstimmung zurück. Der Stelvio soll fahren, nicht kippen. Außerdem gibt es andere Freiheiten. Steht den Fahrmodus-Drehregler auf „Race“ sind Stabiltiäts- und Traktionskontrolle deaktiviert. Ob sich die Systeme selbstständig wieder anschalten? „No, no, no!“ Die italienischen Ingenieure reagieren, als hätten wir um Würstchen in der Bolognese gebeten. Niemals, das wäre nicht echt, sagen sie. Dennoch arbeitet die Kraftverteilung gegen einen Drift. Wir probieren es trotzdem. In engen Kurven und auf trockenem Asphalt rutscht der Stelvio nur manchmal, am ehesten am Kurvenausgang. Besser geht es in zügigen Wechselkurven: Weg vom Gas, ruckartig lenken. Dann wirft sich der Stelvio mit leichtem Übersteuern in die Kurve. Und mit Glück lässt sich diese Bewegung am Gas verlängern. Wohlgemerkt: auf staubigem Asphalt. Auf blitzblankem Geläuf könnte der Effekt geringer ausfallen. FazitQuelle: Alfa Romeo Ein guter Sportler braucht keine Relativierung. Der Alfa Stelvio Quadrifoglio ist nicht erstaunlich agil für ein SUV. Er ist erstaunlich agil. Am liebsten mag er die Ideallinie, mit einem voll konzentrierten Fahrer. Doch der Stelvio mit Kleeblatt lässt sich auch normal bewegen: Mit knapp mehr als 2.000 Umdrehungen und rund 9 Litern Verbrauch im Verkehr mitschwimmen? Kann man machen. Muss man manchmal auch. Etwa, wenn auf einer Bergstraße Brems-, Einlenk- und Scheitelpunkte wichtiger waren als die Tankanzeige. Nur so als Beispiel. Mit dem Stelvio will Alfa ab Ende Januar Kunden ansprechen, die bislang wenig Bezug zur Marke hatten. Also Porsche-Macan-, Mercedes-GLC oder BMW-X-Fahrer. „Mit hohen Individualitätsansprüchen“, sagt Alfa. Und meint: Mit einem Jucken im rechten Fuß. ***** In eigener Sache: Ab sofort verschicken wir unsere besten News einmal am Tag (Montag bis Freitag) über Whatsapp und Insta. Klingt gut? Dann lies hier, wie Du Dich anmelden kannst. Es dauert nur 2 Minuten. Technische Daten Alfa Romeo Stelvio Quadrifoglio
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