Die zweite Generation der Mercedes A-Klasse kommt in die Jahre. Damit wird der Kompakte in Sandwichbauweise günstig. Allerdings nur, wenn man das richtige Modell wählt.
Berlin – Wer sich aus einer Mercedes A-Klasse der ersten oder zweiten Generation schält, erntet damit nur wenig Prestige. Der Kompakte gilt wegen seines hohen Aufbaus nicht gerade als schick. Als Rarität auch nicht: Bei mobile.de findet sich ein großes Angebot von rund 4.000 Fahrzeugen, davon haben rund 1.600 Fahrzeuge eine mindestens zwölf Monate gültige Hauptuntersuchung (HU) und sind weniger als 150.000 Kilometer gelaufen. 1.100 Fahrzeuge davon kommen mit ausgefülltem Scheckheft. Quelle: Daimler Der Ruf als „Rentnerauto“ mag Mercedes bewogen haben, seit 2012 vom Mikrovan-Konzept abzurücken. Doch im Vergleich zu Focus, Astra, Golf und 1er hat die A-Klasse als Auto, das tatsächlich häufig von Rentnern gefahren wird, im Alter einen Vorteil: Oft wurde sie pfleglich behandelt – und im Gegenzug selten von Besitzern gekauft, die ihrem Auto viel zumuten. Trotzdem ist der Kompakte nicht frei von Schwächen, ein Gebrauchter muss genau angeschaut werden. Es gibt viel kleine, aber häufige Schäden und Macken an der A-Klasse. Einen guten Überblick bietet das A-Klasse-Forum W169. Hinzu kommen mehr als 100 ausführliche Bewertungen des W169 in den MOTOR-Tests. Wir gehen hier auf die häufigsten Probleme ein. Historie/ModellwechselDie Geschichte der A-Klasse, die im Elchtest kippte, kennt jeder Autofahrer: Als 1997 die erste Generation bei diesem Ausweichmanöver-Test umkippte, war das Gelächter in der Branche so groß wie die Schmach für Mercedes. Doch die Schwaben reagierten schnell und bauten im kleinsten Benz serienmäßig ESP ein. Damit fuhr er trotz seines hohen Aufbaus und kurzen Radstandes sicher, auch in schnellen Kurven und bei plötzlichem Lastwechsel. Mittlerweile zählt die Schleuderhilfe zur Pflichtausstattung in Pkw. Im Oktober 2004 löste der intern genannte W169 das erste Modell ab, das er um satte 31 Zentimeter überragt. Die Langversion entfiel zwar, doch das Serienmodell bot nun ausreichend Platz und fünf Türen. Als kleineres Stadtauto diente zwischen November 2004 und Juli 2010 die dreitürige Version C169. Trotz der Anlaufschwierigkeiten der ersten Generation kam die A-Klasse gut an: Über eine Million Fahrzeuge verkaufte Mercedes innerhalb der fast achtjährigen Bauzeit. Mit der zweiten Generation verbesserte Mercedes nicht nur das Fahrverhalten, sondern auch die Qualität der Materialien im Innenraum und die Sicherheitsausstattung. Nur beim Rostschutz versagten die Ingenieure. Dazu unten mehr. RückrufeNur wenige Rückrufe sprechen für eine insgesamt solide Qualität. Bei Fahrzeugen, die bis 2008 gebaut wurden, spielte Mercedes eine Servicesoftware mit falscher Kalibrierungsnummer für das Steuergerät ein. Das kann unter Umständen Auswirkungen auf die Steuerung der Motorabschaltung im Crashfall, die Onboard-Diagnose und das Tank- und Tachosignal haben. Bei Fahrzeugen aus dem Juli 2010 wurde die Tankentlüftung falsch montiert. Dadurch gelangt Kraftstoff in den Aktivkohlefilter. Die Händler kontrollierten das bei einem Rückruf und tauschten notfalls den Tank aus. Bei Autos, die zwischen dem 7.8.2008 und 13.8.2008 von Band liefen, mussten die Gurtschlösser nachträglich getauscht werden. Denn bei einem Unfall könnte es zum Bruch der Sperrklinken der Gurtschlösser kommen. Quelle: Daimler Wer sich ein Fahrzeug aus diesen Jahrgängen anschaut, sollte deshalb darauf achten, dass die Rückrufaktionen durchgeführt wurden. Im Vergleich zu den Wettbewerbern VW Golf, Ford Focus oder Opel Astra sind das aber nur wenige Rückrufe. ModellpflegeDie erste kleine Modellpflege erhielt der Benz im Juni 2005. Technisch änderten sich Kleinigkeiten: eine Kontrollleuchte fürs Abblendlicht, ein neuer Gurtwarnton, eine neue Skalierung des Drehzahlmessers. Hinzu kam der serienmäßige Einsatz der Isofix-Verankerung auf den Fondsitzen. Die zweite Modellpflege erfolgte 2008, zu erkennen an geänderten Scheinwerfern und Stoßfängern mit größeren Lüftungslöchern. Optisch unterscheiden sich die Varianten auch durch größere, eckigere Außenspiegel, einen größeren Stern im Grill und breiter wirkende Rückleuchten mit nur einem weißgrauen Feld. Entscheidend ist jedoch schon vorher die Umstellung des Produktionsverlaufes bei der Kathodischen Tauchlackierung (KTL). Denn bis dahin litt die A-Klasse unter Rostproblemen. Zwischen Juni 2004 und Juni 2006 klebte wegen eines fehlerhaften Produktionsablaufes die elastische Dichtmasse für Falze bereits vor der Kathodischen Tauchlackierung an Türen und Hauben – und nicht, wie eigentlich vorgesehen, danach. Dadurch kann die KTL dort nicht das Blech schützen, es blüht schon nach wenigen Jahren der Rost. Weltweit waren bei der A- und B-Klasse bis zu 445.000 Fahrzeuge betroffen, davon gut 200.000 Fahrzeuge in Deutschland. Bei solchen Autos hilft nur der Tausch der Teile. KarosserieNeben dem 3,83 Meter langen Fünftürer bot Mercedes zwischen November 2004 und 2010 einen Dreitürer an. Der Fünftürer ist das weitaus praktischere Auto, sein Kofferraum fasst zwischen 435 und 1.370 Liter. Die Rücksitze lassen sich verschieben und schnell umklappen. Besonders praktisch: Optional lässt sich mit dem Easy-Vario-Plus-System der Beifahrersitz umlegen und herausnehmen. So entsteht ein fast drei Meter langer Laderaum. Durch die Sandwichbauweise wird der Innenraum sehr gut ausgenutzt. Im Vergleich zu anderen Kompaktwagen sitzen die Passagiere höher, haben eine bessere Rundumsicht und mehr Platz im Innenraum. Rost ist, wie oben beschrieben, bei Fahrzeugen bis Baujahr 2006 ein echtes Problem. Zum Glück ist er leicht zu erkennen: Wenn es an den Türen und Falzen schon blüht, besser Finger weg. Das Problem bekommt man nur durch den Austausch der Teile in den Griff. Besser ist es, wenn die Türen schon getauscht wurden. Oder einfach ein neueres Fahrzeug suchen. MOTOR-TALKer Ruessel_HB hatte bei seiner A-Klasse ebenfalls Rost an Türen und der Heckklappe. Die Teile wurden aber nicht mehr getauscht, sondern nur noch behandelt. Motor/GetriebeQuelle: DaimlerMercedes bot den W169 mit vier Benzinern und drei Dieseln an, A150 (95 PS), A170 (116 PS) und A200 (136 PS) sowie den Dieseln A160 CDI (82 PS), A180 CDI (109 PS) und A200 CDI (140 PS). Ab Juli 2005 kam noch der A200 Turbo (193 PS) hinzu, bei den Dieseln zählte seitdem ein Rußpartikelfilter zur Serienausstattung. Ab Juni 2009 wurden der A150 in A 160 sowie der A170 in A180 umbenannt, die Leistung blieb gleich. Ende 2009 stellte Mercedes die beiden Diesel auf Euro 5 um. Die Motoren sind mit einem Fünfgang-Getriebe ausgestattet, der Turbo-Benziner und die Diesel A180 CDI und A200 CDI mit einem manuellen Sechsgang-Getriebe. Die Autotronic genannte, stufenlose CVT-Automatik gab es ab Dezember 2004. Sie fährt sich jedoch sehr zäh und ist zudem anfällig, Reparaturen sind teuer. Durch die Sandwichbauweise und den weit unten liegenden Motor werden Reparaturen teurer als bei normalen Kompaktwagen, meint MOTOR-TALKer benello. „Aggregate sind durch die Bauweise schlecht zu erreichen bzw. bedürfen sogar, dass der Motor abgelassen werden muss. Dieser zusätzliche Aufwand treibt dann Reparaturkosten in die Höhe“, schreibt er. MOTOR-TALKer AC2112 hatte bei seiner frühen A-Klasse viele Reparaturen wie: „ESP defekt angezeigt, Lenkung kaputt, Abgasrückführungsventil defekt und Rost.“ Lecaro empfiehlt einen A150 oder A160 als Benziner, wenn man um die 20.000 Kilometer im Jahr fährt. „Der Benziner ist sehr zuverlässig, braucht sehr wenig Wartung, nur alle 70.000 km mal neue Zündkerzen. Ölwechsel kann jede freie Werkstatt machen und Filter kann man selbst tauschen“, schreibt er. Etwas mehr Kraft bietet der A170 oder A180 mit 116 PS, souverän fährt der A200 mit 136 PS. Der A200 Turbo mit seinen 193 PS ist zwar stark, der Frontantrieb hat damit aber seine Probleme, und der Kraftstoffverbrauch ist hoch. Der Motor wurde wegen geringer Nachfrage nur bis Oktober 2010 verkauft. Besonders sparsam fährt der ab Juli 2008 angebotene A160 CDI BlueEfficiency, er kommt mit rund 4,5 Liter auf 100 Kilometer aus. Auch für die kleinen Benziner bot Mercedes eine BlueEfficiency-Variante an. Die Start-Stopp-Automatik soll beim Spritsparen helfen. Der meistverkaufte Motor ist der A 180 CDI mit 109 PS, für den sich ein Drittel der Kunden entschieden. Er begnügt sich mit fünf bis sechs Litern. MOTOR-TALKer Gedonsheimer gibt beim Kauf eines Diesels CDI zu bedenken, dass je nach Alter und Laufleistung des Motors das AGR-Ventil und die Glühkerzen einkalkuliert werden sollten. Bei den Benzinern ist das Basismodell A150/A160 beliebt und dementsprechend oft auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu finden. Derzeit ist die Zukunft alter Dieselmodelle, vor allem für den Einsatz in Innenstädten, ungewiss. Die Selbstzünder erfüllen die Euro-5-Norm und verfügen nicht über ein SCR-System. Eine Umrüstung auf bessere Abgaswerte ist nach aktuellem Stand nicht in Sicht. FahrwerkLaut TÜV-Report schlägt sich die Mercedes A-Klasse in den meisten Bereichen deutlich besser als ihre Wettbewerber. Bei Achsaufhängungen, Federn, Dämpfern, Lenkung, Beleuchtung, Ölverlust und der Auspuffanlage haben die Prüfer weniger als bei vergleichbaren Autos zu bemängeln. Dafür machen die Funktion der Bremse und Bremsbauteile Probleme. Die Feststellbremse neigt zum Haken, die Bremsscheiben verschleißen schnell. Auch die Gelenke der Antriebswellen verschleißen schneller als bei anderen Fahrzeugen. Einige MOTOR-TALKer wie 16 V Schrauber oder BoBenzi berichten von Geräuschen des Fahrwerks, oft liegt das an den Querlenkerbuchsen unten. Exoerte meint, „das sind wahrscheinlich die oberen Drehlager der Federbeine. Auch beim Einfedern drehen die. Wenn das Geräusch da ist, müsst ihr zu zweit sein. Einer dreht am Lenkrad und der zweite greift im Radkasten an die Feder. Vorsicht Quetschgefahr. Wenn die Feder so ruppelt oder vibriert, ist es das Drehlager“, schreibt er. Quelle: Daimler Durch den kurzen Radstand in Kombination mit dem hohen Aufbau bietet die A-Klasse weniger Komfort und Sportlichkeit als andere Kompakte. Daher sollten wenigsten die Reifen etwas dämpfen, es sollte also auf große Räder verzichtet werden. MOTOR-TALKer HSME meint: „Finger weg vom S p o r t fahrwerk!!!“ Ausstattung/SicherheitIm Laufe der Bauzeit bot Mercedes die A-Klasse in den drei Ausstattungen Classic, Elegance und Avantgarde aus. Die Basis kommt mit Stahlfelgen und ansonsten wenig. Bei Elegance gibt es unter anderem Aluräder, elektrische Fensterheber (ab Facelift), ein bisschen Holz und Leder im Innenraum. Avantgarde setzt auf eine sportliche Optik, unter anderem mit Alurädern, Leder und Aludekor. Zur Basis gehören sechs Airbags, ESP, manuelle Klimaanlage und elektrische Fensterheber vorne. Kopfairbags kosteten Extra. Die Optionsliste war Mercedes-typisch lang. Vollausgestattete A-Klassen, im Fähnchenhändler-Jargon gerne Vollvoll genannt, gibt es dennoch selten. Zur sinnvollen Ausstattung zählen unter anderem Bi-Xenon-Scheinwerfer mit Abbiegelicht und das längsverstellbare Lenkrad. Auf den Parkassistenten für ein selbständiges Einparken kann man ebenso verzichten wie auf das Panorama-Lamellenschiebedach, die Comand APS DVD-Navigation und die Einparkhilfe Park Distance Control. Praktisch dagegen: der herausnehmbare Beifahrersitz für eine große Ladefläche. Marktsituation/PreiseDie Mercedes A-Klasse ist ein praktisches und solides Auto. Sieht man von den Rostproblemen ab, gibt es bei Wettbewerbern schlimmere Fälle. Durch sein eigenständiges Design und den hohen Aufbau war die A-Klasse eher bei Fahrern beliebt, die weniger schnell um die Kurve fahren. Viele Fahrzeuge sind deshalb gut erhalten. Zwar sind die ältesten W169 schon 13 Jahre und die jüngsten fünf Jahre alt, dennoch gibt es zum Zeitpunkt der Abfrage rund 1.000 Fahrzeuge unter 125.000 Kilometer Laufleistung und mit ausgefülltem Scheckheft. Die Preise beginnen bei rund 7.000 Euro. Fazit/EmpfehlungZugegeben, die A-Klasse parkt bei uns nicht in der imaginären Traumgarage. Doch wenn ein praktisches Stadtauto gefragt ist, sollte sie auf der Liste stehen. Am liebsten als Fünftürer ab dem Modelljahr 2009, als Benziner A180 oder A200 mit Schaltgetriebe. Die beginnen bei rund 6.000 Euro: Mercedes A-Klasse auf mobile.de |