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Bußgeldsystem in Deutschland gerecht oder nicht?

Themenstarteram 26. Juli 2013 um 18:22

So, ihr habt es nicht anders gewollt ;)

Da keiner in der Lage war in den letzten 48h ein halbwegs spannendes Thema zu eröffnen, liegt es jetzt wohl an mir, selbiges zu tun.

Wie ihr ja alle wisst (oder auch nicht) sieht unser Bußgeldkatalog es nicht vor, die Höhe der Bußgelder an das Einkommen des Täters zu koppeln (wie es z.B. im Strafrecht üblich ist, damit der Täter auch wirklich bestraft wird).

Würdet ihr eine Umstellung der Bußgelder auf Basis von Tagessätzen eher begrüßen oder ablehnen (jetzt nur mal vom Prinzip der Gerechtigkeit betrachtet, und nicht weil das aktuelle System euch billiger kommt)?

Welche Vor- oder Nachteile würdet ihr sehen?

Da das Thema ja schon dann und wann mal Nebenthema war, habe ich ein paar gängige Kritikpunkte schon mal aufgegriffen und kommentiert:

1. Ungerecht. Weil jeder die gleiche Übertretung begangen hat, soll auch jeder dasselbe zahlen.

2. Abgrenzung zu "echten" Verbrechen geht verloren.

3. Hoher Verwaltungsaufwand bei der Umstellung.

Zu 1: Falsch, da jeder gleich bestraft werden soll. Ein 100,- € Bußgeld bestraft den H4ler aber deutlich stärker als den Besserverdiener mit 5000,- € Nettoeinkommen monatlich.

Zu 2: Für "echte" Verbrechen gibt es noch die Möglichkeit der Haft und die Eintragung ins Führungszeugnis, die bei Bußgeldern sinnvollerweise nicht existiert.

Zu 3: Die Umstellung ist eine einmalige Sache, die aufgrund der bereits vorhandenen Bußgeldstruktur relativ "verwaltungsarm" vollzogen werden kann (z.B. 1,- € Bußgeld entspricht 0,1 Tagessätze).

Und zum Schluss noch was rechtliches zum Thema:

§17 OWiG Abs. 3 würde bereits heute eine Grundlage für die Umstellung bieten, wenn man den letzten Teilsatz entfernen würde.

Zitat:

Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht; bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt.

Na dann wünsche ich allseits eine faire und spannende Diskussionsrunde.

Beste Antwort im Thema

Zitat:

Original geschrieben von Elchsucher

H4-Empfänger besitzen i.d.R. kein Vermögen. Schau dir mal einen Antrag auf ALGII an.

Du solltest Dir mal die ALG2-Freigrenzen ansehen:

Auto bis 7.000 Euro, eigenes Sparguthaben, Haus- oder Wohnungseigentum (für eine lange Zeit, bevor das Jobcenter da verrechnen kann - im Gegenteil, das Jobcenter muss im ersten Jahr auch noch die Tilgung bei einer laufenden Finanzierung übernehmen), Wohnungseinrichtung (Kleidung, Möbel, Fernseher, ...), ...

Natürlich muss der H4-Empfänger dies gegenüber dem Jobcenter offen legen, aber er darf ein nicht unerhebliches Vermögen haben.

 

Beantwortet aber nicht meine Fragen:

Muss nicht auch das eventuell vorhandene Vermögen mit einbezogen werden (egal ob H4-Empfänger oder "reich"), um auch eine echte und nicht nur populistische Sommerloch-Gerechtigkeit zu erhalten und wie bewertet man Vermögen, damit Strafe für jeden "gleich wirkungsvoll" ist und nicht geschönt werden kann, wie zB. bekannter weise im Unterhaltsrecht manipuliert wird.

TS beziehen sich auch immer auf das Netto-Gehalt, wo ist denn da die Gerechtigkeit, wenn sich ein "hohes" Nettogehalt nur daraus ergibt, weil man 3 Kinder hat und die Frau nicht mitarbeitet, Somit nur deshalb "viel" verdient, weil man jeden Cent auch zur Ernährung einer größeren Familie benötigt - gegenüber einem Single mit gleichem Brutto ohne Kinder, der kostenfrei noch im Hotel Mama wohnt.

 

Bußgelder auf TS umstellen ist doch nur etwas im Rahmen einer RTL2-Serie. Gerechtigkeit wird es damit auch nicht geben, nur die "Armen" können sehen, dass die "Reichen" mehr bezahlen müssen, was denen aber auch nicht weh tun wird. Unter dem Strich bleibt nichts als eine Neidbefriedigung bei deutlich erhöhten Verwaltungskosten für die "Armen".

Wobei H4 und TS eine wunderbare Sache ist:

Bei H4 zählt ausschließlich der Regelsatz von 380 Euro, die Zusatzleistungen, wie Miete, ... sind kein Einkommen, die bekommt ein H4-Empfänger ohne dass dies eine Wirkung auf die Höhe des TS hat.

Ein Kleinstverdiener, der 760 Euro netto hat, muss zwar seine Miete und alles andere selbst bezahlen und hat eher weniger als ein H4-Empfänger, bekommt aber durch das doppelt so hohe Netto-Einkommen auch den doppelten TS als der H4-Empfänger.

Geht dieser Kleinstverdiener dann zum Jobcenter und holt sich einen Zuschlag, dass er zumindest auf das gleiche verfügbare Geld eines H4-Empfängers kommt ("Aufstocker"), dann ist das auch Netto-Einkommen, was den TS erhöht.

Der Aufstocker hat dann nur das Selbe jeden Monat zur Verfügung, wie ein H4-Empfänger, muss aber aufgrund des 2,5fachen "Netto-Einkommens" auch die 2,5fache Strafe bezahlen - weil es gerechter ist!?

 

So eine Populismuspauke hat das Trommelfell auf beiden Seiten:

Die klassischen Bußgeldgründe wie Termindruck eines Außendienstlers; Missachtung des Parkverbots, damit der Werkstattwagen mit dem Werkzeug in der Nähe der Einsatzstelle steht; schnell nach der Arbeit noch die Kinder aus dem Kindergarten abholen; langer Arbeitsweg mit dadurch überdurchschnittlicher Chance auf einen Blitzer zu treffen; ...

- das hat ein H4-Empfänger alles nicht.

Für Niemanden ist es leichter, ein Bußgeld zu vermeiden und daher soll es nun "gerechter" sein, dass dieser H4-Empfänger nur ~40% von der Strafhöhe zu zahlen hat, wie ein Aufstocker, der sich an zwei weit auseinander liegenden Putzstellen den Hintern aufreißt, um zwar nicht mehr als ein H4-Empfänger zu haben, aber wenigstens keiner zu sein?

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Ob man dann als Privatinsolventer für umme davon kommt?

Ich denke, der Aufwand ist es nicht Wert.

ich finde die geschichte zu lasch.

ganz im ernst: wen interesiert 100€? die strafen sind einfach nicht zweckgemäss. von einer abschreckung kann nicht die rede sein.

ich nehm mal n vergleich: mein chef nimmt das mit der gesetzlichen maximalen arbeitszeit nicht so genau. geht eben in manchen branchen auch net. da man jetzt zum 3. male aufgefallen ist und zum 3. mal eine saftige strafe zahlen musste (das interesiert aber nicht die bohne) wurden jetzt schwere geschütze aufgefahren: beim nächsten mal wird eine gefängnisstrafe verhängt. und was soll man sagen? jetzt rennt der wirklich abends durch die halle und fragt ob man den unbedingt will das er in den bau fährt und das man SOFORT heimgehen soll.

hier funktioniert es. und so sehe ich das auch beim verkehr. eine strafe von ein paar euros interesieren doch keine sau. im gegenteil. man hat im hinterkopf wie teuer das ist und gut im singen. eine abschreckung findet nicht statt und es wird erst interesant wen es um den deckel geht. und selbst dann werden überhöhte geldstrafen in kauf genommen, hauptsache der scheck is net weg.

mein vorschlag:

a) über den verdienst machen. pro km/h einen tagessatz blechen und gut.

b) wie in gewissen us staaten: mit mehreren tickets wird die versicherungsprämie teurer.

Themenstarteram 26. Juli 2013 um 18:35

Zitat:

Original geschrieben von Diabolomk

Ob man dann als Privatinsolventer für umme davon kommt?

Eher nicht. Privatinsolvenz befreit einen ja nur von den Schulden, die vor dem Insolvenzantrag angesammelt wurden.

Und Einkommen als Berechnungsgrundlage hat man ja trotzdem.

Ein gerechtes System kann und wird es nie geben, irgendwer fällt immer durchs Raster und ist der Arsch der ungerecht bestraft wird.

Aber durch das Punktesystem bekommt man auch Die an die Angel die sich die besten Anwälte und die höchsten Strafen leisten können. Denn einem Millionär tun im Zweifel 30 Tagessätze a 10000€ deutlich weniger weh als einem gutverdienendem Angestellten ein Tagessatz von 100€, bzw könnte es passieren da bei einem kreativen Anwalt der Millionär einen niedrigeren Tagessatz hat als ein Arbeiter da es ja in Deutschland bekanntlich möglich ist sich fast auf Null Einkommen runterzurechnen.

Aber was die Punkte angeht, die kennen keinen sozialen Unterschied. Selbst ein Rolf Bossi mit seiner Kanzlei und Beziehungen in höchste Positionen schaffte es nicht um eine MPU rumzukommen.

Sicher fällt Ihm eine MPU finanziell leichter, aber bei solchen Typen ist eher der Charakter und die Selbstüberschätzung das Problem.

am 26. Juli 2013 um 18:40

Ich bin der Meinung gleicher verstoß gleiches Bußgeld,die Reichen mehr zu bestrafen nur weil sie reich sind davon halte Ich nichts,weil der Verstoß und die event. Folgen (Gefährdung anderer) in beiden Fällen gleich ist.Außerdem haben Reiche auf grund des Punktesystems ja auch keinen Freibrief sich im Strassenverkehr alles zu erlauben.

Zitat:

Original geschrieben von Elchsucher

Eher nicht. Privatinsolvenz befreit einen ja nur von den Schulden, die vor dem Insolvenzantrag angesammelt wurden.

Schulden die aus Straftaten resultieren können sind eh nie Teil der Insolvenz, die hat man trotzdem an der Backe.

Themenstarteram 26. Juli 2013 um 18:47

Zitat:

Original geschrieben von meggi 2001

Ich bin der Meinung gleicher verstoß gleiches Bußgeld,die Reichen mehr zu bestrafen nur weil sie reich sind davon halte Ich nichts,weil der Verstoß und die event. Folgen (Gefährdung anderer) in beiden Fällen gleich ist.

Du verwechselst Euro-Beträge und Strafe.

Wer ist mehr bestraft? Der Banker der von 10.000,- € ein Bußgeld von 300,- € bezahlt und dadurch so gut wie gar nicht belastet wird.

Oder der H4ler der 300,- € Bußgeld bezahlen muss und dadurch 80% seines Monatseinkommens verliert und sich nichts mehr zu Essen leisten kann?

Ich finde so wie es jetzt ist, werden die Armen überdurchschnittlich hoch bestraft, und die Reichen fast gar nicht.

Erst bei Tagessätzen würden die Strafen gleich sein, auch wenn die Euro-Beträge unterschiedlich sind.

Die Bußgelder vom Einkommen abhängig zu machen halte ich für Unfug.

Allerdings bin ich der Meinung das viele Bußgelder mehr zur Belustigung dienen, als das sie tief in das Gewissen der Zahlenden vordringen und somit in Erinnerung bleiben, geschweige denn im Vorfeld abschrecken.

Ich finde (wie bei allen anderen Strafen auch), sollten Bußen und Strafen je nach Art des"Vergehens" in zwei Lager getrennt werden:

die einen werden milder belangt, die anderen bekommen Haftstrafen.

Wer im Verkehr mehrmals als Rowdy auffällt, sollte in den Knast wandern. Wer nur ein mal falsch parkt, sollte nichts bezahlen.

 

am 26. Juli 2013 um 19:04

Zitat:

Original geschrieben von Elchsucher

Zitat:

Original geschrieben von meggi 2001

Ich bin der Meinung gleicher verstoß gleiches Bußgeld,die Reichen mehr zu bestrafen nur weil sie reich sind davon halte Ich nichts,weil der Verstoß und die event. Folgen (Gefährdung anderer) in beiden Fällen gleich ist.

Du verwechselst Euro-Beträge und Strafe.

Wer ist mehr bestraft? Der Banker der von 10.000,- € ein Bußgeld von 300,- € bezahlt und dadurch so gut wie gar nicht belastet wird.

Oder der H4ler der 300,- € Bußgeld bezahlen muss und dadurch 80% seines Monatseinkommens verliert und sich nichts mehr zu Essen leisten kann?

Ich finde so wie es jetzt ist, werden die Armen überdurchschnittlich hoch bestraft, und die Reichen fast gar nicht.

Erst bei Tagessätzen würden die Strafen gleich sein, auch wenn die Euro-Beträge unterschiedlich sind.

Das ist doch Blödsinn wenn du absolute Gerechtigkeit zwischen arm und reich möchtest,mußt du ja auch fordern das Reiche z.B.mehr für Lebensmittel,Bahn,Taxi usw. zahlen müssen,damit die Belastung im Verhältnis zum jeweiligen Einkommen gleich ist .

@Elchsucher

Sag das nächtse Mal Bescheid, dann erstelle ich dir eine richtige Umfrage.

;)

Topic

Verdienstabhängiges Bussgeld finde ich in Ordnung.

 

So long

Ghost

Der TS hätte sich über den Unterschied zwischen Geldbuße und Geldstrafe kundig machen sollen, bevor er versucht das Sommerloch zu stopfen.

Die Geldbuße wird im Verwaltungsrecht definiert, während die Geldstrafe eine Sanktion des Strafrechts ist.

Eine Geldstrafe erfordert immer ein richterliches Verfahren und die Vermögenssituation wird durch die

Anzahl der Tagessätze berücksichtigt.

Zitat:

Original geschrieben von invisible_ghost

 

Verdienstabhängiges Bussgeld finde ich in Ordnung.

 

So long

Ghost

Na dann können wir ja in Zukunft alle Preise und Gebühren verdienstabhängig gestalten.

Leistung würde dann nix mehr zählen.

Wir leben aber in einer Leistungsgesellschaft, nicht mehr in der DDR, da gab es die Planwirtschaft nicht die Marktwirtschaft.

Was ist denn mit Hartz 4 Empfängern, wenn sie Mist bauen im Verkehr?

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