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Hintergrund: Launch Control - Der Katapult-Start und seine Folgen

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Mit der Launch Control beschleunigen Autos wie der BMW M3 maximal aus dem Stand. Das belastet das Material enorm. Wie oft kann man diese Technik benutzen, ohne dem Auto zu schaden? MOTOR-TALK hat nachgefragt, was passieren kann.

Berlin – Die Launch Control ist ein feines Ding. Neulich konnten wir die elektronische Vollgas-Starthilfe in einem neuen Porsche 911 Carrera ausgiebig testen. Und waren begeistert: Mit welch brutaler Kraft der Porsche nach vorn schießt und wie schnell er schaltet, das hat viel Schönes. Aber eben auch Ermüdendes für das Material.

Auf MOTOR-TALK wird zum Beispiel im Audi-A5- und VW-Golf-6-Forum schon länger dazu diskutiert. Wie lang halten die Zahnräder des Getriebes die extreme Belastung aus? Setzen Hersteller elektronische Zähler ein, die nach ein paar Katapultstarts die Motorelektronik in den Notlaufmodus setzen?

Motor auf Betriebstemperatur, trockene Straße

MOTOR-TALK fragte nach. Bei Porsche und vielen anderen Herstellern. Die einstimmige Antwort: Die Launch Control funktioniert immer. Und ja, sie zerrt am Material. Deshalb gilt es, sie überlegt einzusetzen. Alle Hersteller geben Hinweise, wann und wie oft Hobby-Rennfahrer die Launch Control benutzen sollten. Voraussetzung bei allen Fahrzeugen: Motor und Getriebe müssen auf Betriebstemperatur sein, und die Straße trocken.

Die Launch Control öffnet und schließt die Kupplung blitzschnell bei gleichzeitiger Kontrolle des Schlupfs an den Antriebsrädern. Motor-, Getriebe- und Fahrwerkselektronik stellen mittels Rechenmodellen Drehzahl, Zündwinkel und, soweit vorhanden, Ladedruck und Kupplungsschlupf optimal auf maximale Beschleunigung ein. Nebenbei checken Sensoren, ob die Reifen stets Grip haben. Nur so gibt es den vollen Kick.

Getriebe, Gelenke, Antriebswellen und Reifen stoßen bei der Launch Control an die Grenzen der Belastbarkeit. Öle und Kühlflüssigkeiten erhitzen stark und schlagartig. Nicht nur im Motor, sondern vor allem im Getriebe. Wie bei den beiden Lamellenkupplungen des Porsche-PDK (Direkt-Schaltgetriebe, ähnlich DSG von VW). Bei den nasslaufenden Kupplungen leitet Öl während des Anfahrens und in der Schlupfphase entstehende Wärme aus der Kupplung ab. Der Verschleiß der Kupplungsbeläge liegt niedriger als bei trockenen Kupplungen wie dem Siebengang-DSG von VW, dennoch deutlich höher als bei gemäßigter Fahrt. Auch bei den anderen Herstellern ist der Verschleiß höher als beim normalen Anfahren.

Das sagen BMW und Ferrari

BMW empfiehlt, M3 oder M4 mindestens zehn Kilometer warm zu fahren. Dann funktioniert der Blitzstart ähnlich wie bei anderen: Stabilitätskontrolle deaktivieren, sequenziellen Modus mit Gang 1 und Fahrprogramm 3 wählen, Bremse halten und Gas voll durchtreten. Die Anfahrtsdrehzahl regelt sich ein und in den Instrumenten erscheint ein Flaggensymbol. Dann: Bremse lösen, und ab geht die Post. „Die Nutzung der Launch Control führt zu vorzeitigem Bauteilverschleiß, weil diese Funktion für das Fahrzeug eine sehr hohe Belastung darstellt“, sagt ein BMW-Sprecher. Deshalb benötigen die M-Modelle nach dem harten Start ein paar ruhige Kilometer. Die Launch Control steht erst nach einer gewissen Fahrstrecke erneut zur Verfügung.

Ferrari erklärt lapidar, dass sich Autofahrer bei der Launch Control an die Verkehrsordnung halten müssen. An sonst nichts. Die Sportwagen würden die brutalen Starts wegstecken wie Adriano Celentano die Beschimpfungen eines gehörnten Ehemannes. Aber auch bei den Supersportwagen aus Maranello wird es nach ein paar schnellen Starts heiß: Sobald die Kontrollleuchte für eine zu hohe Getriebeöltemperatur im Cockpit erscheint, sollten sich Racer ein paar Dutzend Minuten zügeln.

Lamborghini und Mercedes

Lamborghini bezeichnet seinen Schnellstarter „Thrust Mode“. Der wird aktiv, sobald der Fahrer das Programm „Corsa“ eingelegt und das ESC ausgeschaltet hat. Lamborghini schreibt ausdrücklich in der Bedienungsanleitung: „Der Start mit Höchstbeschleunigung aus dem Stand heraus mit dem Thrust Mode setzt den Motor und das Getriebe höchster mechanischer Belastung aus. Die häufige und übermäßige Verwendung dieser Funktion kann zum frühzeitigen Verschleiß führen bzw. den Motor und das Getriebe stark schädigen.“ Bei einem Auto im Wert von rund 200.000 Euro ein nicht ganz günstiges Vergnügen.

Mercedes-AMG nennt die Launch Control „Race-Start“. Wie der Name schon andeutet, gehört die Funktion nur auf abgesperrte Strecken. Der Race-Start könne beliebig oft wiederholt werden, heißt es bei Daimler. „Die bei einem derartigen Start sehr hoch belasteten Bauteile werden mit Sensoren überwacht, um eine zu hohe thermische Belastung auszuschließen. Meldet die Sensorik eine zu hohe Belastung nach mehreren Race-Starts, zeigt das Zentraldisplay „RACE START nicht möglich“, sagt ein Mercedes-Sprecher. Die Funktion stehe dann nach einer gewissen Fahrtstrecke wieder zur Verfügung. Die mechanischen Komponenten seien aber so auf Dauerhaltbarkeit ausgelegt, dass sie durch den Race-Start nicht beeinträchtigt werden.

Wichtig: Die richtige Temperatur

Nissan stellt den GT-R mit dem Drive-Set-up-Schalter in den Race-Modus. Dazu gilt: Bitte den Automatikmodus wählen. „Die Launch Control im manuellen Modus sollten nur erfahrene Piloten nutzen, da ein Überdrehen des Motors möglich ist“, sagt ein Nissan-Sprecher. Wichtig: die richtige Temperatur. Die soll bei der Motorkühlflüssigkeit zwischen 60 und 110 Grad Celsius und beim Getriebeöl zwischen 60 und 130 Grad liegen. „Bei zu niedrigen oder zu hohen Temperaturen darf diese Funktion nicht verwendet werden“, so der Sprecher. Bei zu kalten oder heißen Flüssigkeiten sowie erhöhtem Öldruck erscheint in der Multifunktionsanzeige eine Warnmeldung. Dann hilft nur noch eine Aufwärm-/Abkühlfahrt. Um den GT-R zu schützen, baute Nissan einen elektronischen Bremser ein. Nach vier Katapultstarts hintereinander fällt die Funktion ins Koma, dafür erscheint im Cockpit eine Warnleuchte.

Die Launch Control belastet das Getriebe stark. Dadurch wird die Temperatur des Getriebeöls nach mehrfacher Nutzung den Normalbereich übersteigen, abhängig von der Außentemperatur und dem Abstand zwischen der Betätigung. Bei Fahrten mit einer Öltemperatur von über 110 Grad Celsius empfiehlt Nissan dann einen Ölwechsel schon nach 5.000 Kilometer, bei Temperaturen über 130 Grad Celsius müssen Filter und Öl sofort raus.

Porsche: Am besten nur auf der Rundstrecke

Porsche sieht auch eine starke Beanspruchung bei jedem Katapultstart. „Da wir eine Nasskupplung einsetzen, diese separat kühlen und den Einkuppelvorgang sowie das Motorverhalten sehr präzise steuern, halten wir die Belastung in Grenzen“, sagt ein Porsche-Sprecher. „Grundsätzlich ist diese Funktion aber für den Rundstreckenbetrieb konzipiert. Die Anwendung im öffentlichen Straßenverkehr empfehlen wir nicht“, sagt ein Porsche-Sprecher.

VW-Fahrzeuge mit Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe DQ250 (wie im R-Golf) bieten ebenfalls eine Launch Control. VW warnt: Wenn das ASR ausgeschaltet ist, können die Antriebsräder durchdrehen und das Fahrzeug rutschen. Außerdem bimmeln die Alarmglocken beim Lesen folgender Zeilen aus dem Bordbuch: „Beim Beschleunigen mit dem Launch-Control-Programm werden alle Fahrzeugteile stark beansprucht. Dies kann zu einem höheren Verschleiß führen.“ Das können nicht nur die Kupplungsbeläge sein, sondern die komplette Antriebseinheit wie beispielsweise Reifen, Gelenke, Lager und Antriebswellen.

Fazit

Klar, dass der Schnellstart aufs Material geht. Wirklich verschleißfrei arbeitet kein System. Allen Besitzern, die ihr Auto, Reparaturen und Ersatzteile selbst zahlen, raten wir deshalb zum sparsamen Einsatz der Launch Control. Die paar Sekunden Gewinn auf dem Dragrace werden sonst sehr teuer erkauft.

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