Der neue Seat Leon ST ist nicht der Größte, aber der vielleicht Schönste im Kombi-Land. Zumindest, wenn die Praxistauglichkeit mit in die Wertung einfließt.
Martorell – Es ist nicht immer einfach, die ganze Familie unter ein Autodach zu kriegen. Und wenn dieses auch noch schick aussehen soll, wird der Kombi-Kauf schnell zum Suchspiel. Dagegen möchte Seat etwas unternehmen. Denn die spanische VW-Tochter stülpt der soliden Wolfsburger Konzern-Technik gern ein wenig Flair und sportliche Blechlinien über. Davon profitiert auch der neue Seat-Leon-Kombi ST, der im spanischen Martorell das erste Mal vorgestellt wurde. Auf der IAA in Frankfurt zeigt sich der Kombi dann erstmals auf einer Messe, im vierten Quartal 2013 kommt er in den Handel. Der dritte Leon - nach Fünf- und Dreitürer - soll südländisches Temperament samt straffer Federung und direkter Lenkung mit einem großen Kofferraum kombinieren. Zu hart darf es im Leon nicht zugehen, sagt Seat-Präsident Jürgen Stackmann nach knapp 100 Tagen im neuen Amt. Das möchte die Kundschaft nicht. Auf den ersten Blick sieht der Leon ST gut aus. Nicht zu klobig, nicht zu verspielt. Bei gleichbleibendem Radstand wächst der ST 28 Zentimeter über den Fünftürer hinaus und misst 4,54 Meter. Die Dachlinie fällt sanft nach hinten ab, wo sie auf eine ausladende Heckklappe trifft. Die Ladekante ist deutlich niedriger als beim Fünftürer und bei umgeklappter Rückbank entsteht ein ebener Ladeboden – vorausgesetzt, der doppelte Kofferraumboden wurde auf das obere Niveau eingestellt. Die Front bleibt wie sie ist: mit harten Kanten und geschwungenen Scheinwerfern, die auf Wunsch mit LED die Straße erhellen. Bislang haben sich mehr als 50 Prozent der Leon-Käufer für diese Option entschieden. Das hat selbst Seat überrascht. Konkurrenz für den Konzern-Bruder?Das schlanke Heck ist ein Kompromiss. Es erleichtert Mama und Papa den Umstieg vom sportlichen Dreitürer oder anderen Pärchen-Autos und schafft dennoch genügend Platz für den Kinder-Buggy. 587 Liter können hinter der Heckklappe verstaut werden. Beim Fünftürer sind es 380 Liter. Wird die Lehne der zweiten Sitzreihe umgelegt, stehen 1.470 Liter zur Verfügung. Wer will, kann sich noch einen umklappbaren Beifahrersitz ordern. Dann können auch 2,60-Meter-Regale transportiert werden. Der Konzern-Bruder Golf Variant packt deutlich mehr: 605 bis 1.620 Liter gehen in den Wolfsburger. Doch dafür ist er voraussichtlich auch ein paar Tausend Euro teurer. Und vielen, die zu Seat schielen, wohl zu beliebt, zu deutsch, zu sehr Golf. Zudem will Seat keinen internen Konkurrenten aufbauen, sagt Stackmann. Die Spanier wollen außerhalb des Konzerns angreifen und die Mitstreiter aus Frankreich und Japan um ein paar Kunden erleichtern. Leicht und schönDer Seat will praktisch und schick sein, sportlich fahren und sparen. Zu letzterem trägt vor allem das niedrige Gewicht des Autos bei, das mit 1.233 Kilogramm (Basismodell 1.2 TSI) nur etwa 50 Kilogramm über dem des Fünftürers liegt. Laut Seat ist der Leon ST der leichteste Kombi seiner Klasse. Ganz abgesehen davon, dass er der „schönste, praktische Kombi in Europa“ sein soll. Wer ihm diesen Schönheitstitel verliehen hat, verrät Seat leider nicht. Eine unabhängige Jury wohl kaum. Egal, das niedrige Gewicht spart Kraftstoff. In der Ecomotive-Version mit dem 110-PS-Diesel verbraucht der ST 3,3 Liter je 100 Kilometer – das entspricht fast genau dem Wert, den sich der Golf Bluemotion auch auf den Tankdeckel geschrieben hat. Daneben gibt es in der Leon-Motoren-Palette noch drei weitere Diesel mit bis zu 184 PS. Das Angebot an Benzinmotoren startet mit einem 86 PS starken 1,2 TSI und wird von der sportlichen 180-PS-FR-Variante abgerundet. Jürgen Stackmann kam von Ford über Skoda zu Seat. Und er kam zur rechten Zeit, zu einer guten Zeit, sagt er. Zwar steckt Spanien tief in der Krise und Seat schreibt noch immer keine schwarzen Zahlen. Doch in einem schwierigen Umfeld hat es Seat geschafft, sowohl in Deutschland als auch im krisengeplagten Spanien ein paar Prozentpunkte zuzulegen. Stackmann glaubt daran, dass die schweren Jahre hinter Seat liegen. Und das nicht etwa in China oder Indien. Nein. Seat will im gesättigten Europa noch Hungrige finden. Falls das nicht klappt: Nordafrika liegt vor Spaniens Tür. Und Algerien zählt schon jetzt zu den wichtigsten Märkten für Seat. |