Beim Thema Hybrid macht PSA Peugeot Citroën mächtig Druck. Bis zum Jahr 2016 wollen die Franzosen ein System auf den Markt bringen, das von Druckluft angetrieben wird.
Grevenbroich - Der Energiegehalt ist so hoch wie bei einer kleinen Kiwi. Etwa 150 Kilojoule. Mehr steckt nicht in dem komprimierten Stickstoff im zersägten Prototyp-Fahrzeug von PSA Peugeot Citroën. Ein laues Lüftchen für den hungrigen Magen, und erst recht für den Antrieb eines Autos: Bereits an der Ausfahrt der Tiefgarage ist die Druckluft verpufft. Aber das macht nichts, denn bei dem bereits auf MOTOR-TALK diskutierten Antriebssystem „Hybrid Air“ von Peugeot und Citroën geht es nicht um große Energiemengen. Es geht um den schnellen Schub zwischendurch. Schnell gewonnen, schnell verfahren. Innerhalb von zehn Sekunden kann die Druckluft in dem torpedoförmigen Behälter im Mitteltunnel wieder gespeichert werden. Vorausgesetzt der Fahrer tritt kräftig auf die Bremse oder nimmt zumindest den Fuß vom Gas. Die dabei gewonnene Energie treibt ein Hydrauliksystem an. Öl fließt in einen etwa 20 Liter großen Druckbehälter und komprimiert den darin befindlichen Stickstoff bis zu einem maximalen Druck von 350 bar. Wird die Energie benötigt, öffnet das Ventil und der sich ausdehnende Stickstoff schiebt das Öl zurück zu Pumpe und Hydraulikmotor. Über ein stufenloses Getriebe gelangt die Kraft an die Vorderachse. Alternativ zum reinen Luftbetrieb gibt es auch noch einen Misch- sowie einen reinen Benzinbetrieb.
Für 100 bis 300 MeterQuelle: PSA Peugeot Citroën Ist der Druckluftbehälter prall gefüllt, reicht die Energie für eine Strecke von 100 bis 300 Metern – ganz ohne Emissionen und ohne Geräusche. Nicht viel, das geben die Franzosen zu. Doch da die Energie im Handumdrehen wieder erzeugt wird, summiert sich das laue Lüftchen zumindest im zähen Stadtverkehr zu einer ansehnlichen Energiemenge. Der ständige Wechsel von Gas und Bremse ermöglicht es, dass 60 bis 80 Prozent der Zeit im reinen Luftbetrieb gefahren werden kann. Der Kraftstoffverbrauch soll dabei um 45 Prozent sinken. Neben dem reinen Druckluftbetrieb gibt es wie bei anderen Vollhybridautos auch noch weitere Modi: den Mischbetrieb und den reinen Benzinbetrieb. Insgesamt erreicht das Prototypenfahrzeug einen Verbrauch von 2,9 Litern. Günstig und wartungsarmWas ist nun das Tolle an dieser Lösung? Solche Werte sind mit anderen Spritspartechniken auch möglich. Aber die Technik der Franzosen ist simpel und günstig. Statt einer teuren, schweren und anfälligen Batterie sind nur zwei Druckbehälter notwendig, statt eines Elektromotors nur ein Hydrauliksystem. „Der Hybrid wird damit auch für Kleinwagen attraktiv und bezahlbar“, sagt Projektleiter Karim Mokaddem und spricht von etwa 50 Prozent Kostenvorteil. Außerdem muss die Batterie am Ende des Autolebens nicht entsorgt oder recycelt werden. Die Franzosen planen zwei Hybrid-Air-Varianten, eine mit einem 82-PS-Motor, eine mit einem 110-PS-Motor. Zudem ist eine Variante für leichte Nutzfahrzeuge geplant. Bisher gibt es allerdings nur zwei Prototypen, einen Citroën C3 und einen Peugeot 2008. Auf die Straße kommt die gemeinsam mit Bosch entwickelte Technik voraussichtlich im Jahr 2016. Wie effektiv das System in täglichen Gebrauch sein wird, bleibt abzuwarten. Immerhin muss auch das Mehrgewicht von Tankbehältern, Hydraulikpumpe und –motor wieder hereingefahren werden. Zumindest geht kein Platz im Auto verloren, weder für Fahrer noch für Beifahrer. Und die Kosten halten sich im Rahmen. Alternative VielfaltHybrid Air ist nicht die einzige Technologie, die PSA Peugeot Citroën in der alternativen Antriebsschublade haben. Die Franzosen forschen und entwickeln in alle Richtungen – denn solange keiner weiß, wie die Autos von überübermorgen angetrieben werden, müssen die Hersteller auf jedes Pferd setzen. Dies kann ein herkömmlicher Dieselmotor mit besonders gründlicher Abgasreinigung sein oder ein kleiner Elektroflitzer für die Stadt. Auch ein Plug-in-Hybrid steht bei PSA Peugeot Citroën auf dem Programm. |