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Einfahren ist sehr wichtig

Themenstarteram 4. Januar 2017 um 16:10

In verschiedenen Diskussionsbeträgen habe ich einige gute Ansätze über das Einfahren gelesen. Durch meine jahrelange Arbeit im tribologischen Bereich möchte ich etwas zur Aufklärung beitragen.

Trotz technologischer Fortschritte hinsichtlich der Maßhaltigkeit und Oberflächengüten ist ein "Anpassen" der Maschinenelemente zueinander unumgänglich.

Beim Einlauf werden sowohl die Rauhigkeitsspitzen abgetragen als auch durch chemische Raektion und physikalische Adsorption (siehe Additive) als Verschleißschutzschicht aktiviert. Dazu brauchen die Rauhigkeitsspitzen und die Additive einen bestimmten Druck und eine bestimmte Temperatur. Diese Verschleißschutzschicht beträgt etwa 0,02 bis 0,05 nm (nanometer). Diese Verschleißschutzschicht ist wichtig für den Kaltlauf, stoßende Belastungen oder kurzzeitig mangelhafte Schmierung.

Verschleißschutzschichten werden beim brutalen Einfahren immer wieder im Aufbau behindert oder zerstört. Deshalb sind mittlere Belastungen sinnvoll.

Ein Einlaufdiagramm hat gezeigt, dass der Einlaufverschleiß bis ca. 6 h sehr hoch ist. Das bedeutet, dass in dieser Zeit der Verschleiß höher als der Schutz ist und es noch viele höhere Rauhigkeitsspitzen gibt. Ab 7 bis 10 h flacht der Verschleiß langsam ab. Ab etwa 15 h ist nur noch ein geringer Verschleiß sichtbar.

Für die Praxis heißt das, wenn man einen Durchschnitt von 60 km Fahrstrecke pro Stunde ansetzt:

Die ersten 600 km (10 h) mit möglichst niedriger Belastung (auch vermeiden von untertourig) im Drehzahlbereich mit 1/4 bis 2/3 Gaspedalstellung fahren. Ab 600 bis 1000 km ruhig mal für 2 bis 3 Sekunden im 2. und 3. Gang den Motor bis ca. 1000 U/min unter der Nenndrehzahl laufen lassen.

Der Motor muss drehen lernen. Bei hohen Drehzahlen sind die Massenkräfte im Kurbeltrieb höher als die Gaskräfte. Dadurch werden z.B. die Kolbenringe im oberen und unteren Totpunkt weiter rausgetragen als normal und damit die Verschleißmarken erweitert. Auch die Verlagerungsbahn der Kurbelwellen aus der gedachten Mitte ist anders. Der Motor wird dann drehfreudiger.

Ab ca. 1000 km sollte man auf die Autobahn gehen, Radio aus, das Gehöhr am Motor und die Geschwindigkeit steigern. Dies so lange, wie der Motor das bei leichtem Gasfuß mit macht.

Beim Erreichen von etwa 20 bis 30 km/h unter der maximal möglichen Geschwindigkeit wenigstens 40 bis 50 km fahren (noch mehr ist besser).

Durch dieses Einfahren hatten meine Motoren einen ruhigen Lauf, wenig Ölverbrauch und einen geringeren Kraftstoffverbrauch als die von Bekannten.

(auch Getriebe müssen eingefahren werden)

Gruß

Beste Antwort im Thema
Themenstarteram 4. Januar 2017 um 16:10

In verschiedenen Diskussionsbeträgen habe ich einige gute Ansätze über das Einfahren gelesen. Durch meine jahrelange Arbeit im tribologischen Bereich möchte ich etwas zur Aufklärung beitragen.

Trotz technologischer Fortschritte hinsichtlich der Maßhaltigkeit und Oberflächengüten ist ein "Anpassen" der Maschinenelemente zueinander unumgänglich.

Beim Einlauf werden sowohl die Rauhigkeitsspitzen abgetragen als auch durch chemische Raektion und physikalische Adsorption (siehe Additive) als Verschleißschutzschicht aktiviert. Dazu brauchen die Rauhigkeitsspitzen und die Additive einen bestimmten Druck und eine bestimmte Temperatur. Diese Verschleißschutzschicht beträgt etwa 0,02 bis 0,05 nm (nanometer). Diese Verschleißschutzschicht ist wichtig für den Kaltlauf, stoßende Belastungen oder kurzzeitig mangelhafte Schmierung.

Verschleißschutzschichten werden beim brutalen Einfahren immer wieder im Aufbau behindert oder zerstört. Deshalb sind mittlere Belastungen sinnvoll.

Ein Einlaufdiagramm hat gezeigt, dass der Einlaufverschleiß bis ca. 6 h sehr hoch ist. Das bedeutet, dass in dieser Zeit der Verschleiß höher als der Schutz ist und es noch viele höhere Rauhigkeitsspitzen gibt. Ab 7 bis 10 h flacht der Verschleiß langsam ab. Ab etwa 15 h ist nur noch ein geringer Verschleiß sichtbar.

Für die Praxis heißt das, wenn man einen Durchschnitt von 60 km Fahrstrecke pro Stunde ansetzt:

Die ersten 600 km (10 h) mit möglichst niedriger Belastung (auch vermeiden von untertourig) im Drehzahlbereich mit 1/4 bis 2/3 Gaspedalstellung fahren. Ab 600 bis 1000 km ruhig mal für 2 bis 3 Sekunden im 2. und 3. Gang den Motor bis ca. 1000 U/min unter der Nenndrehzahl laufen lassen.

Der Motor muss drehen lernen. Bei hohen Drehzahlen sind die Massenkräfte im Kurbeltrieb höher als die Gaskräfte. Dadurch werden z.B. die Kolbenringe im oberen und unteren Totpunkt weiter rausgetragen als normal und damit die Verschleißmarken erweitert. Auch die Verlagerungsbahn der Kurbelwellen aus der gedachten Mitte ist anders. Der Motor wird dann drehfreudiger.

Ab ca. 1000 km sollte man auf die Autobahn gehen, Radio aus, das Gehöhr am Motor und die Geschwindigkeit steigern. Dies so lange, wie der Motor das bei leichtem Gasfuß mit macht.

Beim Erreichen von etwa 20 bis 30 km/h unter der maximal möglichen Geschwindigkeit wenigstens 40 bis 50 km fahren (noch mehr ist besser).

Durch dieses Einfahren hatten meine Motoren einen ruhigen Lauf, wenig Ölverbrauch und einen geringeren Kraftstoffverbrauch als die von Bekannten.

(auch Getriebe müssen eingefahren werden)

Gruß

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Interessant, aber wer fährt heutzutage seinen Neuwagen noch mehr als 10 Jahre, daß er da dann auch was davon hat ?

Als Gebrauchtwagenkäufer hast da ja eh keinen Einfluß mehr drauf ---> Restrisiko.

Hab meinen mit 330.000 km gekauft und mittlerweile 590.000 . . . haben die Vorbesitzer anscheinend nicht alles falsch gemacht ;-)

Themenstarteram 5. Januar 2017 um 15:11

Ein Wagen kann so oder so laufen. Die meisten (Erfahrung von mir) merken Unterschiede im Laufverhalten gar nicht. Wurde der Wagen nicht optimal eingefahren, kann er mit diesen (nicht optmalen Werten) durchaus noch lange laufen. Er holt sich dann etwas mehr aus der Geldbörse.

Ich für meinen Teil möchte gern erst einmal optimale Werte haben und auch preiswert fahren.

Gruß

Zitat:

Durch dieses Einfahren hatten meine Motoren einen ruhigen Lauf, wenig Ölverbrauch und einen geringeren Kraftstoffverbrauch als die von Bekannten.

Ich rede meinen Autos immer gut zu und streichle sie: habe auch gute Verbrauchswerte, muss nie Öl nachfüllen und der Motorlauf ist auch normal. Habe aber anders eingefahren, nämlich quasi gar nicht. Was soll mir dann noch das "bessere" Einfahren bringen?

Themenstarteram 5. Januar 2017 um 16:19

Wer den Beitrag in Ruhe durchliest und darüber nachdenkt, weiß was ich meine. Ob man was für sich mitnimmt, muss jeder selbst wissen. Als Maschinenbauing. und mit über 20-jähriger Tätigkeit als Schmierstoffberater (auch in Entwicklungszentren) hoffe ich, dass ich keinn Blödsinn schreibe.

Gruß

Zitat:

@Rentner15 schrieb am 5. Januar 2017 um 17:19:20 Uhr:

Wer den Beitrag in Ruhe durchliest und darüber nachdenkt, weiß was ich meine. Ob man was für sich mitnimmt, muss jeder selbst wissen. Als Maschinenbauing. und mit über 20-jähriger Tätigkeit als Schmierstoffberater (auch in Entwicklungszentren) hoffe ich, dass ich keinn Blödsinn schreibe.

Gruß

Andere Theorien, die das forsche Einfahren befürworten, bestätigen sogar den hohen Anfangsverschleiß. Jedoch hat man bei diesen auch den Verschleiß nach einer weiteren langen Laufzeit gemessen, das Verschleißbild der sanft eingefahrenen Motoren war trotzdem höher obwohl der Anfangsverschleiß niedriger war. Leider schreibst du darüber nichts, sondern betrachtest rein den Teil des Einfahrens.

Was so oder so offen bleibt, ist die Frage ob nicht die Motorbehandlung nach dem Einfahren bis zum Zeitpunkt X nicht so oder so der entscheidende Faktor ist.

Das Gesamtbild zu betrachten vergessen leider viele(wie bei der E10 Frage etc.).

Grüße von einem der Tribologie nur im 2. Semester hatte und das ist auch schon länger her.

Themenstarteram 5. Januar 2017 um 18:38

Ich hatte mal vor längerer Zeit recherchiert, ob es noch Motorenhersteller gibt, die das Einfahren befürworten. Und es gibt da tatsächlich noch eine ganze Reihe. Bei meinem relativ neuen Suzuki-Aussenborder stehen definitiv 10 h für das Einfahren nach einem bestimmten Ritual drin.

Beim Pkw sehen es die Hersteller nicht so kritisch, weil die Garantiezeit auf jeden Fall überstanden wird. Veranschlagt werden für den Normalfahrer etwa 130.000 bis 150.000 km beim Kleinwagen und bis zu 250.000 km beim Mittelklassewagen. Dies wird natürlich unterschiedlich erreicht, weil da die die Anzahl der Kaltstarts als wichtige Komponente fehlt.

Einfahren bedeutet: Gezielter Einlaufverschleiß und gleichzeitige Einglättung der Oberfläche mit Aufbau einer Verschleißschutzschicht.

Beispiel Einlauf mit Schutzschicht aus dem Industriebereich:

Ein hoch belasteter Nocken von neuen Maschinen wurde über Jahren hinweg mit einem hoch wirksamen Spray eingesprüht und die Maschine stufenweise an bestimmte Leistungen harangeführt. Plötzlich gab es Reklamationen über eingelaufene Nocken. Ursache: Der Maschinenhersteller hatte, um Zeit zu sparen, das Einlaufprozedere beschleunigt. Die Rauhigkeitsspitzen wurden nicht genug eingeglättet und die Additive aus dem Spray hatten nicht genügend Zeit zur Reaktion. Die Oberfläche war somit unzureichend eingefahren. Im Produktionsprozess hatten die Kunden die versprochene Leistung abgerufen und das hat die Nockenoberfläche überfordert.

Ein weiteres, ganz sensibles Beispiel zum Einlauf, sind Spindellager mit Drehzahlkennwerten von 1,5 bis 2 Mio. Das temperaturüberwachte Einlaufprozedere wird hier in mehreren defierten Stufen durchgeführt. Es muss sich die Oberfläche einlaufen und auch die Temperatur aller Teile muss sich "einspielen".

Es gibt übrigens noch immer Dissertationen, die sich mit dem Thema Zylinder, Kolben, Kolbenringe usw. beschäftigen. Das letzte Thema, das ich gelesen hatte, befaßte sich mit dem Formhonen von Zylindern. Fertig montierte Zylinder haben teilweise bis zu 1 1/2 zehntel mm Formabweichung. Das bekommt man dann auch durch einen guten Einlauf schlecht ausgebügelt und spricht weder für einen optimal gasdichten Zylinder noch für einen minimalen Ölverbrauch.

Durch Formhonen werden die "Fehler" bereits bei der Zylinderbearbeitung berücksichtigt. Der fertig montierte Motor hat dann die Zylinderform, die bei Betriebstemperatur kreisrund sind.

Gruß

Im Industriebereich werden Maschinen auch ganz anders gefordert als im PKW Bereich, ein PKW Motor wird wohl mehr durch Starts belastet, aber im Alltag mehr im Teillastbereich Betrieben. Das sieht sicherlich in anderen Bereichen anders aus. Entweder kaum Kaltstarts und oder höhere Belastung tendenziell Richtung Volllast und eben wesentlich höhere Betriebsstundenzahl!

Schau Dir mal den Anhang S. 23 an.

Themenstarteram 5. Januar 2017 um 20:09

Dieser Artikel von VW war mir zwar nicht bekannt, aber vergleiche mal die Angaben/ Diagramme mit meinen Angaben. Meine Empfehlungen, die ich aus einem Verschleißdiagramm eines Motors abgeleitet habe und die ich hauptsächlich auf die ersten 10 bis 15 h mache, unterscheiden sich nicht in Größenordnungen. Meine Empfehlung für den Volllastbetrieb ab ca. 15 h wären somit auch ok..

Meine Empfehlung ist auf die Praxis bezogen, ist sicher und fabriziert auf keinen Fall Motorprobleme.

Ich hatte und habe nicht vor, einen hoch wissenschaftlichen Beitrag über das Einfahren zu schreiben, weil das 99% der Leser garnicht interessiert. Wer so etwas lesen will, schaut wie du im Internet nach solchen Artikeln.

 

Gruß

Was ich hier lese steht im völligen Gegensatz zu:

https://www.heise.de/tr/artikel/Wie-geschmiert-1369325.html

(erster Absatz)

Konträrer geht es wohl nicht.

am 7. Januar 2017 um 2:43

Der verlinkte Artikel und die Sache mit dem "dritten Körper" bezieht sich meines Wissens ausschließlich auf unbeschichtete Kolben. In der Praxis verwenden aber (fast) alle Hersteller beschichtete Kolben.

Kolben sind aber nur teilweise beschichtet dazu auch die zylinderwände sind nicht immer behandelt.

Aber auch bei eine Beschichtung wird es einglättung geben.

Ich habe nur eine Erkenntnis, Einfahren wird im PKW Bereich überbewertet. Solange man keine besonderen Extremesituationen vor sich hat in der Zeit.

Themenstarteram 8. Januar 2017 um 10:31

Der Verweis von AEO1a ist sehr Interessant. Danke für diesen Artikelhinweis.

Wenn die Motoren bereits ab Werk auf die Vollgasfahrt vorbereitet werden ist das ok.. Aber wieviel Prozent der Neuwagenbesitzer könnten dann auch sofort so losfahren?

Meine Einfahrempfehlung, die ich aus einem gut 20 Jahre alten Prüfstandlauf abgeleitet habe und mit dem nicht nur ich gut gefahren bin, werde ich nur dann ändern, wenn das im Handbuch drinsteht. Dann ist auch gewiß, dass der Vorbereitungen ab Werk getroffen wurden.

Da ich in der Tribologie der Industrie tätig war, gebe ich mal ein Beispiel zum Einlauf an:

Der FZG Fresstest wird mit niedrigen Laststufen begonnen, damit die Oberflächen sich sowohl behutsam glätten können und die Additive ihre Wirkung aufbauen (s. Anlage).

Soche "Voreinläufe" gibt es auch z.B. beim Graufleckentest oder anderen Tests und nehmen von 1 h bis zu 16 h oder sogar 60 h in Anspruch.

Gruß

Wenn bei einem Sportwagen ein frisches Hinterachsgetriebe ohne Einlaufvorgang auf den ersten paar hundert Kilometern abartig gequält wird, dann kann das u.U. zu einem Getriebeschaden führen (Verreiben der Hypoidverzahnung oder der Kegelrollenlager)

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