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Ford Torino - unangemessene Vorurteile?

Themenstarteram 9. März 2017 um 20:00

Immer mal wieder werfe ich einen leicht verliebten Blick auf die Ford Torinos der 3. Generation, die ich optisch innen wie außen ungemein gelungen finde (wobei ich die normalen Coupes und Limousinen ohne Knudsen Nase sogar noch ansprechender finde).

Dabei kommt man nicht umhin auf das schlechte Image dieser Wägelchen hingewiesen zu werden: angeblich horrender Benzinverbrauch von 25-30 ltr., weiche Federung und viel zu schwammige Lenkung. Dies soll lt. Wikipedia der zeitgenössischen US-Presse entnommen sein.

Ich habe ja den Verdacht, dass der angeblich so hohe Benzinverbrauch eher auf schlechte damalige Kraftstoffe, einem extremen Bleifuß der Tester und wenn überhaupt dann nur für die Spitzenmotorisierungen gilt.

Bei einem Gewicht von 2,1 bis 2,4 t war der Torino auch nicht sonderlich schwerer als zeitgenössische Fahrzeuge US-amerikanischer Fertigung und ich glaube auch das Fahrverhalten war nicht grundsätzlich anders als bei den anderen Modellen. Deshalb wundert es mich, dass ausgerechnet dieses Modell so einen schlechten Ruf abbekommen hat.

Fährt jemand von Euch einen Torino, wenn möglich sogar einen "Normalen", also keine Sportversion und kann was zu Verbrauch, Lenkung und Federung vielleicht sogar im Vergleich zu gleichalten US-Cars sagen?

Beste Antwort im Thema

Wieder mal ein Thread, der von Klischees nur so trieft.:rolleyes:

Der Ford Torino (Generation 1972-1976) war ein günstiger Mittelklassewagen, der in großen Stückzahlen, mit verschiedenen Motorisierungen und in den Karosserievarianten, Sportsroof (nur bis 1974), Hardtop Coupe, viertüriger Sedan und Station Wagon hergestellt wurde. Ein Sonderfall ist der PKW/Pickup Ranchero, der ebenfalls auf dem Torino basiert.

Der Vergleich mit einem S-Klasse-Mercedes hinkt insofern total, da beide Autoklassen nichts miteinander zu zu tun haben. Die S-Klasse war zu dem Zeitpunkt ein teurer, in kleiner Stückzahl gebauter Exote, der Torino ein millionenfacht produzierter, günstiger Familienwagen. Weder die Qualität der Herstellung noch die Technik kann man vergleichen. Ein Vergleich mit einem Ford Taunus würde eher passen. Den gab es allerdings nicht mit V8-Motorisierung.

Von welchen "zeitgenössischen" Presseprodukten reden wir denn hier? Wenn jemand eine Quelle hat, würde ich das gerne mal nachlesen.

Getreu dem Packard-Slogan "ask the man who owns one!" würde ich Dir empfehlen, Dich mal mit Leuten zu unterhalten, die einen haben. Dafür gibt es sogar ein deutschsprachiges Forum. US-Foren gibt es natürlich auch noch.

Erfahrungsberichte gibt es auch unter www.carsurvey.org

Aus meiner Sicht ist der Torino ein gutes Einsteigerauto mit einfacher Technik und robustem Image. Er hat Platz für die Familie und ist mit den größeren Motorisierungen ganz gut zu Fuß. Der Spritverbrauch ist bei jeder Motorisierung mit dem Gaspedal stufenlos regulierbar.

Hochverdichtete Motoren mit Oktanbedarf über 100 gab es nach 1972 nicht mehr.

Der Automotive Catalog of American Cars gibt folgende Verbräuche (City/Highway) an:

2-door (351-2V V8) 18.1/12.4 l/100km, Leergewicht 1843 kg

2-door (400-2V V8) 19,1/12.9 l/100km, Leergewicht 1951 kg

2-door (460-4V V8) 20,1/13.5 l/100km, Leergewicht 2000 kg

Die Verbräuche des Station Wagon liegen etwa einen halben Liter höher. Die Daten halte ich für realistisch und praxisnah.

Das Fahrverhalten als "schwammig" zu bezeichnen ist auch so eine europäische Unsitte. Wie die Autos abgestimmt sind hängt sehr stark von Ausstattung, Dämpfung, Bereifung und den gewählten Stabilisatoren ab. Bei Familienautos ist die Federung straff, die Dämpfung eher weich. Dadurch entsteht dieses typisch softe "US-Auto-Fahrverhalten", das auch so erwünscht ist. Die Sportversionen hatten eher straffere Dämpfer und Stabilisatoren vorn und hinten, die Seitenneigung und Nachschwingen der Karosse wirkungsvoll unterbinden. Der Torino verfügt hinten über die sogenannte "Stabul"-Achse. Es handelt sich dabei um die sehr robuste Ford 9" oder 8" mit 4 Führungslenkern (auch plus Stabi verfügbar), wovon die oberen geschmiedet sind. Die Konstruktion wurde von einem Deutschen bei Ford entwickelt und ist den vergleichbaren GM-Produkten ebenbürtig bis überlegen. Auch Lincoln benutzte diese Achse.

Die Lenkung ist eine Saginaw-Kugelumlauflenkung. Diese ist im Normalfall robust und langlebig, wird aber in ausgeschlagenem Zustand unpräzise und labberig um die Mittelachse. Ein übriges tun weitere verschlissene Fahrwerkskomponenten. Nach 40 Jahren kann da schon mal was kaputt sein...

Die Servolenkungen sind sehr leichtgängig und vermitteln gewollt keinen Fahrbahnkontakt. Die Untersetzung ist etwa 14:1 und die Lenkdrehzahl von Anschlag zu Anschlag 3 bis 3.5 Umdrehungen. Es gab für bestimmte Ausstattungen auch andere Lenkuntersetzungen. Wenn eine Lenkung in Ordnung ist, würde ich das Fahrverhalten nicht als "schwammig" bezeichnen (allerdings auch nicht vergleichbar mit der unerträglichen Nervosität moderner Autos).

In seiner Eigenschaft als Mittelklasse-Familienauto genießt die weitläufige Torino-Familie eher einen Biedermann-Ruf und hat keine besondere Fangemeinde. Beliebter sind die Sportsroof-Modelle und die Rancheros. Speziell Station Wagons und Sedans kann man oft in gutem zustand für relativ schmales Geld kaufen. Bei guten Wagen sollte man zuschlagen, Restaurierungen lohnen sich bei den Meisten Torinos nicht. Die Resto-Kosten übersteigen im Zweifelsfall den Preis eines erstklassigen Exemplars um ein Mehrfaches.

 

 

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Gab es damals nicht sogar Benzin mit über 100 Oktan für die Muscles?

Und wenn der Torino das brauchte, aber nicht bekam, dann soff er eben. Wenn ich meinem E10 geben würde, würde er das wohl wörtlich nehmen und 10 verbrauchen statt 5,8 bis 7,5

Fords mit Nase a la Straßen von San Francisco haben auch ihren Reiz

2,und Tonnen klingt erstmal viel, schafft die S-Klasse aber auch. Unter anderem

Schwammig war Absicht zu Zeiten der Ölkrise, aber müßte relativ leicht zu ändern sein, grade bei solchen Klassikern. Aber was ist schwammig und was ist einfach nur bequemes dahingleiten a la Ami?

Mein letzter Ami war ein Caprice Bj 87, mein erster ein Olds Cutlass Supreme, Bj. 84, ich fand sie toll wie sie waren

just my 2 cents

Wo rüber sprichst du ?

Der Torino bis 1976 wurde mit max 460 Cui verbaut.

Also welcher Motor / wie viele Vergaser ?

Das waren damals 4 Golf GTI in einem Fahrzeug.

460 CUI sind ungefähr 7,5 Liter die mit Vergaser versorgt werden müssen.

Was glaubst du denn was ein Mercedes 5.0 damals verbraucht hat ?

Da waren 20 bis 25 Liter ganz normal.

Selbst mein Granada 2.3 hat im Winter ganz locker 16 Liter gebraucht.

Themenstarteram 9. März 2017 um 22:25

Grundsätzlich bezog sich das auf alle möglichen Motorisierungen, die für den Torino angeboten wurden. Also vom 250er bis zum 460er. Ich kann mir diese Verbräuche für den 460er evtl. vorstellen, aber galt das auch für die anderen? Der 400er mit 180 PS, der 2,1 t bei meinem bewegen muss, begnügt sich (bei mitschwimmender Fahrweise) mit der Hälfte.

Verwunderlich finde ich einfach, dass ausgerechnet der Torino dieser Jahre als Negativbeispiel in der zeitgenössischen US-amerikanischen Fachpresse in Bezug auf Verbrauch und Schwammigkeit der Lenkung so herausgehehoben wurde. Kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass er sich da besonders von den anderen US-Cars von damals unterschieden hat.

Wieder mal ein Thread, der von Klischees nur so trieft.:rolleyes:

Der Ford Torino (Generation 1972-1976) war ein günstiger Mittelklassewagen, der in großen Stückzahlen, mit verschiedenen Motorisierungen und in den Karosserievarianten, Sportsroof (nur bis 1974), Hardtop Coupe, viertüriger Sedan und Station Wagon hergestellt wurde. Ein Sonderfall ist der PKW/Pickup Ranchero, der ebenfalls auf dem Torino basiert.

Der Vergleich mit einem S-Klasse-Mercedes hinkt insofern total, da beide Autoklassen nichts miteinander zu zu tun haben. Die S-Klasse war zu dem Zeitpunkt ein teurer, in kleiner Stückzahl gebauter Exote, der Torino ein millionenfacht produzierter, günstiger Familienwagen. Weder die Qualität der Herstellung noch die Technik kann man vergleichen. Ein Vergleich mit einem Ford Taunus würde eher passen. Den gab es allerdings nicht mit V8-Motorisierung.

Von welchen "zeitgenössischen" Presseprodukten reden wir denn hier? Wenn jemand eine Quelle hat, würde ich das gerne mal nachlesen.

Getreu dem Packard-Slogan "ask the man who owns one!" würde ich Dir empfehlen, Dich mal mit Leuten zu unterhalten, die einen haben. Dafür gibt es sogar ein deutschsprachiges Forum. US-Foren gibt es natürlich auch noch.

Erfahrungsberichte gibt es auch unter www.carsurvey.org

Aus meiner Sicht ist der Torino ein gutes Einsteigerauto mit einfacher Technik und robustem Image. Er hat Platz für die Familie und ist mit den größeren Motorisierungen ganz gut zu Fuß. Der Spritverbrauch ist bei jeder Motorisierung mit dem Gaspedal stufenlos regulierbar.

Hochverdichtete Motoren mit Oktanbedarf über 100 gab es nach 1972 nicht mehr.

Der Automotive Catalog of American Cars gibt folgende Verbräuche (City/Highway) an:

2-door (351-2V V8) 18.1/12.4 l/100km, Leergewicht 1843 kg

2-door (400-2V V8) 19,1/12.9 l/100km, Leergewicht 1951 kg

2-door (460-4V V8) 20,1/13.5 l/100km, Leergewicht 2000 kg

Die Verbräuche des Station Wagon liegen etwa einen halben Liter höher. Die Daten halte ich für realistisch und praxisnah.

Das Fahrverhalten als "schwammig" zu bezeichnen ist auch so eine europäische Unsitte. Wie die Autos abgestimmt sind hängt sehr stark von Ausstattung, Dämpfung, Bereifung und den gewählten Stabilisatoren ab. Bei Familienautos ist die Federung straff, die Dämpfung eher weich. Dadurch entsteht dieses typisch softe "US-Auto-Fahrverhalten", das auch so erwünscht ist. Die Sportversionen hatten eher straffere Dämpfer und Stabilisatoren vorn und hinten, die Seitenneigung und Nachschwingen der Karosse wirkungsvoll unterbinden. Der Torino verfügt hinten über die sogenannte "Stabul"-Achse. Es handelt sich dabei um die sehr robuste Ford 9" oder 8" mit 4 Führungslenkern (auch plus Stabi verfügbar), wovon die oberen geschmiedet sind. Die Konstruktion wurde von einem Deutschen bei Ford entwickelt und ist den vergleichbaren GM-Produkten ebenbürtig bis überlegen. Auch Lincoln benutzte diese Achse.

Die Lenkung ist eine Saginaw-Kugelumlauflenkung. Diese ist im Normalfall robust und langlebig, wird aber in ausgeschlagenem Zustand unpräzise und labberig um die Mittelachse. Ein übriges tun weitere verschlissene Fahrwerkskomponenten. Nach 40 Jahren kann da schon mal was kaputt sein...

Die Servolenkungen sind sehr leichtgängig und vermitteln gewollt keinen Fahrbahnkontakt. Die Untersetzung ist etwa 14:1 und die Lenkdrehzahl von Anschlag zu Anschlag 3 bis 3.5 Umdrehungen. Es gab für bestimmte Ausstattungen auch andere Lenkuntersetzungen. Wenn eine Lenkung in Ordnung ist, würde ich das Fahrverhalten nicht als "schwammig" bezeichnen (allerdings auch nicht vergleichbar mit der unerträglichen Nervosität moderner Autos).

In seiner Eigenschaft als Mittelklasse-Familienauto genießt die weitläufige Torino-Familie eher einen Biedermann-Ruf und hat keine besondere Fangemeinde. Beliebter sind die Sportsroof-Modelle und die Rancheros. Speziell Station Wagons und Sedans kann man oft in gutem zustand für relativ schmales Geld kaufen. Bei guten Wagen sollte man zuschlagen, Restaurierungen lohnen sich bei den Meisten Torinos nicht. Die Resto-Kosten übersteigen im Zweifelsfall den Preis eines erstklassigen Exemplars um ein Mehrfaches.

 

 

Zitat:

@Creeper45 schrieb am 9. März 2017 um 21:37:59 Uhr:

Gab es damals nicht sogar Benzin mit über 100 Oktan für die Muscles?

Und wenn der Torino das brauchte, aber nicht bekam, dann soff er eben. Wenn ich meinem E10 geben würde, würde er das wohl wörtlich nehmen und 10 verbrauchen statt 5,8 bis 7,5

Sorry aber das ist Blödsin! Wenn ein Motor 100 Oktan braucht, aber nicht bekommt, verbraucht er keinen Liter mehr. Ohne Klopfreglung, klopft er halt und ist das zu arg, dann geht er einfach hops...

Zitat:

@naphta45 schrieb am 9. März 2017 um 23:25:32 Uhr:

Grundsätzlich bezog sich das auf alle möglichen Motorisierungen, die für den Torino angeboten wurden. Also vom 250er bis zum 460er. Ich kann mir diese Verbräuche für den 460er evtl. vorstellen, aber galt das auch für die anderen? Der 400er mit 180 PS, der 2,1 t bei meinem bewegen muss, begnügt sich (bei mitschwimmender Fahrweise) mit der Hälfte.

Verwunderlich finde ich einfach, dass ausgerechnet der Torino dieser Jahre als Negativbeispiel in der zeitgenössischen US-amerikanischen Fachpresse in Bezug auf Verbrauch und Schwammigkeit der Lenkung so herausgehehoben wurde. Kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass er sich da besonders von den anderen US-Cars von damals unterschieden hat.

Cui bono? Wem gehört die Zeitung, wo ist der noch beteiligt? ...

Themenstarteram 10. März 2017 um 16:24

Es war wohl das Magazin Consumer Guide im Jahre 1975 (im deutschsprachigen Wikipedia - Artikel zitiert nach Langworths Encyclopedia of American Cars 1930–1980, S. 316).

Jedenfalls ist die Presseschau im Wikipedia-Artikel ausgesprochen unausgewogen. Kann beim unbedarften Leser durchaus einen "verzerrten" Eindruck erwecken.

Die Ausgabe habe ich in der Erstauflage im Regal. Danke für den Tipp, da werde ich gleich mal nachlesen...

Wie Spechti schon sagte ist das angeblich schwammige Fahrverhalten der meisten Amerikaner einfach nur auf kaputte Fahrwerkskomponenten zurückzuführen. Von völlig platten Fahrwerksgummis, über ausgelutschte Dämpfer, zusammengesunkene Federn und ausgeschlagene Lenkungsteile ist da viel dabei was zu diesem Fahrverhalten führen kann.

Jeder der mein Auto gefahren ist fühlte sich sofort in dem typischen Ami Klischee bestätigt, dabei waren bei mir die Spurstangen sowie der Idler Arm schlicht ausgeschlagen. Muss schon was länger so gewesen sein, hat aber keiner der TÜVer bemerkt oder beanstandet. Jetzt war ich das letzte mal bei einem der Ahnung hat und oh Wunder der Wagen fährt sich plötzlich ganz anders!

Zwar immer noch sehr leichtgängig aber das Spiel in der Lenkung ist weg!

Die wenigsten US-Car Fahrer wissen das Ihr Fahrwerk bzw. die Achsen einfach mal ordentlich überholt gehören damit die wieder ordentlich fahren. Wir reden hier immerhin von Autos welche die 30 Jahre schon weit hinter sich haben und an denen nie jemand die Achsteile auch nur mal im Ansatz angerührt hat. Wie sich wohl ein 74er Golf mit plattem Fahrwerk fährt?

schöner 1973er Torino für VB 5000 Dollar:

http://www.ebay.com/itm/132132178401

Sieht reichlich brav aus. Zeigte sich da schon der Ölschock?

Hier in der Gegendgab es mal 2 Torinos, der eine grünmetallic, den anderen hat man - ratet mal - als "rasende Tomate" ihr wißt bestimmt was gemeint ist, zurechtgemacht.

War der S&H Torino der Nachfolger? oder Vorgänger?

Nein, genau dieses Modell, aber von 75.

Die Autos waren im Allgemeinen auch eher unspektakulär. Schönes Exemplar, Alfred. Und noch dazu günstig.

Also mir gefallen solche Autos genau so wie im Link von Alfred. Die Farbe, das Interieur... Das ist Zeitgeist pur. Nicht solche Tuningbuden wie sie heute noch oft gemacht werden.

Mir aus der Seele gesprochen. Der Zeitgeist, das Fahrgefühl und die Ausstrahlung dieser Autos war und ist einzigartig.

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