Nur die schönsten Autos dürfen den Hügel erklimmen: Beim Goodwood Festival of Speed fährt alles, was teuer und selten ist. Mittendrin: Ein MOTOR-TALK-Redakteur.
Goodwood – Wenn Charles Gordon-Lennox zum Tanz bittet, folgt die Autoindustrie dem Takt: Seit 20 Jahren lädt der „Lord of March“ zur eindrucksvollsten Motorsport-Veranstaltung der Welt – dem Goodwood Festival of Speed. Auf einer improvisierten Rennstrecke vor dem Goodwood House in West Sussex fahren Prototypen, Oldtimer, Rennwagen, Einzelstücke und automobile Legenden auf und ab. Einige von ihnen sind mehr als 100 Jahre alt, andere noch nicht auf dem Markt. Drum herum stehen die schönsten Automobile, die je gebaut wurden. Ein paar werden versteigert, die meisten sind aber unverkäuflich. Fahren zwischen den ganz Großen Es sind die Legenden des Rennsports, die hier Autos pilotieren. Stirling Moss, Hans Hermann, Jackie Steward, Walther Röhrl, Striezel Stuck. Und zwischen ihnen einer, dem nicht einmal der Rennanzug richtig passt: Ich steuere heute einen Porsche 964 Supercup den Berg hinauf. 1,86 Kilometer lang bin ich einer von ihnen, werde von Fans bejubelt und von Kameras begleitet. Viel Vorbereitung für wenig Strecke Ich kämpfe mit dem unmöglichen Einstieg durch den Sicherheitskäfig und mit dem stehenden Kupplungspedal. An beides gewöhne ich mich – irgendwie. Mir bleibt keine andere Wahl: Noch bevor ich den rechten Außenspiegel einstellen kann, bekomme ich mein Zeichen. Ich starte den 3,8-Liter-Luftboxer im Heck und rolle in Richtung Rennstrecke. „Ihre Wartezeit beträgt 45 Minuten“ Ein kleiner Junge möchte ein Autogramm, ein anderer einen Blick in den Innenraum. Beiden erfülle ich ihren Wunsch – ich habe keinen bekannten Namen, aber Manieren wie ein Profi. Insgesamt warte und rolle ich eine Dreiviertelstunde, bis mein Porsche an der Startlinie steht. Ab jetzt dreht sich die Welt nur um uns, alle Zuschauer sehen mich. Der Streckenposten winkt mich durch, ich starte zum Goodwood Hillclimb. 1,86 Kilometer Heuballen und Jubel Vergessen sind der unbequeme Sitz, der enge Helm und das tiefe Lenkrad. Der Motor schiebt stark ab 3.000, stärker ab 5.000 Umdrehungen. Ich folge den Reifenspuren von Dragstern, Drift-Autos und Le-Mans-Boliden. Sie führen mich 1,86 Kilometer lang über eine Rennstrecke, die eigentlich eine normale Straße ist. Hinter mir: Formel-1-Autos 1993 startete Porsche den 911 Supercup. Rennfahrer wie Uwe Alzen und Altfrid Heger fuhren den Markenpokal im Formel-1-Rahmenprogramm. Alle Fahrzeuge waren identisch: 1.120 Kilogramm leicht, 275 PS stark und mit einem Sperrdifferenzial ausgestattet. Sie beschleunigen in knapp fünf Sekunden von 0 auf Tempo 100 und rennen 270 km/h schnell. Beides habe ich nicht getestet, aber meine Vorgänger: Mein Elfer diente als Gastauto im Supercup. Einige der 2.404 Kilometer auf dem Tacho stammen von Walter Röhrl und Mika Häkkinen. In dieser Saison startet der neue 911 GT3 im Porsche Supercup. Der fährt viel schneller als mein 964 – ist aber lange nicht so schön.
Quelle: MOTOR-TALK |
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