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VW Golf 2 Rallye 16V G60 (Limited): Fahrt zum Wörthersee - Im seltensten Golf zum See

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Ein Golf ist so selten wie nasse Kiesel an der Küste. Dieser hier ist trotzdem besonders: 27 Jahre alt, 210 PS stark und zwölfmal gebaut. Ausfahrt im Rallye-Golf 16V G60.

Unterwegs im Golf 2 Rallye 16V G60: Nur 12 dieser Autos entstanden bei VW Motorsport Unterwegs im Golf 2 Rallye 16V G60: Nur 12 dieser Autos entstanden bei VW Motorsport Quelle: MOTOR-TALK

Velden – Ganz selten sind sogar Experten überfordert. „Nein, den gab es so nicht“, sagt einer, der sich auskennt, und zeigt auf unseren Golf. Vom Motor habe er schon gelesen. Das ist der ganz Seltene mit 210 PS. Die Karosserie kenne er auch, die hat VW 5.000-mal gebaut. Aber beides zusammen?

Wir sind am Wörthersee. Dort, wo einmal im Jahr alle hinfahren, die den Golf GTI ganz besonders mögen. Wer kann, bringt seinen eigenen mit. VW-Profi ist hier jeder. Die meisten sind sich einig: Einen Golf wie unseren, einen Golf 2 Rallye mit 16V-G60-Motor, hat es nie gegeben.

Und trotzdem steht er vor ihnen. Er parkt am See mit halb geöffneter Haube, „VW Classic“-Schriftzügen und Wolfsburger Kennzeichen. Ein Bastelding würden sich die Archivare bei VW nicht in ihr Lager stellen. Also muss doch was dran sein an unserem Auto.

VW Golf 2 Rallye 16V G60: Ein seltener Motor in einer seltenen Karosserie

Der Rallye am Wörthersee: Geschichten zum Motor gibt es viele. Das Auto kennen die Wenigsten Der Rallye am Wörthersee: Geschichten zum Motor gibt es viele. Das Auto kennen die Wenigsten Quelle: MOTOR-TALK Was unsere neuen Freunde so sehr interessiert, verstehen außerhalb dieser Szene wohl nicht viele Menschen. Für Außenstehende ist das ein getunter, alter Golf. Stimmt ja auch, irgendwie. Aber eben nur irgendwie. Denn dieses Exemplar hat der Ex-VW-Haustuner Volkswagen Motorsport (VWM, heute: VW Racing) aufgebaut. Quasi ab Werk.

Die Basis stellt ein Golf 2 Rallye. Ein Homologationsmodell mit dicken Backen, eckigen Lampen, Allradantrieb und (serienmäßig) 160 PS. VW baute ihn 5.000-mal, um in der Gruppe A antreten zu dürfen. 1989 kostete er 46.500 Mark. 1990 sank der Preis auf 35.650 Mark.

Der Motor war eine Art Prestigeprojekt des damaligen VWM-Chefs Klaus-Peter Rosorius. Er kombinierte alles, was Ende der 1980er die VW-Kompaktklasse beschleunigte. Auf einen Vierzylinder-Motorblock mit 1,8 Litern Hubraum setzte er einen Zylinderkopf mit 16 Ventilen und scharfer Auslass-Nockenwelle, eine große Ansaugbrücke und einen G60-Lader (Spirallader, eine Art Kompressor). Das Ergebnis: 210 PS und 252 Newtonmeter Drehmoment. Der Motor bekam die interne Kennung „3G“.

Der stärkste Serien-VW von 1990: Golf 2 Limited 16V G60

Insgesamt 200 dieser Motoren sollen bei VWM entstanden sein. 71 von ihnen trieben das Sondermodell Golf Limited an, einen unscheinbaren Viertürer mit blauer Grill-Umrandung, BBS-Felgen, Allradantrieb und der vorderen Stoßstange des US-Jetta. Der Super-Golf wurde in Handarbeit gebaut und kostete 68.500 Mark. Prominentester Erstbesitzer: Hans-Joachim Stuck.

Zu schmal: Die Originalbereifung verschwindet im Rallye-Radhaus Zu schmal: Die Originalbereifung verschwindet im Rallye-Radhaus Quelle: MOTOR-TALK Die übrigen Motoren baute VWM jedem ein, der das bezahlen konnte und wollte. Es entstanden etwa drei bis fünf Passat 16V G60, außerdem einige Corrado und ein paar Golf 3 (mit 2,0-Liter-Motor, Sechsganggetriebe und Differenzialsperre). Diese Zahlen sind allerdings nicht verlässlich – VWM überlieferte keine Daten.

Der Motorumbau („Leistungskit auf 153 kW – 210 PS“) kostete bei VWM 25.080 Mark, im Tausch gegen den Serienmotor. Streng genommen war unser Rallye sogar günstiger als ein Limited. Dennoch wollten nur wenige Rallye-Fahrer 70 Prozent des Kaufpreises in den Motor stecken. Laut VW sind insgesamt nur zwölf Autos wie unseres entstanden.

1990 stellte VWM die Umbauten auf der Motor-Show in Essen vor. Ein Passat und ein Corrado mit je 210 PS parkten auf der Messe. Der Motor war für das Coupé bereits erhältlich. VWM notierte in der Pressemappe: „Der Umbau für den Passat und Rallye-Golf befinden sich in der TÜV-Vorbereitung.“

Schneller als BMW M3 und Mercedes 190 E 2.5-16

Das hat offensichtlich geklappt. Zwei Seiten Fahrzeugschein unseres Rallye führen diverse Umbauten auf. Neben dem 3G-Motor bekam der Golf ein Koni-Fahrwerk und BBS-Räder. Dem Museum war das aber wohl etwas zu prollig. Mittlerweile fährt er wieder auf serienmäßigen 15-Zoll-Alus im Design „Sebring“, die hinten eigentlich viel zu tief in der Karosse stehen.

Auf den ersten Blick wirkt unser Rallye durch die schmalen Räder unscheinbar. Aber 1990 fuhr er in der Klasse von Lancia Delta HF Integrale (200 PS), BMW M3 (215 PS) und Mercedes 190 E 2.5-16 (195 PS). Nur der Italiener war auf Tempo 100 schneller, Benz und BMW rannten hinterher.

G60- und Allrad-Modelle des Golf 2 haben einen höheren Mitteltunnel, dadurch eine flache Mittelkonsole G60- und Allrad-Modelle des Golf 2 haben einen höheren Mitteltunnel, dadurch eine flache Mittelkonsole Quelle: MOTOR-TALK Selbst heute sind 7,4 Sekunden auf Tempo 100 kein schlechter Wert. Klar, mittlerweile kommen da manche Dieselmotoren im Golf hinterher. Aber auf unserer Tour zum Wörthersee überraschte der Rallye einen eiligen Vertreter-Audi: Der drängelte erst und konnte dann nicht mithalten. Seine Motorleistung: unbekannt. Seine Meinung zu unserem Sprint: Daumen hoch.

Im Golf 2 Rallye 16V G60 über den Großglockner

Autobahn geht gut mit dem schnellen Rallye, auch wegen der 227 km/h Höchstgeschwindigkeit. Besser läuft er aber auf Landstraßen. Für einen Golf 2 marschiert er wunderbar zackig ums Eck. Seine serienmäßige Servolenkung ist direkter übersetzt als das nicht unterstützte Pendant in kleineren Modellen. Federn und Dämpfer aus dem Zubehör halten die Karosserie gerade, holpern aber manchmal über Schäden und Wellen im Asphalt.

Auf der Großglockner Hochalpenstraße kämpft der Golf gegen dünne Luft und sein eigenes Gewicht. Öl und Wasser werden grenzwertig warm. Trotzdem schnauft er tapfer die Spitzkehren hoch, stets begleitet vom leisen Pfeifen des G-Laders. Wenn es eng und schnell wird, kommt er dem Lenkwinkel nicht ganz hinterher. Dafür schiebt er sich am Kurvenausgang sauber und zügig vorwärts. Nicht mit plötzlichem Bums wie ein Turbo. Dafür gleichmäßig und vorhersehbar.

1.220 Kilogramm Leergewicht sind für diesen Jahrgang eigentlich viel zu viel. 1990 wogen Kompaktwagen ungefähr eine Tonne. Dafür war aber auch fast alles drin im VWM-Rallye. Allradantrieb, ein aufgeladener Motor und elektrische Recaros mit Sitzwangen aus Leder machen ihn schwer. Aber: Weniger wiegen heute nur noch kleine Golf-Benziner mit Frontantrieb.

Herzstück: 16V-G60-Motor im VWM-getunten Golf 2 Rallye. Für eine Klimaanlage gibt es keinen Platz Herzstück: 16V-G60-Motor im VWM-getunten Golf 2 Rallye. Für eine Klimaanlage gibt es keinen Platz Quelle: MOTOR-TALK Eine Klimaanlage passte 1990 nicht mehr neben den Topmotor. VWM hatte schon Mühe, die Lichtmaschine unterzubringen. An ihrer Stelle saß nun der G-Lader. Letztendlich entwarfen die Ingenieure einen langen Haltebügel und packten sie hinter den Motorblock. Der Kofferraumboden liegt durch den Allradstrang ein gutes Stück höher. Das kostet etwa 100 Liter Volumen.

Alltagstauglichkeit interessiert letztendlich aber wohl niemanden. Denn alle Golf 2 mit 16V-G60-Motor sind etwas ganz Besonderes. Einen schnelleren Seriengolf gab es erst 2002, als VW den R32 (241 PS, 247 km/h Spitze) vorstellte. Einen begehrenswerteren Golf gibt es wohl bis heute nicht. Kürzlich stand der Golf 2 Limited mit der Nummer 003 auf Ebay Kleinanzeigen zum Verkauf – für 55.000 Euro. Die Anzeige war weniger als vier Stunden online - das Telefon des Besitzers stand nicht mehr still. Aktuell steht zudem die Nummer 027 zum gleichen Preis in der Schweiz zum Verkauf.

Golf 2 Rallye 16V G60: Technische Daten

  • Motor: 1,8-Liter-Vierzylinder, 16 Ventile, G-Lader
  • Leistung: 210 PS (153 kW)
  • Drehmoment: 252 Nm
  • Getriebe: Fünfgang, manuell, Allradantrieb
  • 0-100 km/h: 7,4 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 227 km/h
  • Verbrauch: ca 12 l/100 km
  • Länge: 4,04 m
  • Breite: 1,70 m
  • Höhe: 1,36 m
  • Leergewicht: 1.220 kg
  • Stückzahl: 5.000 (Golf 2 Rallye); ca. 12 (Golf 2 Rallye 16V G60 von VWM)
  • Listenpreis: 46.500 DM (1989), 35.650 DM (1990), zzgl. Umbau 25.080 DM

Technische Besonderheit: Der G-Lader

VW experimentierte in den 1980er-Jahren mit aufgeladenen Pkw-Benzinmotoren. Einige Prototypen fuhren mit Turboladern. 1985 startete die Produktion des VW Polo G40, später folgten VW Golf G60, Rallye Golf G60, Golf 2 Limited 16V G60 sowie Passat G60 und Corrado G60. In allen Fällen steigerten sogenannte G-Lader die Leistung.

Der G-Lader sitzt vor dem Motor. Die Lichtmaschine arbeitet deshalb hinter dem Block Der G-Lader sitzt vor dem Motor. Die Lichtmaschine arbeitet deshalb hinter dem Block Quelle: MOTOR-TALK G-Lader werden per Riemen von der Kurbelwelle angetrieben und verdichten die Ansaugluft. Der Verdichtungsprozess unterscheidet sich aber von jenen bei Turbos oder Kompressoren.

Die Luft wird im G-Lader durch ein festes schneckenförmiges Labyrinth geleitet. Ein bewegliches Bauteil mit gleicher Form, die sogenannte Verdichterplatte, sitzt im Gehäuse. Eine Exzenterwelle schiebt die Verdichterplatte dicht an die Spirale des Gehäuses. Diese Bewegung drückt die Luft in Richtung Motor. Serienmäßig entstand ein Ladedruck von 0,54 (16V G60) bis 0,65 bar (G60).

Lange konnte sich die Technik nicht durchsetzen. VW vermarktete den G-Lader als wartungsfrei. Mangelnde Pflege und Leistungssteigerungen führten jedoch zu Ausfällen. Das schädigte den Ruf des Laders. 1993 lief der G-Lader bei VW aus.

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