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Audi Sport Quattro - Mit dem Audi Sport Quattro über den Großglockner

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Mit Kindheitshelden ist das so eine Sache – man ist sehr schnell sehr enttäuscht. MT-Redakteur Constantin Bergander hat sich trotzdem getraut und ist den Audi Sport Quattro gefahren.

Zwei Kurze, bitte: Audi hat nur 214 Sport Quattro gebaut. Drei davon stehen im Audi-Museum - diese beiden und ein schwarzes Exemplar Zwei Kurze, bitte: Audi hat nur 214 Sport Quattro gebaut. Drei davon stehen im Audi-Museum - diese beiden und ein schwarzes Exemplar Quelle: Audi

Kitzbühel – Die Turbine setzt erst spät ein. Ab 2.500 Touren merke ich, wie sich die Abgase gegen die Schaufelräder stemmen. Sie drücken und schieben, doch die Welle dreht immer noch nicht schnell genug. Der Zeiger im Ladedruck-Instrument bewegt sich nicht – vor mir knurrt ein schlecht verdichteter Motor mit Atemnot.

So war das damals, vor 30 Jahren. Heute können Unbedarfte Turbo- kaum von Saug-Motoren unterscheiden, die Lader sprechen schneller an als ein Automatikgetriebe. 1983 hatte der beste Audi ein Turboloch, das von Neckarsulm bis nach Ingolstadt reichte. Das behaupten jedenfalls böse Zungen. Und sie haben recht.

Audi Sport Quattro: Legende von 1983

Der Berg ist das Ziel: Auf dem Großglockner Pass fühlt sich der Urquattro unglaublich wohl Der Berg ist das Ziel: Auf dem Großglockner Pass fühlt sich der Urquattro unglaublich wohl Quelle: Audi Trotzdem: Der Sport Quattro war der beste Audi. Und er ist es immer noch, irgendwie. Denn er trägt bis heute das Image der Marke. Er brachte den Vorsprung durch Technik, den sich die Werbetexter 30 Jahre später wünschen. Heute baut Audi Studien zu seinen Ehren. Sein Allradantrieb mit sperrbarem Mitten- und Heckdifferenzial sicherte damals den Erfolg im Rallye-Sport: Audi gewann überall da, wo Schnee lag. Die Technik hielt, sogar in den letzten S1 mit 700 PS.

Für den Straßenverkehr gab es nicht mal die Hälfte der Leistung. 306 PS stehen auf dem Datenblatt im Handschuhfach, dazu 350 Newtonmeter. Gefühlt hat er bis heute weder Kraft, noch Leistung verloren. Denn nach dem Turboloch, einem langen Nichts, das sich nach Golf-2-Saugdiesel anfühlt, passiert etwas Fantastisches.

Die Erlösung nach dem Turboloch

Der Abgasstrom wächst, er schiebt stark in den Lader. Die Schaufelräder bewegen sich, die Welle dreht. Immer schneller, irgendwann mit einem Vielfachen der Motordrehzahl. Bei 3.000 Kurbelwellenumdrehungen zeigt die Nadel 0,5 bar. Unnötig, denn ich kann den Druck hören. Das Zischen von vorn nimmt zu, konkurriert mit dem unvergleichbar asymmetrischen Sound des Fünfenders vor dem Lader. Dann, irgendwann kurz vor 4.000 Touren, kommt der Schub.

Zwei unauffällige Endrohre machen traumhaften Sound. Die Backen des Sport Quattro sind zu breit für die Rückleuchten Zwei unauffällige Endrohre machen traumhaften Sound. Die Backen des Sport Quattro sind zu breit für die Rückleuchten Quelle: Audi Plötzlich bewegt sich das Auto um mich schneller als ich. Ich erinnere mich an Newtons Axiome und die Massenträgheit – besser kann man sie nicht demonstrieren. Die Recaro-Schale drückt gegen meinen Rücken, sie nimmt mich mit in einen Rausch voller Geschwindigkeit und Traktion. Keiner der 225er-15-Zoll-Reifen quietscht, keine Elektronik regelt den Vortrieb. Es geht nur geradeaus. Mechanisch, pur, bis 7.000 Touren.

Mit dem Sport Quattro über den Großglockner

Dann, ein Griff nach rechts. Der Fuß bleibt auf dem Gas, der Ladedruck soll nicht abfallen. Der nächste Gang klackt in die Gasse. Ich lupfe den linken Fuß und genieße das Schauspiel ein zweites Mal. Unzählige werden es auf meiner Tour über den Großglockner Pass, einem der schönsten Wege durch die Alpen. Links der Berg, rechts der Abgrund. Ich mittendrin, zwischen Fahrspaß und Vernunft. Wie viel kann ich einem Auto zumuten, das in wenigen Monaten als historisch gilt?

Kurve für Kurve erfahre ich die Antwort: Der Audi kann eine Menge ab. Eine ganze Menge. Mehr als ich mir zutraue. Mein Sport Quattro ist der erste, den Audi in der Serienproduktion gebaut hat. Das bestätigt die Fahrzeugnummer (85EA 905 001 – Typ 85, Entwicklungsauftrag 905, Nummer 001). 214 Fahrzeuge waren es insgesamt, normale Exemplare kosten sechsstellige Summen, der hier sicherlich noch mehr.

MT-Redakteur Constantin Bergander wagt den Ritt im 1984er-Audi-Sport-Quattro MT-Redakteur Constantin Bergander wagt den Ritt im 1984er-Audi-Sport-Quattro Quelle: Audi Meine (trotzdem flotte) Fahrweise beeindruckt den 2,2-Liter-Fünfender wenig. Das Öl wird gerade einmal 100 Grad warm, das Kühlwasser bleibt 15 Grad kälter. Genug Reserven für Röhrl und Blomqvist. Geschenkt – das ist kein Wettbewerb, sondern ein Erlebnis. Der kurze Radstand lässt den Sport Quattro durch Kurven tanzen. So leichtfüßig, dass ich das Turboloch vergesse. Theoretisch könnte ich auf der Passstraße in einem Zug wenden. Doch das Ziel ist der Gipfel. Dann erst das Tal. Und dann wieder der Gipfel.

Die schönste Straße in Österreich

87 Kilometer lang jagen Quattro und ich durch 56 Kehren, bis auf 2.571 Meter Höhe. Steigung macht ihm nichts aus, jedenfalls nicht jenseits der 4.000 Touren. Mehr Probleme hat er mit dem Gefälle: Trotz eines Leergewichts von nur 1.300 Kilogramm sind die innenbelüfteten Bremsen hoffnungslos überfordert. Bergab fahren wir nicht mehr sportlich, sondern vernünftig. Mit Motorbremse, wie damals in der Fahrschule.

Der Sport Quattro zeigt mir in jeder Kurve, wie leicht er ist. Er wankt kaum und wehrt sich nicht, sondern folgt treu meinen Anweisungen. Seine Karosserie stammt von der Firma Baur. Sie senkte das Gewicht mit Plastik und Kevlar-Verbundstoffen – entsprechend teuer würde ein Auffahrunfall werden. Innen gibt es alles, was damals gut und teuer war: Elektrische Fensterheber und Spiegel, Sitzheizung, Leder auf Armaturenbrett, Sitzen sowie Lenkrad und etwas Wildleder auf den Sonnenblenden. Bei einem Preis von rund 200.000 Mark muss das sein. Teurer war damals kein anderes deutsches Auto.

Der Audi Sport Quattro basiert auf dem Ur-Quattro. Die Entwickler kürzten den Radstand um 30, das Auto um 24 Zentimeter Der Audi Sport Quattro basiert auf dem Ur-Quattro. Die Entwickler kürzten den Radstand um 30, das Auto um 24 Zentimeter Quelle: Audi

Nostalgie mit Technik aus den 80ern

Trotz seiner straffen Federung würde ich mit meinem Sport Quattro lange Strecken fahren. Maximal zu zweit, die Rückbank ist eine bessere Ablage. Dafür gibt es serienmäßig Schlossfallen für Sport-Gurte. Nach einigen 100 Kilometern zeigt der Kurze trotzdem sein Alter. Es knarzt hier und da und ich rieche nicht-katalysierte Abgase im Innenraum.

Das können seine inoffiziellen Nachfolger besser. Sie wirken modern, sauber, klinisch. Audi hat seit einigen Jahren auch wieder einen Fünfzylinder-Turbomotor im Programm. Mit Badboy-Sound und ohne Turboloch. Einen zweiten Sport Quattro wird es trotzdem nicht geben. Die Reifenspuren des Originals sind zu groß, kein Neuwagen könnte ihnen folgen. Außerdem gibt es keine Gruppe-B mehr, in der sich Audi profilieren könnte. Rallyes sind mittlerweile VW-Sache. Es bleibt der „Was wäre, wenn...“-Gedanke. Und die Erinnerung an diesen Ausritt. Zumindest akustisch gilt: Fünf ist Trümpf.

Audi Sport Quattro: Technische Daten

  • Motor: 2,2-Liter-Fünfzylinder mit einem Turbolader
  • Getriebe: Fünfgang Schaltgetriebe
  • Leistung: 306 PS, 350 Nm
  • Verbrauch: ca. 11 l/100 km
  • 0 – 100 km/h: 4,9 s
  • Höchstgeschwindigkeit: ca. 250 km/h
  • Länge x Breite x Höhe in m: 4,16 x 1,78 x 1,34
  • Leergewicht inklusive Fahrer: 1.300 kg
  • Preis: 203.850 DM (1984)

Quelle: MOTOR-TALK

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