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Neue Ausstattung macht aus Oldtimern Altautos - Sitzheizung rein, H-Kennzeichen futsch?

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Immer mehr Oldtimer werden mit Komfort-Nachrüstungen getunt. Technisch ist dies möglich, doch Sitzheizung, Einparkhilfe und Co. gefährden die Originalität der Klassiker.

Schick, aber nicht original: Durch Komfort-Tuning können Klassiker das H-Kennzeichen verlieren Schick, aber nicht original: Durch Komfort-Tuning können Klassiker das H-Kennzeichen verlieren Quelle: die-motorjournalisten.com | Haiko Prengel für mobile.de

Von Haiko Prengel

Berlin – Viele Menschen würden niemals freiwillig einen Oldtimer wie den VW Käfer oder T2 Bulli fahren. Die Technik ist hoffnungslos veraltet und der Komfort geht gegen Null – da können die alten Kisten noch so kultig und hübsch sein.

Für das Problem mit dem Komfort gibt es Abhilfe bei John Betzien. Der Inhaber einer Berliner Autosattlerei verwandelt auf Wunsch alte Karren in moderne Autos, indem er einfach neue Technik unter die historische Hülle montiert. Ob Klimaanlage, Lichtautomatik, Servolenkung oder Rückfahrkamera – es gebe praktisch nichts, was man nicht nachrüsten könne, sagt Betzien.

Nachträglich eingebaute Komfortextras in klassischen Automobilen liegen im Trend. Die Berliner Autosattlerei hat schon seit einiger Zeit verstärkt Anfragen wegen solcher Umbauten. „Die Leute wollen eben die Annehmlichkeiten der heutigen Fahrzeuge auch in ihren Oldtimern haben“, unterstreicht Chef Betzien.

Was ist mit dem Oldtimer-Status?

Der Einbau der Sitzheizung im Käfer ist relativ simpel. Unter den Stoff müssen lediglich Heizdrähte verlegt werden Der Einbau der Sitzheizung im Käfer ist relativ simpel. Unter den Stoff müssen lediglich Heizdrähte verlegt werden Quelle: die-motorjournalisten.com | Haiko Prengel für mobile.de Es gibt da nur ein Problem: Original sind die Autos nach solchen Umbauten nicht mehr. Das gefährdet ihren Status als Oldtimer, denn Originalität ist eines der Hauptkriterien bei der Zuteilung des Kennzeichens für historische Fahrzeuge. Das H-Sonderkennzeichen ist ein begehrtes Privileg, denn es kann erhebliche steuerliche Vorteile bringen und erlaubt überdies die freie Fahrt in die Umweltzonen der Großstädte. Doch ist dieses Privileg noch legitim, wenn der Oldtimer unter dem historischen Blechkleid zum nicht-originalen Komfortschlitten gepimpt wurde?

Gerade hat John Betzien die Sitze aus einem Mexiko-Käfer geschraubt, um dem Klassiker 45 Watt starke Carbon-Heizmatten ins Gestühl einzupflanzen. Im Winter ist Käfer-Fahren nicht immer eine Freude. Die Scheiben beschlagen, aus der Heizung weht nur ein laues Lüftchen. Da ist es doch schön, wenn wenigstens der Po schön warm bleibt. „Eine Klimaanlage kann man auch nachrüsten“, sagt Betzien. „Da gibt es Spezialisten.“

Nun wissen nicht nur Käfer-Enthusiasten, dass es den berühmten Krabbler aus Wolfsburg ab Werk niemals mit Sitzheizung gab, trotz jahrzehntelanger Produktionszeit. Und mit Klimaanlage auch nicht. „Ich würde mir niemals eine Sitzheizung in einen Käfer einbauen lassen“, sagt Mario De Rosa von der Initiative Kulturgut Mobilität.

Sicherheit geht vor Originalität

Die moderne Servolenkung im T2 Bulli ist praktisch unsichtbar. Aber nicht mehr original Die moderne Servolenkung im T2 Bulli ist praktisch unsichtbar. Aber nicht mehr original Quelle: die-motorjournalisten.com | Haiko Prengel für mobile.de

Die Oldtimer-Interessenvereinigung beobachtet schon länger, dass sich eine zunehmende Zahl professioneller Anbieter auf dem Markt tummelt, die mit elektrischen Lenkhilfen, Motortunings und anderen Eingriffen Klassiker aufrüsten. Das Ergebnis seien historische Hüllen mit moderner Technik. Solchen Fahrzeugen sei der Anspruch als klassisches Fahrzeug komplett abzusprechen, kritisiert de Rosa, der selbst einen VW Käfer Ovali von 1955 besitzt – in unangetastetem Originalzustand.

Nun hält er bei aller Originalitätsliebe eine Sitzheizung im VW Käfer noch für kein Drama. „Schwamm drüber“, meint De Rosa. Etwas anderes seien gravierende Eingriffe in Fahrwerk oder Antriebstechnik. Beliebt ist in der Käfer-Szene beispielsweise der Einbau leistungsgesteigerter Typ4-Motoren, die auch bei Porsche zum Einsatz kamen. Ja sogar wassergekühlte Subaru-Motoren werden in Käfern und alten VW-Transportern inzwischen gerne eingebaut. Von Originalität sei da keine Spur mehr, so De Rosa: „Bei solchen Eingriffen halte ich es für zwingend geboten, dass ein HU-Prüfer dem Fahrzeug das H-Kennzeichen verweigert.“

Doch was ist mit einer nachträglich eingebauten Servolenkung? Die greift auch ins Fahrwerk ein, bringt aber bei der Fahrsicherheit einen erheblichen Gewinn. Ist es deshalb nicht eher zu begrüßen, wenn beispielsweise alte VW T2-Transporter mit einer modernen Servolenkung aufgerüstet werden? Ganz zu schweigen von Sicherheitsgurten: Auch wenn es eine Anschnallpflicht gibt, müssen vor April 1970 zugelassene Oldtimer per Gesetz nicht mit Gurten ausgerüstet sein.

Die Nachrüstung wird aber empfohlen, weil Sicherheit hier vor Originalitätsanspruch geht. Das betrifft auch andere Sicherheitsausstattungen wie Aufsteck-Kopfstützen oder zusätzliche Bremsleuchten.

Das sagt der Prüfer

Betzien mit einer modernen Servolenkung (links) und einem alten Lenkgetriebe (rechts) für einen VW Bus T2 Betzien mit einer modernen Servolenkung (links) und einem alten Lenkgetriebe (rechts) für einen VW Bus T2 Quelle: die-motorjournalisten.com | Haiko Prengel für mobile.de Der Mexiko-Käfer aus Berlin würde auf dem Prüfstand durchfallen, jedenfalls beim Ingenieur Thomas Schuster von Sachverständigenorganisation KÜS. Der Grund ist die rote Folierung an den Seiten. „Lackfolien und Sprühgummi sind grundsätzlich nicht zulässig“, erklärt Schuster. Rallyestreifen oder Designvarianten der damaligen Zeit wiederum können bei der Hauptuntersuchung durchgehen. „Ein pinkfarbener Cadillac mit Flammendekor kann als zeitgenössisch betrachtet werden.“

Bemerkenswerterweise kann eine Sitzheizung in einem Käfer dagegen zulässig sein. „Eine nachträglich eingebaute Sitzheizung kann nur dann ein Problem darstellen, wenn sie selbst nicht mehr als zeitgenössisch erachtet werden kann - und die Schalteinrichtung direkt sichtbar ist“, erklärt der Prüfingenieur. Mit anderen Worten: Wenn das Komfortextra unsichtbar bleibt, ist vieles erlaubt – sogar moderne Radios mit Digitaltechnik oder Freisprecheinrichtungen, die für Originalitäsfans ein No-Go darstellen.

Selbst elektronische Einparkhilfen können beim HU-Prüfer durchgehen, wenn ihre Bauteile wie Sensoren oder Schaltvorrichtungen die zeitgenössische Optik des Fahrzeugs nicht beeinflussen. So gibt es die Park Distance Control auf dem Zubehörmarkt als smarten Nachrüstsatz, wo die Sensoren in die Kennzeichenhalter integriert sind. Besonders hübsch seien diese Halterungen nicht, findet John Betzien von der Berliner Autosattlerei. „Aber wenn man mit einer frisch verchromten Stoßstange im Wert von 1.500 Euro irgendwo aneckt, ist das auch nicht schön.“

Die richtigen Leute kennen

Betzien kann die Kritik von Oldtimer-Minimalisten in Bezug auf den Pfusch an der Originalität nachvollziehen. Für ihn kommt es auf das jeweilige Fahrzeug an. In einen frühen Brezel-Käfer im Urzustand würde er auch keinen modernen Schnickschnack einbauen, versichert der Auto-Sattler. In einen gewöhnlichen Mexiko-Käfer, der auch als Alltagsauto genutzt wird, dagegen schon.

Letztlich sei es immer Ansichtssache, ein „Graubereich“, meint Betzien. Entscheiden muss am Ende der HU-Prüfer. Selbst bei den Ingenieuren gehen die Meinungen auseinander, welche Umrüstung zulässig ist und welche nicht. Beispiel Radio: „Der eine Prüfer lehnt die Nachrüstung als neumodischen Kram ab. Und der andere akzeptiert Radios, weil das regelmäßige Hören des Verkehrsfunks sicherheitsrelevant ist.“ Es ist wie so oft im Leben: Man muss einfach die richtigen Leute kennen.

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