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So produziert man tote Motorradfahrer

Themenstarteram 30. Juni 2018 um 13:06

Ja, der Titel ist provokant, aber auch leider wahr.

Ein deutsches Landgericht entscheidet, dass bei einem missglückten Überholversuch lieber ein Motorradfahrer mit 12-jähriger Sozia zu gefährden ist, als durch eine Bremsung den Überholvorgang abzubrechen und sich in einer 50 Meter großen Lücke hinter dem Motorrad einzureihen.

Auch das anschließende Fluchtverhalten mit dem Überfahren von zwei roten Ampeln mit Verkehrsgefährdung wurde verständnisvoll vom Richter unter den Tisch gekehrt.

Klingt krass, ist aber leider so entschieden worden.

Vor ca. einem Jahr fuhren drei Motorradfahrer auf einer Landstraße.

Durch den vorherigen Kreisverkehr auseinandergerissen, fuhr Fahrer 2 mit einem Abstand von ca. 50 Metern hinter Fahrer 1, Fahrer 3 folgte in normalem Abstand zu Fahrer 2.

Eine Autofahrerin überholte diese Kolonne in einem Ansatz ohne einzuscheren, obwohl genügend Platz zum gefahrfreien Einscheren gewesen wäre.

Als sich der Gegenverkehr gefährlich genähert hatte und bereits heftig aufblinkte, zog die Fahrerin neben dem vorne fahrenden Motorradfahrer mit 12-jähriger Sozia schlagartig auf die Spur der Motorradfahrer zurück.

Der Motorradfahrer konnte durch ein Notmanöver (Bremsen, Ausweichen und wieder zurück auf die Fahrbahn wuchten - der ca. 1m tiefe Graben neben der Straße wurde nur um ein paar Zentimeter verfehlt) den Unfall gerade noch verhindern, der Abstand zum Auto war zwischenzeitlich < 5 cm.

Danach trat das Fluchtverhalten der Fahrerin zu Tage. Vollgas über den nächsten Kreisverkehr, an der folgenden Ampel bei Rot über die Linksabbiege-Spur geradeaus, dann weiter über die nächste rote Ampel.

Vor 5 Monaten kam es zur Verhandlung vor einem deutschen Amtsgericht.

Die angeklagte Fahrerin wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 800€ und einem Führerscheinentzug mit der Auflage, den Neuerwerb frühestens 12 Monate nach Abgabe zu beantragen. Das Urteil berief sich auf eine Gefährdung des Straßenverkehrs nach StGB §315c (Straftat).

Soweit so gut, aber dann...

Der Anwalt der Fahrerin ging in Berufung. Somit landete das Verfahren vor dem Landgericht.

Alle Zeugen wurden erneut gehört.

Danach wurden die Aussagen der Zeugen aus dem Zusammenhang gerissen und zerstückelt für die Urteilsbegründung genutzt.

Aus der Aussage des 3. Motorradfahrers „ich fuhr mit ca. 35 km/h aus dem Kreisverkehr und beschleunigte dann auf die erlaubten 70 km/h“ wurde vom Richter ein „fuhr mit ca. 35 km/h“ gemacht, womit ein Überholen rechtens und nachvollziehbar sei.

Aus der Aussage der 2. Motorradfahrerin „als das Auto neben mir war, war noch kein Gegenverkehr zu sehen, kurz danach jedoch schon“ wurde vom Richter ein „da war kein Gegenverkehr zu sehen“ und somit keine Gefährdung.

Die Aussage der Motorradfahrer, dass die Motorräder mit ca. 50 Metern Abstand fuhren und somit mehr als genug Platz zum Einscheren gewesen wäre, wurde komplett ignoriert.

Der Richter fragte den abgedrängten Motorradfahrer „Wie hätten sie denn reagiert? Hätten Sie den Frontalzusammenstoß in Kauf genommen oder den Motorradfahrer gefährdet?“. Der Motorradfahrer antwortete „Ich hätte gebremst und wäre hinter dem Motorradfahrer in der 50 Meter großen Lücke eingeschert, hätte somit den Überholvorgang abgebrochen ohne jemanden zu gefährden.“ Diese Option kam aber für den Richter nicht in Frage.

Das neue Urteil lautet jetzt 250€ Strafe und 1 Monat Fahrverbot. Es läge keine Straftat vor, lediglich eine Ordnungswidrigkeit.

Der Richter sah kein grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Verhalten. Laut §315c StGB 2.c) liegt dieses jedoch vor, wenn jemand falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt.

Die Rotlichtvergehen wurden nicht beachtet, da es ja eine Flucht war....

Alleine ein Rotlichtvergehen (Ampel bei schon länger als 1 Sekunde leuchtendem "Rot" überfahren mit Gefährdung) hätte laut Bußgeldkatalog eine Geldstrafe von 200€, 2 Punkte und ein Fahrverbot von 1 Monat & je nach Tatbegehung Geldstrafe, Führerscheinentzug und Freiheitsstrafe bis 5 Jahre gemäß § 315c StGB nach sich ziehen müssen. Und es waren zwei Rotlichtvergehen.

Das bedeutet, dass die Strafe nicht die beiden Rotlichtvergehen beinhalten kann.

Sieht so der Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer aus?

Beste Antwort im Thema
Themenstarteram 30. Juni 2018 um 13:06

Ja, der Titel ist provokant, aber auch leider wahr.

Ein deutsches Landgericht entscheidet, dass bei einem missglückten Überholversuch lieber ein Motorradfahrer mit 12-jähriger Sozia zu gefährden ist, als durch eine Bremsung den Überholvorgang abzubrechen und sich in einer 50 Meter großen Lücke hinter dem Motorrad einzureihen.

Auch das anschließende Fluchtverhalten mit dem Überfahren von zwei roten Ampeln mit Verkehrsgefährdung wurde verständnisvoll vom Richter unter den Tisch gekehrt.

Klingt krass, ist aber leider so entschieden worden.

Vor ca. einem Jahr fuhren drei Motorradfahrer auf einer Landstraße.

Durch den vorherigen Kreisverkehr auseinandergerissen, fuhr Fahrer 2 mit einem Abstand von ca. 50 Metern hinter Fahrer 1, Fahrer 3 folgte in normalem Abstand zu Fahrer 2.

Eine Autofahrerin überholte diese Kolonne in einem Ansatz ohne einzuscheren, obwohl genügend Platz zum gefahrfreien Einscheren gewesen wäre.

Als sich der Gegenverkehr gefährlich genähert hatte und bereits heftig aufblinkte, zog die Fahrerin neben dem vorne fahrenden Motorradfahrer mit 12-jähriger Sozia schlagartig auf die Spur der Motorradfahrer zurück.

Der Motorradfahrer konnte durch ein Notmanöver (Bremsen, Ausweichen und wieder zurück auf die Fahrbahn wuchten - der ca. 1m tiefe Graben neben der Straße wurde nur um ein paar Zentimeter verfehlt) den Unfall gerade noch verhindern, der Abstand zum Auto war zwischenzeitlich < 5 cm.

Danach trat das Fluchtverhalten der Fahrerin zu Tage. Vollgas über den nächsten Kreisverkehr, an der folgenden Ampel bei Rot über die Linksabbiege-Spur geradeaus, dann weiter über die nächste rote Ampel.

Vor 5 Monaten kam es zur Verhandlung vor einem deutschen Amtsgericht.

Die angeklagte Fahrerin wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 800€ und einem Führerscheinentzug mit der Auflage, den Neuerwerb frühestens 12 Monate nach Abgabe zu beantragen. Das Urteil berief sich auf eine Gefährdung des Straßenverkehrs nach StGB §315c (Straftat).

Soweit so gut, aber dann...

Der Anwalt der Fahrerin ging in Berufung. Somit landete das Verfahren vor dem Landgericht.

Alle Zeugen wurden erneut gehört.

Danach wurden die Aussagen der Zeugen aus dem Zusammenhang gerissen und zerstückelt für die Urteilsbegründung genutzt.

Aus der Aussage des 3. Motorradfahrers „ich fuhr mit ca. 35 km/h aus dem Kreisverkehr und beschleunigte dann auf die erlaubten 70 km/h“ wurde vom Richter ein „fuhr mit ca. 35 km/h“ gemacht, womit ein Überholen rechtens und nachvollziehbar sei.

Aus der Aussage der 2. Motorradfahrerin „als das Auto neben mir war, war noch kein Gegenverkehr zu sehen, kurz danach jedoch schon“ wurde vom Richter ein „da war kein Gegenverkehr zu sehen“ und somit keine Gefährdung.

Die Aussage der Motorradfahrer, dass die Motorräder mit ca. 50 Metern Abstand fuhren und somit mehr als genug Platz zum Einscheren gewesen wäre, wurde komplett ignoriert.

Der Richter fragte den abgedrängten Motorradfahrer „Wie hätten sie denn reagiert? Hätten Sie den Frontalzusammenstoß in Kauf genommen oder den Motorradfahrer gefährdet?“. Der Motorradfahrer antwortete „Ich hätte gebremst und wäre hinter dem Motorradfahrer in der 50 Meter großen Lücke eingeschert, hätte somit den Überholvorgang abgebrochen ohne jemanden zu gefährden.“ Diese Option kam aber für den Richter nicht in Frage.

Das neue Urteil lautet jetzt 250€ Strafe und 1 Monat Fahrverbot. Es läge keine Straftat vor, lediglich eine Ordnungswidrigkeit.

Der Richter sah kein grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Verhalten. Laut §315c StGB 2.c) liegt dieses jedoch vor, wenn jemand falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt.

Die Rotlichtvergehen wurden nicht beachtet, da es ja eine Flucht war....

Alleine ein Rotlichtvergehen (Ampel bei schon länger als 1 Sekunde leuchtendem "Rot" überfahren mit Gefährdung) hätte laut Bußgeldkatalog eine Geldstrafe von 200€, 2 Punkte und ein Fahrverbot von 1 Monat & je nach Tatbegehung Geldstrafe, Führerscheinentzug und Freiheitsstrafe bis 5 Jahre gemäß § 315c StGB nach sich ziehen müssen. Und es waren zwei Rotlichtvergehen.

Das bedeutet, dass die Strafe nicht die beiden Rotlichtvergehen beinhalten kann.

Sieht so der Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer aus?

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Wahrscheinlich wohnt der Richter irgendwo an einer Strasse, die viel von Motorrädern befahren wird und wirft heimlich Holzlatten auf die Strasse. Anders kann ich mir das nicht erklären.

Endlich ein mal ein interessantes Thema hier!

Für den Richter hätte der "Öl-Flaschen-Werfer" wohl auch nur eine geringfügige Ordnungswidrigkeit begangen...

 

Ich höre lieber auf hier, sonst werde ich ausfallend....

Was mich interessieren würde,

die Autofahrerin war vor was auf der Flucht?

Mich würde vor allem eine verlässliche Quelle zu all diesen Vorwürfen interessieren.

ja, wirklich interessant, diese Thematik. Aber für Richtersrpüche nicht aussergewöhnlich. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Urteile (Gott-sei-Dank vom Amtsgericht und somit angreif- und widerrufbar) von Richtern ergehen, die offensichtlich nicht genau lesen können, was Anwälte und Zeugen vortragen.Auch in meinem Fall wurden Einlassungen vollkommen ignoriert. Allerdings von nächsthöherer Instanz (Landgericht) "zurechtgerückt".Glück gehabt!

Wenn aber Richter des LG so etwas "produzieren" und keine Berufung möglich ist, dann hat man halt schlichtweg "gelost". Richter sind leider "unabhängig" und völlig unangreifbar. "Zum Glück" oder "leider"???? je nachdem, wo man steht....

Wäre aber wirklich ebenfalls von Interesse, welches Gericht und welcher Richter so etwas "verbrochen" hat.......

Themenstarteram 30. Juni 2018 um 13:33

Zitat:

@mustang-shelby schrieb am 30. Juni 2018 um 15:21:39 Uhr:

Was mich interessieren würde,

die Autofahrerin war vor was auf der Flucht?

Sie hat gemerkt, dass sie etwas falsch gemacht hat und flüchtete vor den Motorradfahrern, die sie aggressionsfrei darauf aufmerksam machen wollten.

Themenstarteram 30. Juni 2018 um 13:34

Zitat:

@AMenge schrieb am 30. Juni 2018 um 15:24:17 Uhr:

Mich würde vor allem eine verlässliche Quelle zu all diesen Vorwürfen interessieren.

Reicht dir der abgedrängte Motorradfahrer, der als Zeuge ausgesagt hat?

Den hast Du hier.

Themenstarteram 30. Juni 2018 um 13:35

Zitat:

@E-Glider352 [url=https://www.motor-talk.de/.../...tote-motorradfahrer-t6383599.html?...]Wäre aber wirklich ebenfalls von Interesse, welches Gericht und welcher Richter so etwas "verbrochen" hat.......

Ich weiss nicht, ob mich dass in Schwierigkeiten bringen würde, wenn ich das nenne. Daher lass ich es erstmal, bis ich das geklärt habe.

Kommst Du wirklich aus Gelsenkirchen?

Ich habe vermutet, dass du direkt beteiligt warst. Daher sind deine Aussagen naturgemäß hochgradig subjektiv. Deswegen sind sie selbstverständlich natürlich per se nicht falsch, aber bei Gerichtsverhandlungen gibt es typischerweise mehr als nur eine Sichtweise.

Um sich als Außenstehender ein Urteil bilden zu können finde ich es immer hilfreich, wenn man mehr als nur eine Seite hört/liest.

Themenstarteram 30. Juni 2018 um 13:39

Zitat:

@huedefueh schrieb am 30. Juni 2018 um 15:36:22 Uhr:

Kommst Du wirklich aus Gelsenkirchen?

nein, das mit dem nummernschild passte nur.

Themenstarteram 30. Juni 2018 um 13:41

Zitat:

@AMenge schrieb am 30. Juni 2018 um 15:37:29 Uhr:

Ich habe vermutet, dass du direkt beteiligt warst. Daher sind deine Aussagen naturgemäß hochgradig subjektiv. Deswegen sind sie selbstverständlich natürlich per se nicht falsch, aber bei Gerichtsverhandlungen gibt es typischerweise mehr als nur eine Sichtweise.

Um sich als Außenstehender ein Urteil bilden zu können finde ich es immer hilfreich, wenn man mehr als nur eine Seite hört/liest.

Ich versuche immer so objektiv wie möglich zu berichten, daher habe ich mir mit dem Schreiben auch knapp eine Woche Zeit gelassen und mehrfach darüber geschlafen.

Bei der Meinung eines Aussenstehenden kann ich nur soviel sagen, dass der Staatsanwalt mehr als unzufrieden und geschockt über das Urteil war.

Ob es hier in die nächste Instanz geht, konnte er nicht sagen, da er nur vertreten hat.

am 30. Juni 2018 um 14:47

gibt es einen Zeitungsartikel dazu?

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