So funktioniert Facelift. Mercedes macht den ML zum GLE. Mit neuem Namen, neuer Karosserieform und neuem Plug-in-Antrieb. Doch das Highlight bleibt etwas Altbewährtes.
Kitzbühel – Es gibt Dinge, die kann man kaum glauben. Dass die Amerikaner George W. zweimal zum US-Präsidenten gewählt haben und dass Kati Witt mal mit MacGyver (Richard Dean Anderson) zusammen war zum Beispiel. Oder, dass Mercedes ein Auto mit neuem Namen, neuer Coupé-Karosse (GLE Coupé) und neuen Antrieben auf den Markt bringt, unterm Blech aber im Grunde noch der Vorgänger steckt. Quelle: Daimler Mit der Modellpflege wird der ML flugs zum GLE. Das ist gut, weil die alte Nomenklatur kein Mensch verstand. Noch besser ist, dass mit dem Namen neues Design, neuer Innenraum, Neungang-Automatik und vor allem eine Plug-in-Hybrid-Version das SUV deutlich verbessern. Der Mercedes GLE bekommt einen Plug-in-AntriebIm besten Fall verbrauchte ein „alter“ ML mit Benzinmotor 8,5 Liter auf 100 Kilometern (ML 350 4Matic). Im Normalfall schluckte er meistens mehr. Beides will Mercedes mit dem GLE 500 e ändern. Den Antrieb, der das schaffen soll, kennen wir aus der S-Klasse. Unter der Haube steckt neben einem 333 PS starken 3,0-Liter-V6 auch ein 116 PS starker Elektromotor. Beide zusammen bringen den GLE auf eine Leistung von 442 PS und ein Drehmoment von 650 Newtonmetern. So fährt der Plug-in in 5,3 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h. Schneller können das nur die AMG-Versionen. Quelle: Daimler Anders als bei denen interessiert beim Mercedes-Plug-in aber nicht Performance, sondern Verbrauch. Nur 3,3 Liter soll der 500e auf 100 Kilometern trinken, die elektrische Reichweite beträgt laut Mercedes 30 Kilometer. Bei einer Testfahrt im Tiroler Bergland zeigt sich: Zu erreichen ist beides in der Realität kaum. Beim Start mit vollem Lithium-Ionen-Akku und dem festen Willen, die 30 Kilometer noch zu überbieten, ist bereits nach 23 Kilometern Schluss. So kann die Testfahrt nur bestätigen, was der Verstand schon wusste. Öko auf 4,80 Meter Länge und im 2,5 Tonnenformat funktioniert auch bei Mercedes nur bedingt. Am Ende liegt der errechnete Durchschnittsverbrauch bei 6,7 Litern. Immerhin: von 55 gefahrenen Kilometern konnten 31 elektrisch zurückgelegt werden. Das ist für ein Auto dieser Größe sehr gut, realistisch ist es nicht. Wer die Leistung des schnellen Dicken ausschöpft, treibt den Verbrauch deutlich nach oben. Der Plug-in bleibt wie so oft ein Alibi-Antrieb für den Flottenverbrauch, oder eine extravagante Performance-Spritze. Zum großen GLE will er nicht so recht passen. Der Böse: 585 PS im GLE 63 S CoupéSzenen-, Auto- und Reifenwechsel. An den Achsen des neuen Mercedes GLE 63 S Coupé stecken die größten Felgen, die Mercedes im Lager hat. Auf die 22-Zöller schmiegen sich 325er-Schlappen, auf dem Kotflügel prangt ein dezentes „V8 Biturbo“. Dazu ein Heck, bei dessen Anblick selbst X6-Fahrer rot werden. Das prolligste GLE Coupé ist das Auto, für das sich der Plug-in-GLE und seine zukünftigen Besitzer entschuldigen müssen. Quelle: Daimler Der 5,5-Liter-V8 leistet 585 PS und 760 Newtonmeter Drehmoment. Das sind 28 PS mehr als beim Vorgänger ML 63 AMG. Es reicht, um die 2.350 Kilogramm Blech in 4,2 Sekunden auf 100 km/h zu beschleunigen. Zum Vergleich: Ein C63 AMG ist im besten Fall genau 0,1 Sekunde schneller. Gefühlt bewegt sich das Auto geradeaus wie jener C63. In der Hand liegt ein abgeflachtes Sportlenkrad mit Alcantara-Bezug und Mittenmarkierung. Leider hilft die bei Spurrillen nicht, den Blechbullen in der Bahn zu halten. Die großen Reifen folgen auffallend jeder Rille. Dazu macht die schiere Größe (2,13 Meter Breite mit Außenspiegeln) des Coupés eine flotte Fahrt über die engen Bergstraßen selbst für geübte Fahrer spannend. Mag sein, dass der GLE 63 auch auf der Rennstrecke funktioniert, gemacht wurde er für die (freie) Autobahn. Quelle: Daimler Luftfederung und adaptives Dämpfungssystem geben ihr Bestes, den Koloss schnell um die Kurve zu bringen. Im Sport-Plus-Modus senkt sich das Auto um 2,5 Zentimeter ab, Wankbewegungen werden reduziert und die Lenkung wird so direkt, wie es vielen Sportwagen gut stände. Trotzdem zerbröselt die Illusion vom SUV-Sportler in der nächsten Kehre. Zu schwer, zu träge, vor allem, wenn hart gebremst werden muss. Dazu erfüllt den Innenraum beim Herunterschalten ein Zwischengasstoß mit zwei (!) künstlichen Fehlzündungen. Mercedes dringt mit dem GLE Coupé in eine Nische vor, die kaum zur Marke passt. Aber ins nächste Bushido-Video. Das Fazit, der Diesel: GLE 350 d 4MaticGLE 500e und GLE 63 S Coupé sind Experimente am Rande der GLE-Reihe. Aber aus einem Blechberg macht auch Mercedes weder einen Öko noch einen Sportler. Das kann keiner. Was Mercedes dafür richtig gut kann, ist ein stimmiges SUV bauen – mit dem 350d 4Matic. Der 3,0-Liter-V6-Turbodiesel beschleunigt den GLE flott auf Landstraßentempo (0 bis 100 km/h in 7,1 Sekunden) und auf ausreichende 225 km/h. Der Verbrauch des GLE sinkt dank der neuen Neungang-Automatik im Vergleich zum Vorgänger um bis zu 9 Prozent auf einen Normwert von 6,4 Litern pro 100 Kilometern. Das maximale Kofferraumvolumen wächst um 90 Liter auf 2.100 (regulär 690 Liter). Im Plug-in dagegen schrumpft es durch die Batterie auf 1.800 Liter (regulär 480). Quelle: Daimler Die häufigen Gangwechsel der neuen Automatik spürt der Fahrer kaum, dafür wirkt der Motor jetzt deutlich leiser. Am Ende einer sehr flotten Testfahrt über Berge und Autobahn steht ein Verbrauch von 9,6 Litern im Bordcomputer. Mit sanftem Gasfuß wäre deutlich weniger drin gewesen. Der große und im Grunde bekannte Diesel (neu ist auch ein 204-PS-Vierzylinder als 250d) wirkt so komfortabel und souverän, dass er zum Highlight der GLE-Reihe wird. Auch wenn das jetzt wieder unglaublich klingt. Der neue Mercedes GLE ist ab August erhältlich. Die Preise beginnen bei 53.966 Euro für den Mercedes GLE 250d mit 204 PS und Heckantrieb (erstmalig).
Technische Daten – Mercedes GLE und GLE Coupé
|