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Was waren das für Leute, die in den 70er Jahren einen Cadillac neu in Deutschland gekauft haben?
Cadillac hat ja seit dem zweiten Weltkrieg offiziell Autos hier in Deutschland verkauft.
Ich überlege mir gerade, wer sich damals entschieden hat, hier einen Cadillac neu zu kaufen?
Eine historische Preisliste habe ich leider nicht gefunden, deswegen muss ich spekulieren.
Preis 1973 Cadillac de Ville in USA ca. $7000
Für Import und Zoll kann man sicherlich noch mal 40 % drauf schlagen, also landet man bei ca. 10.000 $ bei dem damaligen Kurs von 2,70 DM also ungefähr 27.000 DM.
Für das gleiche Geld hätte man einen Mercedes 280 SE bekommen, freilich damals ab Werk ohne elektrische Fensterheber, ohne Automatik, ohne Klima und ohne Ledersitze.
http://www.meinbenz.de/preislisten/w116_preisliste0373.htm
Vorteil Cadillac: großer 7,7 Liter V8, exclusiver, besser ausgestattet
Vorteil Mercedes: handlicher, in Städten leichter zu parken, besser für BAB geeignet.
Kennt jemand Zulassungszahlen von damals? Was waren das für Leute, die das Geld hatten und die sich damals getraut haben, so ein Auto in Deutschland neu zu kaufen?
Beste Antwort im Thema
Mein Vater war so ein Typ. Allerdings kaufte er keinen neuen, sondern gut gebraucht. Neu waren die unerschwinglich. Ich wuchs damit auf. Dabei kam ebenfalls hinzu, dass amerikanische Autos beim Import nach Europa bis in die siebziger hinein mit Zöllen belegt wurden um sie künstlich zu verteuern. Man wollte damit verhindern, daß mögliche Interessenten über die oben von Alfred aufgemachte Rechnung nachdenken: Wenn ein Mercedes mit null Ausstattung und ein Cadillac mit allem Pipapo in etwa das gleiche kosten, wären möglicherweise hunderte Kunden zu den US-Marken gewandert. Das hätte die Wirtschaftswunder-Nachkriegsordnung möglicherweise arg durcheinandergeschüttelt. Ein ähnliches Modell ließ sich auch mit dem Opel Manta und dem Camaro durchrechnen...
Erst in den späteren 70er Jahren, nach dem Fall von Bretton Woods und dem tiefen Fall des Dollar, ließen sich die Zölle nicht mehr sinnvoll aufrechterhalten und US-Autos wurden sehr preisgünstig. Damals wurden in dieser Hoch-Zeit hier einige zehntausend Wagen abgesetzt. Die Zeit war etwa von 1977 bis 1983.
Ich weiß noch, wie mein Vater sich darüber geärgert hatte, daß so zirka 1977, der originale Katalysator aus dem Auto ausgebaut werden musste, da der TÜV etwas dagegen hatte, dass man eine solche Abgasentgiftungsanlage betreibt. Sie veränderte theoretisch das Abgasverhalten (mit verbleitem Benzin (sic!)) und es gab kein Gutachten dafür. Ihm platzte dann richtig der Kragen als 1983 oder so wiederum beschlossen wurde, daß Autos, die mit einem Kat nachgerüstet werden, Steuerermäßigungen bekommen. Ich kann mich noch an die lautstarke Argumentation mit dem Werkstatt-TÜV erinnern. Dann gab es nach dem erneuten Kat-Einbau Gelaber, als der TÜVi entdeckte, daß bei den Wagen in der Europa-Auslieferung mit einem Meißel die Tankstutzen von der kleinen Bleifreiöffnung auf die große "Verbleit"-Öffnung "umgearbeitet" worden waren. Das war damals bei den Importeuren gängige Praxis, ein ähnlicher Pfusch wie die Umarbeitung der Bleuchtung mit Stromdieben und orange überpinselten Glühbirnen. Es war damals nicht leicht, im Land der Dussel, Deppen und Bürokraten ein US-Auto zu fahren. Jedenfalls habe ich das mit mehr Hürden verbunden in Erinnerung als daß das heute der Fall ist.
Da es damals kein Internet gab, waren Ersatzteile ein gewisses Problem. Zu Anfang kaufte mein Vater seine Teile zu Apothekenpreise bei Händlern wie Dello in Hamburg. Dann taten wir durch einen Zufall einen von einem deutschen Ehepaar in Virginia Beach geführten Auto- und Teilehandel auf. Das ging günstig und unkompliziert, da anzurufen oder zu faxen und sein Zeug zu bestellen. Da es noch Schiffspost gab, war der Transport spottbillig.
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17 Antworten
Ja ich meinte, damals (Geschäftsleute, Unternehmer, Erben) wie auch heute, solche die eben das Unkonventionellere bevorzugen (und damals, mehr als heute, auch über die Kaufkraft verfügten).
D. h. heute vielleicht Kia Stinger anstatt Audi A5 und damals (wie an sich auch heute noch) Cadillac oder Lincoln anstatt Deutsche Oberklasse.
Leider kenne ich auch keine Zulassungszahlen, aber ich könnte mir vorstellen, dass es möglicherweise höhere Ränge beim damals noch zahlreich vertretenen US-Militär, hauptsächlich in den Südstaaten Deutschlands waren, die sich einen Cadillac "neu" leisten konnten.
Ein Eingeborener, der sich seinerzeit hier im Lande für einen Cadillac entschieden hat, war mit Sicherheit ein Individualist und wenn es dann noch ein Neufahrzeug war, ein Individualist mit dem nötigen Kleingeld, Platz und....was ich noch vergessen habe, mit einem höllisch guten Geschmack was Autos betrifft.
Ich war in den "Goldenen 70ern" ein pubertierender Jugendlicher und erinnere mich, dass diese schmucken Fahrzeuge auch gern im sogenannten "Rotlicht" Milieu bevorzugt waren und viel im Frankfurter und Hamburger Raum gesichtet wurden.
Klar, dass diese Leute Geschmack haben mussten. -
Gruß
Das wird wohl damals schon wie heute gewesen sein:
Leute mit einem individuellen Geschmack die einfach etwas wollten was keiner hat.
Interessanterweise eine der meistgehörten Begründungen auf die Frage "Warum ein US-Car?". Daraus resultieren dann wohl auch die ständigen "hoffentlich kaufen den nicht so viele Leute" Sprüche. Die Angst das jemand in der Stadt den gleichen Wagen fahren könnte scheint bei solchen Menschen omnipräsent zu sein.
Das waren Leute, die den american way of life liebten (also Leute wie Du und Ich) und der Meinung waren, die automobile Spitze nur in Detroit erwerben zu können. MB, BMW und Porsche standen damals ja erst am Anfang. Sie hatten Recht, wenn man sich anschaut, wie die Caddys, Buicks und vor allem Chrysler ausgestattet waren. Was den Bezug angeht so haben wohl nur die Militärs sich die Wagen einfliegen lassen / verschiffen lassen, die Normal Sterblichen wurden auf das GM-Werk in der Schweiz verwiesen.
Zitat:
@al-de56 schrieb am 20. Juli 2019 um 13:19:26 Uhr:
erinnere mich, dass diese schmucken Fahrzeuge auch gern im sogenannten "Rotlicht" Milieu bevorzugt waren und viel im Frankfurter und Hamburger Raum gesichtet wurden.
Klar, dass diese Leute Geschmack haben mussten. -
Gruß
Auch Cadillac?
Das klassische Zuhälter-Auto war doch eher die Corvette C3?
Denke damals wie heute gilt in dem Milieu:
Hauptsache teuer und auffällig. Heute werden da ja gerne AMG, M und RS gekauft, bevorzugt in Schwarz und "böse".
Zitat:
@Dynamix schrieb am 20. Juli 2019 um 14:40:14 Uhr:
Die Angst das jemand in der Stadt den gleichen Wagen fahren könnte scheint bei solchen Menschen omnipräsent zu sein.
* * *
wobei man daraus bei vielen sicherlich auch folgern kann, dass auf diese Art kleine oder auch grössere Minderwertigkeitskomplexe kompensiert werden.
Ich sehe mich auch gelegentlich bewundernden Blicken und Fragen ausgesetzt, obwohl es sich bei meinem "Eldorado" schon um einen "Neuzeit" Cadillac handelt, der aber auch schon äußerst selten ist.
Ich vermute, dass ich in meiner 200.000 Seelen Stadt der einzige mit diesem Modell bin.
Natürlich ist das von Zeit zu Zeit etwas erhebend, aber ich würde mir nichts darauf einbilden, im Gegenteil.
Es wäre eine Riesenfreude, weiteren "Brüdern" und
"Schwestern" zu begegnen.
Schon jetzt "grüsse" ich so ziemlich jedes US-Fahrzeug, bzw. deren Lenker/Lenkerinnen denen ich begegne und das ist selten genug. -
"Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Aussergewöhnliche ihren Wert."
(Oscar Wilde)
Liebe Grüße
Geht mir ähnlich, ich freue mich wenn ich mal andere Amerikaner in der Stadt oder auf den Straßen der Welt sehe Finde es immer etwas affig wenn sich die Leute ernsthaft etwas darauf einbilden Marke XY zu fahren. Ist doch gut wenn viele Leute solche Autos fahren, eine hohe Nachfrage kommt der Ersatzteilversorgung zugute. Kein Hersteller produziert Teile für ein 30+ Jahre altes Auto das als Neuwagen schon eine seltene Murmel war.
Aber ich schweife etwas ab
Zitat:
@autoalfred schrieb am 20. Juli 2019 um 15:21:30 Uhr:
Auch Cadillac?
Das klassische Zuhälter-Auto war doch eher die Corvette C3?
* * *
Wohl wahr, lieber autoalfred,
aber von einem "Eldorado" und einem ""Fleetwood Brougham" in Frankfurt weiß ich ziemlich sicher noch.
Ich will natürlich keine Klischees bedienen.
Ist ja auch schon fast ' ne Ewigkeit her, man glaubt es nicht, schon annähernd 50 Jahre -
Rückblickend fragt man sich immer wo die Zeit geblieben ist ! ? !........
Gruß und Schönes Wochenende
auch an alle anderen Besitzer, Freunde und Fans der einzigartigen US-amerikanischen Fahrzeuge und seiner Kultur. -
Bleibt frei !
Hier im Kreis Viersen am Niederrhein gab's in den 70Igern eine Cadillac, Pontiac und Chevrolet Vertretung. Das Hauptgeschäft war Opel und der Rest lief so nebenbei. Der Besitzer selber fuhr immer Cadillac, das neuste Modell versteht sich. Er hatte immer drei, vier Fahrzeuge da, das ging so bis zum ersten STS, dann war Schluss. An einen US car Besitzer hier erinnere ich mich, er fuhr einen Chevrolet Blazer. Radio und Fernsehgeschäft. Er lieferte damit seine Fernseher, usw. aus. Die Cadillacs meistens Fleetwoods und Deville hat man nie irgendwo fahren sehen, den Besitzer der Vertretung ausgenommen. Irgendwann stand dort ein neues Modell. GI's hatten wir hier wenig zwei kleine Basis, die fuhren alle Scout, F-150, Pick up oder Geländewagen und die kamen über den Px- Shop.
In den 80igern und 90igern sah man dann mehr Cadillac und andere hier rumfahren, die Besitzer gingen quer durch die Gesellschaft. Der 25jährige mit K5 und der Rentner mit neuem Fleetwood. So sah es bei uns aus und auf die Gegenwart bezogen nimmt die Oldie und neu US car Dichte wieder ab. Komm mir schon mal vor wie the last Mohican. Aber das ist ein anderes Thema.
Hallo
1977 hat ein 280SE mit Automatik, Standardlack und so ziemlich Grundausstattung 33000 DM gekostet. 1983 hat ein 280SL 63000 DM gekostet (mein Vater). Aufgrund des damaligen guten Verdienstes war 280S Maurerfahrzeug. Die meisten Leute sind vor den Großen Hubräumen zurückgeschreckt aufgrund fehlender Erfahrungen. Deswegen wurde auch Opel Diplomat nie richtig verkauft. Außer wer einen hatte, wusste das der Diplo mit ca. 17l/100km auskommt. Erst als der Camaro 1977 für 17000 DM ein Verkaufsschlager wurde, kamen US - Cars in Massen nach Deutschland (Blazer, Corvetten, Oldsmobile Diesel wurden sogar als Taxen gefahren,etc). Zur Erinnerung: 1 L Super 88,9 Pfennige, 0,4 L Bier 1,80 DM, Pizza 4 DM, Jugoslawe Ca. 8 DM, 1981 Bei 10,50 DM Stundenlohn im Außendienst 2050 DM netto. Sprit war egal !! Kfz - Steuer für 5,4l (327) 1985 525 DM/Jahr, Wohnung 2 Zimmer inkl. Nebenkosten 525 DM (alle Werte West Berlin). Dann kam Kohl und ab da permanente Steuererhöhungen bis heute. Kein Verdienst mehr. Im übrigen hat ein Zimmerman nach 45 Arbeitsjahren eine Rente von heute 2000 Euronen netto erreicht (mein Vater).
Gruß Lars
Mein Vater war so ein Typ. Allerdings kaufte er keinen neuen, sondern gut gebraucht. Neu waren die unerschwinglich. Ich wuchs damit auf. Dabei kam ebenfalls hinzu, dass amerikanische Autos beim Import nach Europa bis in die siebziger hinein mit Zöllen belegt wurden um sie künstlich zu verteuern. Man wollte damit verhindern, daß mögliche Interessenten über die oben von Alfred aufgemachte Rechnung nachdenken: Wenn ein Mercedes mit null Ausstattung und ein Cadillac mit allem Pipapo in etwa das gleiche kosten, wären möglicherweise hunderte Kunden zu den US-Marken gewandert. Das hätte die Wirtschaftswunder-Nachkriegsordnung möglicherweise arg durcheinandergeschüttelt. Ein ähnliches Modell ließ sich auch mit dem Opel Manta und dem Camaro durchrechnen...
Erst in den späteren 70er Jahren, nach dem Fall von Bretton Woods und dem tiefen Fall des Dollar, ließen sich die Zölle nicht mehr sinnvoll aufrechterhalten und US-Autos wurden sehr preisgünstig. Damals wurden in dieser Hoch-Zeit hier einige zehntausend Wagen abgesetzt. Die Zeit war etwa von 1977 bis 1983.
Ich weiß noch, wie mein Vater sich darüber geärgert hatte, daß so zirka 1977, der originale Katalysator aus dem Auto ausgebaut werden musste, da der TÜV etwas dagegen hatte, dass man eine solche Abgasentgiftungsanlage betreibt. Sie veränderte theoretisch das Abgasverhalten (mit verbleitem Benzin (sic!)) und es gab kein Gutachten dafür. Ihm platzte dann richtig der Kragen als 1983 oder so wiederum beschlossen wurde, daß Autos, die mit einem Kat nachgerüstet werden, Steuerermäßigungen bekommen. Ich kann mich noch an die lautstarke Argumentation mit dem Werkstatt-TÜV erinnern. Dann gab es nach dem erneuten Kat-Einbau Gelaber, als der TÜVi entdeckte, daß bei den Wagen in der Europa-Auslieferung mit einem Meißel die Tankstutzen von der kleinen Bleifreiöffnung auf die große "Verbleit"-Öffnung "umgearbeitet" worden waren. Das war damals bei den Importeuren gängige Praxis, ein ähnlicher Pfusch wie die Umarbeitung der Bleuchtung mit Stromdieben und orange überpinselten Glühbirnen. Es war damals nicht leicht, im Land der Dussel, Deppen und Bürokraten ein US-Auto zu fahren. Jedenfalls habe ich das mit mehr Hürden verbunden in Erinnerung als daß das heute der Fall ist.
Da es damals kein Internet gab, waren Ersatzteile ein gewisses Problem. Zu Anfang kaufte mein Vater seine Teile zu Apothekenpreise bei Händlern wie Dello in Hamburg. Dann taten wir durch einen Zufall einen von einem deutschen Ehepaar in Virginia Beach geführten Auto- und Teilehandel auf. Das ging günstig und unkompliziert, da anzurufen oder zu faxen und sein Zeug zu bestellen. Da es noch Schiffspost gab, war der Transport spottbillig.
Ich kann mich auch noch an Zeiten erinnern, wo man die in den USA gängige dritte Bremsleuchte hierzulande unbrauchbar machen musste. Das war nicht erlaubt. Stattdessen hat man sich hier zwei weitere mit dürren Stangen ins Heckfenster gestellt; das war erlaubt und eine Zeit lang der letzte Schrei.
Ich hab Anfang der 90er beim großen örtlichen Opel/GM-Dealer die neuen US-Fahrzeuge mit stillgelegten 3. Bremsleuchten gesehen (Glas geschwärzt), die dann 1994, als sie hierzulande eingeführt wurde, einfach die billigste Zubehör-3.Bremsleuchte verbaut bekamen, einfach über die stillgelegte originale drüber... (Kopfschüttel).
Der 1989er Fleetwood (Fronttriebler mit 4,5L Quer-V8) hatte ein 75.000DM Preisschild am Spiegel. 6-zylindrige Firebirds gab es ab 40.000DM und für 30.000DM die (nicht mehr sehr amerikanischen) Chevrolet-4-Zylinder Beretta und Corsica.