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  7. zum technischen Verständnis: Warum können Verdampferanlagen nicht auf Gas starten?

zum technischen Verständnis: Warum können Verdampferanlagen nicht auf Gas starten?

Hi! Ich würde mich hiermit mal über eine technisch detaillierte und fundierte Erläuterung freuen, denn ich habe einen Verständniskonflikt in meinem Kopf.
Normalerweise ist ja Gas (also ein Brennstoff, dessen Siedepunkt weit unter der Lager- und Umgebungstemperatur liegt) der beste Kraftstoff für den Kaltstart, den man sich für einen (Homogenbetrieb-) Ottomotor nur vorstellen kann. Grund: Bei kaltem Motor haben wir das Kondensationsproblem flüssiger Kraftstoffe. Eingespritzes Benzin oder erst recht Ethanol schlägt sich als nasser Film auf kalten Motorteilen nieder. Dadurch haben wir 2 Probleme: 1.) Die stöchiometrisch zugemessene Kraftstoffmenge stimmt nicht, das Gemisch wird durch Auskondensieren wieder so mager, daß es nicht mehr zündfähig ist. Da die Lambdaregelung noch nicht funktioniert, wird ein äußerst fettes Startgemisch zubereitet, nach dem Motto "hoffentlich bleibt möglichst viel davon übrig, wenn die Zündkerze zündet" bzw. "viel hilft viel". (früher war das der Choke) 2.) ein Teil des Kraftstoffs kondensiert natürlich auch in den Zylindern und wäscht den Ölfilm ab, während er an den Kolbenringen vorbei nach unten in die Ölwanne läuft.
So. Nun kenne ich ja auch die bisherigen Erklärungen für das Startbenzin. Bei LPG-Fahrzeugen wird das Autogas im Verdampfer in die Gasphase überführt, und der entzieht der Umgebung Wärme. Aber warum reicht als Wärmelieferant nicht die Umgebungswärme von sagen wir 10°C Plus? Butan hat, wenn ich mich richtig erinnere, -4°C Siedepunkt, Propan geht Richtung -40°C. Der Verdampfer wird vom Kühlwasser umströmt, das hat fast die Wärmekapazität von Wasser. Wenn das Kühlwasser 10°C warm ist, warum reicht das nicht zum Verdampfen des Start-LPGs?
Vergleichen wir doch mal mit Gasgeräten wie: Hochleistungs-Gasgrill (Imbißbuden), Heizpilze, Propangasherd. Alles Gasgeräte mit einem relativ hohen Verbrauch bei Volllast. Aber die haben keinen Verdampfer, der von einer Kühlflüssigkeit umspült wird. Da muß die blanke Umgebungsluft die Verdampfungswärme für das Propan liefern. Und es funktioniert!
Gut, nun könnte man sagen, wenn einer startet und mit kaltem Motor gleich mit Vollgas auf die Autobahn auffährt bis V max, dann würde er wirklich die 10-fache Menge an Propan verdampfen müssen wie ein Gasgrill. Der kalte Verdampfer würde vereisen, flüssiges LPG würde evtl. das Saugrohr vereisen. Aber ist das realistisch? Wird wegen dieses Worst-Case-Szenarios gewartet, bis das Kühlwasser 30, 40 oder 60°C hat?
Für jemanden, der erstmal im Schneckentempo die 30-Zone verläßt und an 3 Ampeln wartet, sollte doch auch ein 10°C warmer Verdampfer schon vollständig verdampfen können wie ein luftumspülter Profi-Gasgrill? Jedenfalls läuft ein Trabi-Motor auf der Werkbank schon mit einem mittelgroßen Propan-Lötbrenner, den man in den Ansaugflansch am Kurbelgehäuse steckt. Luftklappe am Brenner richtig einstellen, Brenner auf vollgas, und schon läuft der Trabimotor auf Standgas, mehr ist nicht drin. Also, der Gas-Kaltstart ist experimentell bewiesen! (und zwar schon vor 10 Jahren)
So, und falls der Benzinstart-Grund jetzt "Sicher ist sicher, könnte ja wirklich jemand gleich 10km Autobahn bergauf beschleunigen wollen" ist: Warum tuts nicht ein Temperatursensor im Verdampfer? Wenn eine kritische Temperatur unterschritten ist, wird auf Benzin umgeschaltet. Packts der Verdampfer wegen 3km Tempo 30 und 3 Ampeln, auch gut.
So, und jetzt ihr...

Beste Antwort im Thema

So, ein kleiner Exkurs in die Verfahrenstechnik der Wärmeübertragung.
Punkt 1: Es gibt eine Dampfdruckkurve. Ein Stoff siedet dann, wenn der Dampfdruck dem Umgebunsgdruck entspricht. Bei Venturianlagen dosiert das Ventil gegen deutlichen Unterdruck im Ansaugtrakt, bei neueren Einspritzanlagen ist der erforderliche Vordruck durch den Druckverlust der Einspritzdüsen plus dem Druck im Ansaugtrakt deutlich höher.
Punkt 2: LPG entzieht der Umgebung beim Verdampfen Wärme. Wenn Wärme nicht nachfliessen würde, muss sich die Stelle der Verdampfung auf die Siedetemperatur des verdampfenden Stoffs abkühlen (grob gesagt).
Punkt 3: Wärme fließt von warm nach kalt. Dieser Wärmestrom (=Leistung) ist proportional der Tauschfläche und dem Temperaturgradienten. Da Kühlwasser üblicherweise 85-90 Grad aufweist, hat ein Verdampfer in einer Venturianlage mehr Gradient und damit Spitzenleistung als der gleiche Verdampfer, der mit 2.5 Bar einen Turbo bedienen muss. Die maximal nutzbare Leistung ist bei gleicher Tauschfläche höher, da die Differenz zwischen der Siedetemperatur bei Betriebsdruck und der Kühlmitteltemperatur bei der Venturi höher ist.
Das ist übrigens auch der Grund, wieso die Verdampfer bei Turbos wesentlich stärker gefordert sind als bei Saugern. Auf der einen Seite hat ein Turbo massig Leistung und braucht damit viel Kraftstoff pro Zeiteinheit, auf der anderen Seite ist die Temperaturdifferenz zwischen Siedetemperatur und Kühlwasser gering. Reines Propan hat bei 2.5 bar Verdampferdruck (bei einem Turbo) etwa -20°C Siedetemperatur, reines Butan bräuchte +20°C für 2.5 bar. Beim Motorstart im Winter hat das Kühlwasser anfänglich vielleicht 0°C, im Betrieb deren 80, meist 60/40 Propan/Butan. Anfänglich steht also nur 1/5 der maximalen Wärmetauschleistung zur Verfügung. Gleichzeitig fetten Motoren beim Kaltstart an, fordern massig Kraftstoff.
Leuchtet es ein? Eigentlich ist alles ganz logisch wenn man sich seit etwa 15 Jahren mit Wärmeübergang beschäftigt ;-)

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War da nicht was mit Paraffinausscheidung bei niedrigen Temperaturen?
Gruß
Frank

es muss ja auch genügend wärme nachkommen, wie es neulich -10°C und weniger hatte ist nach dem tanken auch das flüssige autogas im adapter stehen geblieben, weil für ein schnelles verdampfen wohl nicht genügend energie da war.

beim passat hatte ich auch am anfang das problem als es kalt wurde wenn ich auf der arbeit losgefahren bin (innenstadt) die umschaltbedingung (temp. oder zeit. in meinem fall war die eingestellte zeit abgelaufen) früher erreicht war als eine ausreichende wassertemp. dadurch ist das auto zwar im stand gelaufen aber wenn man aufs gas getreten ist hat sich erst nichts getan dann hat er einen riesen satz gemacht, dass man wieder vor schrack auf die bremse ist....
das auto war fast unfahrbar im dichten stadtverkehr.

also der verdampfer ist für eine mindest temp. ausgelegt unter der er einfach nich/nichtrichtig funktioniert.

Naja Gut, bei dir hat der Verdampfer bei -10° gezickt. Verständlich.
Ich beziehe mich jetzt aber eher auf die Starttemperatur, die ein Bürger Deutschlands in 8 Monaten des Jahres zu erwarten hat.
@Frank: Ist da tatsächlich Kerzenwachs im Autogas? Krass. Wie wird das denn dann bei den Gasreräten gemacht, die bei Wind und Wetter laufen? Ist das Flaschen-Propangas paraffinfrei?
Und außerdem: Dann könnte es ja Winter-LPG geben. Also 95% Propan, paraffinfrei/arm. Es gibt ja schließlich bei Benzin und Diesel auch Winter- und Sommerware.

Hallo,
sowohl mein Corolla E9 mit BRC Just, wie auch der VW T3 mit Bedini Verdampfer (alte Venturi) starten auf Gas einwandfrei. Der Bus auch bei Minusgraden bis ca.-4 °C ;
manche Venturis in alten Volvos und VW Bussen starten noch bei -10 °C.
Geht natürlich nicht unbegrenzt nach unten; aber ich betrachte Minusgrade schon als Kaltstart.
mfg mit Verständnisproblem

Na siehste! Geht doch. So, nun ist der Erklärungsbedarf noch höher, warum manche neuen Verdampferanlagen sogar erst bei 60°C auf Gas umschalten. Wenn das dann nämlich noch mit Tempo30-Zone kombiniert ist, wird die Gasanlage ad absurdum geführt. (da fährt man praktisch nie auf Gas, und man hat die Kondensationsproblematik von Benzin im kalten Motor massiv)

Was passiert wenn man viel Gas aus z.B. Propanflasche schnell herausläßt? Sie vereist! Die kann mit deinem Verdampfer geschehen was die Funktion dieses beinträchtigt.
Der Verdampfer kühlt immer weiter runter bis das Flüssiggas nicht mehr Verdampft und es Flüssig zu den Rails gelangt. Nun stimmt die Gasmenge die der Motor bekommt nicht mehr und die Rails können ebenfalls schaden nehmen.
Ich hatte mal ein Fahrzeug bei dem der Verdampfer zu klein ausgelegt war für Autobahn Vollgas. Der Temperaturfühler in den Rails zeigte -10 Grad an obwohl die Verdampfertemperatur noch bei 60 Grad lag. Ab -10 Grad im Rail kam es zu Fehlzündungen und ruckeln des Motors.

Zitat:

Original geschrieben von SeatArosa1.7SDI


Und außerdem: Dann könnte es ja Winter-LPG geben.

Genau so ist es auch i.d.R.
z.B:
Sommer 40/60
Winter 60/40

Diese Frage habe ich mir auch schon gestellt.
Meine Gasanlage (Ökotec Digigas) schaltet laut Umrüster bei 35° Wassertemperatur und ich glaub 1200 Umdrehungen auf Gas um. Das macht im Sommer etwa 600 m, im Winter bei Saukälte schon mal 1,9 km. Wenn die Umschalttemperatur auf z.B. 20° gesenkt werden könnte, wäre schon ein gewisses Sparpotential freizusetzen.

Zitat:

Original geschrieben von spargelII


Diese Frage habe ich mir auch schon gestellt.
Meine Gasanlage (Ökotec Digigas) schaltet laut Umrüster bei 35° Wassertemperatur und ich glaub 1200 Umdrehungen auf Gas um. Das macht im Sommer etwa 600 m, im Winter bei Saukälte schon mal 1,9 km. Wenn die Umschalttemperatur auf z.B. 20° gesenkt werden könnte, wäre schon ein gewisses Sparpotential freizusetzen.

Obwohl mein Wagen auf Benzin 15 - 18 Liter Super Plus braucht (in der Startphase also noch deutlich mehr), kann ich trotz einiger Starts im Stadtverkehr täglich und zusätzlicher Standheizung vermelden, daß ich mit einer halben Tankfüllung (41 Liter) einige Monate hinkomme.
Sicherlich ist meine Startphase auf Benzin mit Flüssigeinspritzung noch geringfügig kürzer, aber man kann den Sparwahn auch übertreiben.
Ich weiß nicht, welches Sparpotential Du da noch freisetzen willst.
Ich nehme einfach zur Kenntnis, daß die Gasanlagen eine kurze Warmlaufphase brauchen, damit sie problemlos laufen.
Wenn das 10 km wären, fände ich das auch in Ordnung, aber bei 1 km+ denke ich da ganz sicher gar nicht weiter drüber nach.

lg Rüdiger:-)

Wie ist denn das bei den Gas-Staplern.
Fahren die nur mit Gas,
oder Gas + Benzin wie beim Auto?
Da war vor kurzem im TV (ich glaub N24) eine Sendung über die Ice-Road.
Da fahren die Truck´s über gefrorenes Wasser.
Da hat mann auch so einen Gas-stapler mit der Gasflasche gesehen.
Dort ist es sicher etwas kälter als bei uns.
Oder hat der eine andere Gasmischung?
Viktor

Zitat:

Ich weiß nicht, welches Sparpotential Du da noch freisetzen willst.

Mir geht es ja nicht (nur) um Sparpotential, sondern auch um das oben ausführlich erläuterte Kondensationsproblem flüssiger Kraftstoffe beim Kaltstart. Beim Start auf Gas braucht man keinen "Choke" mehr, keine Gemischüberfettung. Es schlägt sich kein kondensierender Kraftstoff in den Zylindern nieder und wäscht den Ölfilm ab und läuft in die Ölwanne. Das sind Dinge, die bei tausenden Kaltstarts sicher nicht förderlich für die Motorlebensdauer sind.

Es wäre aus technischer Sicht einfach viel eleganter, den Motor direkt auf Gas anzulassen.

Zitat:

Was passiert wenn man viel Gas aus z.B. Propanflasche schnell herausläßt? Sie vereist!

Richtig. Der Knackpunkt ist ja, daß das Gas nicht gezwungenermaßen immer sofort schnell heraus muß. Deshalb habe ich ja das Tempo30-und-3Ampeln-Beispiel gebracht. Wenn einer bei 10°C Plus Kaltstart macht und erst nach 5min richtig Last anfordert, sollte der Verdampfer doch in der Lage sein, in dieser kurzen Schwachlast-Phase auch bei 10°C Kühlwasser-Temperatur störungsfrei Gas in die Rails zu liefern?

@Victor: Die roten Flaschen enthalten AFAIK nur Propan. Das hat einen viel niedrigeren Siedepunkt und verdampft leichter. Komischerweise liegen die Flaschen quer auf dem Stapler, die üblichen Campingflaschen sind aber für aufrechte Gasentnahme gedacht? Ohne spezielles Entnahmerohr in der Flasche würde das Bedeuten, daß mal flüssiges, mal gasförmiges Propan in den Schlauch gelangt, je nach Füllstand.
Weiß jemand mehr über die Technik von Gasstaplern? Haben die auch einen Verdampfer oder wird Gas aus der Flasche gasförmig entnommen?

Zitat:

Original geschrieben von spargelII


Diese Frage habe ich mir auch schon gestellt.
Meine Gasanlage (Ökotec Digigas) schaltet laut Umrüster bei 35° Wassertemperatur und ich glaub 1200 Umdrehungen auf Gas um. Das macht im Sommer etwa 600 m, im Winter bei Saukälte schon mal 1,9 km. Wenn die Umschalttemperatur auf z.B. 20° gesenkt werden könnte, wäre schon ein gewisses Sparpotential freizusetzen.

Ohhhmann, wenn ich das lese, dann stimmt mit meiner Anlage wohl doch etwas nicht, obwohl ich jetzt beim Fahren 100%ig zufrieden bin. Außer beim Umschalten (minimalstes Ruckeln) merkt man gar nichts mehr. Anfangs hatte ich ja massive Probleme.

Ich hab eine KME - Anlage und ich denke, die schaltet auch bei 35°C Wassertemperatur um. Aktuell gestern Früh: Luft +3°C, Umschalten nach 4,5km...

:mad:

Da frage ich mich, warum das bei mir so lange dauert...

:confused:

Vielleicht weiß jemand Rat...

Hallo iceman1000
Wie ist dein Verdampfer Kühlwassermässig angeschlossen?
In Serie oder parallel.
Bei mir wurde der Verdampfer vom Umrüster auch parallel angeschlossen.
Brauchte bis zum Umschalten 1,5 km.
Jetzt beim seriellen Anschluß schaltet der Wagen schon bei 500 m um.
Viktor

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