Bisher war DS eine Produktlinie von Citroën, jetzt wird daraus eine eigene Marke - mit Premium-Anspruch. Wie geht so was? Wir sprachen in Paris mit dem DS-Chef Yves Bonnefont.
Paris - Die Abkürzung DS, das wissen Kenner der Citroën-Geschichte, bedeutet gar nichts. Zum Namen wurden die zwei Buchstaben, weil sie „Déesse“ ausgesprochen werden und dann „Göttin“ bedeuten. Wer nach einer Bedeutung sucht, findet also ein göttliches Nichts im Namen von Citroëns bedeutendster Ikone. Von diesem Nichts abgesehen, ändert sich bei PSA Peugeot Citroën alles für die zwei Buchstaben. DS wird zu einer eigenständigen Marke in Europas zweitgrößtem Autokonzern. Neben Peugeot und neben Citroën, wo die DS-Modelle bisher eine Produktlinie bildeten. Allein das ist schon mutig. Vor zehn Jahren führte Renault erfolgreich Dacia in Westeuropa ein. Anders als Dacia soll DS aber nicht mit Kampfpreisen punkten. DS soll als Premium-Marke gegen Audi, BMW oder Mercedes antreten. Quelle: PSA Peugeot Citroën Ein Kraftakt, an dem in Europa schon andere scheiterten: Toyota mit Lexus, Nissan mit Infiniti, GM mit Cadillac. Ford verkaufte in der Krise Volvo und Jaguar, Alfa lief bei Fiat jahrelang auf Sparflamme. Besser machen soll das bei DS der junge Markenchef Yves Bonnefont. Von seinem Vorgesetzten, Konzernchef Carlos Tavares, hat er die Zusage: Es darf Geld kosten, es darf Zeit kosten. Denn das wird es. Premium ohne Tradition?Im Gespräch sagt der DS-Chef häufig ‚Premium‘. „Ein Premium-Produkt muss zunächst einzigartig sein“, findet Bonnefont. Ebenso wichtig sei „savoir faire“: „Ein Produkt, das ohne Respekt, Noblesse und Handwerkskunst entsteht, kann kein Premium-Produkt sein.“ Ebenso entscheidend für Bonnefont: ‚Heritage‘. „Das Produkt und die Marke dürfen nicht aus dem Nichts kommen“. Eine stolze Geschichte hat das Konstrukt DS nicht. Woher auch? Als Marke 2014 gegründet, standen alle Produkte bisher im Citroën-Katalog. Dieses Problem löst man bei PSA so: DS okkupiert die Geschichte der Citroën DS. Die war 1955 eine rollende Sensation, und sie ist es noch heute. „Eines der berühmtesten Autos aller Zeiten“, sagt Bonnefont. Also feiert PSA den DS 5 mit „60 Jahre DS“ – ohne den Doppelwinkel, ohne den Namen von André Citroën. 1975 endete die Produktion des Klassikers. Eine 40-jährige Traditionspause, über die hier und heute niemand spricht. Yves Bonnefont blickt lieber nach vorn, verweist auf erfolgreiche französische „Premium“-Produkte: Pariser Mode und Schmuck, Wein aus Bordeaux, Champagner, Parfum. DS solle zur „Familie der französischen Luxusmarken“ gehören. Ziel von DS: WachstumWie kam es überhaupt zu dieser Entscheidung? PSA braucht Wachstum und wollte neue Kunden erreichen – am liebsten im Premium-Segment, denn dort wird das Geld verdient. „60 Prozent unserer DS-Kunden würden keinen Citroën oder Peugeot kaufen“, sagt Bonnefont. DS könne spezifischer und eigenständiger sein, wenn es nicht noch Citroën sein müsse. Quelle: PSA Peugeot Citroën Zwar setzte PSA die neue Strategie zuerst in China um, wo PSA zuletzt die Absätze verdreifachen konnte. Mit der geliehenen Geschichte gibt es dort keine Probleme, weil Citroën den Chinesen ebenfalls neu ist. Yves Bonnefont spricht trotzdem von Europa, von Frankreich, von Paris. In der DS-World Rue Francois 1er habe man Kunden befragt. „95 Prozent der Leute, die diesen Shop betreten, haben noch nie einen Citroën-Händler besucht. DS ist eine Chance, neue Kunden zu erreichen. Das bedeutet Wachstum.“ Um diese Kunden anzusprechen, soll DS ein „herausragendes Kundenerlebnis“ bieten. In China hat jeder Käufer ein Autoleben lang einen festen Ansprechpartner. In Paris testet DS einen Abhol- und Bringdienst für Inspektionen. Weitere Ideen sind in Planung. Ford geht mit „Vignale“ derzeit einen ähnlichen Weg. Neue Autos für die neue MarkeKeine neue Marke ohne neue Autos. Alle drei aktuellen Modelle wurden als Citroën entwickelt: Der Kleinwagen DS 3, der kompakte DS 4 und das Mittelklasse-Modell DS 5. Bis 2020 sollen es sechs Modelle sein. Fehlen zum „Premium“ da nicht zuerst größere Autos? Premium sei keine Frage der Fahrzeuggröße, antwortet Yves Bonnefont. Er wolle in Segmente gehen, die „international am stärksten wachsen.“ Konkreter will er nicht werden. Aber in China verkauft Bonnefont bereits ein SUV namens DS 6. Es symbolisiert im Konzern geradezu die Krise, aus der sich PSA befreien will: Der DS 6 sei leider „nur für den chinesischen Markt entwickelt worden“, zitiert 'Automotive News' den PSA-Chef Tavares. Dabei könnte man so ein Modell weltweit gut gebrauchen. Quelle: PSA Peugeot Citroën Diese Entscheidung fiel vor Tavares‘ Amtsantritt. Für ihn war sie ein Fehler. Hätte man zehn Prozent mehr investiert, könne das SUV weltweit angeboten werden. Dies nachzuholen, sei nun zu teuer, sagt Tavares. Wiederholen soll sich so etwas keinesfalls. Hydropneumatik: Technik mit Zukunft?Wie will sich DS beim Thema Technik profilieren? Für Yves Bonnefont ist klar: „DS ist nicht Retro. Deshalb werden wir niemals eine Kopie der DS von 1955 bauen“. Die Frage, ob dies auch die von Kunden geforderte Hydropneumatik-Federung einschließt, beantwortet er ausweichend. Die Hydropneumatik gehöre zur „DNA von DS“. Man arbeite an neuen Fahrwerkstechnologien, man strebe erneut eine Alleinstellung im Markt an. Wann und womit, damit mag er sich derzeit nicht aus der Deckung wagen. Es soll nicht so laufen wie beim „Hybrid Air“-Antrieb: Erst ankündigen, dann einmotten. Klar ist: PSA entwickelt einen Plug-In-Hybrid mit Benzinmotor. DS, sagt Bonnefont, wird ihn als erste Marke anbieten dürfen. Kann DS als Premium-Marke überhaupt funktionieren? Es wird zumindest sehr schwer, glaubt der Automobil-Analyst Max Warburton. Für Premium-Preise erwarten die Kunden etwas: mehr Qualität, mehr Leistung und Technik, vor allem aber mehr Image und Prestige. „Kann PSA 15 Jahre auf den Erfolg warten?“, fragt Warburton. Audi benötigte 14 Jahre für den Premium-Status, sagte George Galliers von Evercore ISI zu 'Automotive News'. Aber er glaubt: In China könnte es schneller gehen. „Das könnte PSA reichen“. Yves Bonnefont will mittelfristig 10 Prozent vom PSA-Gesamtabsatz erreichen. Das entspricht ungefähr 350.000 Fahrzeugen im Jahr. 2014 waren es 118.472 Fahrzeuge. Bei einer Verdopplung des Angebots ist dieses Ziel also nicht unrealistisch. |